Heidschi Bumbeidschi

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Heidschi Bumbeidschi ist ein deutschsprachiges Volkslied in bairischer Mundart, das seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Bayern und Osterreich uberliefert ist. Es wird haufig als Wiegen- und gelegentlich auch ? falschlich ? als Weihnachtslied bezeichnet. Allerdings ist der Liedtext mehrdeutig.

Quellen und Uberlieferung

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Die fruheste bekannte Fassung ist das Lied Haidl Bubaidl , das in Osterreich aufgezeichnet und 1819 veroffentlicht wurde. [1] Die fruhesten Belege geben als Herkunftsgegend Niederosterreich und Deutschbohmen an. [2] [3] Ein Lied mit dem Textbeginn ?Haia Pupaia, mein Kindlein schlaff ein“, das dem Haidl Bubaidl im Versschema vollig gleicht, wurde bereits 1724 bei einer ?Wirtschaft“, also einem Faschingsfest , am Wiener Hof gesungen. [4] Die Melodie dieses Liedes ist allerdings nicht uberliefert. Das Lied wird bei Kretzschmer / Zuccalmaglio 1840 [5] sowie bei Franz Magnus Bohme 1897 [6] eindeutig als ?Wiegenlied“ charakterisiert. Die in diesen Quellen angegebene Melodie stimmt allerdings nicht mit der heute bekannten uberein.

Die heute gesungene Melodie fand zusammen mit dem Text ab 1905 Verbreitung durch ein Liederheft des Deutschen Volkslied-Vereins Wien. [7] [8] [2] [3] Sie wurde von Mila Moherndl in Heuraffl bei Friedberg im Bohmerwald aufgezeichnet. [7] [9] [8] Der Textanfang lautete in dieser Fassung noch etwas abweichend Aba haidschi mei Buabai schlaf langi; die Herausgeber geben an, die dritte und vierte Strophe nach Ziska / Schottky (1819) erganzt zu haben, da ?die 1. Strophe dartut, daß die beiden Wiegenliedchen nur verschiedene Lesarten eines und desselben Liedes sind“. [7] Die heute verbreitete Textfassung Aber heidschi bumbeidschi ist seit 1926 nachgewiesen. [10] 1943 wurde die Melodie auch vom Volksmusiksammler Wastl Fanderl veroffentlicht. [11] Allerdings wurde in der Kunstmusik des 19. Jahrhunderts mehrfach eine sehr ahnliche Melodie zitiert, so in der Rhapsodie espagnole S. 254 von Franz Liszt (1845) sowie im Posthorn -Solo im 3. Satz der 3. Sinfonie von Gustav Mahler (1892?96). [12] [13] Es ist derzeit nicht klar, auf welche Vorlagen diese Melodiezitate zuruckgehen konnten.

Ursprung und Bedeutung

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Bei der Interpretation des traditionellen Textes, der oftmals verandert wurde, fallt auf, dass anfangs von einer Mutter die Rede ist, die ihr Bubchen allein lasst, in den nachsten Strophen von dessen Fahrt in den Himmel und in der letzten Strophe von einem kleinen Buben, der seiner Mutter weggenommen wurde.

Dazu existieren verschiedene Deutungsmoglichkeiten. Zum einen wird von mehreren Autoren vermutet, dass sich das Lied auf die hohe Sauglingssterblichkeit wahrend der Fruhen Neuzeit bezieht und mit ?Heidschi Bumbeidschi“ daher der Tod gemeint ist. [14] [15]

Andere Quellen beziehen die etymologische Herkunft des Begriffs dagegen auf osterreichisch hutschen fur ?in den Schlaf wiegen“. Der in der alteren Textfassung angefuhrte ?Haid’l-Bubaid’l“ wurde im 19. Jahrhundert in niederosterreichischer Mundart mit ?Schlaf“ ubersetzt. [16] Franz Magnus Bohme merkte an: ?Die sinnlos erscheinenden Anfangssilben sind Varianten von ?Heia Bubbeia‘. Sie sagen so viel wie ?Schlaf, Bubchen!‘“ [6]

Mitte des 19. Jahrhunderts kam in Wien die These auf, die Wiegenlied-Anfangsworte ?Heidschi Bumbeidschi“ oder auch ?Eia Popeia“ gingen auf ein griechisches Wiegenlied ?Heude mou paidion“ zuruck, das griechische Prinzessinnen, besonders Theodora , die Gattin des Babenberger -Herzogs Heinrich II. , vom 12. Jahrhundert an aus ihrem Heimatland mitgebracht hatten. [17] Die moderne Forschung betrachtet diese These allerdings als wenig wahrscheinlich. [4] [18]

Aber heidschi bumbeidschi, schlaf lange,
es is ja dein Muatter ausganga;
sie is ja ausganga und kimmt neamer hoam
und laßt das kloan Biabele ganz alloan!
Aber heidschi bumbeidschi bum bum,
aber heidschi bumbeidschi bum bum.

Aber heidschi bumbeidschi, schlaf siaße,
die Engelen lassn di griaßn!
Sie lassn di griaßn und lassn di fragn,
ob du in’ Himml spaziern willst fahrn.
Aber heidschi bumbeidschi ...

Aber heidschi bumbeidschi, in’ Himmel,
da fahrt di a schneeweißer Schimml,
drauf sitzt a kloans Engei mit oaner Latern,
drein leicht’ von’ Himml der allerschenst Stern.
Aber heidschi bumbeidschi ...

Der Heidschi bumbeidschi is kumma
und hat ma mein Biable mitgnumma;
er hat ma’s mitgnumma und hats neamer bracht,
drum winsch i mein’ Biaberl a recht guate Nacht!
Aber heidschi bumbeidschi ... [10]

Interpretationen

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Heidschi Bumbeidschi wurde von zahlreichen Musikern interpretiert. Die Plattform cover.info listete im Juli 2022 fast 80 Versionen des Liedes. [19]

Chart­plat­zie­rungen
Erklarung der Daten
Singles [20]
Peter Alexander ? Heidschi Bumbeidschi
  DE 6 01.01.1966 (10 Wo.)
  AT 9 15.01.1966 (4 Wo.)
Heintje ? Heidschi Bumbeidschi
  DE 1 15.10.1968 (26 Wo.)
  AT 5 15.11.1968 (16 Wo.)
  CH 5 22.10.1968 (12 Wo.)
Andrea Berg ? Aba Heidschi Bumbeidschi
  DE 46 24.11.2006 (8 Wo.)
  AT 65 01.12.2006 (4 Wo.)

In Deutschland schafften es die Interpretationen von Peter Alexander (1965), Heintje (1968) und Andrea Berg (1999) in die Charts. Der Text wurde dafur jeweils in abgemilderter oder vollig veranderter Form in die hochdeutsche Sprache ubertragen. Die bekannteste und erfolgreichste Interpretation stammt hierbei von Heintje aus dem Jahr 1968, die sich 16 Wochen in den deutschen Top-10 der Charts hielt, davon 8 Wochen auf Platz 1. [21] [22] Bergs Version, die auch auf dem Album Dezember Nacht erschien, erreichte in den deutschen Charts Platz 46 und in den osterreichischen Charts Platz 65. [23] Naturgemaß tragt keine der drei Fassungen zur Herkunft und Deutung des Lieds bei.

Einzelnachweise

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  1. Franz Ziska , Julius Max Schottky : Osterreichische Volkslieder mit ihren Singeweisen. Hartleben, Pesth 1819, S. 3 ( Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  2. a b Grete Horak: Der Anteil Sudtirols an den Tiroler Kinderreimen. In: Walter Deutsch, Gerlinde Haid (Hrsg.): Beitrage zur musikalischen Volkskultur in Sudtirol (= Schriften zur Volksmusik. Band 17). Bohlau, Wien 1997, ISBN 3-205-98843-4 , S. 108?146, hier S. 111 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Anton Hofer: Spruche, Spiele und Lieder der Kinder (= Corpus musicae popularis Austriacae: Gesamtausgabe der Volksmusik in Osterreich , Band 16). Bohlau, Wien 2004, ISBN 3-205-98857-4 , S. 26 f. ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. a b Karl Magnus Klier : Eia popeia ? ein griechisches Lied? In: Das deutsche Volkslied . Zeitschrift fur seine Kenntnis und Pflege 37 (1935), S. 4?7.
  5. Andreas Kretzschmer , Anton Wilhelm von Zuccalmaglio : Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen. Teil 2. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1840, S. 653 ff. ( Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  6. a b Franz Magnus Bohme : Deutsches Kinderlied und Kinderspiel. Breitkopf und Hartel, Leipzig 1897, S. 23, Textarchiv ? Internet Archive .
  7. a b c Josef Reiter , Franz Friedrich Kohl (Bearb.): Heimatlieder aus Deutschbohmen, Oberosterreich, Niederosterreich, Steiermark, Karnten, Salzburg, Tirol, Schweiz und Bayern. 1. Teil (= Zweites Liederheft des Deutschen Volkslied-Vereins Wien). Wien 1905, S. 6?7.
  8. a b Otto Kampmuller: Oberosterreichische Wiegenlieder. In: Oberosterreichische Heimatblatter 30 (1976), S. 173?190, hier S. 184 f, ooegeschichte.at [PDF; 768 KB]
  9. Gustav Jungbauer: Bibliographie des deutschen Volksliedes in Bohmen (= Beitrage zur deutsch-bohmischen Volkskunde; Band XI). Calve, Prag 1913. Nachdruck: Olms, Hildesheim 1975, ISBN 3-487-05766-2 , S. 352 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. a b Curt Rotter (Hrsg.): Sing mar oans! Deutscher Verlag fur Jugend und Volk, Wien 1926, S. 18, volksliederarchiv.de .
  11. Wastl Fanderl (Hrsg.): Hirankl-Horankl. Wiegengsangl, Kinderversl, Bauernratsel, Jodler u. viele lustige Liadl f. Dirndl u. Buam vom Alpenland. Richters, Erfurt 1943.
  12. Brigitte Esser (Hrsg.): Harenberg Kulturfuhrer Konzert. 7. Auflage. Meyers Lexikonverl., Mannheim 2007, ISBN 978-3-411-76161-6 , S. 377 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Jan Reichow : Mahlers Posthorn. ( Memento vom 1. November 2014 im Internet Archive ) janreichow.de, 14. Juli 2010, abgerufen am 1. November 2014
  14. Oliver Rezec: Der die kleinen Kinder holt ( Memento vom 4. Januar 2014 im Internet Archive ). Deutschland-Radio Wissen
  15. Gunther Noll : Anmerkungen zu aktuellen Fragen des Wiegenliedes. In: ad marginem. Mitteilungen des Instituts fur europaische Musikethnologie der Universitat zu Koln 84 (2012), S. 3?23 ( online , PDF, 350 KB)
  16. Franz Ziska, Julius Max Schottky: Osterreichische Volkslieder mit ihren Singeweisen. Hartleben, Pesth 1819, S. 272 ( Digitalisat in der Google-Buchsuche)
  17. Berthold Sengschmitt : Uber den Zusammenhang der osterr. Volkssprache mit den drei alteren deutschen Mundarten. Jahresbericht des Schottengymnasiums, Wien 1852, S. 4. Zitiert nach: Karl Magnus Klier: Eia popeia ? ein griechisches Lied? In: Das deutsche Volkslied. Zeitschrift fur seine Kenntnis und Pflege 37 (1935), S. 4?7.
  18. Gernot Heiss, Konrad Paul Liessmann (Hrsg.): Das Millennium: Essays zu tausend Jahren Osterreich. Sonderzahl, Wien 1996, ISBN 3-85449-100-X , S. 35 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Heidschi Bumbeidschi auf cover.info, abgerufen am 18. Juli 2022.
  20. Heidschi Bumbeidschi von Peter Alexander
    Heidschi Bumbeidschi von Heintje
    Aba Heidschi Bumbeidschi von Andrea Berg;
    abgerufen am 18. Juli 2022.
  21. Heidschi Bumbeidschi von Heintje bei chartsurfer.de
  22. Heintje - Heidschi Bumbeidschi bei hitparade.ch
  23. Andrea Berg - Aba Heidschi Bumbeidschi , hitparade.ch