Harald Sandner
(*
9. Mai
1960
in
Coburg
) ist ein deutscher
Sachbuchautor
, vor allem zu Themen rund um den
Nationalsozialismus
und den
Zweiten Weltkrieg
.
[1]
Sowohl Harald Sandners Großvater als auch sein Vater meldeten sich wahrend des
Zweiten Weltkriegs
bei der Wehrmacht als
Kriegsfreiwillige
. Nach der
Niederlage in Stalingrad
hatte der Großvater den
bohmischen
Familiennamen ?ermak in ?Gustav Sandner“ abgeandert.
[2]
Nach Kriegsende und der
Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei
musste sich die Großmutter als
Heimatvertriebene
, aus dem
Sudetenland
nach
Oberfranken
kommend, eine neue Existenz in der
amerikanischen Besatzungszone
aufbauen.
[3]
Im Mai 1960 wurde Harald Sandner in Coburg geboren. Nach dem
Realschulabschluss
trat er eine kaufmannische Ausbildung an und schloss sie als
Speditionskaufmann
in Coburg ab. Seit 1980 war er als Revisor tatig und wechselte dann in die IT. Seither war er als Abteilungsleiter in der Datenverarbeitung eines
Logistikdienstleisters
tatig und ging Ende 2023 in den Ruhestand.
Sandner ist seit 2007 Trager der
Bayerischen Rettungsmedaille
.
[4]
Harald Sandner beschaftigte sich zunachst als
Heimatforscher
sowie als so genannter
Barfußhistoriker
mit der
Geschichte der Stadt Coburg
, dem
Haus Sachsen-Coburg und Gotha
sowie mit der
Zeit des Nationalsozialismus
und
debutierte
im Jahr 2000 mit einer ausfuhrlichen
Chronik
der Stadt Coburg mit Tagesereignissen im 20. Jahrhundert.
Bekannt wurde er aber vornehmlich mit einem in uber 25-jahriger Arbeit erstmals erstellten
Itinerar
uber
Adolf Hitler
, einem vierbandigen
Nachschlagewerk
, das Hitlers Reisen und Aufenthaltsorte auf 2432 Seiten aufzeichnet (erschienen 2016). Im Jahr 2021 erschien davon die englischsprachige Ausgabe.
Im Jahr 2018 wurde in Frankreich die zweiteilige Verfilmung einer Lebensbeschreibung des Faszinosums Adolf Hiter vollendet, die sich vom zeitlichen Ablauf her am Itinerar Sandners und den dort gegebenen Ortlichkeiten etc. orientiert. Es ist eine Mischung aus historischen Aufnahmen, Interviews mit Harald Sandner und anderen Historikern und Fachleuten sowie einer Darstellung des bei Besuchen angetroffenen gegenwartigen Zustands der Aufenthaltsorte Hitlers.
[5]
[6]
Den Filmteams wurde dabei erstmals der Zutritt gestattet zur Wohnung, in der der junge Hitler gelebt hat und wo auch seine Mutter gestorben ist; ebenfalls zu Hitlers Munchner Wohnung, zum Keller des Fuhrerbaus in Munchen usw.
Daneben verfasste Sandner weitere Sachbucher uber Hitler, unter anderem zu seinem Selbstmord im
Fuhrerbunker
, dem Verbleib der halbverkohlten Leiche, dem mehrmaligen Vergraben der Asche, den Exhumierungen und der schließlichen Entsorgung der Uberbleibsel in die
Ehle
bei
Biederitz
im April 1970. Im November 2023 erschien eine umfangreiche Publikation uber
Hermann Goring
.
Drei Publikationen Sandners sind bei
Shaker Media
, einer
Self-Publishing-Plattform
, veroffentlicht worden. Sandners Werke haben umfangreiche
Quellenverzeichnisse
. Als Autor von
Sachliteratur
verzichtete er allerdings haufig auf
Fußnoten
, was kritisiert wurde.
[7]
[8]
?Recht zwiespaltig findet der Historiker
Rainer Blasius
die Fleißarbeit Harald Sandners. (…) Dabei merkt Blasius auch an, dass der Autor
sich hin und wieder irrt
und dass er mitunter einen
unguten Kammerdiener-Ton
anschlagt. Eine Vielzahl unveroffentlichter Fotos lasst den Rezensenten zudem befurchten, Autor und Verlag gaben allzu naiv
die Propagandaseite des Regimes
wieder. (…)“
[9]
?Der Kaufmann Harald Sandner hat (…) moglichst alle verfugbaren Daten zu den Aufenthaltsorten und Reisen Hitlers zusammengetragen. (…) Mehr als ein Wermutstropfen ist allerdings, dass der Autor auf Einzelbelege fur die zahllosen Daten und Zitate verzichtet. Das mindert den wissenschaftlichen Nutzen des Werkes ganz erheblich. Dies ist umso bedauerlicher, da das Quellen- und Literaturverzeichnis eine Fulle entlegener Ressourcen ausweist, etwa Gemeindearchive, Ortschroniken und Lokalpresse. (…) Allein: Auch die von ihm prasentierten Daten und Fakten mussen
wissenschaftlich
uberprufbar sein. Sein Argument, dass genaue Nachweise den ?ohnehin schon großen Umfang endgultig gesprengt hatten“ und ?Fußnoten auch problematisch sein konnen“, ist nicht plausibel. Ein exaktes Belegsystem ware deutlich wichtiger gewesen als die Exkurse uber Hitlers Reisegewohnheiten, Wohnungen und Verkehrsmittel oder die Sonderchronologie uber den Verbleib von Hitlers Leichnam. Auch hatte man die Auflistung bloßer Durchgangsstationen der Reisen Hitlers erheblich straffen konnen, um Platz fur Belege zu schaffen.“ Schrieb im Jahr 2016 der Fachhistoriker
Johannes Hurter
.
[10]
?Leider verzichtet der Autor trotz einer langen Literaturliste, inklusive Fernsehdokumentationen und Kinofilme, komplett auf Anmerkungen. Fragwurdige Quellen und Zahlen werden ubernommen, konnen aber wegen fehlender Fußnoten nicht nachgepruft werden. So wird das Schicksal eines Unteroffiziers aus der Opferperspektive erzahlt, obwohl die ?Frontsau“ an der Belagerung Leningrads und wahrscheinlich an anderen Scheußlichkeiten beteiligt gewesen war, worauf der Autor aber nicht naher eingeht. Fur Sandner bleibt der ?harte Knochen“ ein Opfer. Als Tater werden in der Regel nur Rotarmisten benannt, wobei auch NS Propaganda ? wenn auch mit Fragezeichen ? ubernommen wird.“ Schrieb 2019 der Jurist
Ernst Reuß
.
[11]
Derselbe Ernst Reuß urteilte allerdings auch: "Nun hat er [Sandner] mit ?Hitler ? Das letzte Jahr, Chronologie einer Apokalypse“ aufs Genaueste dessen letztes Lebensjahr nachgezeichnet und in einem neuen, umfangreichen Buch veroffentlicht … Trotz der beschriebenen Mangel gelingt dem Autor ein lesenswerter Rundumschlag, mit dem ein Gefuhl fur das letzte Jahr des mehr und mehr verzweifelten Hitler vermittelt werden kann."
[12]
Im
Munchner Merkur
ist zu lesen: ?Kritisch anzumerken ist, dass Sandners Werk den wissenschaftlichen Anforderungen in einem wichtigen Punkt nicht genugt. Denn er verzichtet komplett auf Anmerkungen, listet lediglich summarisch die benutzten Archive auf, ohne die einzelnen gesichteten Akten aufzufuhren, wie es eigentlich Standard ware. Das ware lohnender gewesen, als ein Exkurs uber den Verbleib der Leiche Hitlers, der das Werk abrunden soll.“
[13]
Dadurch sei weder die
Zitierfahigkeit
noch die wissenschaftliche Korrektheit seiner Publikationen gegeben.
[14]
Andererseits ist bei Prof.
Brendan Simms
zu lesen, ohne dass fehlende Fußnoten bemangelt werden: "These serial sources are supplemented by memoirs, diaries, the recent extremely valuable Itinerary compiled by Harald Sandner and other printed sources. While most of the material cited in this book has been in the public domain for some time, the importance of some of it has not been recognized, with a number of key statements lying hiding in plain sight for decades.
[15]
- Coburg im 20. Jahrhundert. Die Chronik der Stadt Coburg vom 1. Januar 1900 bis zum 31. Dezember 1999 ? von der ?guten alten Zeit“ bis zur Schwelle des 21. Jahrhunderts
.
Neue Presse
, Coburg 2000,
ISBN 978-3-00-006732-7
- Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha. Eine Dokumentation zum 175-jahrigen Jubilaum des Stammhauses
. Neue Presse, Coburg 2001,
ISBN 978-3-00-008525-3
- Coburg ? Zeitsprunge
.
Bildband
.
Sutton Verlag
, Erfurt 2007,
ISBN 978-3-86680-241-4
- Hitlers Herzog. Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha. Die Biographie
.
Shaker Media
, Aachen 2011,
ISBN 978-3-86858-598-8
- Hitler ? Das Itinerar. Aufenthaltsorte und Reisen von 1889 bis 1945
.
Nachschlagewerk
.
Berlin Story Verlag
, Berlin 2016,
ISBN 978-3-95723-090-4
/ englischsprachige Ubersetzung:
OCLC
1407627301
, Berlin Story Verlag 2021
- Band 1.
Hitler ? das Itinerar 1889?1927
- Band 2.
Hitler ? das Itinerar 1928?1933
- Band 3.
Hitler ? das Itinerar 1934?1939
- Band 4.
Hitler ? das Itinerar 1940?1945
- Hitler ? Das letzte Jahr. Chronologie einer Apokalypse
. Berlin Story Verlag, Berlin 2018,
ISBN 978-3-95723-130-7
- Vom Fuhrerbunker zur Schweinebrucke. Hitlers Reise nach seinem Tod von Montag, dem 30. April 1945 bis Sonntag, dem 5. April 1970
. Shaker Media, Duren 2023.
ISBN 978-3-95631-949-5
- Wenigstens 12 Jahre anstandig gelebt. Neue Einblicke in Hermann Gorings Biografie.
Shaker Media, Duren 2023,
ISBN 978-3-95631-980-8
.
[16]
- ↑
Philip Artelt:
Dem Diktator auf der Spur ? ?Jeden Tag Hitler“.
Deutschlandfunk Kultur
, 23. Marz 2016, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
9. November 2023
;
abgerufen am 9. November 2023
.
- ↑
Harald Sandner und sein Kreuzzug gegen die Verdrangung.
Audiatur-Online, 1. Juli 2016,
abgerufen am 16. November 2023
.
- ↑
Marc von Lupke:
Hier war Hitler.
In:
Der Spiegel
.
13. April 2016,
abgerufen am 16. November 2023
.
- ↑
Bayerische Staatszeitung, Munchen, vom 22. Juni 2007, Nummer 25, 62. Jahrgang, Seite 1
- ↑
Adolf Hitler the Itinerary Series. Assent of a Criminal (englische Ausgabe, existiert auch in Franzosisch; YouTube)
- ↑
DAILYMOTION: Adolf Hitler the Itinerary episode 2 - The War Leader
- ↑
Harald Bachmann:
Buchbesprechung von: Harald Sandner: Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha.
In:
Jahrbuch der
Coburger Landesstiftung
2001
, S. 447?448.
- ↑
Carl-Christian Dressel
:
Buchbesprechung von: Harald Sandner: Hitlers Herzog.
In:
Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 2013
, S. 377?382.
- ↑
Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Perlentaucher
, 26. April 2016,
abgerufen am 22. November 2023
.
- ↑
Johannes Hurter
:
Rezension von: Harald Sandner: Hitler - Das Itinerar.
In:
Recensio.net
,
sehepunkte
17 (2017), Nr. 4.
- ↑
Ernst Reuß
:
Rezension von: Harald Sandner: Hitlers letztes Jahr.
In:
historisches-sachbuch.weebly.com
, Blog, 25. April 2019.
- ↑
Historisches Sachbuch,
Hitlers letztes Jahr
, 25. April 2019
- ↑
Hitler Tag fur Tag ? Eine Chronologie aller Aufenthaltsorte des Diktators.
Munchner Merkur
, 30. November 2018,
abgerufen am 24. November 2023
.
- ↑
Simone Bastian:
Zeitgeschichte. Hitlers Termine, Ort fur Ort.
In:
infranken.de
, 6. November 2015.
- ↑
In deutscher Ubersetzung etwa: "Dieses fortlaufend prasentierte Quellenmaterial wird durch Erinnerungsaufzeichnungen, Tagebucher, das kurzlich erschienene, außerst wertvolle Itinerar, zusammengestellt von Harald Sandner, und andere im Druck erschienene Quellen erganzt. Wahrend das meiste in diesem Werk vorgetragene Material zwar schon seit einiger Zeit offentlich zuganglich ist, wurde seine Bedeutung jedoch zum Teil gar nicht erkannt, darunter eine Reihe jahrzehntelang unerkannter Schlusselaussagen trotz aller Offensichtlichkeit." In: Brendan Simms,
Hitler: Only the World Was Enough.
Allen Lane, 2019, Page xxii
- ↑
Dieter Ungelenk:
Fakten gegen Mythen. Interview mit Harald Sandner.
In:
Neue Presse Coburg
.
15. Januar 2024.