Die
Großregion
(
franzosisch
Grande Region
,
luxemburgisch
Groussregioun
) ist ein Gebiet, die von elf benachbarten staatlichen
Gebietskorperschaften
der
Bundesrepublik Deutschland
, der
Franzosischen Republik
, des
Großherzogtums Luxemburg
und des
Konigreichs Belgien
gebildet wird.
[1]
Sie ist eine
Europaregion
und umfasst 65.401 Quadratkilometer bei etwa 11,8 Millionen Einwohnern (Januar 2023). Die Region kennzeichnet sich durch die grenzuberschreitende Zusammenarbeit auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene.
[2]
Der integrierte Kooperationsraum geht auf die 1969 gegrundete deutsch-franzosische Regierungskommission zuruck, die sich im Laufe der Zeit zur Regierungs- und Regionalkommission
SaarLorLux-Trier-Westpfalz
entwickelte, zu der 2005 auch die heutigen belgischen Mitgliedsteile beitraten.
[3]
Der fruhere Name
Saar-Lor-Lux-Region
wird seitdem nicht mehr benutzt, wenngleich mangels Einigung auf einen neuen Namen bisher kein Ersatz gefunden wurde, weshalb die Bezeichnung
Großregion
verwendet wird.
[4]
Die Geschichte der Großregion als grenzuberschreitender politischer Kooperationsraum beginnt bereits mit der Grundung der
Europaischen Gemeinschaft fur Kohle und Stahl
1951, einer Vorlauferorganisation der
Europaischen Union
, deren funktionelles Herz in erster Linie die staatsubergreifende Zusammenarbeit in der
Montanindustrie
und damit das Ziel der Vermeidung eines weiteren Krieges zwischen den Grunderstaaten war. Besonders
Lothringen
, Luxemburg,
Rheinland-Pfalz
und das
Saarland
leisteten damals einen erheblichen Beitrag zur westeuropaischen Kohle- und Stahlproduktion.
Im Marz 1969 wurde auf Bestreben von
Bundeskanzler
Kurt Georg Kiesinger
und dem
franzosischen Prasidenten
Charles de Gaulle
eine deutsch-franzosische Regierungskommission gebildet, die erstmals im Februar 1970 in
Bonn
zusammentraf, um uber die Probleme im deutsch-franzosisch-luxemburgischen Montandreieck zu beraten. Der Begriff
Saar-Lor-Lux
fur das
Dreilandereck
geht auf
Hubertus Rolshoven
, den Vorstandsvorsitzenden der
Saarbergwerke
zuruck. Bei der Regierungskommission 1971 in
Saarbrucken
waren erstmals auch luxemburgische Regierungsvertreter anwesend und es wurde die Einsetzung einer Regionalkommission fur deutsch-franzosisch-luxemburgische Grenzangelegenheiten beschlossen.
[5]
Am 16. Oktober 1980 wird schließlich mit einer Regierungsvereinbarung der drei Lander der offizielle Grundstein fur die Großregion gelegt. Genauer gesagt formalisierte man erstmals die Bildung einer Regierungs- und einer Regionalkommission
SaarLorLux-Trier-Westpfalz
. Die Vereinbarung ist die rechtliche Grundlage einer grenzuberschreitenden Zusammenarbeit der regionalen Verwaltungen und Institutionen zur Forderung der wirtschaftlichen, kulturellen, touristischen und sozialen Entwicklung der Region.
[5]
Mit der Grundung des Interregionalen Parlamentarierrats im Februar 1986 wurde eine Gremium geschaffen, in dem
Abgeordnete
aus allen
Mitgliedsparlamenten
zweimal im Jahr zu einer
Plenarsitzung
zusammenkommen und Empfehlungen sowie Stellungsnahmen fur die Entwicklung der Großregion abgeben konnen. Politisches Hauptorgan ist jedoch der Gipfel der Großregion, der die Vertreter der amtierenden Exekutive der Partnerregionen vereint. Der erste Gipfel fand 1995 im luxemburgischen
Bad Mondorf
im historischen Kontext des
Vertrags von Maastricht
statt, der Anlass fur den
luxemburgischen Premierminister
Jean-Claude Juncker
und den saarlandischen Ministerprasidenten
Oskar Lafontaine
war, auch die hochste politische Ebene regelmaßig zusammentreffen zu lassen. Im Jahr 1996 wurde die Grundung eines beratenden grenzuberschreitenden Wirtschafts- und Sozialausschusses beschlossen. 1999 kam ein gemeinsames Sekretariat, das sogenannte
Haus der Großregion
mit Sitz in Luxemburg hinzu, dass die administrativen Tatigkeiten des Zusammenschlusses bundelt.
[5]
Am 23. Mai 2005 traten die
Wallonische Region
, die
Franzosische Gemeinschaft Belgiens
und die
Deutschsprachige Gemeinschaft
durch die Unterzeichnung einer Regierungsvereinbarung der
belgischen Regierung
mit den anderen drei Mitgliedstaaten als Vollmitglieder in die Kooperation ein. Zugleich wurde der Gipfel der Großregion mit der Regionalkommission SaarLorLux-Trier-Westpfalz zusammengeschlossen. 2007 wurde die Großregion als Kooperationspartner der
Stadt Luxemburg
, zusammen mit dem rumanischen
Sibiu
,
Kulturhauptstadt Europas
. 2013 wurde das Gipfelsekretariat als
Europaischer Verbund fur territoriale Zusammenarbeit
gegrundet, um die Arbeiten des Gipfels vorzubereiten und die Kontinuitat der Zusammenarbeit zu gewahrleisten.
2015 zog das Haus der Großregion nach
Esch an der Alzette
um, wo es heute insgesamt neun Entitaten der großregionalen Kooperation mit ihren Buros und Geschaftssitzen beherbergt.
[5]
Die Großregion besteht auf politischer Ebene aus elf politischen Entitaten aus vier Staaten. Dabei handelt es sich um Entitaten mit unterschiedlichen Niveaus an staatlicher Souveranitat: vom luxemburgischen
Staat
, uber die deutschen
Bundeslander
bis hin zu franzosischen
Departements
, die jedoch allesamt jeweils die gleiche Redezeit und das gleiche Stimmrecht besitzen.
Auf der deutschen Seite findet die Kooperation auf Landerebene statt. Seit Anfang an dabei ist das Saarland mit dem jeweiligen
Ministerprasidenten
und dem
Chef der Staatskanzlei
, der zugleich Bevollmachtigter des Saarlandes fur Europaangelegenheiten ist.
[1]
Auf administrativer Ebene ist die
Abteilung
E ?Europa und Internationales ? Deutsch-franzosische Zusammenarbeit“ der
saarlandischen Staatskanzlei
, genauer gesagt das dort ansassige
Referat
E3 ?Grenzuberschreitende und territoriale Zusammenarbeit, Großregion“ fur die großregionale Kooperation zustandig.
[2]
Nachdem zunachst nur der westliche Teil von Rheinland-Pfalz an der Kooperation beteiligt war, ist das Land heute als Ganzes Vollmitglied. Auf politischer Ebene ist der jeweilige rheinland-pfalzische
Ministerprasident
fur die großregionale Kooperation verantwortlich, der zudem durch einen ehrenamtlichen Beauftragten fur grenzuberschreitende Zusammenarbeit in der Staatskanzlei unterstutzt wird.
[3]
[6]
Wie der fruhere Name
Saar-Lor-Lux
bereits andeutet, war auf der Seite Frankreichs die
Region
Lothringen
(
franzosisch
Lorraine
) lange Zeit das franzosische Aquivalent zu den anderen Partnerregionen. Diese bestand aus den vier Departements
Meurthe-et-Moselle
,
Meuse
,
Moselle
und
Vosges
, von denen die drei ersten zusatzlich gleichberechtigte Mitglieder der Großregion sind und die Vogesen einen Beobachterstatus innehaben. Mit der Neuzuschneidung der franzosischen Regionen unter
Francois Hollande
fusionierte die Region Lothringen zum 1. Januar 2016 mit den Regionen
Champagne-Ardenne
und
Elsass
zur neuen Region
Grand Est
.
[7]
Seitdem nehmen sowohl der
Prafekt
der Region Grand Est (als Vertreter des franzosischen Staates) als auch der
Prasident des Regionalrates
der Region Grand Est an den Gipfeln der Großregion teil (fur die Kooperation in der Großregion jedoch auf den ehemaligen lothringischen Teil limitiert) und werden dabei durch die drei Prasidenten der
Departementrate
von Meurthe-et-Moselle, Meuse und Moselle erganzt.
[4]
Luxemburg ist der einzige souverane Staat, der ganzlich in die Strukturen der Großregion eingebunden ist. Am Gipfel der Großregion nimmt entweder der
luxemburgische Premierminister
oder der Minister fur auswartige und europaische Angelegenheiten, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Außenhandel teil.
[8]
Die belgische Kooperation erstreckt sich in erster Linie auf die
Wallonische Region
. Auf politischer Ebene vertreten der Ministerprasident der Wallonischen Region, der Ministerprasident der
Franzosischen Gemeinschaft Belgiens
sowie der Ministerprasident der
Deutschsprachigen Gemeinschaft
ihre jeweiligen Entitaten in der großregionalen Kooperation.
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Die Großregion ist ein reichhaltiger Kulturraum mit 12 UNESCO-Weltkulturebestatten, zahlreichen Denkmalern und etwa 1200 Museen.
[9]
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- Literatur zu Großregion (Saar-Lor-Lux)
in der
Saarlandischen Bibliographie
- Eva Mendgen (Hrsg.):
Au Centre de l’Europe ? Im Reich der Mitte² ? des liens et des lieux ? Kulturgemeinschaft Großregion
. regiofactum-Edition/Verlag Hartung-Gorre, Saarbrucken-Konstanz 2013,
ISBN 978-3-86628-393-0
.
- Eva Mendgen:
Die Großregion entfaltet sich (La Grande Region s’affiche)
. First official publication about the Greater Region Saarland Lorraine-Luxembourg-Rheinland-Pfalz-Wallonie(n) as a dynamic cultural region. Ed.: Verein Kulturraum Großregion (L'association espace culturel Grande Region). Saarbrucken, Luxemburg: regiofactum, 2009.
- ?Welterbestatten der Großregion“ (Le Patrimoine Mondial de la Grande Region)
. Hrsg.: Eva Mendgen fur den Verein Kulturraum Großregion (L'association espace culturel de la Grande Region). Saarbrucken, Luxemburg: regiofactum, 2010. (Die Großregion entfaltet sich; Nr. 2)
- Saar-Lor-Lux. Eine Euro-Region mit Zukunft? Hrsg.:
Jo Leinen
. St. Ingbert. Rohrig Universitatsverlag, 2001. 427 S. (Schriftenreihe Geschichte, Politik und Gesellschaft der
Stiftung Demokratie Saarland
; Bd. 6)
ISBN 3-86110-242-0
.
- SaarLorLux von A?Z. Handbuch fur die grenzuberschreitende Zusammenarbeit in der Großregion. Hrsg.: Bernd Groß, Christian Wille, Claude Gengler, Patrick Thull. Baden-Baden: Nomos, 2006. 157 S.(Denkart Europa. Schriften zur europaischen Politik, Wirtschaft und Kultur; 3)
ISBN 3-8329-1944-9
.
- Martin Niedermeyer, Peter Moll:
Saar-Lor-Lux ? vom Montandreieck zur ?Großregion“. Chancen und Moglichkeiten einer grenzuberschreitenden Regionalpolitik in Europa
. In: Funfzig Jahre Saarland im Wandel. Saarbrucken: Institut f. Landeskunde, 2007. 359 S.
- Anne Funk
:
Versuch und Irrtum ? Identitat fur SaarLorLux
. In: Saarbrucker Zeitung v. 11. Dezember 2008, S. B4.
- Christian Wille: Eine namenlose Region. In: Forum fur Politik, Gesellschaft und Kultur in Luxemburg. Luxemburg, Nr. 288 (Themenschwerpunkt: Großregion), 2009, S. 30?31.
- Christian Wille: Entwicklungen und Strukturen der grenzuberschreitenden Zusammenarbeit in der Großregion. In: Digitaler und interaktiver Atlas der Großregion. Interdisziplinares Online-Projekt der Forschungseinheit IPSE der Universitat Luxemburg. 2011.
- Christian Wille:
Grenzganger und Raume der Grenze. Raumkonstruktionen in der Großregion SaarLorLux.
(Luxemburg-Studien / Etudes luxembourgeoises, Bd. 1), Frankfurt/M., Peter Lang, 2012 (393 S.)
- Christian Wille:
Grenzuberschreitender Arbeitsmarkt in der Großregion SaarLorLux: Politische Visionen und empirische Wirklichkeiten
. In: Lorig, Wolfgang H. / Regolot, Sascha / Henn, Stefan (Hrsg.): Die Großregion SaarLorLux. Politischer Anspruch, Wirklichkeiten, Perspektiven. Wiesbaden, VS Verlag, 2016, S. 115?143.
mehr Info
- Christian Wille, Ursula Roos:
Grenzuberschreitende Lebenswelten an der luxemburgischen Grenze? Eine empirische Annaherung am Beispiel von Grenzpendlern und Wohnmigranten
. In: Karina Pallagst, Andrea Hartz, Beate Caesar (Hrsg.):
Border Futures ? Zukunft Grenze ? Avenir Frontiere. Zukunftsfahigkeit grenzuberschreitender Zusammenarbeit.
Arbeitsberichte der Akademie fur Raumforschung und Landesplanung 20, 2018, S. 168?189 (
Abstract
).