Hans Hermann Kardinal Groer
OSB
(*
13. Oktober
1919
in
Wien
als
Hans Groer
; †
24. Marz
2003
in
St. Polten
) war ein osterreichischer
katholischer
Priester
. Von 1986 bis 1995 war er
Erzbischof
von
Wien
. Gegen Groer wurden schwere Vorwurfe des sexuellen Missbrauchs erhoben, die spater auch von ranghohen Kirchenvertretern eingeraumt wurden. Im Zuge dieser Missbrauchsaffare trat er schließlich von allen geistlichen Amtern zuruck.
Hans Groer entstammte einer
k. u. k.
Offiziersfamilie. Er besuchte zunachst das
Gymnasium Fichtnergasse
, trat 1933 in das
Knabenseminar Hollabrunn
ein und besuchte das
Bundesgymnasium Hollabrunn
, wo er am 2. Juni 1937
maturierte
. Danach trat er in das
Wiener Priesterseminar
ein. Er wurde 1941 als Luftwaffensanitater zum Militardienst einberufen.
Wahrend eines Fronturlaubes empfing er am 12. April 1942 durch
Theodor Kardinal Innitzer
das
Sakrament
der
Priesterweihe
. Wegen eines Herzklappenfehlers wurde Groer am 11. Marz 1943 aus dem Militardienst entlassen und war zunachst
Kaplan
in
Petronell
und ab 15. August in
Bad Voslau
. 1944 trat er dem von
Friedrich Wessely
gegrundeten
Oratorium Sanctissimae Trinitatis
bei. Ab 1946 war er Studienprafekt am
Knabenseminar Hollabrunn
. 1947 wurde er zum Doktor der Theologie
promoviert
. Von 1952 bis 1976 war er
Religionslehrer
und
Studentenseelsorger
am Bundesgymnasium
Hollabrunn
, Niederosterreich. Von 1959 bis 1963 war er auch Kaplan der Pfarre Hollabrunn.
Groer grundete
Pfadfindergruppen
und wurde 1963 Landeskurat der
Niederosterreichischen Pfadfinder und Pfadfinderinnen
. Er war geistlicher Leiter der Laienbewegung
Legio Mariae
. Ab 1962 war er fur den Bereich Hollabrunn, ab 1970 fur ganz Osterreich verantwortlich. Von 1974 bis 1986 war er Direktor des von Rektor
Johann Kurz
und ihm gegrundeten
Aufbaugymnasiums Hollabrunn
.
1969 erneuerte Groer die Wallfahrt zu dem alten Marienwallfahrtsort
Roggendorf
bei Hollabrunn. Die
Wallfahrt
war 1785 im Zuge des
Josephinismus
in Vergessenheit geraten. Nach Restaurierung des aus dem 15. Jahrhundert stammenden, auf Leder gemalten Gnadenbildes der
Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Geburt
wurde dieses am 14. September 1969, dem Fest der
Kreuzerhohung
, neu geweiht. Dabei schlug Groer den Glaubigen vor, eine Wallfahrt neuen Typs zu beginnen: An jedem Dreizehnten sollten die Pilger ? in Erinnerung an die von 13. Mai bis 13. Oktober 1917 erfolgten
Marienerscheinungen
im portugiesischen
Fatima
? nach Roggendorf kommen, um fur Festigung im Glauben, fur die Erneuerung der Kirche, fur Priester- und Ordensberufe und den Frieden in der Welt zu beten. Seit 1971 tragt die kleine Katastralgemeinde den Namen
Maria Roggendorf
. Am 6. August 1988 wurde die Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Roggendorf vom Papst in den Rang einer
Basilica minor
erhoben.
1974 trat er in das
Benediktinerstift Gottweig
ein und bekam den
Ordensnamen
Hermann. Am 8. September 1977 legte er die
Ewigen Gelubde
ab.
[1]
Er grundete das
Zisterzienserinnenkloster Marienfeld
bei Maria Roggendorf, das am 14. November 1982 von
Franz Kardinal Konig
geweiht wurde.
Am 15. Juli 1986 wurde Groer von Papst
Johannes Paul II.
zum Erzbischof von Wien ernannt und empfing am 14. September 1986, dem Fest der
Kreuzerhohung
, im Wiener
Stephansdom
durch Franz Kardinal Konig die
Bischofsweihe
; Mitkonsekratoren waren
Karl Berg
, Erzbischof von
Salzburg
, und
Stephan Laszlo
, Bischof von
Eisenstadt
.
Am 29. Juli 1987 erhielt er von Papst Johannes Paul II. das
Pallium
als Zeichen seiner Stellung als Metropolit der Wiener
Kirchenprovinz
. Am 28. Juni 1988 nahm ihn der Papst in
Rom
als
Kardinalpriester
mit der
Titelkirche
Santi Gioacchino ed Anna al Tuscolano
in das
Kardinalskollegium
auf. Die osterreichischen Bischofe wahlten ihn am 13. Mai 1989 zum Vorsitzenden der
Osterreichischen Bischofskonferenz
. Medial trat er kaum in Erscheinung und verschloss sich weitgehend Interviewanfragen.
Wappen und Wahlspruch
Der Wappenschild von Kardinal Groer war geviert: Feld eins und vier auf rotem Grund ein griechisches Kreuz auf weißem Balken (= Wappen des Erzbistums Wien); Feld zwei und drei gespalten, vorne viermal schraglinks von Gold und Blau geteilt, hinten Silber ohne Bild (= Wappen des ausgestorbenen Adelsgeschlechtes der
Ruckhendorffer
, einstige Inhaber der
Herrschaft
Ruckhendorff
). Hinter dem Schild stehend das Doppelkreuz (Patriarchenkreuz), daruber der rote Galero (Kardinalshut) mit den jeweils funfzehn herunterhangenden roten Quasten (fiocchi). Groers
Wahlspruch
lautete
In verbo autem tuo
(?Aber auf Dein Wort hin“) und wurde dem
Lukasevangelium
(
Lk
5,1?11
EU
) entnommen.
Am 27. Marz 1995 erhob im Nachrichtenmagazin
profil
(Ausgabe 13/95) ein ehemaliger Schuler Groers schwere Vorwurfe wegen seinerzeitigen
sexuellen Missbrauchs
gegen den Kardinal.
[2]
Daraufhin meldeten sich weitere Exschuler des
Knabenseminars Hollabrunn
, die von sexueller Belastigung beziehungsweise Missbrauch in ihrer Jugend berichteten. Groer schwieg und trat am 6. April 1995 als Vorsitzender der Bischofskonferenz zuruck. In einer Erklarung vom 7. April 1995 wies Groer ?Inhalt und Gestalt der gegen mich getatigten Diffamierung und vernichtenden Kritik“ ausdrucklich zuruck.
[3]
Der
Vatikan
reagierte ?diplomatisch“: Groer wurde am 13. April 1995
Christoph Schonborn
als
Koadjutor
-Erzbischof mit dem Recht auf Nachfolge beigestellt. In einer weiteren Erklarung vom 15. Mai 1995 wies Groer die Kritik nochmals zuruck und begrundete sein sonstiges Schweigen in dieser Sache.
[3]
Die Vorwurfe gegen Groer losten im April 1995 die Vorbereitungen zu einem
Kirchenvolks-Begehren
in Osterreich aus, bei dem im Juni mehr als 500.000 Unterschriften fur eine ?grundlegende Erneuerung der Kirche Jesu“ und eine Reihe von Reformmaßnahmen gesammelt wurden. In der Folge wurde die Initiative
Wir sind Kirche
gegrundet.
[4]
Groer hatte schon am 13. Oktober 1994 ? vor der ?Affare“ ? um Rucktritt aus Altersgrunden ersucht. Am 14. August 1995 nahm der Papst Groers Rucktritt an, der am 14. September 1995 wirksam wurde.
[5]
Nach dem Rucktritt zog sich Groer in das von ihm gegrundete
Zisterzienserinnenkloster Marienfeld
zuruck. Am 1. September 1996 ubertrug man ihm wieder ein kirchliches Amt als
Prior
des
Klosters St. Josef
in Maria Roggendorf, eines Ablegers des
Stiftes Gottweig
. Dieses Amt musste er ebenfalls aufgeben: Anfang 1998 tauchten im Stammkloster Groers, dem Stift Gottweig, weitere Vorwurfe auf. Diesmal wurden ihm homosexuelle Ubergriffe auf volljahrige Monche vorgeworfen.
[6]
[7]
[8]
Am 10. Februar 1998 kundigte der
Heilige Stuhl
eine außerordentliche
Visitation
im Stift Gottweig unter der Leitung von Abtprimas
Marcel Rooney
an.
[9]
Noch vor dem Beginn der Visitation erklarten die Bischofe Christoph Schonborn,
Johann Weber
,
Georg Eder
und
Egon Kapellari
am 27. Februar 1998 in einer Stellungnahme: ?Wir sind nun zur moralischen Gewissheit gelangt, dass die gegen Alterzbischof Kardinal Hans Hermann Groer erhobenen Vorwurfe im Wesentlichen zutreffen. Sein Schweigen haben wir zu ertragen, konnen aber selbst nicht schweigen, wenn wir unserer Verantwortung fur die Kirche gerecht werden sollen.“
[10]
Die Visitation des Stifts Gottweig fand Anfang Marz statt,
[9]
ihr Ergebnis wurde nie veroffentlicht.
[5]
In einer Erklarung vom 14. April 1998 bat Groer ?Gott und die Menschen“ um Vergebung, ?wenn ich Schuld auf mich geladen habe“.
[10]
Am 30. April 1998 zog er in ein Nonnenkloster der
Nazarethschwestern
in
Goppeln
bei Dresden in Deutschland.
[11]
Ab Oktober 1998 lebte er zuruckgezogen in Marienfeld.
Kardinal Schonborn warf dem ehemaligen Vatikan-Kardinalstaatssekretar
Angelo Sodano
in einem Interview mit der Presse vor, dass dieser die Bildung einer Untersuchungskommission zur Groer-Affare verhindert habe, schrieb
Il Giornale
unter Berufung auf
Kathpress
.
[12]
Schonborn sprach davon, dass es um Sodano eine ?Vertuschungsfraktion“ gebe.
[13]
Nach Darstellung des Journalisten Paul Kreiner habe Schonborn allerdings Sodanos Einfluss auf den Papst unterschatzt, denn Benedikt XVI. zitierte Schonborn nach Rom, wo er sich offentlich bei Sodano entschuldigen musste.
[14]
Der Journalist Otto Friedrich kommentierte ruckblickend, die Affare Groer habe die katholische Kirche in Osterreich in eine ?zweifelhafte Vorreiterrolle“ gebracht: ?Jahre bevor die katholische Kirche in den USA, in Irland, Großbritannien und anderen Weltgegenden durch Missbrauchsskandale desavouiert wurde, stand Osterreich diesbezuglich im Rampenlicht.“
[6]
Zu den Missbrauchsopfern Groers zahlte auch der Benediktinerpater
Udo Fischer
.
[15]
2003 zahlte die katholische Kirche annahernd 40.000 Euro an jenen ehemaligen Schuler von Groer, der die Affare im Marz 1995 ausgelost hatte. Dafur musste er schriftlich garantieren, mit dem Thema nicht mehr an die Offentlichkeit zu gehen. In einem spateren Interview nannte er diese Vereinbarung einen ?Teufelspakt“, die Zahlung sei Schweigegeld gewesen.
[16]
Der Justiziar des
Bistums Dresden-Meißen
, Stephan von Spies, berichtete bei einer Veranstaltung zur Missbrauchsaufarbeitung in
Heidenau
bei
Dresden
am 16. September 2021 erstmals, dass Groer in Goppeln, unweit von Heidenau gelegen, einen Brief erhalten habe, in dem von Missbrauchstaten des Heidenauer Pfarrers Herbert Jungnitsch (1898?1971) die Rede war. Der Kardinal habe davon dem damaligen Bischof des Bistums Dresden-Meißen,
Joachim Reinelt
, erzahlt.
[17]
[18]
Groer starb am 24. Marz 2003 und wurde am 5. April 2003 auf dem Gelande des Klosters Marienfeld beerdigt.
[19]
Joachim Kardinal Meisner
, der damalige Erzbischof von Koln, hielt die Predigt, in der er Groer trotz der Vorwurfe des sexuellen Missbrauchs als Seminarlehrer gegenuber Buben als jemanden beschrieb, dem es ?beschieden [war], dem Herrn auf dem Kreuzweg zu folgen. Er war ganz eingetaucht in das bittere Leiden Jesu“.
[20]
Heribert Prantl
kritisierte diese Grabrede in einem Artikel der
Suddeutschen Zeitung
scharf und verwies auf Meisners Umkehrung von Opfer und Tater.
[21]
- Die Kontroverse der nachtridentinischen Theologen uber die Gegenwart Gottes im Gerechten auf Grund der Sendungen
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[22]
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