Das Haus
Habsburg-Lothringen
(ursprunglich
Osterreich-Lothringen
) war ein
Herrschergeschlecht
, das von 1745 bis 1806 die
Romisch-deutschen Kaiser
und von 1804 bis 1918 die
Kaiser von Osterreich
stellte. Es entstand 1736 mit der Heirat von
Erzherzogin
Maria Theresia
von
Osterreich
(1717?1780) mit
Herzog
Franz Stephan
von
Lothringen
(1708?1765) aus dem Zweig
Vaudemont
des
Hauses Chatenois
.
Nachdem im Jahr 1700 mit dem Tod
Konig
Karls II.
bereits die spanische Linie der
Casa de Austria
ausgestorben war (was umgehend zum
Spanischen Erbfolgekrieg
fuhrte), erlosch mit dem Tod
Kaiser
Karls VI.
1740 auch der verbliebene osterreichische Zweig im Mannesstamm. Das Erbe trat aufgrund eines Staats- und Verfassungsvertrags, der
Pragmatischen Sanktion
, Karls alteste Tochter Maria Theresia an, die mit Franz Stephan von
Lothringen
verheiratet war. Um die Anspruche des Hauses Osterreich, namentlich auf die Konigreiche
Ungarn
und
Bohmen
sowie auf den Kaisertitel, durchsetzen zu konnen, erhielt die neue Dynastie die Bezeichnung Osterreich-Lothringen (spater
Habsburg
-Osterreich-Lothringen bzw. Habsburg-Lothringen), obwohl sie in mannlicher Linie die Fortsetzung des Hauses Lothringen darstellt.
Im
Osterreichischen Erbfolgekrieg
konnte Maria Theresia ihre Anspruche großtenteils durchsetzen, doch wurde das
Herzogtum Schlesien
von
Friedrich II.
von
Preußen
annektiert
. Das ererbte
Herzogtum Lothringen
hatte Franz Stephan bei der Heirat auf Druck Frankreichs gegen das
Großherzogtum Toskana
(siehe
Liste der Herrscher der Toskana
) tauschen mussen. Trotzdem konnte er 1745 als Franz I. Kaiser werden, weil er im
Reich
noch die kleine
Grafschaft Falkenstein
besaß. Zu seinem Erbe gehorte außerdem der
obsolet
gewordene Titel
Konig von Jerusalem
.
Außer Maria Theresia (1740?1780) regierten in den verbliebenen Staaten des Hauses Osterreich bis zum Untergang der Monarchie im Jahr 1918 insgesamt sieben mannliche Mitglieder der Dynastie, die unter anderen die Titel
Romischer Kaiser
(bis 1806) bzw.
Kaiser von Osterreich
(ab 1804),
Konig von Ungarn
(siehe
Liste der Herrscher von Ungarn
) und
Konig von Bohmen
(siehe
Liste der bohmischen Herrscher
) trugen:
- Franz I., 1745?1765 als Mitregent Maria Theresias
- Joseph II.
, altester Sohn von Franz I. und Maria Theresia, 1765?1780 als Mitregent der Mutter, 1780?1790 als Alleinherrscher
- Leopold II.
, Bruder Josephs II., 1790?1792
- Franz II./I.
, Sohn Leopolds II., 1792?1835
- Ferdinand I.
, Sohn von Franz II./I., 1835?1848
- Franz Joseph I.
, Neffe Ferdinands I., 1848?1916
- Karl I./IV.
, Großneffe Franz Josephs I., 1916?1918
Das 1804 als Einheitsstaat gegrundete
Kaisertum Osterreich
wurde nach der Niederlage im
Preußisch-Osterreichischen Krieg
1867 in die
Realunion
Osterreich-Ungarn
(inoffiziell k. u. k. Doppelmonarchie) umgewandelt.
Weibliche Mitglieder des
Erzhauses
heirateten in zahlreiche europaische Herrscherdynastien ein. So bestiegen
Marie-Antoinette
als
Konigin
sowie
Marie-Louise
als
Kaiserin
den Thron Frankreichs,
Maria Carolina
als Konigin die Throne
Neapels
und
Siziliens
und
Maria Leopoldina
als Kaiserin den Thron
Brasiliens
.
Die Realunion wurde vom
Konigreich Ungarn
wenige Tage vor dem Ende des
Ersten Weltkriegs
per 31. Oktober 1918 aufgekundigt. Kaiser
Karl I.
verzichtete in
Wien
am 11. November 1918 ?auf jeden Anteil an den Staatsgeschaften“. Als Konig Karl IV. von Ungarn leistete er am 13. November 1918 auf
Schloss Eckartsau
ebensolchen Verzicht. Da der Kaiser nicht abdanken wollte, wurde er nach seiner Ausreise in die Schweiz am 3. April 1919 im osterreichischen
Habsburgergesetz
auf Dauer des Landes verwiesen.
Dieses Gesetz unterstellte nicht nur das ?
hofararische
“ bewegliche und unbewegliche Vermogen in Osterreich der Staatsverwaltung, also staatliche, aber in der Verwaltung des kaiserlichen Hofes gestandene Vermogenswerte (wie die
Hofburg
mit ihrer
Schatzkammer
), sondern enteignete auch den sogenannten
Privat- und Familienfonds
des Hauses Habsburg-Lothringen und seiner Zweiglinien, welcher ein gemeinsames Familienvermogen bildete, das vom jeweiligen Oberhaupt des Hauses verwaltet wurde. Diejenigen Familienzweige, die den geforderten Verzicht auf die Herrschaftsanspruche leisteten, durften hingegen ihr individuelles Privateigentum behalten, darunter der Zweig von Erzherzog
Franz Salvator
und seiner Frau
Marie Valerie
(einer Tochter von Franz Joseph I. und Elisabeth) bis heute
Schloss Persenbeug
, Schloss Rorregg,
Schloss Wallsee
und die
Kaiservilla Bad Ischl
.
Als Karl in Ungarn 1921 zweimal versuchte, den Konigsthron wieder einzunehmen, wurde er von der
Triple-Entente
, den Siegern des Ersten Weltkrieges, nach
Madeira
verbannt. In Ungarn wurde die Dynastie mit dem 1921 beschlossenen Dethronisationsgesetz auf Dauer vom Konigsthron entfernt (der in der Folge unbesetzt blieb).
Karls I. Sohn
Otto von Habsburg
(1912?2011) bezeichnete sich in seinen jungeren Jahren als Erzherzog von Osterreich, wurde als
Thronpratendent
wahrgenommen und fuhrte im Zweiten Weltkrieg in den USA Gesprache uber die Zukunft des Landes. Fur ihn galt die Regel des Habsburgergesetzes, dass er nur nach Verzicht auf Herrschaftsanspruche nach Osterreich einreisen durfe. Er richtete 1961 seine Verzichtserklarung an die Bundesregierung und durfte Osterreich seit 1966 betreten. 2007 gab Otto Habsburg-Lothringen, so sein amtlicher Name in Osterreich, seine Funktion als Familienoberhaupt an seinen Sohn
Karl Habsburg-Lothringen
(* 1961) weiter. Nur mehr Funktionen wie die Rolle des
Großmeisters
des osterreichischen Zweiges des
Ordens vom Goldenen Vlies
gehen damit einher, Herrschaftsanspruche sind damit jedoch nicht mehr verbunden.
Da diejenigen Habsburger, die nach 1919 deutsche Staatsburger wurden, keinen einheitlichen Familiennamen annahmen, fuhren verschiedene Zweige des Geschlechts heute unterschiedliche Familiennamen. Wahrend die auf den vormaligen Kronprinzen Otto zuruckgehende kaiserliche Hauptlinie den deutschen Namen
von Habsburg
tragt, kommen bei anderen Familienzweigen auch die Namen
von Habsburg-Lothringen Erzherzog von Osterreich
und
Erzherzog von Osterreich
vor.
Als
?nicht ebenburtig“
wurden nach dem Allerhochsten Familienstatut (siehe
Kaiserlich osterreichisches Familienstatut
) Familienmitglieder bezeichnet, die auf die
morganatische Ehe
eines Erzherzogs mit einer nicht standesgemaßen Frau zuruckgingen (standesgemaß waren nur Frauen aus regierenden oder ehemals regierenden Hausern). Bekannt sind vor allem folgende Falle:
- Erzherzog
Johann
, Sohn Leopolds II. und Bruder Franz’ II./I., heiratete 1829 die steirische Postmeisterstochter
Anna Plochl
. Beider Sohn
Franz
wurde 1844 von Johanns Neffen Ferdinand I. als
Graf von Meran
nobilitiert, Anna Plochl, seit 1834 Freifrau von Brandhofen, 1850 von Franz Joseph I. zur Grafin von Meran erhoben. Der Dirigent
Nikolaus Harnoncourt
stammte aus dieser Familie.
- Erzherzog-Thronfolger
Franz Ferdinand
heiratete im Jahr 1900 nach heftigem Widerstand von Franz Joseph I. die bohmische Grafin
Sophie Chotek von Chotkowa
und Wognin. Er hatte fur seine drei in den nachsten Jahren geborenen Kinder in einem feierlichen ?Renunziationsakt“ auf alle Thronfolgerechte zu verzichten. Grafin Chotek wurde zur Furstin, 1909 zur
Herzogin von Hohenberg
erhoben. Sie wurde mit Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajewo ermordet.
- Franz Ferdinands Bruder, Erzherzog
Ferdinand Karl
, heiratete 1909 in der Schweiz heimlich die Professorentochter Berta Czuber. Im Jahr 1911 schied er gezwungenermaßen aus dem Haus Habsburg-Lothringen aus und nannte sich dann Ferdinand Burg.
- Erzherzog
Johann Salvator von Osterreich-Toskana
bat nach einer Militarkarriere 1889 um Entlassung aus dem Kaiserhaus und nannte sich nun Johann Orth. Er heiratete im selben Jahr in London die Wiener Hofoperntanzerin Milli Stubel, kaufte ein Schiff und ging mit seiner Frau auf Seereise nach Sudamerika. Im Jahr 1890 sank das Schiff vermutlich im Sturm, wobei das kinderlose Ehepaar starb.
Ein vergleichbarer Fall eines weiblichen Familienmitgliedes war die morganatische Ehe der Erzherzogin
Marie-Louise von Osterreich
, Herzogin von Parma und Piacenza, die nach dem Tod
Napoleons I.
Graf
Adam Albert von Neipperg
heiratete. Aus dieser Ehe ging das Haus
Montenuovo
hervor.
Das 1806 festgelegte
Hauswappen
der Dynastie Habsburg-Lothringen ist zweimal gespalten; vorn auf goldenem Grund ein blaugekronter, blaubewehrter und blaugezungter roter Lowe (Habsburg,
Althabsburg
), mittig auf rotem Grund ein silberner Balken (Osterreich,
Bindenschild
,
Rot-Weiß-Rot
), hinten auf goldenem Grund ein roter Schragbalken, der Richtung des Balkens nach belegt mit drei silbernen
gestummelten Adlern
(Lothringen). Das Wappen wurde auf kaiserlichem Doppeladler gefuhrt und war in dieser Form neben seiner Funktion als Familienwappen seit 1806 auch das ?kleine Wappen“ des
Kaisertums Osterreich
.
- Michael Erbe
:
Die Habsburger 1493?1918. Eine Dynastie im Reich und in Europa.
Kohlhammer, Stuttgart 2000.
- Brigitte Hamann
(Hrsg.):
Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon.
Unveranderte Neuauflage der 1988 erschienenen Ausgabe, Wien/Munchen 2001,
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- Dietmar Pieper
, Johannes Saltzwedel (Hrsg.):
Die Welt der Habsburger. Glanz und Tragik eines europaischen Herrscherhauses.
DVA, Munchen 2010,
ISBN 978-3-421-04476-1
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- Karl Vocelka
:
Die Familien Habsburg und Habsburg-Lothringen - Politik - Kultur - Mentalitat.
Bohlau, Wien 2010,
ISBN 978-3-205-78568-2
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- Adam Wandruszka
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Das Haus Habsburg. Die Geschichte einer europaischen Dynastie.
Herder, Wien 1989,
ISBN 3-210-24569-X
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