Unter
Harmonielehre
wird die systematische Erfassung der
Akkord
gestalten und des
tonalen
Klangraumes verstanden, verbunden mit methodischen Anleitungen (etwa im
Tonsatz
) zur moglichst fehlerfreien Handhabung der Klangverbindungen im Sinne der traditionellen Vorgaben der Musik innerhalb der
dur
-
moll
-tonalen Epoche (ca. 1600 bis in die Gegenwart). Demnach gilt ?neben dem Aufbau der Akkorde insbesondere die Verbindung der Klange zu musikalisch logischen Folgen“
[1]
als zentraler Gegenstand der Harmonielehre als Unterrichtsfach.
Der Begriff ?Harmonielehre“ stutzt sich auf
Jean-Philippe Rameaus
(1683?1764)
Traite de l’Harmonie
(1722), ein Traktat, welches noch wahrend der Zeit des
Generalbasses
die Erkenntnisse der
Fundamentalbass
-Theorie zu einer mehr analytisch ausgerichteten Theorie nutzt. Die von
Jacob Gottfried Weber
(1779?1839) entwickelte und spater von
Simon Sechter
(1788?1867) und
Arnold Schonberg
(1874?1951) ausgebaute
Stufentheorie
wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch die von
Hugo Riemann
(1849?1919) begrundete
Funktionstheorie
erganzt. Beide Systeme haben sich bis in die heutige Zeit mit Modifikationen und Erweiterungen erhalten. Schonbergs im Jahr 1911 erschienenes Werk
Harmonielehre
war auch theoretisches Fundament fur die
atonale
Zwolftonmusik
.
Heinrich Schenker
(1868?1935) verband in seiner
Harmonielehre
die Kontrapunktlehre mit der Akkordlehre: die Stimmfuhrung wird nunmehr als die Horizontalisierung der (vertikalen)
Harmonik
verstanden (bezeichnet auch als
Ursatz
in der von ihm begrundeten
Reduktionsanalyse
).
Harmonielehre wird an
Musikhochschulen
,
Musikschulen
und im Rahmen des
Musikunterrichts
an Gymnasien unterrichtet.
Mit Harmonielehre wird ein Teilaspekt der Musikgeschichte ? namlich die Harmonik ? unter
satztechnischen
und
analytischen
Gesichtspunkten erfasst. Harmonielehre bedeutet vor allem, aus einer padagogischen Absicht heraus eine Handwerkslehre zu vermitteln, die zu gewissen Abstraktionen und Vereinfachungen fuhren muss, da eine stilistische Entwicklung von uber 300 Jahren zu berucksichtigen ist. Dennoch kommt der Harmonielehre noch heute eine zentrale Bedeutung zu, da sie Einblick in stilistische ? und damit interpretatorische ? Grundfragen der Musik zwischen 1600 und 1900 gibt. Daruber hinaus sind Grundkenntnisse von Harmonielehre auch fur das Verstandnis der sog.
Popularmusik
oder des
Jazz
unabdingbar.
- Martin Eybl:
Harmonielehre.
In:
Oesterreichisches Musiklexikon
.
Online-Ausgabe, Wien 2002 ff.,
ISBN 3-7001-3077-5
; Druckausgabe: Band 2, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003,
ISBN 3-7001-3044-9
.
- Reinhard Amon:
Lexikon der Harmonielehre.
Wien 2005,
ISBN 3-476-02082-7
.
- Manfred Wagner
:
Die Harmonielehren der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts.
Gustav Bosse Verlag, Regensburg 1974,
ISBN 3-7649-2081-5
.
- Hanno Hussong:
Untersuchungen zu praktischen Harmonielehren seit 1945.
Dissertation. Verlag dissertation.de ? Verlag im Internet GmbH, Berlin 2005.
- Benedikt Stegemann:
Theorie der Tonalitat.
Wilhelmshaven 2013,
ISBN 978-3-7959-0962-8
.
- Lars Ulrich Abraham:
Harmonielehre. Der homophone Satz.
Laaber Verlag. (Choralsatz)
- Wolfgang Budday
:
Harmonielehre Wiener Klassik. Theorie ? Satztechnik ? Werkanalyse.
Verlag Berthold & Schwerdtner, Stuttgart 2002,
ISBN 3-00-008998-5
.
- Vincent Persichetti:
Twentieth-Century Harmony.
New York/London 1961,
ISBN 0-393-09539-8
.
- ↑
Wieland Ziegenrucker:
ABC Musik. Allgemeine Musiklehre.
6. Auflage. Breitkopf & Hartel, Wiesbaden 2009,
ISBN 978-3-7651-0309-4
, S. 152.