Handbuch der deutschen Geschichte

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Das Handbuch der deutschen Geschichte wird nach seinem Grundungsherausgeber Bruno Gebhardt auch ?der Gebhardt “ genannt. 1891 begonnen, liegt das Werk mittlerweile in einer 10., vollig neuen Auflage vor, die zwischen 2001 und 2024 in 24 Banden erschienen ist. Das anspruchsvolle Handbuch ist mit Einschrankungen auch fur historische Laien verstandlich; es richtet sich nicht zuletzt an Studierende der Geschichtswissenschaft fur eine erste fachliche Orientierung.

Bruno Gebhardt (1858?1905) war ein in Berlin wirkender deutsch-judischer Realschullehrer großpolnischer Herkunft. Seinen Kollegen wollte er ein praktisches Handbuch uber die wichtigsten Daten und Entwicklungen der deutschen Geschichte an die Hand geben. Er wollte mit einer moglichst ?vollstandige[n], dem gegenwartigen Stande der Wissenschaft entsprechende[n] deutsche[n] Geschichte […] mehr die Teilnahme der Gebildeten als der Fachgelehrten erringen […] und dazu beitragen, die Kenntnis der deutschen Geschichte zu verbreiten, aus der vaterlandische Gesinnung und politische Reife erwachst.“ [1] Das zweibandige Handbuch erschien erstmals 1891/92 als Zusammenarbeit von elf Gymnasiallehrern, Bibliothekaren und Archivaren.

Die 2. Auflage wurde 1901 publiziert, herausgegeben von Ferdinand Hirsch (1843?1915), Aloys Meister (1866?1925) und Robert Holtzmann (1873?1946), die damals bereits damit begannen, mehr und mehr Universitatslehrer hinzuzuziehen. Die 3. Auflage stammt von 1906, die 4. von 1910 und die 5. von 1913.

Ab der 6. Auflage (1922/23 in drei Banden) unter Aloys Meister wurden die Beitrage von Universitatsprofessoren verfasst, und die zuvor eher politische Geschichte wurde durch Sozialgeschichte bereichert. Die 7. Auflage von 1930 unter Robert Holtzmann bestand wieder aus zwei Banden. [2]

8. und 9. Auflage: der Gebhardt unter Herbert Grundmann 1954 bis 1970

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Der Mediavist Herbert Grundmann strukturierte das Werk vollig neu. Die 8. Auflage kam 1954 bis 1960 in vier Banden beim Stuttgarter Union-Verlag heraus. [3]

Die 9. Auflage wurde bis zu den Ereignissen der Jahre 1949/50 fortgefuhrt. Sie erschien zwischen 1970 und 1976 in vier Banden beim Union Verlag und im Klett Verlag. Der vierte Band war in zwei Teilbande gegliedert. Herausgeber war wiederum Herbert Grundmann. Zwischen 1973 und 1980 wurde auch eine 22-bandige Taschenbuchausgabe dieser Auflage bei dtv herausgebracht. [4] Nachdrucke der 9. Auflage erschienen bis 1999.

Die 9. Auflage verdient als ereignisgeschichtliches Kompendium heute noch eine gewisse Beachtung, die 10. Auflage verfolgt einen anderen methodischen Ansatz.

Einzelbande der 8. Auflage

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Die 8. Auflage bestand aus vier Teilbanden:

  • Band 1: Herbert Grundmann, Friedrich Baethgen (Hrsg.): Fruhzeit und Mittelalter , 1954.
  • Band 2: Herbert Grundmann, Max Braubach (Hrsg.): Von der Reformation bis zum Ende des Absolutismus , 1955.
  • Band 3: Herbert Grundmann, Karl Erich Born (Hrsg.): Von der Franzosischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg , 1960.
  • Band 4: Karl Dietrich Erdmann (Hrsg.): Das Zeitalter der Weltkriege , 1959.

Einzelbande der 9. Auflage

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Die 9. Auflage (1970?1973) teilte den vierten Band auf:

  • Teilband 1: Der Erste Weltkrieg, die Weimarer Republik , 1973.
  • Teilband 2: Deutschland unter der Herrschaft des Nationalsozialismus 1933?1939. Der Zweite Weltkrieg. Das Ende des Reiches und die Entstehung der Republik Osterreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik , 1973.

Von dieser Ausgabe erschien bei dtv eine Taschenbuchausgabe: [5]

  • Band 1: Ernst Wahle : Ur- und Fruhgeschichte im mitteleuropaischen Raum , 9. Auflage 1999.
  • Band 2: Heinz Lowe : Deutschland im frankischen Reich , 11. Auflage 1999.
  • Band 3: Josef Fleckenstein , Marie Luise Bulst-Thiele : Begrundung und Aufstieg des deutschen Reiches , 10. Auflage 1999.
  • Band 4: Karl Jordan : Investiturstreit und fruhe Stauferzeit 1056?1197 , 10. Auflage 1999.
  • Band 5: Herbert Grundmann: Wahlkonigtum, Territorialpolitik und Ostbewegung im 13. und 14. Jahrhundert : 1198?1378 , 10. Auflage 1999.
  • Band 6: Friedrich Baethgen: Schisma und Konzilszeit, Reichsreform und Habsburgs Aufstieg , 8. Auflage 1999.
  • Band 7: Karl Bosl : Staat, Gesellschaft, Wirtschaft im deutschen Mittelalter , 10. Auflage 1999.
  • Band 8: Walther Peter Fuchs : Das Zeitalter der Reformation , 10. Auflage 1999.
  • Band 9: Ernst Walter Zeeden : Das Zeitalter der Glaubenskampfe. 1555?1648 , 9. Auflage 1999.
  • Band 10: Max Braubach : Vom Westfalischen Frieden bis zur Franzosischen Revolution , 9. Auflage 1999.
  • Band 11: Gerhard Oestreich : Verfassungsgeschichte vom Ende des Mittelalters bis zum Ende des alten Reiches , 8. Auflage 1999.
  • Band 12: Wilhelm Treue : Wirtschaft, Gesellschaft und Technik in Deutschland vom 16. bis zum 18. Jahrhundert , 7. Auflage 1999.
  • Band 13: Walter Schlesinger , Friedrich Uhlhorn : Die deutschen Territorien , 7. Auflage 1999.
  • Band 14: Max Braubach: Von der Franzosischen Revolution bis zum Wiener Kongreß , 11. Auflage 1999.
  • Band 15: Theodor Schieder : Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich: 1815?1871 , 16. Auflage 1999.
  • Band 16: Karl Erich Born : Von der Reichsgrundung bis zum Ersten Weltkrieg , 16. Auflage 1999.
  • Band 17: Wilhelm Treue : Gesellschaft, Wirtschaft und Technik Deutschlands im 19. Jahrhundert , 11. Auflage 1999.
  • Band 18: Karl Dietrich Erdmann: Der Erste Weltkrieg , 11. Auflage 1999.
  • Band 19: Karl Dietrich Erdmann: Die Weimarer Republik , 13. Auflage 1999.
  • Band 20: Karl Dietrich Erdmann: Deutschland unter der Herrschaft des Nationalsozialismus. 1933?1939 , 11. Auflage 1999.
  • Band 21: Karl Dietrich Erdmann: Der Zweite Weltkrieg , 9. Auflage 1999.
  • Band 22: Karl Dietrich Erdmann: Das Ende des Reiches und die Entstehung der Republik Osterreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik , 9. Auflage 1999.

Die 10. Auflage 2001 bis 2024

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Die 10. Auflage, die im Klett-Cotta Verlag erschien, ist eine abermalige Neukonzeption mit anderen Autoren als bei der 8./9. Auflage. Herausgeber sind vier Professoren: der Mediavist Alfred Haverkamp , der Fruhneuzeitler Wolfgang Reinhard , der Sozialhistoriker Jurgen Kocka und der Zeitgeschichtler Wolfgang Benz . Es wird zwischen vier Epochen unterschieden:

  • Band 1 bis 8: Spatantike bis zum Ende des Mittelalters (Herausgeber Alfred Haverkamp).
  • Band 9 bis 12: Fruhe Neuzeit bis zum Ende des Alten Reiches 1495?1806 (Herausgeber Wolfgang Reinhard).
  • Band 13 bis 17: 19. Jahrhundert 1806?1918 (Herausgeber Jurgen Kocka).
  • Band 18 bis 24: 20. und 21. Jahrhundert 1918?2021 (Herausgeber Wolfgang Benz). [6]

Im Vorwort heißt es, das Handbuch solle die deutsche Geschichte in ihrer regionalen Vielfalt und in den europaischen Zusammenhangen darstellen und dabei die Teildisziplinen integrieren. Fur ein breites Publikum solle der Stand der deutschen Geschichtsforschung gezeigt werden. Weiter meinen die Herausgeber in ihrem Vorwort:

?Anders als fruhere Auflagen integriert der neue Gebhardt Politik-, Sozial-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte gleichgewichtig, statt die Geschichte der Politik erdruckend in den Mittelpunkt zu stellen. Der neue Gebhardt unterscheidet sich klarer als fruhere Auflagen von einer bloßen Chronik deutscher Geschichte. Er ist analytischen Ansatzen verpflichtet, stellt explizit Fragen, macht Angebote fur weiterfuhrende Interpretation. Er versammelt das gesicherte Wissen und berichtet uber gultige Interpretationen. Er bezeichnet aber auch Lucken im Forschungsstand, identifiziert das Fragwurdige, stellt sich Kontroversen und weist auf offene Probleme hin.“ [7]

Alfred Haverkamp: Perspektiven des Mittelalters ; Friedrich Prinz : Europaische Grundlagen deutscher Geschichte, 4.?8. Jahrhundert . Klett-Cotta, Stuttgart 2004, 672 Seiten, ISBN 3-608-60001-9 .

Harm von Seggern rezensiert den ersten Band des neuen ?Gebhardt“ fur die Vierteljahrschrift fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte . Er konstatiert, dass die Geschichtswissenschaft sich seit der Publikation der 9. Auflage ?tiefgreifend gewandelt“ habe, ?das Primat der Staats-, Politik- und Ereignisgeschichte“ sei ?dem Verstandnis einer multidisziplinaren Geschichte gewichen, bei dem die Entwicklung auf vielen Feldern der Gesellschaft nachzuzeichnen ist.“ Dieser Konzeption sei auch der vorliegende Band verpflichtet, der aus zwei Teilen besteht. Wahrend Haverkamp im ersten Teil die ?allgemeine Periodisierung des Mittelalters“ diskutiere, zentrale Begriffe problematisiere und schließlich einen ?notgedrungen knappen quellenkundlichen Grundriss“ gebe, liefere Friedrich Prinz eine ?Gesamtdarstellung“ der europaischen Grundlagen deutscher Geschichte zwischen dem 4. und 8. Jahrhundert. Der Rezensent lobt das ?ausgesprochen lesefreundliche“ Format des Bandes und urteilt: ?Sowohl Haverkamps Einfuhrung als auch Prinz’ Gesamtdarstellung bestechen durch ihre formale und inhaltliche Ausgewogenheit“. [8]

Rudolf Schieffer : Die Zeit des karolingischen Großreichs, 714?887 . Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 239 Seiten, ISBN 3-608-60002-7

In der Suddeutschen Zeitung schreibt Christian Jostmann uber das Buch: ?Der Student, der sich auf eine Prufung vorbereiten will, der Doktorand, der den Stoff des Studiums wiederholen muss, gleichfalls der historisch interessierte Laie erhalten ein gut lesbares Handbuch, das knapp, aber zuverlassig in die Geschichte nicht nur des ostlichen Karolingerreichs einfuhrt.“ [9]

Hagen Keller , Gerd Althoff : Die Zeit der spaten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888?1024 . Klett-Cotta, Stuttgart 2008, 475 Seiten, ISBN 978-3-608-60003-2 .

Der Rezensent Wolfgang Huschner verweist in der Historischen Zeitschrift auf eine Neuinterpretation der Geschichte des ottonischen Reiches, die in den ?letzten zwei Jahrzehnten“ stattgefunden habe. Diese ?Neudeutung“ sei von den zwei Autoren des vorliegenden Bandes maßgeblich mitgepragt worden. Dadurch sei es gelungen, die ?nationalstaatlich determinierte Sicht des 19. und 20. Jahrhunderts“, wonach am Beginn der deutschen Geschichte ein glanzvolles ottonisches Kaiserreich gestanden habe, endgultig zu uberwinden. Demgegenuber mache die Darstellung von Keller und Althoff deutlich, dass die Herrscher des 10. Jahrhunderts sich nicht als Konige oder gar Kaiser ?der Deutschen“ sahen, sondern die ?romische Kaiserwurde“ erstrebten. [10]

Hanna Vollrath : Das Reich der Salier ? Lebenswelten und gestaltende Krafte 1024?1125 . Klett-Cotta, Stuttgart 2024, 456 Seiten, ISBN 978-3-608-60004-9 .

Alfred Haverkamp: Zwolftes Jahrhundert 1125?1198 . Klett-Cotta, Stuttgart 2003, 319 Seiten, ISBN 3-608-60005-1 .

Tobias Weller ( H-Soz-u-Kult ) zufolge legt Haverkamp im darstellenden Teil großen Wert auf Strukturgeschichte, von zwanzig Kapiteln seien nur neun der politischen Geschichte im engeren Sinne gewidmet, im Gegensatz zur starker ereignisgeschichtlichen 9. Auflage. Haverkamp, ein souveraner Kenner der Materie, arbeitete die neueste Literatur ein. Seine Darstellung sei notgedrungen hochkonzentriert und richte sich daher eher an Leser mit Vorwissen als an diejenigen, die eine erste Orientierung suchen. Der Rezensent lobt die sorgfaltige Lektorierung. [11]

Wolfgang Sturner : Dreizehntes Jahrhundert 1198?1273 . Klett-Cotta, Stuttgart 2007, 446 Seiten, ISBN 978-3-608-60006-3 .

Der Rezensent Martin Kaufhold lobt den Band in einer Besprechung fur das Deutsche Archiv fur Erforschung des Mittelalters . Der Autor Wolfgang Sturner bewege sich ?auf sicherem Terrain. Als vielfach ausgewiesener Kenner der Geschichte Friedrichs II. ist er mit einem großen Teil des Stoffs sehr gut vertraut. Seine Kenntnisse und sein immer abgewogenes Urteil verleihen dem Band einen fundierten Charakter.“ Sturner prasentiere ein ?differenziertes und plausibles Bild der Zustande, die er beschreibt.“ Kritisch erwahnt der Rezensent die mangelnde Berucksichtigung der bauerlichen Bevolkerung. [12]

Michael Menzel : Die Zeit der Entwurfe (1273?1347) . Klett-Cotta, Stuttgart 2012, 332 Seiten, ISBN 978-3-608-60007-0 .

Thomas Jeschke betont in der Zeitschrift fur historische Forschung , ?dass wir es hier mit einem gelungenen Handbuch deutscher Geschichte von 1273 bis 1347 zu tun haben.“ Menzel habe ?ein klar konzipiertes, gut lesbares und kenntnisreiches Buch vorgelegt …, das dem Titel ?Handbuch‘ vollends gerecht“ werde. Er schaffe es, ?auch fur den Laien die wichtigen Zusammenhange nachvollziehbar darzustellen.“ Gegenuber den alteren Ausgaben des ?Gebhardt“ registriert der Rezensent einen ?Paradigmenwechsel“. Die klassische Politik- und Ereignisgeschichte, die noch in der 9. Auflage dominiert habe, nehme im vorliegenden Band nur etwa ein Drittel des Raumes ein. ?Der Rest ist dem soziokulturellen Kontext im weiten Sinne gewidmet.“ [13]

Christian Hesse : Synthese und Aufbruch (1346?1410) . Klett-Cotta, Stuttgart 2017, 348 Seiten, ISBN 978-3-608-60072-8 .

Die Schweizer Historikerin Gabriela Signori lobt in der Zeitschrift fur historische Forschung die bemerkenswerte ?Sorgfalt“ des Verfassers: ?Jeder Teilabschnitt ist grundlichst recherchiert; sachkundig werden jeweils auf wenige Seiten konzentriert die neuesten Forschungsergebnisse zusammengefasst, und dies in einem angenehm lesbaren Stil.“ Problematisch findet sie die ?Dominanz der Politik- und Ereignisgeschichte“ und die ?Engfuhrung“ auf deutsche Geschichte: ?Ein Vergleich mit England, Frankreich und Italien hatte sichtbar gemacht, dass sich die Gesellschaft in einem gewaltigen Transformationsprozess befand, der sich … in den unzahligen Partizipationskampfen niederschlagt, die sich in ganz Europa beobachten lassen.“ [14]

?Mit Spannung verfolgt die Geschichtswissenschaft das Erscheinen der Bande der 10., vollig neu bearbeiteten Auflage des 'Gebhardt ? Handbuch der deutschen Geschichte'“, schreibt Sabine von Heusinger in ihrer Rezension fur die Historische Zeitschrift . Aus ihrer Sicht hat Christian Hesse ?einen uberzeugenden Band“ vorgelegt: ?Themen der jungeren Forschung wie Schriftlichkeit, Genossenschaften oder Juden haben ebenso ihren Eingang in den Band gefunden wie Forschungen zu Burgerunruhen als Beispiele fur Konfliktaustragung.“ Der Schwerpunkt des Bandes liege eindeutig auf der politischen Geschichte, wahrend den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Kirche weniger Platz eingeraumt werde. Am Ende wunscht die Rezensentin dem ?Band viele Leser und Leserinnen“. [15]

Hartmut Boockmann , Heinrich Dormeier : Konzilien, Kirchen- und Reichsreform 1410?1495 . Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 319 Seiten, ISBN 3-608-60008-6 .

Martina Hartmann verweist auf die Leistung Dormeiers, der ein alteres Manuskript des 1998 verstorbenen Boockmann aktualisieren und korrigieren musste. Das Resultat sei eine ?leicht lesbare, mitunter auch spannende und gut gegliederte Darstellung“. Wegen seiner Fulle an weiterfuhrender Literatur sei der Band fur Spezialisten von Interesse, verliere aber auch die Studenten nicht aus dem Blick. Erlautert werde beispielsweise, warum zunachst nicht die Erfindung des Buchdrucks, sondern des Papiers wichtiger war. Mit großem Einfuhlungsvermogen stelle Boockmann etwa die Situation des spatmittelalterlichen Klerus dar und raume mit alten Vorurteilen auf. [16]

Detlev Mares schreibt, Boockmann zeichne ?das Bild umsichtiger Herrscher“ (wie Friedrich III.), die geschickt und nicht ohne Erfolg agiert hatten, und auch wirtschaftsgeschichtlich lasse sich nicht ohne weiteres von der spatmittelalterlichen Krise sprechen. ?Kontinuitat statt krisenhaftem Ende des Mittelalters“ konstatiere Boockmann auch bei den ausfuhrlich untersuchten kulturellen Entwicklungen. Es mute ironisch an, dass Boockmanns ?meisterlich prazise formulierter Abschnitt“ im neuen Gebhardt das Mittelalter beende, denn Boockmann unterhohle die Epochenscheide um 1500. [17]

Wolfgang Reinhard : Probleme deutscher Geschichte 1495?1806; Reichsreform und Reformation 1495?1555 . Klett-Cotta, Stuttgart 2001, 435 Seiten, ISBN 3-608-60009-4 .

Bernd Roeck in der Zeit meint, der Gebhardt liefere nur ?historische Hausmannskost“ und bleibe hinter den selbst gestellten Anspruchen weit zuruck. In den Banden 9 und 10 (1495?1648) fehlen seiner Ansicht nach Themen wie Kulturtransfers, Mentalitaten oder ?das soziale Gedachtnis der Deutschen“, und auch die Frauen kamen zu kurz. ?Den Leser erwartet ein 16. Jahrhundert ohne die Kunst Arcimboldos und der anderen Manieristen mit ihren kryptischen Botschaften, ein Dreißigjahriger Krieg ohne Gryphius, ja selbst ohne Grimmelshausen“. [18]

Maximilian Lanzinner : Konfessionelles Zeitalter 1555?1618 ; Gerhard Schormann : Dreißigjahriger Krieg 1618?1648 . Klett-Cotta, Stuttgart 2001, 370 Seiten, ISBN 3-608-60010-8 .

Der Franzose Christophe Duhamelle ist im Online-Rezensionsjournal Sehepunkte beeindruckt vom Gebhardt, ?diesem einzigartigen Monument der deutschen Geschichtsforschung“, und er preist die ?knappe Dichte“ und die Prazision. Pragnant an der Darstellung von Lanzinner sei die Neubewertung des Alten Reiches und seiner Institutionen. Uberhaupt findet Duhamelle gut, dass die im vorherigen Gebhardt vernachlassigte Fruhe Neuzeit mehr Raum erhalte, was auch die Entwicklung der Lehrstuhle seit damals widerspiegele. Kritischer ist der Rezensent gegenuber der seiner Meinung nach ?massive[n] Akzentsetzung auf das Konfessionelle und das Politische“, die er auf Lanzinners Auseinandersetzung mit Leopold von Ranke zuruckfuhrt: ?Wer mit Ranke ringt, steht auf demselben Kampfplatz.“ Er gesteht Lanzinner aber zu, dass man in einer knappen Synthese nicht alles umfassen konne. Sie erortere aber vieles, ?und das auf sehr angenehme und klare Weise“. [19]

Helga Schnabel-Schule (PERFORM uber Sehepunkte ) glaubt nicht, dass der Band mit seinen vielen nicht erklarten Fachausdrucken (vor allem im ersten Teil) wirklich einem breiten Publikum zuganglich ist. Auch andere Leser hatten Muhe, Begriffe wie ? flacianisch gesinnte Reichsstande “, ? ostelbische Schlossgesassen“ oder ? Piastenherzoge Schlesiens “ zu verstehen. Ferner kritisiert sie, dass einerseits die ?Quellen und Literatur“ mit uber funfzig Seiten zu viel Raum bei 280 Textseiten insgesamt einnehme, andererseits die Auswahl der Literatur aber stellenweise unverstandlich sei. Die Kritikpunkte seien aber nicht den Autoren, sondern der Konzeption des Handbuches anzulasten. In der Prasentation des Forschungsstandes zur Fruhen Neuzeit seien die Reihen Oldenbourg Grundriss der Geschichte und Enzyklopadie deutscher Geschichte uberlegen, in der Allgemeinverstandlichkeit vor allem die Reihe Das Reich und die Deutschen aus dem Siedler-Verlag. [20]

Auch Heinz Duchhardt (PERFORM uber Sehepunkte ) findet, dass zumindest der Beitrag Schormanns etliche Titel in der Literatur vermissen lasse, außerdem gehe Schormann beispielsweise nicht auf die russisch-polnisch-schwedischen Komponenten des Dreißigjahrigen Krieges ein. Gefallen hat Duchhardt, wie im Band die Forschung in ihren Tendenzen und Defiziten diskutiert werde, auch da biete Lanzinner mehr als Schormann. Der Rezensent wunscht sich etwas mehr Kultur- und Kunstgeschichte, etwas mehr Beleuchtung von Randgruppen und einen ?mehr erkenntnisleitenden roten Faden“. Der Wert des Bandes liege in der Verlasslichkeit der Fakten und die Aufarbeitung des Forschungsstandes. [21]

Johannes Burkhardt : Vollendung und Neuorientierung des fruhmodernen Reiches 1648?1763 . Klett-Cotta, Stuttgart 2006, 563 Seiten, ISBN 3-608-60011-6 .

Fur den Rezensenten Alexander Schunka ist der ?Gebhardt“ die ?Mutter aller Handbucher“. Band 11 biete ?eine Reichsgeschichte vor allem als Darstellung seiner Institutionen, der Ereignisablaufe und der institutionellen Kommunikation, jeweils angereichert mit Forschungsmeinungen“, schreibt Schunka in H-Soz-Kult . Burkhardts Buch sei ?zuerst und vor allem eine glanzend geschriebene historische Erzahlung.“ Auch wenn ?einige Stellen nicht immer ganz frei von Missverstandnissen“ seien, gelinge es dem Autor, ?seinen Lesern selbst noch so holzern anmutende Konstrukte des Reichs wie Kreisassoziationen oder den Umbau des Kurkollegs als nachgerade spannende Phanomene darzustellen und den Leser mit Schlachten, aber auch mit scheinbar verwirrenden Dingen wie der bayerischen Bundnispolitik um 1700 zu fesseln.“ [22]

Walter Demel : Reich, Reformen und sozialer Wandel 1763?1806 . Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 448 Seiten, ISBN 3-608-60012-4 .

Der ?Gebhardt“ sei ?eines der Flaggschiffe der deutschen Geschichtswissenschaft“ schreibt Matthias Schnettger in der Historischen Zeitschrift . In Demels Beitrag spiegele sich ?die Akzentverschiebung der historischen Forschung weg von der politischen, hin zur Sozial- und Kulturgeschichte“. Demel habe in seinem Band ?eine Fulle von Spezialuntersuchungen grundlich ausgewertet“ und ?einen zugleich dichten und sehr gut lesbaren Text“ vorgelegt, urteilt der Rezensent. [23]

Jurgen Kocka : Das lange 19. Jahrhundert . Klett-Cotta, Stuttgart 2002, 187 Seiten, ISBN 3-608-60013-2 .

Nils Freytag ( Sehepunkte ) halt Kocka fur den besten Kenner der Epoche, dem es immer wieder souveran gelange, in den Kernabschnitten des Bandes ?die fundamentalen Triebkrafte des Jahrhunderts analytisch“ vorzustellen, ?ohne sich in Detailprobleme zu verstricken“. Er findet aber, Kocka habe seine Ausfuhrungen zu sehr auf Preußen-Deutschland zugeschnitten. Die Starken des Bandes lagen in den sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Passagen, detailliertere kultur- und politikgeschichtlichen Ausfuhrungen durfe der Leser nicht erwarten. Da aber Vorwissen vorausgesetzt sei, seien Studienanfangern zunachst andere Werke zu empfehlen. [24]

Helmut Berding , Hans-Werner Hahn : Reformen, Restauration und Revolution 1806 bis 1848/49 . Klett-Cotta, Stuttgart 2010, 712 Seiten, ISBN 978-3-608-60014-8 .

Andreas Fahrmeir lobt das Buch in der Historischen Zeitschrift fur seine ?Zuverlassigkeit und enzyklopadische Breite“. Dem Band gelinge die ?Kombination aus der Vermittlung von etabliertem Wissen und dem Setzen neuer Akzente“ in ?idealer Weise“. Abschließend schreibt der Rezensent: ?Man kann nur hoffen, daß gegenwartige und kunftige Studierendengenerationen ihre Angste vor langeren Buchern uberwinden und ihr Wissen zum Deutschland des fruhen 19. Jahrhunderts auch, wenn nicht sogar vor allem, aus diesem ?Gebhardt‘ beziehen.“ [25]

Friedrich Lenger : Industrielle Revolution und Nationalstaatsgrundung 1849?1870/71 . Klett-Cotta, Stuttgart 2003, 451 Seiten, ISBN 3-608-60015-9 .

Christian Jansen ( Sehepunkte ) meint, die Herausgeber Haverkamp, Reinhard, Kocka und Benz stunden fur eine ?auch methodisch reflektierte, theoretisch informierte Sozialgeschichte, die die konservativ-nationalistische Ausrichtung“ einer alteren deutschen Geschichtswissenschaft hinter sich gelassen habe. Dementsprechend hoch sei ihr Anspruch, die Sozial-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte zu integrieren. Das sei im vorliegenden Band gelungen, die Politikgeschichte beginne gar erst auf Seite 257. Im Bereich Wirtschaftsgeschichte lagen Lengers Starken, dort sei er ?leicht verstandlich und innovativ zugleich“. Dagegen fielen die ubrigen Teile ab. Konventionell und wenig inspirierend nennt der Rezensent die Gliederung dort, und teilweise sei die altere, Bismarck entschuldigende nationalliberale Deutung ubernommen worden. Gelungen wiederum sei hingegen das Kapitel uber Bildung, Wissenschaft und Kultur, die ethnischen Minderheiten kamen aber zu kurz. Fur Studierende konne die gut lesbar Uberblicksdarstellung besonders empfohlen werden, trotz einiger zu speziellen Formulierungen. Schließlich beklagt er ein ?typisch deutsche[s] Bilderverbot (keine Karten, keine Karikaturen, keine Kunst)“. [26]

Volker Berghahn : Das Kaiserreich 1871?1914 . Klett-Cotta, Stuttgart 2006, 486 Seiten, ISBN 3-608-60016-7 .

Frank Becker ( Sehepunkte ) sieht im neukonzipierten Band eher ein Lesebuch als ein Nachschlagewerk. Bei aller Kompaktheit und Faktensattigung sei die Darstellung gefallig formuliert. Der in New York lehrende Autor profitiere offenkundig von der angelsachsischen Schule. Innovativ im Aufbau des Bandes sei die Integration von Politikgeschichte und Sozialgeschichte. Die Politik rucke sogar an die letzte Stelle. Vielversprechend sei auch die breite Themenpalette. Das Bild, das Berghahn vom Kaiserreich zeichne, sei jedoch wenig differenziert immer noch das eines autoritaren Obrigkeitsstaates, mit dem Reichstag als pseudo-demokratischem Feigenblatt. Man habe ?bedauerlicherweise den Eindruck, als hatten Herausgeber und Verfasser der Versuchung nicht widerstehen konnen, nach den langen Kampfen ihrer Jugendzeit gegen das vorherrschende politikgeschichtliche Paradigma nun die Neuauflage des 'Gebhardt' dazu zu benutzen, mit derselben Halsstarrigkeit die Ansatze und Positionen der kritischen Sozialgeschichte der Siebzigerjahre zu kanonisieren.“ [27]

Wolfgang Mommsen : Die Urkatastrophe Deutschlands. Der Erste Weltkrieg 1914?1918 . Klett-Cotta, Stuttgart 2002, 188 Seiten, ISBN 3-608-60017-5 .

Wilfried Rudloff vermutet im Online-Rezensionsjournal Sehepunkte fur den ?Gebhardt“ in der 10. Auflage eine großere Konkurrenzsituation als fur die Vorganger, da es mehr andere Gesamtdarstellungen als fruher gebe und ?die Anspruche an eine darstellerische Integrationsleistung“ gestiegen seien. Am Band zum Ersten Weltkrieg von Wolfgang Mommsen lobt Rudloff, wie Mommsen die Faden der Forschung auf nur 150 Seiten souveran zusammenziehe. Neben anderen Ursachen, die den Krieg unvermeidlich gemacht hatten, nenne Mommsen immer noch die umstrittene Sozialimperialismus-These: Die Eliten hatten die Zuflucht im Kriege gesucht, um innenpolitische, gesellschaftliche Reformen zu vermeiden. [28]

In H-Soz-u-Kult weist Jost Dulffer zunachst darauf hin, der Imperialismusforscher Wolfgang J. Mommsen gehore zu den Wiederentdeckern des Ersten Weltkrieges als Themengebiet der jungeren Geschichte. Der Gebhardt-Band gebe einen guten Uberblick, beziehe Vor- und Nachgeschichte sowie die internationale Situation ein, nehme aber auch das Militarische und die Kriegstechnik ernst. In einem Schlusselkapitel beziehe Mommsen die deutsche Gesellschaft mit ein, neu seien die breiteren Ausfuhrungen uber die kulturellen Eliten einschließlich der beiden großen Kirchen. ?Die Darstellung atmet insgesamt den Geist des juste milieus der deutschen Geschichtswissenschaft dieser Generation von Historikern“, doch Kontroversen seien ?insgesamt sehr stark einer ausgleichenden Sicht gewichen, die alte Grabenkampfe […] weitgehend uberwindet“. Dulffer lobt neben der klaren und schnorkellosen Diktion daher auch die ?Lernfahigkeit [!] und Integrationskraft“ Mommsens. Dulffer findet ubrigens den Preis des Bandes fur Studierende eher zu hoch. [29]

Wolfgang Benz , Ursula Buttner : Der Aufbruch in die Moderne ? das 20. Jahrhundert. Weimar ? die uberforderte Republik 1918?1933 . Klett-Cotta, Stuttgart 2010, 812 Seiten, ISBN 978-3-608-60018-6 .

Band 18 eroffnet den letzten Teil des ?Gebhardt“ (Band 18?23), der sich mit dem 20. Jahrhundert seit dem Ende des Ersten Weltkriegs beschaftigt. Der Band besteht aus zwei Texten: Wolfgang Benz liefert zunachst unter dem Titel Der Aufbruch in die Moderne auf 133 Seiten einen Uberblick uber die deutsche Geschichte im ?Jahrhundert der Ideologien“. Den Hauptteil des Buches bildet auf 470 Textseiten Ursula Buttners Darstellung der Weimarer Republik. Das Urteil des Rezensenten Andreas Rodder in der Historischen Zeitschrift fallt uneinheitlich aus. Wahrend er die Einfuhrung von Benz wegen ihrer ?thematischen, moralisierenden und nationalen Engfuhrung“ kritisch beurteilt, lobt er Buttners Abhandlung uber Weimar als ?eine systematische und reflektierte, umsichtige und abgewogene Darstellung“. [30]

Michael Gruttner : Das Dritte Reich 1933?1939 . Klett-Cotta, Stuttgart 2014, 606 Seiten, ISBN 978-3-608-60019-3 .

Bernward Dorner schreibt in der Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft , Gruttners Buch biete einen ?ausgezeichneten Uberblick uber hochst unterschiedliche Felder der NS-Gesellschaft.“. Gruttner lege ?plausibel“ dar, wie das NS-Regime eine ?hohe Akzeptanz in der Bevolkerung“ erlangen konnte, grenze sich aber gleichzeitig von weitergehenden Positionen ab, die das Regime als ?jederzeit mehrheitsfahige Zustimmungsdiktatur“ ( Gotz Aly ) charakterisieren. ?Uberzeugend“ findet Dorner auch Gruttners These, dass der Holocaust ?nicht als Plan, wohl aber als Option“ schon wahrend der Vorkriegszeit in Hitlers Denken prasent gewesen sei. ?Weniger gut ausbalanciert“ sei dagegen der Abschnitt uber den Reichstagsbrand . Kritisch beurteilt Dorner Gruttners Aussage, die Hitlerjugend habe ihre Mitglieder ab einem bestimmten Zeitpunkt ?zwangsweise“ rekrutiert. Abschließend heißt es: ?Die exzellente Synthese wird Forschern, Studierenden, Lehrern sowie der historisch interessierten Offentlichkeit Hilfe und wertvolle Orientierung bei ihrer Auseinandersetzung mit der NS-Zeit sein. Mehr kann man von einem Handbuch nicht erwarten.“ [31]

Joachim Scholtyseck lobt die Darstellung der ?Friedensjahre“ des NS-Regimes durch Gruttner in der Historischen Zeitschrift als ?rundum“ uberzeugend. Scholtyseck hebt hervor, ?dass die einzelnen Kapitel auch fur denjenigen, der glaubt, mit der Geschichte der Jahre 1933 bis 1939 gut vertraut zu sein, immer wieder neue Erkenntnisse bieten, sei es zur Außenpolitik, zur Wirtschaft, zu Religion und Kirchenpolitik sowie zum Geschlechterverhaltnis.“ Das Buch sei ein ?vorzugliches“ Kompendium, ?das souveran durch die schier unubersehbare Literatur zu den Jahren nach der Machtubernahme Hitlers fuhrt. Der hohe Anspruch des Gebhardt, den Stand der deutschen Geschichtsforschung und -schreibung zu resumieren und zu reflektieren, wird vorbildlich erfullt.“ [32]

Dieter Pohl : Nationalsozialistische Verbrechen 1939?1945 . Klett-Cotta, Stuttgart 2022, 408 Seiten, ISBN 978-3-608-60020-9 .

Rene Schlott ( Suddeutsche Zeitung ) meint, der Band von Dieter Pohl werde den ?nicht gerade geringen Anforderungen“ des Vorwortes ?vollauf gerecht“. Mit seinem umfassenden Blick, der es ermogliche ?vielfaltige Parallelen, etwa zwischen rassistischer und politischer Verfolgung“ sowie ?die Interdependenzen zwischen den verschiedenen Verbrechenskomplexen, etwa zwischen dem Holocaust und dem Krankenmord“ aufzuzeigen, sei der Band ?eine echte Innovation“. Der Rezensent sieht den Band außerdem als Zeichen eines Paradigmenwechsels innerhalb der deutschen Geschichtswissenschaft; die NS-Verbrechen seien im 9. Gebhardt auf nur sechs Seiten abgehandelt worden. In seiner Darstellung verzichte Pohl auf jede Art von narrativem Element. Er beschranke sich hingegen ?fast ausschließlich auf die Chronologie der Fakten: Ort, Daten, Tater.“ Dieser Zugang mute zwar manchmal burokratisch an, sei aber kein Manko, da er dem Gegenstand und dem Handbuchcharakter geschuldet sei. Mit Pohls ?nuchterner Analyse“ und ?akribischer Darstellung“ werde das Ziel verfolgt, das weltweit gewonnene Wissen uber die verschiedenen NS-Verbrechenskomplexe an einem Ort zusammenzufuhren und somit fur zukunftige Generationen zu sichern. [33]

Rolf-Dieter Muller : Der Zweite Weltkrieg 1939?1945 . Klett-Cotta, Stuttgart 2004, 503 Seiten, ISBN 3-608-60021-3 .

Dieter Pohl ( Sehepunkte ) halt den Experten Muller fur die Herausforderung pradestiniert, ?die globalen Implikationen des Krieges in ein Handbuch fur deutsche Geschichte zu integrieren“ und gleichzeitig die Herrschaftsstruktur des NS-Staates und den Mord an den Juden anderen Banden zu uberlassen. Muller interpretiere die großte Schlacht des Krieges neu, die Auseinandersetzung bei Kursk; in den Mittelpunkt der deutschen Niederlage ruckt die Landung 1944 in der Normandie, nicht Moskau oder Stalingrad. Muller lasse die Kriegsphase 1943?1945 endlich zu ihrem Recht kommen. Die Geschichte der Kriegsgesellschaft nehme ausreichend Platz ein, bleibe aber blass. Pohl kritisiert aber deutlich einige Aussagen wie die, die sowjetische Beherrschung Ostpolens ab 1939 sei von Anfang an brutaler gewesen als die deutsche im Westteil Polens. Die Zahl der polnischen Opfer beim Warschauer Aufstand sei zu niedrig, die der Opfer von franzosischen Racheaktionen nach der Befreiung zu hoch angesetzt. ?Mullers Versuch Korrekturen am inzwischen dominierenden Narrativ der Kriegsgeschichte anzubringen ist also nicht durchweg gelungen.“ [34] (siehe auch Sowjetische Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg , Kriegsverbrechen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg #Frankreich ).

Wolfgang Benz, Michael F. Scholz : Deutschland unter alliierter Besatzung 1945?1949. Die DDR 1949?1990 . Klett-Cotta, Stuttgart 2009, 686 Seiten, ISBN 978-3-608-60022-3 .

Dierk Hoffmann ( Sehepunkte ) bewertet die beiden in diesem Band publizierten Texte unterschiedlich. Der Beitrag von Wolfgang Benz uber die Nachkriegsjahre unter alliierter Besatzung stutze sich hauptsachlich auf altere Publikationen des Autors und biete ?wenig Neues“. Demgegenuber habe Michael F. Scholz ?eine insgesamt uberzeugende Darstellung zur Geschichte der DDR vorgelegt. Er bietet ein differenziertes Bild des ostdeutschen Staates und hat die Forschungsliteratur weitgehend berucksichtigt.“ [35]

Edgar Wolfrum : Die Bundesrepublik Deutschland 1949?1990 . Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 696 Seiten, ISBN 3-608-60023-X .

Konrad H. Jarausch ( H-Soz-u-Kult ) sieht im Gebhardt eine ?Meistererzahlung in einer pluralen Interpretationslandschaft“. Am 23. Band kritisiert er die Entscheidung der Herausgeber, den Band erst mit dem Jahre 1949 beginnen zu lassen (wegen des Bandes 22). Außerdem habe man die DDR-Geschichte besser in diesen Band integriert, als Betrachtung der deutschen Teilung. Die DDR-Geschichte sei leider weitgehend ausgeblendet. Zu den Starken des Bandes zahlt Jarausch das breite Themenspektrum (darunter die ?dritte industrielle Revolution“ und die Popmusik) sowie die ?klare, flussig geschriebene Darstellung“. Vom Handbuchcharakter gesehen bemangelt der Rezensent jedoch einige gefallige, uberzogene Formulierungen: So habe die RAF angeblich keinen Ruckhalt in der Bevolkerung gehabt, wo doch Wolfrum kurz darauf von der Sympathisantenszene spreche. Die Behauptung, Jimmy Carters Menschenrechtspolitik sei verfehlt gewesen, gehe wohl auf eine Beeinflussung durch die Memoiren von Helmut Schmidt zuruck. Insgesamt aber biete der Band mit seiner informativen Darstellung gerade Studenten einen guten Einstieg. [36]

Edgar Wolfrum: Deutschland von der Wiedervereinigung bis zur Gegenwart 1990?2021. Klett-Cotta, Stuttgart 2024, 472 Seiten, ISBN 978-3-608-60024-7 .

In seiner Rezension fur die Suddeutsche Zeitung informiert der Historiker und Journalist Rene Schlott daruber, dass der Band zu großeren Teilen auf Wolfrums 2020 publizierter Studie Der Aufsteiger beruhe. Neu seien drei von funfzehn Kapiteln, darunter eine Analyse der Corona-Pandemie, die von Wolfrum als ?Zasur“ gedeutet werde. Der Band ende mit der Bildung der Ampel-Regierung und lasse daher die ?Zeitenwende“ nach dem russischen Uberfall auf die Ukraine unberucksichtigt. Der Rezensent verweist auf die Risiken einer solchen Darstellung, der notwendigerweise die zeitliche Distanz gegenuber den analysierten Ereignissen fehle. ?Denn erst mit dem wachsenden zeitlichen Abstand treten die Folgen der Fehleinschatzungen und Versaumnisse“ der Politik ?immer klarer zutage“. Als Beispiel verweist Schlott darauf, ?wie sehr sich der heutige kritische Blick auf die 16-jahrige Regierungszeit Angela Merkels von den Lobeshymnen bei ihrem selbst gewahlten Abgang vor nicht einmal zweieinhalb Jahren unterscheidet.“ [37]

Gesamtwurdigung und Kritik

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Der Gebhardt, sowohl in der 9. als auch in der 10. Auflage, ist fur ein breites Publikum gedacht, setzt aber fur historische Laien viel Vorwissen voraus und verwendet teilweise sehr viele Fachbegriffe. Daruber hinaus wurden einigen Rezensionen zufolge manche Teilgebiete nicht genugend beachtet. Die allgemeine fachliche, traditionelle Qualitat des Gebhardts wird jedoch in der Regel anerkannt. Mehrere Rezensenten weisen auf die solide außere Ausgestaltung der 10. Auflage hin, die den Preis in die Hohe treibe und damit der Zielgruppe von Studierenden nicht entspreche. Da seit Erscheinen der 9. Auflage 1970 die Zahl der Handbucher und Uberblicksdarstellungen zur deutschen Geschichte zugenommen hat, werde es fur die 10. Auflage schwieriger sein, sich durchzusetzen.

  1. Bruno Gebhardt (Hrsg.): Handbuch der Deutschen Geschichte , Band 1: Von der Urzeit bis zur Reformation. Stuttgart u. a. 1891, S. III?IV.
  2. Siehe: Karl Dietrich Erdmann: Der Erste Weltkrieg (= Gebhardt , 9. Auflage, Band 18), Stuttgart 1982 (1973), S. 242; Herbert Grundmann: Vorwort . In: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte , 9. Auflage, Band 1, Stuttgart 1970, S. VII?VIII.
  3. Siehe: Herbert Grundmann: Vorwort . In: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte , 9. Auflage, Band 1, Stuttgart 1970, S. VIII.
  4. 1. Auflage 1974: Deutscher Taschenbuch Verlag , letzte (6.) Auflage 1986.
  5. Handbuch der deutschen Geschichte / Bruno Gebhardt. Hrsg. von Herbert Grundmann. In: AGGB Katalog. Abgerufen am 28. November 2019 .
  6. Siehe zu den bibliografischen Angaben, auch der noch nicht veroffentlichten Bande, die Verlagsseite .
  7. Siehe die Verlagsseite .
  8. Rezension in: Vierteljahrschrift fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte , Bd. 93 (2006), H. 2, S. 205 f.
  9. Rezension von Christian Jostmann in: Suddeutsche Zeitung vom 9. August 2005.
  10. Rezension in: Historische Zeitschrift , Bd. 289 (2009), Heft 2, S. 439 f.
  11. Tobias Weller: Rezension zu: Haverkamp, Alfred: Zwolftes Jahrhundert. 1125?1198. Stuttgart 2003 . In: H-Soz-u-Kult , 20. Marz 2003, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2003-2-167 .
  12. Martin Kaufhold: Rezension zu Wolfgang Sturner: Dreizehntes Jahrhundert 1198?1273. Klett-Cotta, Stuttgart 2007. In: Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters , Bd. 64 (2008), S. 276?277, online .
  13. Rezension in: Zeitschrift fur Historische Forschung 41 (2014), Heft 4, S. 701?703.
  14. Rezension in: Zeitschrift fur Historische Forschung 45 (2018), Heft 2, S. 336 f.
  15. Rezension in: Historische Zeitschrift , Bd. 311 (2020), S. 202 f.
  16. Concilium medii aevi , 2006 .
  17. Geschichte, Politik und ihre Didaktik 34 (2006), S. 141?143.
  18. Siehe in Die Zeit , 28. Dezember 2013 .
  19. Christophe Duhamelle: Rezension zu: Wolfgang Reinhard (Hrsg.): Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte. Band 10: Maximilian Lanzinner: Konfessionelles Zeitalter 1555?1618. Gerhard Schormann: Dreißigjahriger Krieg 1618?1648, 10., vollig neu bearb. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta 2001 . In: sehepunkte 2 (2002), Nr. 12 [15. Dezember 2002], http://www.sehepunkte.de/2002/12/2197.html .
  20. Helga Schnabel-Schule: Rezension zu: Wolfgang Reinhard (Hrsg.): Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte. Band 10: Maximilian Lanzinner: Konfessionelles Zeitalter 1555?1618. Gerhard Schormann: Dreißigjahriger Krieg 1618?1648, 10., vollig neu bearb. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta 2001 . In: PERFORM 3 (2002), Nr. 12, http://www.sehepunkte.de/2002/12/2194.html .
  21. Heinz Duchhardt: Rezension zu: Wolfgang Reinhard (Hrsg.): Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte. Band 10: Maximilian Lanzinner: Konfessionelles Zeitalter 1555?1618. Gerhard Schormann: Dreißigjahriger Krieg 1618?1648, 10., vollig neu bearb. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta 2001 . In: PERFORM 3 (2002), Nr. 12, http://www.sehepunkte.de/2002/12/2198.html .
  22. Alexander Schunka: Rezension zu: Burkhardt, Johannes: Vollendung und Neuorientierung des fruhmodernen Reiches 1648?1763 . Stuttgart 2006. In: H-Soz-Kult ISBN 978-3-608-60011-7 .
  23. Rezension in: Historische Zeitschrift , Bd. 295 (2012), S. 201?203.
  24. Nils Freytag: Rezension zu: Jurgen Kocka: Das lange 19. Jahrhundert. Arbeit, Nation und burgerliche Gesellschaft, Stuttgart: Klett-Cotta 2002 . In: sehepunkte 4 (2004), Nr. 5 [15. Mai 2004], http://www.sehepunkte.de/2004/05/6198.html .
  25. Rezension in: Historische Zeitschrift , Bd. 291 (2010), S. 821?823.
  26. Christian Jansen: Rezension zu: Friedrich Lenger: Industrielle Revolution und Nationalstaatsgrundung. (1849?1870er Jahre), Stuttgart: Klett-Cotta 2003 . In: sehepunkte 4 (2004), Nr. 5 [15. Mai 2004], http://www.sehepunkte.de/2004/05/2288.html .
  27. Frank Becker: Rezension zu: Volker Berghahn: Das Kaiserreich 1871?1914. Industriegesellschaft, burgerliche Kultur und autoritarer Staat, Stuttgart: Klett-Cotta 2003 . In: sehepunkte 4 (2004), Nr. 5, [15. Mai 2004], http://www.sehepunkte.de/2004/05/5078.html .
  28. Wilfried Rudloff: Rezension zu: Wolfgang J. Mommsen: Die Urkatastrophe Deutschlands. Der Erste Weltkrieg 1914?1918 , Stuttgart: Klett-Cotta 2002. In: sehepunkte 4 (2004), Nr. 7/8, [15. Juli 2004], http://www.sehepunkte.de/2004/07/6594.html .
  29. Jost Dulffer: Rezension zu: Mommsen, Wolfgang J.: Die Urkatastrophe Deutschlands. Der Erste Weltkrieg 1914?1918. Stuttgart 2002 . In: H-Soz-u-Kult , 18. August 2004, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2004-3-105 .
  30. Rezension in: Historische Zeitschrift , Bd. 295 (2012), Heft 1, S. 239?242.
  31. Bernward Dorner: Rezension zu: Michael Gruttner: Das Dritte Reich 1933?1939, Stuttgart: Klett-Cotta 2014 . In: Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 2015, S. 907?909.
  32. Joachim Scholtyseck in: Historische Zeitschrift , Bd. 303 (2016), S. 911?913.
  33. Rene Schlott: Die Vernichtung. In: sueddeutsche.de. 3. Dezember 2022, abgerufen am 18. Dezember 2022 .
  34. Dieter Pohl: Rezension zu: Rolf-Dieter Muller: Der letzte deutsche Krieg 1939?1945, Stuttgart: Klett-Cotta 2005 . In: sehepunkte 5 (2005), Nr. 4 [15. April 2005], http://www.sehepunkte.de/2005/04/8302.html .
  35. Dierk Hoffmann: Rezension zu: Wolfgang Benz/Michael F. Scholz: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Band 22: Deutschland unter alliierter Besatzung 1945?1949, Die DDR 1949?1990, Stuttgart: Klett-Cotta 2009 . In: sehepunkte 10 (2010), Nr. 10 [15. Oktober 2010], http://www.sehepunkte.de/2010/10/16996.html .
  36. Konrad H. Jarausch: Rezension zu: Wolfrum, Edgar: Die gegluckte Demokratie. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfangen bis zur Gegenwart. Stuttgart 2006 . In: H-Soz-u-Kult , 1. Juni 2006, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-2-152 .
  37. Rene Schlott, Deutsche Zeitgeschichte: Fast zu nah an der Gegenwart, in: Suddeutsche Zeitung, 21. April 2024.