Heino Falcke
(*
12. Mai
1929
in
Riesenburg
,
Westpreußen
) ist ein
evangelischer
Theologe
, seit 1994
Propst
im Ruhestand.
Heino Falcke studierte evangelische Theologie in Berlin, Gottingen und Basel, dort war er auch einige Zeit als studentische Hilfskraft von
Karl Barth
. 1958 erfolgte die
Promotion
und 1961 die
Habilitation
an der Theologischen Fakultat der
Universitat Rostock
.
Von 1963 bis 1973 war Falcke Direktor des Predigerseminars
Gnadau
der
Evangelischen Kirche der Union
. Von 1973 bis 1994 leitete er als Propst den Propstsprengel
Erfurt
der
Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen
. 1974 bis 1987 war er Vorsitzender des Ausschusses fur Kirche und Gesellschaft des
Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR
, seit 1975 Mitglied im gleichnamigen Ausschuss beim
Okumenischen Rat der Kirchen
in
Genf
.
Auf der VI. Vollversammlung des ORK 1983 in
Vancouver
brachte er den Antrag fur die Vorbereitung eines
Friedenskonzils
ein. 1988/89 war er stellvertretender Vorsitzender der
Okumenischen Versammlung fur Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schopfung in der DDR
.
Die Themen, an denen er vorrangig arbeitete, waren christliche Existenz im sozialistischen Staat, Sicherung des Friedens und Erhaltung der Umwelt.
Im Januar 1997 gehorte er zu den Erstunterzeichnern der ?Erfurter Erklarung“, die unter dem Motto ?Aufstehen fur eine andere Politik“ zu einem Politik- und Regierungswechsel in Deutschland aufriefen.
[1]
Die Initiative setzte sich dafur ein, die Koalition von CDU und FDP unter Kanzler Helmut Kohl abzuwahlen und durch ein Bundnis aus SPD, Grunen und PDS zu ersetzen.
Ebenfalls als Erstunterzeichner trat Falcke am 31. Oktober 2008 (neben
Frank Crusemann
,
Ulrich Duchrow
,
Christian Felber
,
Kuno Fussel
,
Detlef Hensche
, Siegfried Katterle, Arne Manzeschke, Silke Niemeyer,
Franz Segbers
,
Ton Veerkamp
und
Karl Georg Zinn
) mit dem Aufruf
Frieden mit dem Kapital? Ein Aufruf wider die Anpassung der Evangelischen Kirche an die Macht der Wirtschaft
in Erscheinung.
[2]
Im Marz 2022 setzte sich Falcke als einer der Erstunterzeichner des Appells ?Nein zum Krieg“
[3]
fur eine Losung des
Russisch-Ukrainischen Krieges
ein.
Aufsehen erregte Falckes Hauptvortrag ?Christus befreit ? darum Kirche fur andere“ bei der Synode der evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) vom 30. Juni bis 4. Juli 1972 in Dresden.
[4]
Die Rede stellte einen Widerspruch gegen jede staatliche Vereinnahmung und ein Pladoyer fur politische Freiheit und gesellschaftliche Mundigkeit dar. Falcke sprach von der ?Hoffnung eines verbesserlichen Sozialismus“ und fuhrte drei Bereiche an, in denen die Kirche politische Mitverantwortung zur Verbesserung des Sozialismus habe: Erstens sei die DDR ein Industriestaat, der Unfreiheit produziere, zu deren Uberwindung die Kirche beitragen musse. Zweitens mussten die Ideologie und die sozialistische Praxis in der DDR uberpruft werden, ob sie die Freiheit des Einzelnen ermoglichten. Und drittens sei die Freiheit des Individuums und die Mundigkeit des Burgers einzufordern und in der Kirche zu praktizieren.
Die
SED
versuchte mit aller Macht, den Vortrag zu verhindern. Auch bei zahlreichen Vertretern der DDR-Kirchen stieß Falckes Vortrag auf Ablehnung, und auf zusatzlichen staatlichen Druck wurde der Vortrag nicht als offizielles Synodenpapier verabschiedet. In einer polemischen Kampagne wurde die Rede anschließend in Staatspresse und christlicher Presse der DDR diffamiert, wahrend die Verbreitung von der SED engagiert bekampft wurde. Dennoch oder gerade wegen der Art und Weise, wie die SED gegen die Veroffentlichung vorging, fand die Freiheitsrede auch in der DDR große Verbreitung, und altere Kirchenfuhrer wie Altbischof
Johannes Janicke
und der ehemalige Bischofsverweser
Gunter Jacob
stimmten Falcke zu. Durch seinen Vortrag wurde Falcke zum prominenten Kritiker des SED-Regimes, das ihn als ?feindlich-negativ“ von der
Stasi
im
OV
?Milan“ uberwachen ließ.
- Mit Gott Schritt halten. Reden und Aufsatze eines Theologen in der DDR aus zwanzig Jahren.
Wichern-Verlag, Berlin.
- Wo bleibt die Freiheit? Christ sein in Zeiten der Wende.
Kreuz-Verlag, Freiburg 2009,
ISBN 978-3-7831-3408-7
.
- Einmischungen. Aufsatze, Reden und Vortrage aus 40 Jahren.
Hrsg. von
Veronika Albrecht-Birkner
u. Heinz-Gunther Stobbe. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2014.
- Erhard Eppler
:
Heino Falcke ? ein unbequemer Theologe.
In:
Zeitzeichen. Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft
.
10. Jg. (5/2009), S. 20?22.
- Ehrhart Neubert
:
Geschichte der Opposition in der DDR 1949?1989.
Bundeszentrale fur politische Bildung, Schriftenreihe Band 346. Bonn 1997,
ISBN 3-89331-294-3
.
- Ehrhart Neubert:
Verbesserlicher Sozialismus.
In:
Geschichte der Opposition in der DDR 1949?1989.
Berlin 1998 (2), S. 248?257.
- Ehrhart Neubert:
Falcke, Heino
. In:
Wer war wer in der DDR?
5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010,
ISBN 978-3-86153-561-4
.
- Ehrhart Neubert:
?Verbesserliche Kirche im verbesserlichen Sozialismus“. Heino Falcke (*1929).
In: Justus Geilhufe (Hrsg.):
Das Leben suchen: Bischofe, Propste und Theologen in der DDR
. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2023,
ISBN 978-3-374-07413-6
, S. 119?136.
- ↑
Erfurter Erklarung.
In:
glasnost.de.
9. Januar 1997,
abgerufen am 5. August 2014
.
- ↑
nach
Ulrich Duchrow, Franz Segbers: Frieden mit dem Kapital?
(PDF) In:
humane-wirtschaft.de.
Abgerufen am 11. August 2014
.
- ↑
nach
Der Appell.
Abgerufen am 24. Marz 2022
.
- ↑
Christus befreit ? darum Kirche fur andere.
Hauptvortrag vor der Synode der Evangelischen Kirchen in der DDR in Dresden am 30. Juni 1972
(PDF; 193 kB)
- ↑
Theologe Heino Falcke mit Bundesverdienstkreuz geehrt.
MDR Thuringen, 9. Mai 2018,
abgerufen am 14. November 2018
.