Dieser Artikel existiert auch als Audiodatei.

Handballtorwart

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Thierry Omeyer bei einem Siebenmeter
Eine Torfrau beim Siebenmeter
Johannes Bitter
Daouda Karaboue
Dejan Peri?

Der Handballtorwart (auch Torhuter , Torsteher , Torspieler und speziell in der Schweiz Goalie genannt) ist im Handball der defensivste Spieler einer Mannschaft. Seine Hauptaufgabe ist es zu verhindern, dass der Ball ins Tor der eigenen Mannschaft gelangt.

Ausrustung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein Handballtorhuter muss ein Trikot mit Nummer (auf Vorder- und Ruckseite) tragen, dessen Farbe sich von den Feldspielern der eigenen Mannschaft und der gegnerischen Mannschaft (einschließlich deren Torhuter) unterscheidet. [1] Ist dies nicht gewahrleistet, so muss er beispielsweise ein teiltransparentes Trainingsleibchen zur besseren Unterscheidung uberziehen. Die meisten Torhuter tragen auch eine lange Trainingshose und mannliche Torhuter fast ausnahmslos einen Tiefschutz (Suspensorium). Das Tragen von Sportschuhen ist nach Regel 4:9 vorgeschrieben. [1] Im Gegensatz zu Fußballtorwarten tragen Torhuter im Handball keine Torwarthandschuhe . Dies ist zudem seit 2016 nach Regel 4.9 der IHF verboten. Gesichtsmasken wurden zwar fruher mehrfach diskutiert, sind aber (nach Regel 4:9 [1] ) ebenso verboten wie Kopfschutz, sichtbares Piercing, Halsketten, Ohrschmuck, Brillen ohne Haltebander und ahnliche, den Gegenspieler unter Umstanden gefahrdende Gegenstande.

Regeln fur den Torwart [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein Torwart kann auch gegen einen siebten Feldspieler ausgewechselt werden. Genauso kann ein Feldspieler jederzeit die Position des Torwarts einnehmen, indem dieser durch ein Leibchen als Torwart gekennzeichnet wird. Die Regel 5 Der Torwart , befasst sich ausschließlich mit den fur den Torwart geltenden Regeln. [2] Fur die Torhuter gelten eine Reihe von Sonderregeln, insbesondere innerhalb des eigenen Torraumes. So darf der Torwart, zum Zwecke der Ballabwehr, im Torraum den Ball mit allen Korperteilen beruhren. [2] Dabei gelten fur ihn im Torraum nicht die Drei-Sekunden-Regel (Regel 7:2), die Drei-Schritte-Regel (Regel 7:3), die Ball-tippen Vorschrift (?Zweimal“) (Regel 7:4) und die mehrfache Ballberuhrung ohne Bodenkontakt des Balles (Regel 7:7). [3] Verzogert er allerdings absichtlich das Abspiel des Balles, so konnen die Schiedsrichter auf Passives Spiel entscheiden.

Der Torwart kann jederzeit den Torraum ohne Ball verlassen und im Spielfeld mitspielen. Dann gelten fur ihn die gleichen Regeln wie fur jeden Feldspieler auch. [2] Er darf den Torraum mit dem nicht unter Kontrolle gebrachten Ball verlassen und ihn im Spielfeld weiterspielen (Regel 5:4).

Er darf jedoch nicht den Torraum mit dem unter Kontrolle gebrachten Ball verlassen, wenn ein Abwurf angepfiffen war (Regel 5:6). Wenn er sich im Torraum befindet darf er nicht einen außerhalb des Torraums am Boden liegenden oder rollenden Ball beruhren (Regel 5:7) oder hereinholen (Regel 5:8). Auch darf er nicht mit dem Ball vom Spielfeld in den Torraum zuruckgehen (Regel 5:9). Einen sich bereits in Richtung Spielfeld bewegenden oder im Torraum liegenden Ball darf er nicht mit dem Unterschenkel oder dem Fuß beruhren (Regel 5:10). Bei einem Siebenmeter der gegnerischen Mannschaft darf er nicht die Torwartgrenzlinie (4-m-Linie) oder deren gedachte Verlangerung auf beiden Seiten uberschreiten, bevor der Ball die Hand des Werfers verlassen hat (Regel 5:11).

Beruhrt der Torwart den Ball zuletzt, bevor er ohne Torerfolg die Grundlinie uberquert, bekommt der Torwart den Ball zum Abwurf aus dem eigenen Torraum zugesprochen. Uberquert der Ball allerdings die Seitenauslinie, so bekommt die angreifende Mannschaft einen Einwurf.

Der Torhuter wird gelegentlich auch als 7. Feldspieler eingesetzt oder durch einen Feldspieler ersetzt. Meist geschieht dies kurz vor Ende eines Spiels, wenn die angreifende Mannschaft nach Toren knapp zuruckliegt. Damit sollen die Chancen auf einen Sieg oder ein Unentschieden erhoht werden.

Aufgaben und Anforderungen an einen Handballtorwart [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die primare Aufgabe des Handballtorwartes ist es zu verhindern, dass der Ball durch die gegnerische Mannschaft die eigene Torlinie im vollen Durchmesser uberquert, das heißt, dass die gegnerische Mannschaft ein Tor erzielt. Bei gehaltenen oder verworfenen Ballen muss der Torwart im modernen Tempohandball den Ball moglichst schnell wieder ins Spiel bringen. Dadurch kann die eigene Mannschaft uber Tempogegenstoße oder die sogenannte ?zweite Welle“ zum Torerfolg kommen. Durch die schnelle Mitte konnen auch gegnerische Treffer, eingeleitet durch ein schnelles Zuspiel des Torwartes, gekontert werden. Gelegentlich kommen auch Torhuter selbst zum Torerfolg, beispielsweise indem sie den Ball uber das Spielfeld hinweg ins Tor des gegnerischen Torhuters werfen, wenn sich dieser zu weit vor seinem eigenen Tor aufhalt. Der Torhuter Johannes Bitter konnte so in seinen 112 Landerspielen zwei Tore erzielen. [4]

Die Korperlange ist gerade im Profibereich ein Kriterium fur einen Torhuter. Eine Grundregel lautet dabei zwar ?je langer desto besser“ (der verstorbene Bundesligatorhuter Dieter Bartke hatte eine Korperlange von 2,16 m), jedoch konnen korperliche Nachteile durch andere Eigenschaften wie Sprungkraft und Beweglichkeit oft mehr als nur kompensiert werden. Wieland Schmidt hat beispielsweise 1,85 m und Henning Fritz 1,88 m Korperlange. Wichtiger sind schnelle Reflexe , eine rasche Auffassungsgabe und die Fahigkeit zur Antizipation . Torhuter mussen Spielsituationen antizipieren konnen, erleichtert wird dies durch ein uber die Jahre angeeignetes Repertoire an Standardsituationen. In der Sportwissenschaft werden diese Standardsituationen auch Aktionsmuster genannt. [5] Grundvoraussetzung sind eine gewisse Furchtlosigkeit vor dem geworfenen Ball und dem Zusammenprall mit den Angreifern sowie Nervenstarke in Stresssituationen.

Typische Verletzungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Probleme im Ellbogenbereich sind bei Handballtorhutern ausgesprochen verbreitet. In einer 1992 in Norwegen durchgefuhrten Studie berichteten 329 von 729 Handballtorhutern (45 %) uber Schmerzen im Bereich der Ellbogen, wahrend nur 166 von 4120 Feldspielern (4,0 %) uber entsprechende Beschwerden klagten. In einer zweiten Befragung berichteten von den 729 Torhutern (41 %) von akuten Problemen im Ellbogenbereich und weitere 34 % von zuruckliegenden Problemen. Die Beschwerden waren wiederkehrende Schmerzen und verletzungsbedingte Ausfalle unterschiedlicher Dauer. Ursache fur diese Verletzungen sind offensichtlich wiederholte extreme Uberstreckungen des Ellbogengelenkes. Die Autoren bezeichnen das Syndrom als handball goalie's elbow (?Handballtorwart-Ellbogen“). [6] [7] [8] [9] Die korrekte deutsche Bezeichnung fur diese Verletzung lautet ellenseitige Kapselbandlasion. [10] [11] Das Hyperextensionstrauma des Ellbogens kommt auch bei Hebel- und Haltetechniken im Judo vor. [12]

Die Ursache der Schmerzen liegt moglicherweise in einer Schadigung des Ellbogennerves Nervus ulnaris . [13] Die Klarung der Frage ist Gegenstand aktueller Forschungen, um geeignete Praventionen und Behandlungsmoglichkeiten zu entwickeln. [14]

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Erhalt ein Handballtorwart eine Zeitstrafe , so muss er diese wie jeder andere Spieler auch entsprechend ?absitzen“. In aller Regel wird er dann durch einen weiteren Torwart der Mannschaft ersetzt und die betroffene Mannschaft spielt mit einem Feldspieler weniger.
Seit mehreren Jahren wird daruber diskutiert, dass es dem Torwart bei Tempogegenstoßen verboten werden soll, den Wurfkreis zu verlassen. In der Vergangenheit fuhrte dies zu einigen schweren Sportunfallen. [15]
Bei Mannschaften mit ahnlichem Leistungsniveau kann die Torhuterleistung sehr schnell ein spielentscheidender Faktor werden. Bei einer Quote von 25 Prozent und mehr gehaltener Balle kann man im Allgemeinen von einer sehr guten Torhuterleistung sprechen. Quoten von uber 50 Prozent uber mehr als 30 Minuten Spielzeit sind indes im Aktivenbereich sehr selten.
Eine typische Bewegung zur Abwehr eines Balles ist der sogenannte Hampelmann .
Wirft ein Spieler unbehindert auf den Kopf eines Torwartes, der sich nicht in der Bewegung befindet, zum Beispiel bei einem Siebenmeter, so wird der Werfer disqualifiziert (Regel 8:5). [16]

Bekannte Handballtorhuter [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Henning Fritz
Peter Gentzel
Thierry Omeyer mit einem Hampelmann

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b c Regel 4
  2. a b c Regel 5
  3. Regel 7
  4. Johannes Bitter. ( Memento vom 30. Marz 2010 im Internet Archive ) abgerufen am 27. November 2009.
  5. Torwart Aktionsmuster. ( Memento vom 11. April 2013 im Internet Archive ) abgerufen am 9. September 2011.
  6. S. Tyrdal, R. Bahr: High prevalence of elbow problems among goalkeepers in European team handball ? 'handball goalie's elbow'. In: Scand J Med Sci Sports. 6/1996, S. 297?302. PMID 8960652
  7. S. Tyrdal, A. M. Finnanger: Osseous manifestations of 'handball goalie's elbow'. In: Scand J Med Sci Sports. 9/1999, S. 92?97. PMID 10220843
  8. S. Tyrdal, O. J. Pettersen: The effect of strength training on 'handball goalie's elbow'--a prospective uncontrolled clinical trial. In: Scand J Med Sci Sports. 8/1998, S. 33?41. PMID 9502308
  9. M. A. Ferrara u. a.: Modifications of the elbow induced by the practice of handball on radiography, US and MRI. In: JBR-BTR. 82/1999, S. 222?227. PMID 10589171
  10. Therapielexikon der Sportmedizin. Springer, Berlin/ Heidelberg 2006, ISBN 3-540-33522-6 , S. 73?84.
  11. H. G. Pieper, M. Muschola: Sportverletzungen und Uberlastungsschaden im Handballsport. In: Sport-Orthopadie - Sport-Traumatologie. 23/2007, S. 4?10.
  12. T. O. Kromer: Das Ellenbogengelenk: Grundlagen, Diagnostik, physiotherapeutische Behandlung. Springer, 2004, S. 96?99., ISBN 3-540-44021-6 .
  13. I. R. Rise u. a.: Is the ulnar nerve damaged in 'handball goalie's elbow'? In: Scand J Med Sci Sports. 11/2001, S. 247?250. PMID 11476431
  14. U. Akgun u. a.: Direction of the load on the elbow of the ball blocking handball goalie. In: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 26. September 2007, PMID 17899010
  15. J. Bierschwale: Unfall schockt Handball-Liga: Jakobsen fordert Konsequenzen. In: Die Welt. 3. Dezember 2001.
  16. Regel 8

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]