Heinrich I., Graf von Schwerin
(* um 1155; †
17. Februar
1228
), auch
der Schwarze
genannt, war ein
Graf von Schwerin
. Er hatte einen wichtigen Anteil an der Beendigung der danischen Vormachtstellung im sudlichen Ostseeraum.
Heinrich von Schwerin war der vierte Sohn des
Gunzelin von Hagen
, der von
Heinrich dem Lowen
mit der
Grafschaft Schwerin
belehnt worden war. Nach dem Tod Gunzelins 1185 hatte zuerst der alteste Bruder
Helmold I.
die Herrschaft ubernommen. Als dieser sich 1194 zuruckzog, ubernahmen der dritte Bruder
Gunzelin II.
und Heinrich die Fuhrung der Grafschaft. Nach dem Sturz Heinrichs des Lowen hatten die Danen die Vorherrschaft im Norden des Reiches und an der sudlichen Ostseekuste erlangt. Der danische Konig war bestrebt, seinen Einflussbereich stetig auszubauen. So griff er 1208 in Streitigkeiten zwischen den Grafen und einem ihrer Lehnsmanner ein und vertrieb die beiden Grafen aus ihrem Besitz. Erst 1214 konnten sie, nach Leistung des Lehnseides gegenuber Konig
Waldemar II.
von Danemark, wieder zuruckkehren. Zudem wurde die Tochter von Gunzelin II., Ida (Oda), mit dem unehelichen Sohn Waldemars, dem Grafen Niels (Nikolaus) von
Halland
, verheiratet, mit Gunzelins halben Grafschaft Schwerin als Mitgift.
Wahrend Heinrich sich an dem
Kreuzzug von Damiette
beteiligte, starben sein Bruder Gunzelin II. 1221 und, auf dem Kreuzzug, sein Schwager Niels von Halland. Waldemar II. trat als Vormund seines minderjahrigen Enkels Nikolaus von Halland-Schwerin auf, bestimmte seinen Neffen
Graf Albrecht II.
, aus dem askanischen Zweig Weimar-Orlamunde, zum Statthalter und nahm durch ihn das ?halbe Amt“ Schwerin, wie in einer Urkunde vom 28. Februar 1221 bestatigt, in Besitz. Heinrich kehrte erst im folgenden Jahr vom Kreuzzug zuruck. Da Verhandlungen mit dem Konig nichts bewirkten, fasste er einen Entschluss, der weitgehende Folgen fur die politischen Verhaltnisse im Norden des Reiches und fur
Danemark
haben sollte.
In der Nacht vom 6. zum 7. Mai 1223 entfuhrte er Waldemar II. und dessen Sohn von der danischen Insel
Lyø
, wo diese unbewacht von der Jagd ausgeruht hatten. Per Schiff gelangte er mit seinen Gefangenen an die deutsche Kuste. Da Schwerin von den Danen besetzt war, wurden Waldemar und sein Sohn zuerst in
Lenzen
in der
Mark Brandenburg
und bald darauf in der
Burg Dannenberg
versteckt. Nach der Ruckeroberung der Grafschaft Schwerin 1225 wurden die beiden schließlich in der Schweriner Burg festgehalten.
Fur die Freilassung stellte Heinrich hohe Forderungen, von denen er sich weder durch Drohungen Danemarks noch des Papstes
Honorius III.
abbringen ließ. Heinrich fand Unterstutzung bei
Heinrich Borwin II.
von
Mecklenburg
, dem Grafen
Adolf IV.
von
Holstein
und dem Erzbischof
Gebhard II.
von
Bremen
. Da Waldemar nicht auf Heinrichs Forderungen einging, spitzte sich die Lage zu und es kam schließlich im Januar 1225 zur
Schlacht bei Molln
. Die Danen wurden geschlagen, und Albert von Orlamunde wurde wie sein Konig Gefangener Heinrichs von Schwerin.
Waldemar willigte schließlich in die Forderungen Heinrichs ein, zu denen auch noch die seiner Bundesgenossen kamen. Im November 1225 wurde im Vertrag von
Bardowick
die Freilassung Waldemars und seines Sohnes gegen die Zahlung von 45.000
Mark
Silber, die Abtretung von Schwerin und Holstein, Verzicht auf alle deutschen Lehensgebiete außer dem
Furstentum Rugen
und Gewahrung volliger Handelsfreiheit fur die deutschen Stadte vereinbart. Außerdem musste Waldemar auf Rache verzichten und drei seiner Sohne als Geiseln stellen.
Durch die Gefangenschaft Waldemars war die danische Großmachtstellung im Ostseeraum schwer erschuttert. Das Streben nach Ruckgewinnung gipfelte schließlich am 22. Juli 1227 in der
Schlacht von Bornhoved
. Waldemar II. wurde durch das Koalitionsheer geschlagen, der Herzog
Otto von Braunschweig-Luneburg
gefangen genommen und nach Schwerin gebracht. Waldemar war gezwungen, den Vertrag von Bardowick zu erneuern. Das danische Großreich im Ostseeraum zerbrach.
Heinrich von Schwerin starb am 17. Februar 1228 und wurde im
Schweriner Dom
bestattet. Erst nach seinem Tode ließen seine Witwe
Audacia
und sein Sohn
Gunzelin III.
Otto den
Herzog von Braunschweig-Luneburg
frei, der zuvor noch die mit Heinrich getroffenen Vereinbarungen bestatigen musste. Am 3. Dezember 1228 forderte der Papst
Gregor IX.
von Heinrichs Witwe die Freilassung der von ihr noch gefangen gehaltenen Fursten. Waldemar II. hatte fur die Freilassung 1230 seiner drei als Geiseln in Schwerin festgehaltenen Sohne weitere 7.000 Mark Silber zu zahlen.
Heinrich heiratete um 1208 die polnische Herzogstochter Audacia. Nach seinem Tod 1228 fuhrte sie die Regentschaft fur ihre unmundigen Sohne. Er hatte mit seiner Ehefrau sieben Kinder:
- Karl Jordan:
Heinrich I..
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969,
ISBN 3-428-00189-3
, S. 401 (
Digitalisat
).
- Georg Christian Friedrich Lisch
:
Zur Genealogie der Grafen von Schwerin und uber den Verlauf der Grafschaft Schwerin
. In:
Jahrbucher des Vereins fur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde
, Band 15, Aufsatz 2, S. 23?42, Schwerin 1850. (
Volltext und Digitalisat
)
- Friedrich Wigger
:
Ueber die Stammtafel der alten Grafen von Schwerin.
In:
Jahrbucher des Vereins fur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde
, Band 34, Aufsatz 3, S. 55?140, Schwerin 1869. (
Volltext und Digitalisat
). -
Nachtrage und Berichtigungen.
In: ebd., S. 198 (
Volltext und Digitalisat
)
- Georg Christian Friedrich Lisch:
Audacia, Gemahlin des Grafen Heinrich I. von Schwerin
. In:
Jahrbucher des Vereins fur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde
, Band 27, Aufsatz 6, S. 131?162, Schwerin 1862
- Ludwig Schultz:
Heinrich I. (Graf von Schwerin)
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 11, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 618?621.