Der
Hass
ist ein intensives
Gefuhl
der Abneigung und Feindseligkeit. Hass wird als Gegenpol zur
Liebe
betrachtet.
[1]
Im Gegensatz zum Substantiv
Hass
(ursprunglich als Ausdruck fur den starksten Grad feindseliger Abneigung) hat das Verb
hassen
eine deutliche Bedeutungsabschwachung (etwa in Wendungen wie ?Ich hasse Kartoffelbrei“) erfahren.
[2]
Das Wort geht zuruck auf althochdeutsch
haz
?Feindseligkeit, aggressive Handlung; Widerwillen, Abneigung“, eine Ruckbildung vom, noch
vogelkundlich
in alter Bedeutung verwendeten, Verb
hassen
, ?(sich) sturzen auf“,
[3]
zu einer indogermanischen Wurzel
kad
mit der Bedeutung ?seelische Verstimmung, Kummer, Hass“ und verwandt mit lateinisch
cadere
, ?sich sturzen auf, fallen“, sowie neuhochdeutsch ?
Hetze
“.
[4]
Hass gegenuber Personen oder Gruppen kann bspw. als
Fremdenfeindlichkeit
,
Misogynie
,
Misandrie
,
Antisemitismus
,
Islamophobie
,
Homophobie
oder
Rassismus
bezeichnet werden.
Die Motive des Hassenden sind vielfaltig und schwer zu bestimmen, herzuleiten und zu erklaren. Sie konnen auf einer durch Ideologien oder soziale Gruppen erworbenen Ablehnung gegen etwas oder jemanden beruhen oder auch auf einer konkreten Erfahrung, etwa einer konkreten Verletzung von Werten und Bedurfnissen. Hass kann unmittelbar entstehen, etwa infolge einer negativen Erfahrung.
Ein
Hasskommentar
ist eine
menschenverachtende
, beispielsweise rassistische Außerung oder Anfeindung, die meist in einem
sozialen Netzwerk
, in einem
Webforum
oder uber ein anderes
Webmedium
mit Kommentarfunktion aus Hass oder zur Verbreitung von Hass gegen bestimmte Einzelpersonen oder Gruppen getatigt wird.
Hass ist laut
Worterbuch der Philosophischen Grundbegriffe
von
Kirchner
und Michaelis (1886) ?die
leidenschaftliche
Abneigung gegen das, was uns Unlust bereitet hat. Der Hass, das Gegenteil der Liebe, verabscheut nicht nur einen Menschen, sondern mochte ihm auch schaden. Er entspringt oft dem
Eigennutz
, dem
Neide
, dem gekrankten
Ehrgeiz
, der
Eifersucht
oder der verschmahten Liebe. Insofern er dem Gehassten
Wichtigkeit
beilegt, unterscheidet er sich von der
Verachtung
. Dinge kann man im Grunde nicht hassen, sondern nur Abneigung gegen sie, Abscheu vor ihnen empfinden; denn man vermag sie wohl zu zerstoren, aber nicht ihnen zu schaden. Auch der Hass gegen
das Bose
ist nur der Abscheu vor demselben.“
[5]
Hass wird in den
Religionen
negativ gesehen. Im
Buddhismus
gilt er neben Verblendung und Gier als eines der
Drei Geistesgifte
.
[6]
Konfuzius
verlangt, man solle allen Menschen mit Gute und Selbstlosigkeit begegnen, ohne Neid und Hass. Das
Christentum
lehnt den Hass ebenfalls ab, da
Jesus von Nazaret
in der
Bergpredigt
stattdessen zu
Feindesliebe
aufruft (
Mt
5,43-44
EU
).
[7]
Verschiedene Erscheinungsformen von Hass wurden in der Psychiatrie als psychopathologisch eingestuft und den Symptomen von Affektstorungen und Phantasmen zugeordnet. Der Triebcharakter des Hasses zeigt sich dabei im Phanomen der Affektinversion, wie sie sich beim Umschlagen von Liebe in Hass und umgekehrt zeigt. Heftige Gemutswallungen beim Hass treten vergleichbar den Affekt-Labilitaten wie Wut, Zorn und ubermaßige Freude auf.
[8]
In seiner Trieblehre ordnete
Sigmund Freud
den Hass (als destruktiv gerichtete ?aggressive Relation zum Objekt“) den ?Selbsterhaltungstrieben“, spater dem ?Lebenstrieb“ zu. Als Triebobjekt dienen dabei Personen, Gruppen, Populationen, gesellschaftliche Bedingungen, soziale Verhaltnisse und religiose sowie moralische Bindungen.
[9]
Der
neo-freudianische Tiefenpsychologe
Erich Fromm
unterscheidet zwei Arten des Hasses:
Er ist immer das Ergebnis einer tiefen
Verletzung
oder einer schmerzlichen Situation, der man ohnmachtig gegenubersteht, da man sie aus eigener Kraft nicht verandern kann.
?Unter reaktivem Hass verstehe ich eine Hassreaktion, die aufgrund eines Angriffs auf mein
Leben
, meine
Sicherheit
, auf meine
Ideale
oder auf eine andere
Person
, die ich liebe oder mit der ich identifiziert bin. Reaktiver Hass setzt immer voraus, dass jemand eine positive Einstellung zum Leben, zu anderen Menschen und zu Idealen hat. Wer stark lebensbejahend ist, wird entsprechend reagieren, wenn sein Leben bedroht ist.“
[10]
Er wird zwar auf die gleiche Art und Weise wie der reaktive Hass ausgelost, setzt aber eine grundlegend andere
Personlichkeitsstruktur
des Hassenden voraus ? Hass sei in diesem Fall ein
Charaktermerkmal
, eine Hassreaktion sei lediglich ein Ausdruck des innewohnenden Hasses. Der Hauptunterschied zum ?reaktiven Hass“ sei die allgemeine Bereitschaft zu hassen, eine erkennbare
Feindseligkeit
, welche in Hassausbruchen ihren Ausgang finde. ?Doch wurde der Hass dann zu einem Charakterzug des Betroffenen, so dass er jetzt feindselig ist. ... Im Falle des reaktiven Hasses ist es die Situation, die den Hass erzeugt; im Falle des charakterbedingten Hasses hingegen wird eine nicht-aktivierte Feindseligkeit durch die Situation aktualisiert. ... Ein solcher
Mensch
zeigt eine besondere Art von Befriedigung und
Spaß
, wenn er hasst, die bei reaktivem Hass fehlt.“
[11]
Das Aktivieren des charakterbedingten Hasses in der
Bevolkerung
bezeichnet Fromm als eines der wichtigsten Mittel zur Vorbereitung eines
Angriffskrieges
.
Siehe auch:
Hetzkampagne
Else Frenkel-Brunswik
hat anlasslich des
Nationalsozialismus
fruh das Phanomen des ?flottierenden Hasses“ erortert.
Alice Miller
und
Arno Gruen
beschreiben den latenten, verschiebbaren Hass als schwer aufzulosen und gefahrlich, weil er sich nicht auf die Person richtet, die ihn verursacht hat, sondern auf Ersatzpersonen, die jeweils als
Sundenbocke
gebraucht werden.
Die neuronale Erforschung des Hasses ist vergleichsweise jung. Die Hirnforschung zeigt, dass Hass im Gehirn zwei Areale des
Großhirns
aktiviert: das
Putamen
und die
Inselrinde
. Das Putamen bereitet Bewegungen vor, es wird vermutet, dass diese Aktivierung eine Vorbereitung auf einen moglichen Angriff oder eine Flucht einleitet. Die Inselrinde wiederum reagiere auf beunruhigende Reize. Neben Putamen und Inselrinde aktivierten Hassgefuhle zudem Hirnregionen, die mit Aggressionen in Verbindung stehen.
[12]
- Gundolf Keil
:
Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung.
In:
Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift fur Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung.
Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 183?192.
- ↑
Hass. (2020). In M. A. Wirtz (Hrsg.), Dorsch ? Lexikon der Psychologie. Abgerufen am 12.01.2020, von
https://portal.hogrefe.com/dorsch/hass/
- ↑
Gundolf Keil:
Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung.
2017/2018, S. 189.
- ↑
Gundolf Keil:
Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung.
2017/2018, S. 186 f.
- ↑
Friedrich Kluge
,
Alfred Gotze
:
Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache
.
20. Auflage. Hrsg. von
Walther Mitzka
. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck (?21. unveranderte Auflage“) ebenda 1975,
ISBN 3-11-005709-3
, S. 292.
- ↑
Friedrich Kirchner, Carl Michaelis:
Kirchners Worterbuch der philosophischen Grundbegriffe
(=
Philosophische Bibliothek
.
Band
67
). 6. Auflage. Meiner, Leipzig 1911,
S.
257
(
zeno.org
[abgerufen am 5. November 2020]).
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. In: Robert E. Buswell,
Donald Sewell Lopez Jr.
:
The Princeton Dictionary of Buddhism.
Princeton University Press, Princeton 2014,
ISBN 0-691-15786-3
, S. 926 (abgerufen uber
De Gruyter
Online).
- ↑
Thomas Ohm
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Liebe.
In:
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.
3. Auflage. Bd. 4. directmedia, Berlin 2004, S. 362.
- ↑
Gundolf Keil:
Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung.
2017/2018, S. 188 f.
- ↑
Gundolf Keil:
Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Auspragungen psychischer Affektstorung.
2017/2018, S. 188.
- ↑
Erich Fromm
:
Die Antwort der Liebe
, Herder 2003,
ISBN 3-451-05366-7
, S. 91 ?Hass und Selbsthass“.
- ↑
aus:
Die Antwort der Liebe
, Herder 2003,
ISBN 3-451-05366-7
, Seite 92?93 ?Hass und Selbsthass“.
- ↑
http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0003556