Die
Grafschaft Tripolis
erstreckte sich auf den heutigen
Libanon
und Nordsyrien und war der letzte der vier
Kreuzfahrerstaaten
, die im Zuge des
Ersten Kreuzzugs
im Nahen Osten gegrundet wurden.
Die Anfange der Grafschaft fallen ins Jahr 1102, als Graf
Raimund von Toulouse
, einer der Anfuhrer des Ersten Kreuzzugs, einen langwierigen Krieg mit den
Banu Ammar
begann, den
Emiren
von
Tripolis
, die theoretisch
Vasallen
der
Fatimiden
in
Agypten
waren, nach und nach deren Gebiet besetzte und sie schließlich in der Stadt selbst belagerte. 1103 erbaute Raimund die machtige Burg auf dem
Mons Peregrinus
als Hauptstutzpunkt zur Kontrolle des Landes um Tripolis.
Raimund starb am 28. Februar 1105 und ließ seinen jungen Sohn
Alfons-Jordan
als Erben unter der Regentschaft von
Wilhelm-Jordan
von
Cerdagne
zuruck. Wilhelm-Jordan setzte die Belagerung der Stadt weitere vier Jahre fort, bis ein unehelicher Sohn Raimunds,
Bertrand
, den er als Regenten in
Toulouse
zuruckgelassen hatte, in den Osten kam und Toulouse Alfons-Jordan und dessen Mutter uberließ, die daraufhin nach
Frankreich
zuruckkehrten. Bertrand und Wilhelm-Jordan kamen unter Vermittlung des Konigs
Balduin I.
von
Jerusalem
zu einer Ubereinkunft, nach der jeder das Gebiet beherrschen solle, das er selbst erobert habe, eine Vereinbarung, in der Bertrand mit der Eroberung der Stadt im Jahr darauf (12. Juli 1109) das bessere Ende errang. Als Wilhelm-Jordan wenige Monate spater starb, wurde Bertrand Alleinherrscher.
Die Grafschaft Tripolis wurde nach dem Tod Raimunds als Kronlehen des
Konigreichs Jerusalem
Bertrand ubertragen und bestand danach als Vasallenstaat, ab 1142 mit einer autonomen Burg innerhalb der Landesgrenzen, dem
Krak des Chevaliers
, der dem
Johanniterorden
ubergeben worden war. Graf
Raimund III.
, der Tripolis von 1152 bis 1187 regierte, spielte im sudlich angrenzenden Konigreich eine wichtige Rolle, zum einen aufgrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen (seine Mutter
Hodierna
war eine Tochter
Balduins II.
), zum anderen aufgrund seines eigenen Titels als
Furst von Galilaa
, den er durch seine Frau trug. Er war zwei Mal Regent im Konigreich, zuerst fur den jungen
Balduin IV.
von 1174 bis 1177, dann fur
Balduin V.
von 1185 bis 1186, sowie der Fuhrer der Adelsopposition gegen die Verbindungen Balduins IV. zu den
Courtenay
, den Tempelrittern,
Guido von Lusignan
und
Rainald von Chatillon
. Raimund bemuhte sich erfolglos darum, mit
Saladin
Frieden zu halten, und ironischerweise war es Saladins Belagerung von
Tiberias
, wo seine Frau sich aufhielt, die die Kreuzfahrerarmee vor der Niederlage in der
Schlacht bei Hattin
1187 nach Galilaa fuhrte. Raimund uberlebte die Schlacht, starb aber kurze Zeit spater.
Dank einer rechtzeitig eingetroffenen Kreuzfahrerflotte und Armee aus
Sizilien
konnte die Grafschaft die Eroberung durch Saladin durch eine Reihe von Siegen nach Hattin vermeiden. Nach Raimunds Tod folgten ihm die Sohne des
Fursten von Antiochia
,
Bohemund III.
Ab dem Tod Bohemunds III. 1201 wurde die Grafschaft ? mit Ausnahme der Jahre 1216 bis 1219 ? in Personalunion mit Antiochia regiert. Dies wahrte, bis
1268
Antiochia von den
Mameluken
erobert wurde.
Im Mai 1271 wurde auch Tripolis von den Mameluken belagert. Das gerade in
Akkon
eingetroffene Heer des
Kreuzzugs des Prinzen Eduard
konnte die Stadt aber entsetzen und die Grafschaft Tripolis vorerst wieder stabilisieren.
Der Tod des unbeliebten Grafen
Bohemund IV.
1287 fuhrte zu einem Streit zwischen seiner Erbin, seiner Schwester
Lucia
und der Stadt, die sich selbst unter den Schutz der
Republik Genua
begab. Es gelang Lucia jedoch, eine Vereinbarung mit Genua und der Stadt zu treffen, die nun wieder
Venedig
und dem ehrgeizigen
Bartolomeo Embriaco
, dem genuesischen Burgermeister der Stadt, missfiel, der nun den Mamelukensultan
Qalawun
zu Hilfe rief. Qalawun eroberte die Stadt 1289 nach einer Belagerung und machte der Grafschaft Tripolis damit ein Ende.
Auch nach dem Fall der Stadt wurde der Titel eines Grafen von Tripolis verliehen. Die
frankisch
-
zypriotische
Familie de Nores hielt den Titel noch 1544. Zu jener Zeit war der Titulargraf von Tripolis der viertwichtigste Adlige im
venezianisch
beherrschten Konigreich Zypern. Ranghoher waren nur noch der Titulargraf von
Jaffa
, der Graf von
Karpas
, beides venezianische Adelige, sowie der Grieche Jakobus Syngritikus als
Graf von Rocca
.
[1]
Die Bevolkerung von Tripolis rekrutierte sich vor allem aus Einwanderern Sudfrankreichs und Italiens und damit herrschte in der Grafschaft das
Okzitanische
vor, wahrend in den drei anderen Kreuzfahrerstaaten vornehmlich
franzosisch
gesprochen wurde.
Zur
Genealogie
der Grafen von Tripolis siehe
Toulouse (Adelsgeschlecht)
und
Ramnulfiden
.
Neben den Domanen des Grafen von Tripolis, welche etwa die Halfte der Grafschaft ausmachten, gab es noch zahlreiche Lehensherrschaften.
[2]
- ↑
Vgl.
Benjamin Arbel
:
Greek Magnates in Venetian Cyprus. The Case of the Synglitico Family.
In:
Dumbarton Oaks Papers
.
Bd. 49 =
Symposium on Byzantium and the Italians, 13th?15th Centuries
, 1995, S. 325?337, hier S. 332,
doi
:
10.2307/1291717
.
- ↑
Vgl.
Jonathan Riley-Smith
(Hrsg.):
Großer Bildatlas der Kreuzzuge.
Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1992,
ISBN 3-451-22535-2
.
- Wolfgang Antweiler:
Das Bistum Tripolis im 12. und 13. Jahrhundert. Personengeschichtliche und strukturelle Probleme
(=
Studia humaniora.
20). Droste, Dusseldorf 1991,
ISBN 3-7700-0826-X
(Zugleich: Dusseldorf, Universitat, Dissertation, 1989).
- Jean Richard:
The Crusades. c. 1071 ? c. 1291
(=
Cambridge Medieval Textbooks.
). Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1999,
ISBN 0-521-62566-1
.
- Jean Richard:
Le comte de Tripoli sous la dynastie toulousaine (1102?1187)
(=
Bibliotheque Archeologique et Historique.
39,
ISSN
0768-2506
). Paul Geuthner, Paris 1945, (Neuauflage. ebenda 1999,
ISBN 2-7053-3667-2
).
- Steven Runciman
:
Geschichte der Kreuzzuge
(=
dtv.
30175). 3. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, Munchen 2001,
ISBN 3-423-30175-9
.