Haupttragheitsachse

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Eine Haupttragheitsachse , oft abgekurzt auch Hauptachse , eines Korpers ist eine Rotationsachse , um die der Korper fortgesetzt rotieren kann, ohne dass eine dynamische Unwucht auftritt. Die Richtung der Achse bleibt daher konstant, ohne dass ein außeres Drehmoment einwirken muss.

Durch jeden Punkt innerhalb oder außerhalb des Korpers gehen immer mindestens drei Haupttragheitsachsen. Meistens wird der Begriff jedoch nur fur die Haupttragheitsachsen verwendet, die durch den Schwerpunkt des Korpers verlaufen.

Bei Drehachsen, die nicht durch den Schwerpunkt gehen, tritt unabhangig von der eventuellen dynamischen Unwucht immer auch die statische Unwucht auf. Diese außert sich nicht durch ein Drehmoment auf die Achse, sondern durch eine Kraft, die nicht im Sinne einer Richtungsanderung wirkt, sondern im Sinne einer Parallelverschiebung der Achse.

Zusammenhang mit dem Haupttragheitsmoment [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das zu einer Haupttragheitsachse gehorige Tragheitsmoment wird als ein Haupttragheitsmoment des Korpers bezeichnet.

Sind fur einen Korper die drei Haupttragheitsmomente fur einen bestimmten Punkt gleich groß, wie z. B. fur den Mittelpunkt einer Kugel oder eines Wurfels, dann ist jede andere Achse durch diesen Punkt ebenfalls eine Haupttragheitsachse und hat dasselbe Haupttragheitsmoment.

Bei Korpern mit geringerer Rotationssymmetrie sind im Allgemeinen hochstens zwei Haupttragheitsmomente gleich.

Haupttragheitsachsen mit unterschiedlichem Tragheitsmoment stehen senkrecht aufeinander. Sind alle drei Haupttragheitsmomente verschieden, dann gibt es außer den drei betreffenden, auf einander senkrecht stehenden Haupttragheitsachsen keine weiteren.

Fur Drehungen um Achsen, die durch den betreffenden Punkt verlaufen, ist immer eins der drei Haupttragheitsmomente das großtmogliche Tragheitsmoment des Korpers, ein anderes das kleinstmogliche.

Nahere Beschreibung und Beispiele [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bei der freien Rotation eines Korpers (d. h. ohne weiteres Einwirken einer Kraft oder eines Drehmoments) verlauft die Rotationsachse immer durch den Schwerpunkt. Wenn sie keine Haupttragheitsachse ist, dann ist die Drehbewegung ein Taumeln , bei dem sich die Richtung der Achse fortwahrend sowohl im Raum als auch in Bezug zum Korper andert. Das ist z. B. leicht anhand von Quadern mit unterschiedlichen Seitenlangen zu demonstrieren. [1]

Hingegen ist freie Rotation um eine Haupttragheitsachse im Idealfall ein stabiler Bewegungszustand. Wenn nicht alle drei Haupttragheitsmomente gleich groß sind, kann die Reaktion auf eine außere Storung aber sehr verschieden ausfallen:

  • ist die Storung eine kleine Ablenkung der Drehachse aus der Richtung der Haupttragheitsachse mit dem großten oder kleinsten der drei Haupttragheitsmomente, dann bewegt sich die Drehachse um die betreffende Haupttragheitsachse, bleibt aber immer in deren Nahe. Das sieht man z. B. beim konstanten ?Eiern“ eines geworfenen Footballs , der sich schnell, aber nicht ganz genau, um die Langsachse dreht, die hier die Achse mit dem kleinsten Tragheitsmoment ist. Die Drehung um die Achse mit dem mittleren Tragheitsmoment ist instabil. [2]
  • besteht die Storung aus einem standigen Entzug von Rotationsenergie und/oder zunehmendem Drehimpuls , dann ist nur die Rotation um die Achse mit dem großten Haupttragheitsmoment stabil, denn sie ermoglicht bei gegebener Rotationsenergie den großten Drehimpuls. Das ist z. B. an Steinen zu sehen, die einen Abhang hinunter rollen und sich scheinbar ?von alleine“ aufrichten, auch wenn sie eine eher flache Form haben.

Soll die Rotation um eine feste Drehachse durch den Schwerpunkt erfolgen, die keine Haupttragheitsachse ist, so muss die Richtung der Achse durch eine Lagerung konstant gehalten werden, die ein Drehmoment auf die Achse ausubt. Die erforderlichen Lagerkrafte steigen mit dem Quadrat der Drehzahl :

Im Alltag ist dies etwa bei nicht ausgewuchteten Autoradern oder ungleichmaßig befullten Wascheschleudern gut zu beobachten. Beim Auswuchten wird die raumliche Massenverteilung des Korpers so verandert, dass die gewunschte Drehachse zu einer Haupttragheitsachse gemacht wird.

Erklarung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das ganze Verhalten erklart sich daraus, dass nur bei Drehungen eines Korpers um eine seiner Haupttragheitsachsen der Drehimpuls parallel zur Drehachse ist und beide ohne außere Krafte ihre Richtung beibehalten.

Bei Drehungen um andere Achsen bilden Drehimpuls und Drehachse einen Winkel. Soll dann die Achse fest bleiben, so muss der Drehimpuls mit dem Korper rotieren, also seine Richtung andern, was nach dem Drallsatz nur durch ein außeres Drehmoment bewirkt werden kann. Wirken aber keine außeren Drehmomente, dann bleibt der Drehimpuls nach Richtung und Betrag konstant, so dass nun die Rotationsachse um ihn herum bewegt wird.

Man findet die Haupttragheitsachsen eines Korpers als die Hauptachsen seines Tragheitstensors , Berechnung siehe dort.

Das Taumeln der Drehachse bei Rotation eines freien Korpers um eine Achse, die nicht Haupttragheitsachse ist, kann man auch im mitrotierenden Bezugssystem begrunden: Darin erzeugen alle rotierenden Teile des Korpers Zentrifugalkrafte , die zusammengenommen ein Drehmoment um den Schwerpunkt bilden konnen. Wenn dies ungleich Null ist, lasst es die Achse kippen. Hingegen addieren sich bei Rotation um eine Haupttragheitsachse die Momente der Zentrifugalkrafte zu Null. Dies zeigt sich darin, dass die entsprechenden Deviationsmomente ( Nebendiagonalen im Tragheitstensor) Null sind.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Holzmann/Meyer/Schumpich ? Technische Mechanik Band 2 , B.G. Teubner Stuttgart
  • Technische Mechanik , Martin Mayr, Hanser-Verlag, ISBN 3-446-22608-7
  • Klassische Mechanik , Herbert Goldstein, Charles P. Poole, John L. Safko, Wiley-VCH Weinheim 2006
  • Technische Mechanik 2. Elastostatik , Christian Spura, Springer Verlag, 2019, ISBN 978-3-658-19979-1

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Carsten Timm: Theoretische Mechanik , Kapitel 9.3.1 Rotation um freie Achsen , 22. Juli 2021, Technische Universitat Dresden, Institut fur Theoretische Physik, abgerufen am 11. Januar 2022
  2. Brandt, Dahmen: Mechanik: Eine Einfuhrung in Experiment und Theorie . 3. Auflage. Springer, 1996, ISBN 978-3-540-59319-5 , S.   174 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).