Hass

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Hass spaltet und verletzt.
Werbebotschaft des Weißen Rings gegen Hasskriminalitat (2021)

Der Hass ist ein intensives Gefuhl der Abneigung und Feindseligkeit. Hass wird als Gegenpol zur Liebe betrachtet. [1] Im Gegensatz zum Substantiv Hass (ursprunglich als Ausdruck fur den starksten Grad feindseliger Abneigung) hat das Verb hassen eine deutliche Bedeutungsabschwachung (etwa in Wendungen wie ?Ich hasse Kartoffelbrei“) erfahren. [2] Das Wort geht zuruck auf althochdeutsch haz ?Feindseligkeit, aggressive Handlung; Widerwillen, Abneigung“, eine Ruckbildung vom, noch vogelkundlich in alter Bedeutung verwendeten, Verb hassen , ?(sich) sturzen auf“, [3] zu einer indogermanischen Wurzel kad mit der Bedeutung ?seelische Verstimmung, Kummer, Hass“ und verwandt mit lateinisch cadere , ?sich sturzen auf, fallen“, sowie neuhochdeutsch ? Hetze “. [4]

Hass gegenuber Personen oder Gruppen kann bspw. als Fremdenfeindlichkeit , Misogynie , Misandrie , Antisemitismus , Islamophobie , Homophobie oder Rassismus bezeichnet werden.

Die Motive des Hassenden sind vielfaltig und schwer zu bestimmen, herzuleiten und zu erklaren. Sie konnen auf einer durch Ideologien oder soziale Gruppen erworbenen Ablehnung gegen etwas oder jemanden beruhen oder auch auf einer konkreten Erfahrung, etwa einer konkreten Verletzung von Werten und Bedurfnissen. Hass kann unmittelbar entstehen, etwa infolge einer negativen Erfahrung.

Ein Hasskommentar ist eine menschenverachtende , beispielsweise rassistische Außerung oder Anfeindung, die meist in einem sozialen Netzwerk , in einem Webforum oder uber ein anderes Webmedium mit Kommentarfunktion aus Hass oder zur Verbreitung von Hass gegen bestimmte Einzelpersonen oder Gruppen getatigt wird.

Philosophische Definition [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Herkules sturzt Zwietracht , Neid und Hass , Louis de Silvestre ( Deckengemalde im Thronsaal Konig Augusts II. im Dresdner Residenzschloss )

Hass ist laut Worterbuch der Philosophischen Grundbegriffe von Kirchner und Michaelis (1886) ?die leidenschaftliche Abneigung gegen das, was uns Unlust bereitet hat. Der Hass, das Gegenteil der Liebe, verabscheut nicht nur einen Menschen, sondern mochte ihm auch schaden. Er entspringt oft dem Eigennutz , dem Neide , dem gekrankten Ehrgeiz , der Eifersucht oder der verschmahten Liebe. Insofern er dem Gehassten Wichtigkeit beilegt, unterscheidet er sich von der Verachtung . Dinge kann man im Grunde nicht hassen, sondern nur Abneigung gegen sie, Abscheu vor ihnen empfinden; denn man vermag sie wohl zu zerstoren, aber nicht ihnen zu schaden. Auch der Hass gegen das Bose ist nur der Abscheu vor demselben.“ [5]

In den Religionen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Hass wird in den Religionen negativ gesehen. Im Buddhismus gilt er neben Verblendung und Gier als eines der Drei Geistesgifte . [6] Konfuzius verlangt, man solle allen Menschen mit Gute und Selbstlosigkeit begegnen, ohne Neid und Hass. Das Christentum lehnt den Hass ebenfalls ab, da Jesus von Nazaret in der Bergpredigt stattdessen zu Feindesliebe aufruft ( Mt 5,43-44  EU ). [7]

In der Psychiatrie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Verschiedene Erscheinungsformen von Hass wurden in der Psychiatrie als psychopathologisch eingestuft und den Symptomen von Affektstorungen und Phantasmen zugeordnet. Der Triebcharakter des Hasses zeigt sich dabei im Phanomen der Affektinversion, wie sie sich beim Umschlagen von Liebe in Hass und umgekehrt zeigt. Heftige Gemutswallungen beim Hass treten vergleichbar den Affekt-Labilitaten wie Wut, Zorn und ubermaßige Freude auf. [8]

Unterscheidung nach Fromm [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In seiner Trieblehre ordnete Sigmund Freud den Hass (als destruktiv gerichtete ?aggressive Relation zum Objekt“) den ?Selbsterhaltungstrieben“, spater dem ?Lebenstrieb“ zu. Als Triebobjekt dienen dabei Personen, Gruppen, Populationen, gesellschaftliche Bedingungen, soziale Verhaltnisse und religiose sowie moralische Bindungen. [9] Der neo-freudianische Tiefenpsychologe Erich Fromm unterscheidet zwei Arten des Hasses:

Reaktiver Hass [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Er ist immer das Ergebnis einer tiefen Verletzung oder einer schmerzlichen Situation, der man ohnmachtig gegenubersteht, da man sie aus eigener Kraft nicht verandern kann.

?Unter reaktivem Hass verstehe ich eine Hassreaktion, die aufgrund eines Angriffs auf mein Leben , meine Sicherheit , auf meine Ideale oder auf eine andere Person , die ich liebe oder mit der ich identifiziert bin. Reaktiver Hass setzt immer voraus, dass jemand eine positive Einstellung zum Leben, zu anderen Menschen und zu Idealen hat. Wer stark lebensbejahend ist, wird entsprechend reagieren, wenn sein Leben bedroht ist.“ [10]

Charakterbedingter Hass [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Er wird zwar auf die gleiche Art und Weise wie der reaktive Hass ausgelost, setzt aber eine grundlegend andere Personlichkeitsstruktur des Hassenden voraus ? Hass sei in diesem Fall ein Charaktermerkmal , eine Hassreaktion sei lediglich ein Ausdruck des innewohnenden Hasses. Der Hauptunterschied zum ?reaktiven Hass“ sei die allgemeine Bereitschaft zu hassen, eine erkennbare Feindseligkeit , welche in Hassausbruchen ihren Ausgang finde. ?Doch wurde der Hass dann zu einem Charakterzug des Betroffenen, so dass er jetzt feindselig ist. ... Im Falle des reaktiven Hasses ist es die Situation, die den Hass erzeugt; im Falle des charakterbedingten Hasses hingegen wird eine nicht-aktivierte Feindseligkeit durch die Situation aktualisiert. ... Ein solcher Mensch zeigt eine besondere Art von Befriedigung und Spaß , wenn er hasst, die bei reaktivem Hass fehlt.“ [11] Das Aktivieren des charakterbedingten Hasses in der Bevolkerung bezeichnet Fromm als eines der wichtigsten Mittel zur Vorbereitung eines Angriffskrieges .

Siehe auch: Hetzkampagne

Verschiebbarer Hass [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Else Frenkel-Brunswik hat anlasslich des Nationalsozialismus fruh das Phanomen des ?flottierenden Hasses“ erortert. Alice Miller und Arno Gruen beschreiben den latenten, verschiebbaren Hass als schwer aufzulosen und gefahrlich, weil er sich nicht auf die Person richtet, die ihn verursacht hat, sondern auf Ersatzpersonen, die jeweils als Sundenbocke gebraucht werden.

Hirnforschung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die neuronale Erforschung des Hasses ist vergleichsweise jung. Die Hirnforschung zeigt, dass Hass im Gehirn zwei Areale des Großhirns aktiviert: das Putamen und die Inselrinde . Das Putamen bereitet Bewegungen vor, es wird vermutet, dass diese Aktivierung eine Vorbereitung auf einen moglichen Angriff oder eine Flucht einleitet. Die Inselrinde wiederum reagiere auf beunruhigende Reize. Neben Putamen und Inselrinde aktivierten Hassgefuhle zudem Hirnregionen, die mit Aggressionen in Verbindung stehen. [12]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Gundolf Keil : Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift fur Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 183?192.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Hass  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Hass  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wikiquote: Hass  ? Zitate

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Hass. (2020). In M. A. Wirtz (Hrsg.), Dorsch ? Lexikon der Psychologie. Abgerufen am 12.01.2020, von https://portal.hogrefe.com/dorsch/hass/
  2. Gundolf Keil: Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung. 2017/2018, S. 189.
  3. Gundolf Keil: Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung. 2017/2018, S. 186 f.
  4. Friedrich Kluge , Alfred Gotze : Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache . 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka . De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck (?21. unveranderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3 , S. 292.
  5. Friedrich Kirchner, Carl Michaelis: Kirchners Worterbuch der philosophischen Grundbegriffe (=  Philosophische Bibliothek . Band   67 ). 6. Auflage. Meiner, Leipzig 1911, S.   257 ( zeno.org [abgerufen am 5. November 2020]).
  6. trivisa . In: Robert E. Buswell, Donald Sewell Lopez Jr. : The Princeton Dictionary of Buddhism. Princeton University Press, Princeton 2014, ISBN 0-691-15786-3 , S. 926 (abgerufen uber De Gruyter Online).
  7. Thomas Ohm : Liebe. In: Religion in Geschichte und Gegenwart . 3. Auflage. Bd. 4. directmedia, Berlin 2004, S. 362.
  8. Gundolf Keil: Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung. 2017/2018, S. 188 f.
  9. Gundolf Keil: Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung. 2017/2018, S. 188.
  10. Erich Fromm : Die Antwort der Liebe , Herder 2003, ISBN 3-451-05366-7 , S. 91 ?Hass und Selbsthass“.
  11. aus: Die Antwort der Liebe , Herder 2003, ISBN 3-451-05366-7 , Seite 92?93 ?Hass und Selbsthass“.
  12. http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0003556