Guntram I.
, auch
Guntchramn
oder
Gunthramn
(* um
532
, spatestens 534; †
28. Marz
592
in
Chalon-sur-Saone
) war ein
Frankenkonig
aus dem Geschlecht der
Merowinger
. Er regierte von 561 bis zu seinem Tod.
Guntram war der vierte der funf Sohne aus der Ehe des Konigs
Chlothar I.
und der Konigin Ingund(e). Chlothar, einer der Sohne des Reichsgrunders
Chlodwig I.
, hatte das Frankenreich, das er 511 mit drei Brudern geteilt hatte, zuletzt nach dem Tod seiner Bruder unter seiner Herrschaft wiedervereinigt. Als Chlothar 561 starb, waren die beiden altesten Sohne aus seiner Ehe mit Ingund bereits gestorben; am Leben waren außer Guntram noch zwei weitere Sohne Ingunds,
Charibert I.
und
Sigibert I.
, sowie deren Halbbruder
Chilperich I.
aus der spateren Ehe Chlothars mit Ingunds Schwester
Arnegunde
.
Diese vier Erben teilten das Reich untereinander auf, wobei jeder einen Teil des Reichskerns zwischen
Rhein
und
Loire
und einen Teil der seit Chlodwigs Expansionskriegen hinzugekommenen Eroberungen sudlich der Loire erhielt. Guntram bekam den Reichsteil mit der Residenz
Orleans
, den man spater, nach seinem Tod, als das Teilreich
Burgund
zu bezeichnen pflegte.
Nach dem Tod Chariberts I., der keinen Sohn hinterließ, im Jahr 567 teilten die drei uberlebenden Bruder sein Gebiet untereinander auf. Doch bald brach ein Burgerkrieg zwischen Chilperich und Sigibert aus, da Chilperich mit seinem Anteil nicht zufrieden war. Chilperich begann den Krieg gegen Sigibert mit der Besetzung von
Tours
und
Poitiers
; damit wollte er eine Verbindung zwischen seinen nordlichen Kerngebieten und seinem Besitz im Suden schaffen. Sigibert bat Guntram um Hilfe, worauf ein Heer Guntrams unter dem fahigen Feldherrn
Mummolus
Chilperichs Truppen zum Ruckzug zwang.
Guntram versuchte vergeblich zu vermitteln. Nach der Ermordung Sigiberts im Jahr 575, die Chilperichs Frau
Fredegunde
angestiftet hatte, kam es zum Kampf zwischen Chilperich und Guntram, nachdem Chilperich seinen Machtbereich durch die Eingliederung von zuvor umstrittenen Territorien aus dem Besitz Sigiberts stark ausgeweitet hatte.
Da Guntram keinen Erben mehr hatte ? seine vier Sohne waren gestorben ?, adoptierte er im Jahr 577
Childebert II.
, den erst siebenjahrigen Sohn und Nachfolger des ermordeten Sigibert, auf einer Zusammenkunft in
Pompierre
an der Grenze zwischen dem Reich Orleans und Childeberts Reich
Austrasien
. Damit wollte Guntram verhindern, dass nach seinem Tod sein Reich an Chilperich fiel. Guntram und Childebert verbundeten sich gegen Chilperich.
Nach der Ermordung Chilperichs 584 musste sich seine Witwe Fredegunde unter Guntrams Schutz stellen, um ihrem erst wenige Monate alten Sohn
Chlothar II.
das Erbe zu sichern. Daraufhin begab sich Guntram nach
Paris
und ubernahm nominell die
Regentschaft
fur Chlothar II., wahrend faktisch eine Gruppe von Großen um Fredegunde regierte. Die Forderung einer Gesandtschaft seines Adoptivsohns Childebert, die eine Auslieferung Fredegundes wegen des Mordes an Sigibert verlangte, wies er zuruck. Sein personliches Verhaltnis zu Childebert blieb aber gut. 585 trafen die beiden Konige erneut zusammen, und Guntram bestatigte dem nunmehr mundig gewordenen Neffen die Erbvereinbarung. Die Eintracht zwischen Childebert, dessen Mutter
Brunichild
und Guntram wurde im
Vertrag von Andelot
(28. November 587) bekraftigt. Dieser Vertrag diente insbesondere auch der Sicherung des damals gefahrdeten Fortbestands der merowingischen Herrschaft gegen die Großen. 585 wurde zudem unter Guntrams Vorsitz die
Synode von Macon
eroffnet.
Außenpolitisch kam es zum Konflikt mit den
Westgoten
in Spanien. Guntram wollte sich deren restlichen Besitz nordlich der
Pyrenaen
, das Gebiet
Septimanien
, aneignen und unternahm zu diesem Zweck wiederholt Feldzuge, wobei er jedoch letztlich erfolglos blieb. Brunichild, die selbst Gotin war, und Childebert trieben hingegen eine westgotenfreundliche Politik. Auch gegenuber dem
byzantinischen
Reich und den
Langobarden
verfolgte Guntram einen anderen Kurs als die Austrasier; er war antibyzantinisch und prolangobardisch gesinnt, die Austrasier hingegen verbundeten sich mit den Byzantinern gegen die Langobarden.
Da Guntram ohne Erben starb, fiel sein Konigreich an Childebert II. Er wurde in der
Kirche Saint-Marcel
bei
Chalon-sur-Saone
begraben.
Eine Episode in Guntrams Konflikt mit Byzanz war der Aufstand
Gundowalds
. Gundowald war ein
Pratendent
, der sich zu Recht oder zu Unrecht als (unehelicher) Sohn Konig
Chlothars I.
ausgab und einen Anteil am Merowingerreich verlangte. Chlothar leugnete seine Vaterschaft, die jedoch von Gundowalds Mutter und anderen Zeugen behauptet wurde. Gundowald floh nach Italien zu den Ostromern und lebte dann einige Zeit in Konstantinopel. Auf Einladung frankischer Großer, die Gegner Guntrams waren, kehrte er zuruck; Kaiser
Maurikios
unterstutzte dieses Unternehmen finanziell. Im Jahr 584 traf Gundowald in
Marseille
ein und wurde zum Konig ausgerufen. Im folgenden Jahr gelang es Guntram jedoch, den gefahrlichen Aufstand niederzuwerfen.
Guntram verband sich nacheinander mit drei Frauen. Die erste hieß Veneranda; dabei handelte es sich nicht um eine Ehe, sondern um ein
Konkubinat
(wohl um 548). Von ihr hatte er einen Sohn namens Gundobad. Wohl zwischen 556 und 561 heiratete er Marcatrud, eine Tochter des Herzogs
Magnachar
. Nach der Heirat entfernte Guntram seinen Sohn Gundobad vom Hof und sandte ihn nach Orleans. Dort wurde Gundobad um 565 auf Anweisung Marcatruds vergiftet, denn Marcatrud hatte damals ebenfalls einen Sohn geboren, dem sie die Nachfolge als Alleinerbe sichern wollte. Marcatruds Sohn starb aber bald (um 565/566), und sie fiel in Ungnade, wurde verstoßen und starb bald danach. Darauf heiratete Guntram 566 oder 567 Austregild (Austerchild bzw. Austrechilde, auch Bobilla genannt), eine Magd aus dem Gesinde Marcatruds (* 548; † September 580). Von ihr hatte er zwei Sohne, Chlothar (* 567) und Chlodomer, die beide 577 starben, und zwei Tochter, Chlodeberga († wohl 585/587) und Chlodichild. Chlodichild ist im Vertrag von Andelot erwahnt, war somit am 28. November 587 noch am Leben.
Guntram wird von dem Bischof und Geschichtsschreiber
Gregor von Tours
im Vergleich mit anderen Merowingern vor allem in der Chronik des sogenannten
Fredegar
auffallend positiv dargestellt und als ?der gute Konig Guntram“ bezeichnet. Dies durfte mit seiner besonders kirchenfreundlichen Politik zusammenhangen; Guntram grundete Kloster und forderte das Monchtum. Wegen dieser Haltung wurde Guntram nach seinem Tod sogar als Heiliger verehrt, nicht nur lokal in seinem ehemaligen Machtbereich, sondern spater unter anderem auch in
Utrecht
,
Koln
und
Reims
. Sein Festtag ist der 28. Marz.
[1]
- Otto Abel
(Hrsg.):
Die Chronik Fredegars und der Frankenkonige, die Lebensbeschreibungen des Abts Columban, der Bischofe Arnulf und Leodegar, der Konigin Balthilde
(=
Die Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. VII. Jahrhundert.
Bd. 2). Wilhelm Besser, Berlin 1849,
S. 11?15
.
- ↑
Guntram.
In:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 526 auf zeno.org.
Abgerufen am 31. Mai 2022
.