Hadrian IV.
(auch
Adrian IV.
, * als
Nicholas Breakspear
zwischen 1100 und 1120 in
St Albans
,
Hertfordshire
,
England
; †
1. September
1159
in
Anagni
) war von 1154 bis zu seinem Tod der einzige
Papst
englischer Herkunft in der
Kirchengeschichte
.
Breakspear erhielt eine theologische Ausbildung in Frankreich und wurde spater (um 1145) Abt des
Chorherrenstiftes
St. Rufus
bei
Avignon
.
Eugen III.
ernannte ihn im Jahre 1149 zum
Kardinalbischof von Albano
. Von 1152 bis 1154 weilte er als
papstlicher Legat
in Skandinavien, wo er das
Erzbistum Nidaros
(heute: Trondheim) errichtete. Auf der Synode von
Linkoping
1153 legte er als Legat die Grundlage fur eine der romischen nahestehende schwedische Kirche.
[1]
Am 4. Dezember 1154 wurde er zum Papst gewahlt und tags darauf
inthronisiert
.
Als erstes verhangte der Papst uber Rom ein
Interdikt
, nachdem es von
Arnold von Brescia
und der Opposition des stadtromischen Adels bereits wahrend des
Pontifikats
von Papst
Eugen III.
1146 zur
Republik
erklart worden war. In Rom regte sich der Freiheitsdrang, dem sich mit dem Papst und dem deutschen Konig
Friedrich I. Barbarossa
ein national-absolutistisches Denken entgegenstellte. Hadrian IV. verlangte im Gegenzug fur die Kaiserkronung, wie im
Vertrag von Konstanz
im Marz 1153 zwischen Papst Eugen III. und Friedrich Barbarossa vereinbart, dass der Kaiser den Papst gegen den aufstandischen Romischen Senat, byzantinische und normannische Besitzanspruche in Italien verteidigen sollte. Ohne papstliche Zustimmung sollte der Kaiser keinen Frieden mit
Normannen
und Romern schließen und die papstliche Herrschaft uber die romische Kirche wiederherstellen.
Wegen des Interdikts floh Arnold von Brescia 1154 aus Rom in die
Toskana
, wo er dem deutschen Konig auf dem Weg zu dessen Kaiserkronung in Rom in die Hande fiel. Als Zeichen seines guten Willens lieferte Friedrich Barbarossa den Grunder der romischen Republik dem Papst aus, der Arnold von Brescia als
Ketzer
verurteilen und im Juni 1155 hangen ließ.
Am 18. Juni 1155 kronte der Papst Konig Friedrich Barbarossa in der
Alt-St. Peter
zum Kaiser. Unmittelbar nach der Kronung kam es zu einem Aufstand der stadtromischen Bevolkerung, die den Papst gefangen setzen wollte. Kaiser und Papst begaben sich in den Schutz des kaiserlichen Heeres, das auf den Neronischen Wiesen an der Stadtmauer Roms lagerte. Bis in die Nacht kampften kaiserliche und papstliche Truppen gegen die aufstandischen Romer. Bei den erbitterten Kampfen behielten die Truppen des Kaisers zwar letztlich die Oberhand. Dennoch ging Friedrich Barbarossa, entgegen dem Konstanzer Vertrag, nicht gegen die Stadtbevolkerung vor und stellte auch die Herrschaft des Papstes uber die Stadt nicht wieder her. Nachdem zwischen den italienischen Seemachten
Genua
und
Pisa
Streitigkeiten ausgebrochen waren, unterblieb die fur einen Feldzug gegen die Normannen auf Sizilien erforderliche Flottenunterstutzung. Aufgrund der Weigerung der Fursten, sich an einem Krieg gegen Sizilien zu beteiligen, stellte der Kaiser seinen Heerzug gegen Sizilien ein. Hadrian konnte erst im dritten Jahr seines Pontifikats nach Rom zuruckkehren.
Der Papst fuhrte einen Krieg gegen den normannischen Konig
Wilhelm I. von Sizilien
, weil er seine Herrschaft uber Rom und das von ihm beanspruchte Territorium des Kirchenstaates, das
Patrimonium Petri
, bedroht sah. Mit byzantinischer Hilfe griff der
apulische
Aufstand immer weiter um sich. Die Normannen schlugen sich erfolgreich gegen die
Byzantiner
und nahmen ihnen das kurz zuvor eroberte
Brindisi
wieder ab. Angesichts dieser Entwicklung vermittelte Hadrian IV. einen dreißigjahrigen Frieden zwischen Byzanz und Sizilien
[2]
und schloss im Juni 1156 den
Vertrag von Benevent
mit den Normannen, in dem der Papst Wilhelm endgultig als Konig anerkannte. Als Gegenleistung bestatigte der Konig die Lehnshoheit des Papstes uber seinen Staat. In den folgenden Jahren bewahrten sich die Normannen als weltliche Schutzmacht des Papstes, vor allem im Konflikt mit der Stadt Rom, und stellten so die Position des Kaisers in Frage. Damit stellte der Vertrag von Benevent einen wichtigen Schritt im Loslosungsprozess kaiserlicher und papstlicher Herrschaft voneinander dar.
Doch schließlich geriet Hadrian in Konflikt mit Kaiser Friedrich: Auf dem
Reichstag
von
Besancon
im Oktober 1157 uberbrachte der papstliche Kanzler und
Legat
Rolando Bandinelli
zusammen mit Bernhard von San Clemente dem Kaiser ein Schreiben, das maßgeblich vom papstlichen Kanzler verfasst worden war. In diesem wurde die kaiserliche Wurde als papstliches
beneficium
bezeichnet, was eigentlich ?Wohltat“ bedeutet, von Friedrichs Kanzler, dem spateren Kolner Erzbischof
Rainald von Dassel
, aber verscharfend als ?
Lehen
“ ubersetzt wurde. Der Kaiser war emport. Er bestand auf die
Prarogativen
des Reiches. Doch auch die papstlichen Legaten widersprachen der verscharften Ubersetzung nicht, im Gegenteil: Rolando Bandinelli goss mit seiner Außerung ?Von wem hat der Kaiser sein Amt inne, wenn nicht vom Herren Papst?“ (A quo ergo habet, si a domno papa non habet imperium?
[3]
) noch Ol ins Feuer. Es kam zum
Eklat
und der anwesende Pfalzgraf
Otto I. von Wittelsbach
bedrohte Bandinelli gar mit dem Schwert. Auf Anweisung Friedrichs wurde den Legaten jedoch freies Geleit fur die Heimreise gewahrt.
Friedrich Barbarossa lehnte den Machtanspruch des Papstes mit Unterstutzung der deutschen Bischofe ab. Aus Furcht vor einem erneuten
Investiturstreit
und einem
Schisma
musste der Papst einlenken, indem er den Begriff
beneficium
als Wohltat (
bonum factum
) und nicht als Lehen (
feudum
) erklarte. Doch zwischen Kaiser und Papst herrschte nur ein Waffenstillstand, kein Friede; das Misstrauen blieb. November 1158 stellte Kaiser Friedrich auf den
Roncalischen Feldern
die durch die norditalienischen Stadte bedrohte Vormachtstellung Reichsitaliens wieder her. Dadurch sah der Papst, der an den Spannungen beteiligt war, den Kirchenstaat bedroht. Burchard von Ursberg berichtet zu diesem Zeitpunkt von einer geplanten Verschworung gegen Friedrich Barbarossa. Dem Papst wurde von Wilhelm von Sizilien und italienischen Edelmannern eine große Geldsumme angeboten, falls er den Kaiser im Gegenzug exkommunizierte.
[4]
Hadrian war im Begriff, den Kaiser zu exkommunizieren, als er in Anagni am 1. September 1159 angeblich durch eine Fliege in seinem Wein erstickte. Die wahrscheinlichere Todesursache war vermutlich ein
Peritonsillarabszess
.
1155 verfasste der Papst in der Bulle
Laudabiliter
eine fur
Irland
entscheidende Erklarung. Jedoch ist die Echtheit dieser Bulle umstritten
[5]
. Er ermunterte danach den englischen Konig
Heinrich II.
zur Eroberung der Insel. Sechzehn Jahre spater hatte Heinrich die Insel erobert. Mit der Genehmigung verband der Papst auch die Lehensanspruche Roms uber Irland.
Im Jahr 1172 soll in einem Schreiben des Nachfolgers Hadrians,
Alexander III.
, die Herrschaft Heinrichs uber Irland bestatigt worden sein.
- Friedrich Wilhelm Bautz
:
Hadrian IV.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990,
ISBN 3-88309-032-8
, Sp. 427?429
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- Brenda Bolton, Anne Duggan:
Adrian IV, the English Pope, 1154-1159: Studies and Texts.
Ashgate Publishing, 2003.
- Rudolf Fischer-Wollpert:
Lexikon der Papste.
Regensburg 1985.
- Alfred Henry Tarleton:
Nicholas Breakspear.
London 1896, Kapitel IX, S. 153 (
Bulle Adrians an Konig Heinrich/Echtheitsdiskussion
) und Sp. 157 (
Der lateinische Originaltext der echtheitsumstrittenen Bulle Adrians; Beginn am unteren Seitenende
).
- Barbara Zenker:
Die Mitglieder des Kardinalkollegiums von 1130 bis 1159.
Wurzburg 1964, S. 36?38.
- ↑
Jacques Le Goff
(Hrsg.):
Fischer Weltgeschichte
, Band 11:
Das Hochmittelalter
, Frankfurt am Main, 2005, S. 122.
- ↑
Werner Ohnsorge
:
Die Byzanzpolitik Friedrich Barbarossas und der 'Landesverrat' Heinrichs des Lowen
, in: Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 6 (1943) 118?149.
- ↑
Gesta Friderici III, 10
. In:
MGH|Scriptores rerum Germ|46|177
- ↑
Burchard von Ursberg:
Quellen zur Geschichte der Welfen und die Chronik Burchards von Ursberg.
In: Matthias Becher (Hrsg.):
Ausgewahlte Quellen zu deutschen Geschichte des Mittelalters Freiherr-vom-Stein-Gedachtnisausgabe
. 1. Auflage. 18b. WBG, Darmstadt 2007,
ISBN 978-3-534-07564-5
,
S.
167
.
- ↑
Alfred Tarleton:
Nicholas Breakspear
, London 1896, Kapitel IX, S. 153.