Hainbuche
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Hainbuche (
Carpinus betulus
), Illustration: A Zweig mit Blutenstanden, B Zweig mit Laubblattern und Fruchtstanden
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Systematik
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Wissenschaftlicher Name
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Carpinus betulus
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L.
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Die (
Gemeine
)
Hainbuche
(
Carpinus betulus
), auch
Weißbuche
,
Hagebuche
oder
Hornbaum
(
englisch
Hornbeam
) genannt, gehort zur
Gattung
der
Hainbuchen
(
Carpinus
) aus der
Familie
der
Birkengewachse
(Betulaceae). Sie wachst als mittelgroßer,
laubabwerfender
Baum
oder
Strauch
in
Europa
und
Westasien
.
Entgegen dem, was ihre
deutschsprachigen Namen
suggerieren, ist sie nicht naher mit der (
einzigen
in
Mitteleuropa
vertretenen Buchenart)
Rotbuche
(
Fagus sylvatica
) verwandt. Diese gehort vielmehr zur Gattung der
Buchen
(
Fagus
) innerhalb der Familie der
Buchengewachse
(Fagaceae). Hainbuche und Rotbuche gehoren lediglich derselben
Ordnung
(
Buchenartige
(Fagales)) an.
Die Namen
Hainbuche
wie auch
Hagebuche
leiten sich vom
althochdeutschen
Haganbuoche ab, wobei
hag
Einzaunung,
Hecke
bedeutet und sich auf die Schnittfahigkeit der Pflanze bezieht. Ersterer, jungerer Name steht ab dem Mittelalter zu
Hain
kleiner Wald
als Wortbildung zu
Hag
, da Hainbuchen klimatolerant sind und auch auf dem freien Feld gut gedeihen und daher Haine bilden konnen. Der zweite Namensteil Buche ruhrt von der außerlichen Ahnlichkeit mit der
Rotbuche
(Große, Form und Nervenmuster der Blatter, glatte Rinde) her; in anderen Merkmalen (Habitus, Fruchte) sind Hainbuchen und Buchen jedoch vollig verschieden.
Hanebuchen
(Adjektiv) fur derb, grob (hartes, zahes Holz) kommt von Hagebuche und meint: unglaublich, emporend, haarstraubend, grotesk, abwegig, absurd und skandalos.
Der Name
Weißbuche
beruht auf der im Gegensatz zur Rotbuche hellen Holzfarbe der Hainbuche.
Die Hainbuche ist ein sommergruner
Laubbaum
der Wuchshohen bis uber 25 Meter und
Stammdurchmesser
bis uber 1 Meter erreicht.
[1]
Im
Kaukasus
wird der Baum bis zu 35 Meter hoch. Das Hochstalter betragt etwa 150 Jahre. Die Stamme bilden in geschlossenen Bestanden 8 bis 10 Meter, im Extremfall auch bis 18 Meter lange Schafte. Der Stamm hat meist einen unregelmaßigen Querschnitt (
spannruckig
). Haufig ist der Stamm krumm.
Die Aste sind bei jungen Baumen senkrecht orientiert und biegen im Alter in die Horizontale um. Die
Kronen
sind dicht und setzen sich aus weit ausladenden Asten der unteren Bereiche und senkrecht orientierten Asten der oberen Bereiche zusammen. Freistehende Baume bilden machtige, breit-ovale Kronen.
Die
Winterknospen
sind spindelformig und 5?8 Millimeter lang. Die Seitenknospen liegen einander abwechselnd gegenuber und dem Zweig eng an, wobei deren Knospenspitzen dem Zweig oft zugekehrt sind.
[2]
Die Knospenschuppen sind braun bis rotbraun und am Rand bewimpert. Die Blutenknospen sind etwas großer und weniger spitz als die vegetativen Knospen.
Die
wechselstandigen
dunkelgrunen
Blatter
sind 4?10 Zentimeter lang, zwei bis funf Zentimeter breit, eiformig und am Ende zugespitzt, die Basis ist spitz bis gerundet, auch gestutzt, manchmal schief oder herzformig. Der Blattrand ist doppelt gesagt. Es gibt 10 bis 15 parallel stehende, ausgepragte Blattadern-Paare, die Blatter wirken dadurch wie gefaltet. Die Unterseite der Blatter ist anfangs behaart (zumindest in den Winkeln der Blattadern), spater jedoch kahl. Die Herbstfarbung ist leuchtend gelb, die Blatter haften teilweise in verwelkten Zustand bis zum Fruhjahr an den Zweigen (
Marzeszenz
).
Die jungen Triebe sind glanzend braun (bis grunlich braun) und schwach behaart. Spater werden sie braunlich-grau und kahl. Sie besitzen zahlreiche weiße, elliptische
Lentizellen
.
Hainbuchen sind
monozisch
, d. h., sie besitzen mannliche und weibliche
Bluten
, die jedoch auf einem Individuum vorkommen. Den Bluten fehlen die
Kronblatter
. Die Blutenstande sind
Katzchen
. Bluten werden an den jungen Trieben angelegt, uberwintern als Knospe, die Bestaubung erfolgt durch den Wind. Blutezeit ist im April und Mai.
Die mannlichen Bluten stehen einzeln in den vielblutigen, achselstandigen, sitzenden, zylindrischen Katzchen. Sie erscheinen kurz vor dem Blattaustrieb. Diese sind hangend, 4 bis 6 Zentimeter lang und gelbgrun. Eine Blute besteht aus vier bis zwolf anfangs hellgrunen, spater braunlichen, geteilten
Staubblattern
mit einem haarspitzigen Staubbeutel pro Ast. Eine
Blutenhulle
fehlt. Jede Blute steht in der Achsel eines hellgrunen, braunlichspitzigen, breit-eiformigen, spitzigen, bewimperten
Tragblattes
,
Vorblatter
fehlen.
[3]
Die weiblichen, haarigen Bluten stehen nebenstandig, zu zweit in der Achsel eines eiformigen, bewimperten, bespitzten, abfallenden Tragblattes und sie haben jeweils zwei Vorblatter und ein Tragblatt (Vorblatt der fehlenden Blute des
Dichasiums
), diese sind anfangs feinhaarig. Zusammen bilden sich vielblutige, gestielte, erst aufrechte, dann hangende, anfangs grune, spater hellbraune, 2 bis 4 Zentimeter lange Katzchen, diese stehen endstandig. Sie erscheinen erst mit dem Blattaustrieb. Zur Reifezeit (August/September) sind die Fruchtstande bis 17 Zentimeter lang.
Der oberstandige, zweifachrige Fruchtknoten besitzt zwei fadliche, rote, vorstehende Narben. Die
Samenanlagen
besitzen zwei
Integumente
, der
Embryosack
entwickelt sich nach dem Polygonum-Typ. Die Befruchtung verlauft
chalazogam
, die Entwicklung des
Endosperms
nuklear.
Die Frucht ist eine kleine, anfangs gelblich-grune, spater braunliche, langsrippige, abgeflachte, breiteiformige, einsamige, harte, ca. 6 bis 9 mm lange und 5 bis 6 mm breite
Nuss
, welche vom bestandigen Perianth und Narbenresten gekront ist.
[4]
Die Schale besitzt ein papieriges Tegmen (Innenseite der
Samenschale
oder Testa).
[5]
Die
Tausendkornmasse
betragt 3 bis 10 Gramm.
[6]
Die Nuss ist in der Achsel in die dreilappig, spießformig und flugelartig verwachsenen Vorblatter eingehullt (Flugelfrucht).
[7]
Dieses flugelartige Blatt ist 3 bis 5 Zentimeter lang und zunachst grun, spater zur Fruchtreife vertrocknet es, wird papierartig und hellbraun. Es dient als Flugel bei der
Windausbreitung
und anfangs der Versorgung der sich entwickelnden Frucht mit Assimilaten. Die Fruchte losen sich erst wahrend der Wintermonate ab und beschreiben dabei eine schraubenformige Flugbahn (Schraubenflieger; Ptero
meteorochorie
).
Die
Chromosomenzahl
betragt 2n = 64.
[8]
[9]
Hainbuchen bilden in tiefgrundigen Boden tiefreichende
Herzwurzeln
aus. In feuchten Boden konzentrieren sich die Wurzeln in den obersten 35 Zentimetern, weshalb die Baume solcher Standorte anfallig gegen Windwurf sind.
Die Art geht mehrere Formen von Ekto
mykorrhiza
-Symbiosen ein, bevorzugt aber keinen spezifischen Partner. Als Symbionten sind rund 25 Arten von
Standerpilzen
bekannt, aber nur wenige
Schlauchpilze
und
Deuteromyceten
.
Das
Holz
der Hainbuche ist weiß bis graulich-weiß, was ihr den Namen Weißbuche im Gegensatz zum rotlichen Holz der Rotbuche einbrachte. Es gibt keine Farbunterschiede zwischen
Splint-
und
Kernholz
. Das Holz ist gleichmaßig aufgebaut, Jahresringe sind nur schwer erkennbar. Das Holz der Hainbuche ist sehr hart und schwer, es ist harter als das der Buche und der Eiche (
Harte nach Brinell
36). Diese Eigenschaft hat der Hainbuche ? wie einigen anderen Baumarten ? den Namen
Eisenbaum
eingebracht.
[11]
Die Rohdichte betragt im Mittel 0,82 g/cm³.
[12]
Das Holz hat im Mittel folgende Zusammensetzung: 18 bis 28 %
Lignin
, 43 bis 49 %
Zellulose
, 19 bis 27 %
Pentosane
.
Die Rinde ist grau, dunn und glatt. Sie kann bei alten Baumen in Langsrichtung aufreißen. Auch innerhalb der Rinde bilden sich ca. 0,12 Millimeter breite Jahresringe.
Obwohl die Gattung
Carpinus
fossil bereits aus dem
Tertiar
bekannt ist, lasst sich die Hainbuche erst in Sedimenten aus dem
Quartar
nachweisen.
[13]
Die eiszeitlichen Refugien der Hainbuche lagen in Sudeuropa und im Kaukasus. Ab ca. 7000 v. Chr. wanderte sie nach Mitteleuropa ein. 5000 bis 4000 v. Chr. war sie bereits weit verbreitet. Etwa 2000 v. Chr. hatte sie ihre heutige Ausdehnung erreicht.
Das Areal der Hainbuche umschließt Mitteleuropa, Nord
anatolien
, den Kaukasus und das
Elbursgebirge
.
[14]
Die Nordgrenze in Europa verlauft von Sudwest
england
uber Nord
belgien
nach Nord
danemark
, wo die Hainbuche bei 57° 30' nordlicher Breite ihren nordlichsten Punkt erreicht. Weiter fuhrt die Grenze uber Sud
schweden
durch
Lettland
,
Litauen
,
Belarus
und durch die
Ukraine
, wo sie den
Dnepr
nur geringfugig in ostlicher Richtung uberschreitet. In den
Steppenregionen
, die nordwestlich ans Schwarze Meer angrenzen, also in der Sudukraine und in der
Dobrudscha
, fehlt die Hainbuche ebenso wie auf der
Krim
. Sie kommt im gesamten Kaukasus und in Kustennahe des Kaspischen Meeres auch im
Elbursgebirge
vor. Sudlich der
Pyrenaen
, auf
Korsika
,
Sardinien
und
Sizilien
kommt die Hainbuche nicht vor, wohl aber auf der
Apennin
- und der
Balkanhalbinsel
. Auch in Anatolien kommt sie nur in einem schmalen Streifen entlang der Kuste des Schwarzen Meeres vor.
Nahe ihrer Nordgrenze wachst die Hainbuche in Meereshohe, in den Gebirgen steigt sie in folgende Hohen:
- Mitteleuropa: 700 bis 1000 m
- Seealpen: 1300 m
- Kaukasus: 2000 m
- Elburs-Gebirge: 2300 m
Die Hainbuche ist im subozeanischen Klima verbreitet. Sie vertragt warme Sommer, an ihrer ostlichen und nordlichen Verbreitungsgrenze ertragt sie Temperaturen bis ?30 °C.
Im Suden des Areals wachst sie bevorzugt in feuchten, schattigen Tallagen bzw. in regenreichen Gebieten wie Nordanatolien,
Kolchis
und an den Nordhangen von Kaukasus und Elburs. Im Norden des Areals ist die Hainbuche relativ warmebedurftig und meidet exponierte Lagen.
Optimale Wuchsleistungen erbringt die Hainbuche auf nahrstoffreichen, mesotrophen bis eutrophen Boden, die frisch bis periodisch nass sind.
In Mitteleuropa wachst sie meist auf
Braunerde
und
Pseudogley
, die aus
diluvialen
Ton- bzw. Ton-Sand-Ablagerungen hervorgegangen sind. In Sudeuropa und in den Gebirgen wachst sie auf
Rendzinen
, in Sudost-Europa auf
Loßboden
.
Nach
Heinz Ellenberg
hat die Hainbuche folgende Zeigerwerte: Halbschatten bis Schattenpflanze, Maßigwarme- bis Warmezeiger, subozeanisch, mit Schwergewicht in Mitteleuropa, nach Osten ausgreifend. Bezuglich Feuchte, Reaktionszahl und Stickstoff ist die Art indifferent.
Die Hainbuche ist die Charakterart des Verbands der
Eichen-Hainbuchen-Walder
(Carpinion betuli), kommt aber auch in Gebuschen der Ordnung Prunetalia vor.
[8]
Aufgrund ihrer sehr hohen Trockenheitstoleranz, die auch auf das kraftige und tiefreichende Wurzelsystem zuruckzufuhren ist, gilt die Hainbuche als sturmfest und eignet sich auch fur ungunstige, temporar schlecht mit Wasser versorgte Standorte auch im stadtischen Bereich. Sie kommt damit vor dem Hintergrund des Klimawandels als Baum in Betracht, der kunftig eine hohere Bedeutung erlangen kann.
[15]
Innerhalb der Gattung
Carpinus
gehort die Hainbuche zur Sektion Carpinus. Schon 1753 wurde sie von
Carl von Linne
unter dem heute noch gultigen Namen
Carpinus betulus
beschrieben.
[16]
Es konnen mehrere Varietaten unterschieden werden, die vor allem im Gartenbau Verwendung finden:
[17]
- Carpinus betulus
var.
angustifolia
(Medwed.) O. Radde
mit langlichen Blattern und konischen, stark gerippten Fruchten, aus der Ukraine.
- Carpinus betulus
var.
carpinizza
(Host) Neilr.
(Syn.:
Carpinus betulus
subsp.
carpinizza
(Kil.) O.Schwarz
) mit kleinen, am Grunde herzformigen Blattern mit sieben bis neun Adernpaaren, aus Rumanien.
- Carpinus betulus
var.
parva
O. Radde
mit kleinen, stark behaarten Blattern und aufgetriebenen Fruchten, aus der Ukraine.
Des Weiteren sind auch mehrere Zierformen entstanden:
[18]
- 'Columnaris' ? anfangs mit saulenformiger Krone, spater eiformig bis fast rund, dicht verzweigt, langsamwuchsig.
- 'Fastigiata' ? raschwuchsig, mit regelmaßiger Krone, anfangs saulenformig, im Alter breit eiformig.
- 'Fastigiata Monument' ? kompakt und saulenformig wachsend, sehr langsamwuchsig.
- 'Frans Fontaine' ? saulen- bis eiformige Krone, langsam wachsend und im Alter schmal bleibend.
- 'Incisa' ? mit schmalen, tief gelappten Blattern.
- 'Quercifolia' ? mit schmalen, rund gelappten Blattern.
- 'Variegata' ? mit gelb gefleckten Blattern.
Es sind mehr als 200
Pilzarten
bekannt, die die Hainbuche befallen konnen, darunter etliche Mehltau- und Rostpilze. So
wird die Hainbuche vom
Rostpilz
Melampsoridium carpini
mit
Uredien
und
Telien
befallen.
[19]
Die
Echten Mehltaue
Phyllactinia guttata
,
Erysiphe arcuata
und
Erysiphe carpinicola
[20]
besiedeln die Blatter.
[21]
Taphrina carpini
erzeugt große
Hexenbesen
an Hainbuchen.
[22]
Von den holzzerstorenden Pilzen sind besonders die
Weißfaule
-Erreger wichtig, unter denen es jedoch keine Hainbuchen-spezifischen Arten gibt.
Unter den uber 70
Insekten
- und
Milbenarten
, die die Hainbuche befallen, sind nur wenige auf die Hainbuche spezialisiert, zum Beispiel die
Schildlaus
Parthenolecanium rufulum
Cockerell
und der
Borkenkafer
Scolytus carpini
Ratz
.
Junge Pflanzen konnen durch
Rothirsch
und
Reh
verbissen
werden, Samlinge und Fruchte werden von verschiedenen Nagetieren gefressen.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Hainbuche ist heute eher gering.
Das Holz wird wegen seiner Dichte und Harte zur Herstellung von
Parkett
und bestimmten Werkzeugen, zum Beispiel
Hobelsohlen
, fur Messergriffe, Werkzeughefte und Hackblocke verwendet. Im
Klavierbau
verwendet man das Holz z. B. fur die Hammerstiele und Hebeglieder. Die fruheren Einsatzbereiche waren weit umfangreicher: Webstuhle, Zahnrader, Zollstocke, Schuhleisten,
Stellmacherei
, landwirtschaftliche Gerate und vieles mehr.
Die Hainbuche liefert hervorragendes Brennholz, welches sich jedoch in getrocknetem Zustand nur außerordentlich schwer spalten lasst; frisch geschlagenes Hainbuchenholz ist gut spaltbar. In dieser Anwendung lag fruher die Hauptnutzung der Hainbuchen. In Mitteleuropa wurde die Hainbuche durch den Menschen fruher indirekt stark gefordert, da sie in den der Brennholzgewinnung dienenden
Niederwaldern
durch ihr hohes
Stockausschlag
vermogen gegenuber der Rotbuche einen eindeutigen Konkurrenzvorteil hatte. Das Holz hat einen sehr hohen Brennwert von etwa 2.300 kWh/RM
[23]
und damit sogar gut 10 Prozent mehr als Rotbuchenholz (2.100 kWh/RM)
[24]
.
Bereits in romischer Zeit, aber auch noch im
Dreißigjahrigen Krieg
, wurden Wehrhecken (
Landwehren
) in Mitteleuropa zu einem großen Teil aus Hainbuchen angepflanzt. Die Hagebusche wurden mit Axten angehauen und umgeknickt. So wuchsen sie ? zusammen mit
Brombeeren
,
Heckenrosen
und anderen Dornenstrauchern ? zu undurchdringlichen Gebilden, die Knickicht, Wehrholz, Landheeg oder
Gebuck
genannt wurden. Im 11. Jahrhundert etwa legte
Kurmainz
eine Landwehr, das
Rheingauer Gebuck
, an, das den ganzen Rheingau zwischen Nieder-Walluf und Lorchhausen gegen den Taunus hin abgrenzte. Die Landwehr war 50 bis 100 Schritt breit und nur an wenigen Stellen mit Durchlassen versehen. Fur die Instandhaltung sorgte ein eigenes Haingericht. Viele Ortsnamen mit den Endungen -hagen und -hain weisen auf solche Landwehren hin.
[25]
In Garten werden Hainbuchen wegen ihres guten Ausschlagvermogens und ihrer dichten Belaubung gern als geschnittene Hecke gepflanzt. Auch als Alleebaume werden sie verwendet, hierfur gibt es schmalkronige Sorten.
Hainbuchen wurden fruher oft regelmaßig
geschneitelt
, um
Futter
fur das Vieh zu gewinnen. Es entstanden dadurch bizarre, knorrige und oft hohle Baumgestalten, die man in manchen Waldern heute noch vorfindet.
Als
Heilpflanze
wird die Hainbuche in der traditionellen Medizin nach
Hildegard von Bingen
gegen weiße Hautflecken (
Vitiligo
) eingesetzt. Hierbei werden die erwarmten Hainbuchenspane auf die betroffenen Hautstellen gedruckt.
[26]
In der
Bach-Blutentherapie
wird sie als
Hornbeam
, englische Bezeichnung fur die Hainbuche, gegen Ubermudung und Erschopfung eingesetzt.
[11]
Die Hainbuche war
Baum des Jahres
im Jahr 2007 in Osterreich.
[27]
und 1996 in Deutschland.
[28]
Fur die Hainbuche bestehen bzw. bestanden daneben auch weitere regionale
Trivialnamen
: Haanboke (
Unterweser
,
Holstein
), Haboke (Holstein), Haneboke (
Gottingen
), Hagabuache (
St. Gallen
), Hagbeik (
Pommern
), Hagbohk (
Mecklenburg
), Hageboke (Holstein), Hainbuche (
Osterreich
,
Ostpreußen
), Hainebocke (Gottingen), Hambuche (
Elsass
,
Schlesien
), Haonbok oder Heimbok (
Altmark
), Hoanbuchen (
Salzburg
), Hohnbach oder Hombeach (
Siebenburgen
), Hornbuche (Schlesien), Hoster (Mecklenburg), Rauchbuche (im Sinne von ?raublattrige“;
Hohenlohe
), Steinbuche (
Bayern
um
Eichstatt
,
Karnten
laut Frisch), Steinriglholz (im Sinne von ?Felshugelholz“,
rigl
= ?ragend“;
Wien
), Weißbuche (Osterreich, Schlesien), Welgebaum, Wieglbaum oder Wielholzbaum (ohne Ort), Wittboike (Altmark, Gottingen,
Weser
).
[29]
Im
Althochdeutschen
hieß sie Hageboche, Hagenbocha, Hagenbucha, Hagenpuocha, Hagenpuoche, Haginbuocha oder Heginbouch, im
Mittelhochdeutschen
Hagbuche, Hagbuoch, Hagebouche, Hagebuche, Hagebuocha, Hagenbucha, Hagenbuocha, Hagenbutzbaum, Hagenpuch, Hainbuache, Hanbuoche oder Leimpaum.
Hildegard von Bingen
verwendet in ihren
Subtilitatum diversarum creaturarum libri 9
(um 1160) den Namen Hainbucha. Spater finden sich in der medizinischen und botanischen Literatur:
- Hanbuchen (
Hieronymus Bock
,
Kreuterbuch
, Straßburg 1580),
- Bucheschern (
Adam Lonitzer
,
Kreuterbuch
, Frankfurt am Main 1587),
- Spindelbaum (
Jacobus Tabernaemontanus
,
Neu Kreuterbuch
, Frankfurt am Main 1588),
- Buchasche (
Johann Leonhard Frisch
,
Teutsch-lateinisches Worterbuch
, Berlin 1741),
- Hornbaum (
Otto von Munchhausen
,
Verzeichniss aller Baume und Stauden in Deutschland
, in:
Hausvater
, Hannover 1770) sowie
- Jochbaum (
Johann Matthaus Bechstein
,
Forstbotanik
, Erfurt 1810).
Der Botaniker und Arzt
Johann Gottlieb Gleditsch
des 18. Jahrhunderts verwendet in seinen zahlreichen Schriften die Namen Flegelholz, Hartbaum, Hartholz, Hanbuche, Hekebuche, Rollholz, Tragebuche, Zaunbuche und Zwergbuche.
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