Hans Sahl
(eigentl.
Hans Salomon
; Pseudonyme
Franz Floris
,
Peter Munk
,
Salpeter
; *
20. Mai
1902
in
Dresden
; †
27. April
1993
in
Tubingen
) war
Literatur-
,
Film-
und
Theaterkritiker
in der Zeit der
Weimarer Republik
und als
antifaschistischer
Schriftsteller, Ubersetzer und Kulturkorrespondent Vertreter der deutschen
Exilliteratur
.
Sahl wuchs in einer großburgerlichen
judischen
Kaufmannsfamilie in
Berlin
auf und studierte
in Berlin,
Munchen
,
Leipzig
und
Breslau
Kunst- und Literaturgeschichte,
Archaologie
und
Philosophie
. Nach seiner
Promotion
(1924) uber altdeutsche Malerei arbeitete er in Berlin von 1926 bis 1932 im Feuilleton verschiedener
Zeitungen
wie dem ?
Berliner Borsen-Courier
“ und dem ?Montag-Morgen“ und machte sich als Kritiker fruh einen Namen. So erregten u. a. seine Filmkritiken Aufmerksamkeit, ahnlich denen
Siegfried Kracauers
.
Nach der
Machtubergabe
an die
Nationalsozialisten
1933 emigrierte Sahl uber
Prag
und
Zurich
, wo er u. a. Texte fur das Kabarett ?
Die Pfeffermuhle
“ schrieb, nach
Paris
. Aus Protest gegen die Ausgrenzung von
Leopold Schwarzschild
aus dem
KPD
-dominierten ?
Schutzverband deutscher Schriftsteller im Ausland
“ grundete er in Paris mit etwa zwanzig Autoren den antistalinistischen Schriftsteller-Verband
Bund Freie Presse und Literatur
.
[1]
Damit begab er sich ins doppelte Exil ? isoliert von seinen ehemaligen sozialistischen Gesinnungsfreunden. 1939 kam er als ?etranger indesirable“ (unerwunschter Auslander) wie viele andere deutsche Kunstler und Intellektuelle (z. B.
Walter Benjamin
,
Max Ernst
u. v. m.) in verschiedene franzosische
Internierungslager
. 1940 konnte er nach
Marseille
fliehen. Dort half er bis 1941
Varian Fry
bei der Rettung politisch Verfolgter, bis ihm selbst uber Portugal die Flucht in die USA gelang.
Im New Yorker Exil entstanden die meisten seiner schriftstellerischen Arbeiten; von Bedeutung waren aber auch seine Ubersetzungen der Werke amerikanischer Autoren wie
Maxwell Anderson
,
Arthur Miller
,
Thornton Wilder
und
Tennessee Williams
. Einen wesentlichen Aspekt dieser Zeit bildet die kritische Auseinandersetzung mit dem
Stalinismus
. Exemplarisch hierfur ist Sahls langjahrige Beziehung zu
Bertolt Brecht
. Schon fruhzeitig zog Sahl Parallelen zwischen Nationalsozialismus und
Kommunismus
, zwischen
Hitler
und
Stalin
. Er warf Brecht vor, dass dieser die ?Auskaltung und Einfrostung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Stalinismus und im Nationalsozialismus, die Betrachtung des Menschen von außen, der nun zum bloßen Material der Geschichte wurde […], salonfahig“ gemacht habe.
[2]
Seine Sicht des Kommunismus isolierte ihn von vielen seiner Leidensgenossen im Exil, die in jenen Jahren noch uberzeugte Anhanger Stalins waren, weshalb Sahl dem zweiten Band seiner Autobiografie den Titel
Das Exil im Exil
gab. In New York war er Teilnehmer des
Oskar-Maria-Graf-Stammtisches
.
1953 kehrte er nach Deutschland zuruck. Sahl nahm fruhzeitig Anstoß an der ideologischen Orientierung orthodoxer Linker, was teilweise zu Zerwurfnissen mit alten politischen Mitstreitern fuhrte. In New York stand er zeitweilig der Gruppe um die Anti-Stalinistin
Ruth Fischer
nahe, was dazu beitrug, dass Sahl die Aufmerksamkeit der amerikanischen
Geheimdienste
im
Kalten Krieg
auf sich zog. 1955 beteiligte er sich mit Beitragen in ?
Der Monat
“ (Hefte 76 und 81) an einer (dort und an anderen Stellen u. a. zwischen
Karl Hofer
,
Rudolf Schlichter
und
Will Grohmann
gefuhrten
[3]
) Debatte um die abstrakte Kunst. Gegen diese von amerikanischer Seite geforderte Kunst wandte er ein, sie sei Ausdruck einer ?Flucht (des Kunstlers) vor der Realitat“ und sie trage dazu bei, ?die Grenze zwischen Amateur und Kunstler“ zu verwischen.
[4]
Einen ahnlichen Artikel (
Wallpaper Metaphysics
) hatte er bereits 1951 in dem US-amerikanischen Magazin ?
The Commonweal
“ veroffentlicht. Bereits im
Exil
und dann auch bis 1958 in der Bundesrepublik arbeitete er als Kulturkorrespondent u. a. fur die ?
Neue Zurcher Zeitung
“, ?
Die Welt
“ und die ?
Suddeutsche Zeitung
“. Danach lebte er erneut in den USA, bevor er 1989 mit seiner Frau endgultig nach Deutschland ubersiedelte. Sahl nahm nach
Neonazi
-Anschlagen 1992 an den ?Dichterlesungen in Asylbewerberheimen“ teil. Diese waren eine Aktion der
Else-Lasker-Schuler-Gesellschaft
, deren erstes Ehrenmitglied er danach wurde.
Seine literarischen Arbeiten stellen ein Zeugnis der politischen
Emigration
dar. Erst spat nahm die deutsche Offentlichkeit von ihnen Kenntnis, obwohl Sahl bereits 1962 in die
Deutsche Akademie fur Sprache und Dichtung
aufgenommen und 1982 mit dem Großen
Bundesverdienstkreuz
ausgezeichnet worden war. Wenige Monate vor seinem Tod erhielt er den
Lessing-Preis des Freistaates Sachsen
.
Hans Sahl starb im April 1993 im Alter von 90 Jahren in Tubingen. Die Beisetzung erfolgte auf dem Berliner
Friedhof Heerstraße
im heutigen Ortsteil
Westend
.
[5]
Auf Beschluss des
Berliner Senats
ist die letzte Ruhestatte von Hans Sahl (Grablage: II-Ur 8-141) seit 2018 als
Ehrengrab des Landes Berlin
gewidmet. Die Widmung gilt fur die ubliche Frist von zwanzig Jahren, kann anschließend aber verlangert werden.
[6]
Der
Autorenkreis der Bundesrepublik
ehrt Hans Sahl mit der Vergabe des nach ihm benannten
Hans-Sahl-Preises
.
?
Am interessantesten sind in der Prosa Hans Sahls die Teile, die die Ereignisse des Jahres 1933 betreffen.
[7]
Ausgeleuchtet wird nur der Raum des Privaten, doch gezeigt wird die Weltgeschichte. Die Darstellung ist ganz distanziert, ein wenig melancholisch, ohne eine Spur von Hass oder Zorn. Es dominieren Schmerz und Trauer und grenzenlose Verwunderung.
“
- Jemand. Ein Chorwerk.
Weltliche Kantate nach dem Holzschnittzyklus
Die Passion eines Menschen
von
Frans Masereel
. Verl. Oprecht, Zurich 1938. Ein Oratorium gegen den Hitlerfaschismus. Musik von Viktor Halder (Pseudonym fur
Tibor Kasics
), Urauffuhrung des Zurcher Arbeitersangerkartells 1938,
Volkshaus Zurich
. Wieder aufgefuhrt bei den Zurcher Internationalen Juni-Festwochen 1988 mit dem Thema
Fluchtpunkt Zurich
.
Neu aufgelegt mit Materialien und Selbstzeugnissen, herausgegeben von Gregor Ackermann und Momme Brodersen, enthalt auch den Holzschnittzyklus von Masereel und eine Audio-CD: Live-Mitschnitt der Auffuhrung 1988. Musik: Tibor Kasics. Musikalische Gesamtleitung: Johannes Schlafli. Bostelmann & Siebenhaar, Berlin 2003,
ISBN 3-934189-59-8
.
- Die hellen Nachte. Gedichte aus Frankreich.
New York 1942; wieder Weidle, Bonn 2012
ISBN 3938803541
.
- Die Wenigen und die Vielen. Roman einer Zeit.
Frankfurt 1959; Neuauflagen: Luchterhand, Darmstadt/Neuwied 1991 und Luchterhand, Munchen 2010,
ISBN 978-3-630-87292-6
.
- Hausmusik. Eine Szenenfolge.
Urauffuhrung New York 1981. Stefanie Hunzinger Buhnenverlag, Bad Homburg 1990.
- Memoiren eines Moralisten.
Ammann, Zurich 1983, Luchterhand, Darmstadt/Neuwied 1985 und 1991.
- Das Exil im Exil
. Luchterhand, Darmstadt & Neuwied 1990; Neuausgabe: Luchterhand, Munchen 2008.
- Rubinstein oder Der Bayreuther Totentanz. Eine Antioper in zwei Akten.
Urauffuhrung Tubingen 1991. Stefanie Hunzinger Buhnenverlag, Bad Homburg 1990.
- Wir sind die Letzten. Der Maulwurf. Gedichte.
Luchterhand, Darmstadt/Neuwied 1991.
- Der Tod des Akrobaten. Erzahlungen.
Luchterhand, Darmstadt/Neuwied 1992.
- Der Schrei und die Stille.
19 Gedichte mit Zeichnungen von
Georg Sternbacher
, Verlag G. Sternbacher, Bopfingen-Oberriffingen 1993.
- Die Gedichte
. Hrsg. Nils Kern und
Klaus Siblewski
, Luchterhand, Munchen 2009,
ISBN 978-3-630-87288-9
.
- Der Mann, der sich selbst besuchte. Die Erzahlungen und Glossen
. Luchterhand, Munchen 2012,
ISBN 978-3-630-87293-3
.
- Hans Sahl
. (= Poesiealbum Nr. 303). Markischer Verlag, Wilhelmshorst 2012,
ISBN 978-3-94370803-5
.
- Wallpaper Metaphysics. Notes on Modern Art.
In: ?The Commonweal“, 22. Juni 1951, Vol. LIV, Nr. 11, S. 263?265.
- Wie modern ist die moderne Kunst? Ein Diskussionsbeitrag.
In:
Der Monat,
Januar 1955, Heft 76, 7. Jahrgang, S. 353?357.
- Die Pflicht des Kritikers zur Kritik. Ein vorlaufiges Schlusswort zur Kunst-Debatte.
In:
Der Monat,
Juni 1955, Heft 81, 7. Jahrgang, S. 279?281.
- ≫Und doch…≪. Essays und Kritiken aus zwei Kontinenten.
Hrsg. von Klaus Blanc, Luchterhand Literaturverlag, Frankfurt am Main 1991,
ISBN 3-630-61980-0
.
- Rolf Aurich,
Wolfgang Jacobsen
(Hrsg.):
Hans Sahl, Filmkritiker.
Mit Kritiken und Aufsatzen von Hans Sahl. Essay von Ruth Oelze. (Film & Schrift; Bd. 14).
Edition text + kritik
, Munchen 2012,
ISBN 978-3-86916-138-9
.
- Reinhard Muller
:
Melde gehorsamst: Renegat Sahl mit Pauken und Trompeten zur Stelle. Briefe von Hans Sahl an
Willi Schlamm
(1937).
In:
Exil, Forschung, Erkenntnisse, Ergebnisse.
H. 1, 23. Jg. 2003,
ISSN
0721-6742
S. 50?61
[9]
- George Grosz
/ Hans Sahl:
So long mit Handedruck. Briefe und Dokumente.
Hrsg.
Karl Riha
, Briefsammlung 1950?1959, mit zwei Essays von Hans Sahl uber George Grosz:
Die Stockmenschen.
(1950) und
George Grosz oder Die Vertreibung aus dem Paradies.
(1966), Luchterhand Literaturverlag, Hamburg 1993,
ISBN 978-3-630-86811-0
- David Dambitsch:
Im Schatten der Shoah. Gesprache mit Uberlebenden und deren Nachkommen
. Vorwort
Wolfgang Benz
. Philo, Berlin 2002
ISBN 3-8257-0246-4
- als Horbuch:
Stimmen der Geretteten. Berichte von Uberlebenden der Shoah.
3 CDs, Booklet, Audio Verlag, Berlin 2002,
ISBN 3-89813-213-7
Rezension
und
FAZ
, 8. Oktober 2002
[10]
- Momme Brodersen:
Sahl, Hans.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005,
ISBN 3-428-11203-2
, S. 352 f. (
Digitalisat
).
- Wolfgang Jacobsen
:
Hans Sahl ? Publizist.
In:
CineGraph ? Lexikon zum deutschsprachigen Film
, Lieferung 22, 1993.
- Marko Martin
:
?Als war ich nie gewesen oder kaum“ ? Hans Sahl
. In: ders.:
Dissidentisches Denken. Reisen zu den Zeugen eines Zeitalters
. Die Andere Bibliothek, Berlin 2019,
ISBN 978-3-8477-0415-7
, S. 100?123.
- Andrea Reiter:
Die Exterritorialitat des Denkens. Hans Sahl im Exil.
Wallstein, Gottingen 2007.
ISBN 978-3-8353-0223-5
- Michael Rohrwasser
:
Hans Sahl
. In:
Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
KLG. Hrsg.
Heinz Ludwig Arnold
, Edition text+kritik
- Klaus G. Saur
:
Sahl, Hans.
In: Karin Peter, Gabriele Bartelt-Kircher, Anita Schroder (Hrsg.):
Zeitungen und andere Drucksachen. Die Bestande des Dortmunder Instituts fur Zeitungsforschung als Quelle und Gegenstand der Forschung.
Klartext-Verlag, Essen 2014,
ISBN 978-3-8375-1015-7
, S. 498.
- Erich Wolfgang Skwara
:
Hans Sahl. Leben und Werk.
Lang, Bern 1986,
ISBN 0-8204-0379-2
.
- Werner Wuthrich:
Hans Sahl
.
In:
Andreas Kotte
(Hrsg.):
Theaterlexikon der Schweiz
.
Band 3, Chronos, Zurich 2005,
ISBN 3-0340-0715-9
, S. 1550 f.
- Literatur von und uber Hans Sahl
im Katalog der
Deutschen Nationalbibliothek
- Memoiren, Auszuge:
?Erzahlen Sie“, sagte Brod.
In: Die Zeit Nr. 13 S. 94, vom 20. Marz 2008.
- Andrea Reiter:
?Die Identitat des ?exterritorialen Menschen‘. Hans Sahl zwischen Exil und Diaspora“.
In:
Trans
Nr. 15, August 2004.
- Michaela Schmitz:
?Wir sind noch einmal davongekommen“. Memoiren eines Moralisten. Das Exil im Exil
,
Deutschlandfunk
, Buchermarkt, 27. April 2008.
- Benedikt Erenz:
War ich je hier?
,
Die Zeit
, Nr. 14, 28. Marz 1986
- ?…was sonst jeder Beschreibung spottet“ ? Die Gedichte von Hans Sahl
, Glarean Magazin, Oktober 2009.
- ↑
?Unrecht-Haben zahlt hier zu den Todsunden“. Gesprach mit Hans Sahl (1992)
,
Frankfurter Hefte
, Nr. 12/2002, S. 747?750.
- ↑
Hans Sahl, Das Exil im Exil, Frankfurt: Luchterhand Literaturverlag, 1990, S. 147.
- ↑
Vgl. Karl Hofer:
Malerei hat eine Zukunft. Briefe, Reden, Aufsatze.
Kiepenheuer, Leipzig und Weimar,
ISBN 3-378-00478-9
, S. 436 f (Kommentar zu Karl Hofers Artikel
Zur Situation der bildenden Kunst
von Februar 1955).
- ↑
Hans Sahl:
Die Pflicht des Kritikers zur Kritik. Ein vorlaufiges Schlusswort zur Kunst-Debatte.
In: ?Der Monat“, Juni 1955, Heft 81, 7. Jahrgang, S. 280 f.
- ↑
Hans-Jurgen Mende
:
Lexikon Berliner Begrabnisstatten
. Pharus-Plan, Berlin 2018,
ISBN 978-3-86514-206-1
, S. 493.
- ↑
Senatsverwaltung fur Umwelt, Verkehr und Klimaschutz:
Ehrengrabstatten des Landes Berlin (Stand: November 2018)
(PDF, 413 kB), S. 74. Abgerufen am 13. November 2019.
Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstatten als Ehrengrabstatten des Landes Berlin
(PDF, 369 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 18/1489 vom 21. November 2018, S. 1?2 und Anlage 1, S. 6. Abgerufen am 13. November 2019.
- ↑
siehe:
?Die Wenigen und die Vielen“
(1959).
- ↑
?Fragen Sie Reich-Ranicki“
,
FAZ
, 28. Juni 2007.
- ↑
Schwerpunktheft zu Sahl, enthalt ferner: ?Hans Sahl.“ Zeichnung von
Gert Wollheim
, im franzosischen Lager fur Auslander ?Chateau de Vernuche“
mit Bild eines Treppenhauses dort
(
Memento
des
Originals
vom 27. Februar 2014 im
Internet Archive
)
Info:
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Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.zintzen.org
, in
Varennes-Vauzelles
bei
Nevers
, Frankreich 1940.- Momme Brodersen:
?Blutige Realitat am Leser vorbeiziehen lasen, als lase er eine Story“. Zu Hans Sahls Gedichtanthologie ?Die hellen Nachte“.
- dsb. mit Gregor Ackermann:
Hans Sahl. Nachtrage zur Bibliographie seiner Schriften 1995-2013.
- Hans Sahl:
Briefe: 1982
.- Edita Koch: Kommentar.- Frithjof Trapp:
Trodler des Unbegreiflichen. Zu Sahls ?Die Wenigen und die Vielen“.
.- Hans Sahl:
Chronik der Hellen Nachte.
Ein unveroffentlichtes Feature aus dem Nachlass. Archiviert bei
der Harvard University. Hier Beschreibung
- ↑
224 Min. Die Rezension der FAZ referiert:
Michael Jeismann
widerspricht denen, die bei diesen Stimmen eine Wiederholung des Sammelprojekts der
Shoa Foundation
, USC, erwarten. Nein, diese Kompilation von Radiosendungen aus den vergangenen 10 Jahren ist eine ?fesselnde und beruhrende Geschichte aus dem Bauch des 20. Jahrhunderts“. Dambitsch gibt damit den Opfern ihre Identitat zuruck, und die Horer erfahren neben den personlichen Schicksalen auch etwas von der großeren Geschichte, in der sich die Sprechenden damals bewegten. Wenn man die Stimmen hort, von verschiedenen Menschen aus dem Kulturleben des damaligen Deutschland, dann versteht man die Vielfalt der Meinungen in der judischen Gesellschaft der 1930er Jahre besser, also die Unwissenheit vieler und die Klarsicht etlicher; man begreift die Abscheu vor Deutschland und die Anziehung durch das Vaterland, wenn z. B.
W. Michael Blumenthal
von seinen Eltern berichtet, dass sie ihr Besteck auch spater wie selbstverstandlich in Solingen bestellten. Je mehr man davon hort, meint Jeismann, desto wirklicher wird uns, was war, und was ist.- Zu Wort kommen außer Sahl:
Primo Levi
,
Arno Lustiger
,
Grete Weil
,
Simon Wiesenthal
und
Imre Kertesz
sowie deren Nachkommen.