Die
Grafen von Calw
(auch:
Grafen von Kalw
) waren ein
hochmittelalterliches
Adelsgeschlecht
.
Auf die
Grafen
von
Calw
bzw. ihre Vorfahren gehen das
Kloster Hirsau
(
830
) und das
Stift Sindelfingen
(
1083
) sowie die Stadte Calw,
Vaihingen an der Enz
und
Lowenstein
zuruck.
Im
12. Jahrhundert
spalteten sich die Nebenlinien Calw-Lowenstein (
Grafschaft Lowenstein
) und Calw-Vaihingen ab; dadurch trat der Niedergang infolge Besitzzersplitterung ein. Die drei Linien starben dann schon im 13. bzw. 14. Jahrhundert aus. Besitznachfolger wurden vor allem die
Welfen
, die
Grafen von Wurttemberg
und die
Grafen von Tubingen
.
Die fruhesten Vorfahren der Calwer Grafen waren laut Hirsauer Tradition und
Memorial
uberlieferung die Stifter des ersten Klosters von Hirsau (830), Bischof
Noting von Vercelli
und
Erlafrid
. Sie waren aus dem Geschlecht der
Erlafriede
, die im 8. und 9. Jahrhundert reichen Besitz im
Ufgau
, im heutigen
Landkreis Calw
und in der
Bertoltsbaar
hatten, 830/832 das
Kloster Hirsau
stifteten und eine Reihe von norditalienischen Bischofen (u. a. in
Vercelli
und
Brescia
) stellten. Sie vermischten sich Anfang des
10. Jahrhunderts
mit einer von den
alamannischen Herzogen
abstammenden Familie und bildeten damit die Familie der Grafen von Calw. 1037 wurden sie erstmals genannt.
Die Grafen von Calw waren eine Hochadelsfamilie (11.?14. Jahrhundert), deren Besitzschwerpunkt im
frankisch-schwabischen Grenzraum
, im
Wurm
-,
Glems
-,
Enz
-,
Zaber
-,
Murr
- und
Schotzachgau
mit Zentren in
Ingersheim
,
Lowenstein
und
Sindelfingen
lag. Von engen Beziehungen zum rheinischen
Kraichgau
zeugen Landereien in
Mingolsheim
bei Bruchsal.
Schirmvogteirechte
uber die Kloster Sindelfingen, Hirsau und Lorsch mehrten Macht und Ansehen der Calwer in der
Salierzeit
. Die Beteiligung Murrgaugraf Adalberts
[1]
am
Ohringer Stiftungsbrief
von 1037 deutet auf eine enge Verwandtschaft der Calwer mit den
Saliern
, den
Grafen von Lauffen
und den
Wormsgaugrafen
hin.
Konnubium
und verwandtschaftliche Beziehung zu hohen kirchlichen Wurdentragern stellen die Grafen von Calw zu Ende des 11. Jahrhunderts unter die ersten Familien des Reiches (Adalbert II., Enkel eines
Grafen von Egisheim
, ? Wiltrud, Tochter Herzog
Gottfrieds II. des Bartigen
von
Lothringen
). Sie waren verschwagert mit den Reformpapsten
Leo IX.
und
Stephan IX.
, vermutlich auch verwandt mit den Papsten
Damasus II.
und
Viktor II.
, der vielleicht sogar ein Bruder von Graf Adalbert II. war. Obwohl Adalbert II. zur
papstlichen Partei
neigte, wurde sein Sohn
Bruno
von Kaiser
Heinrich IV.
1088 zum
Bischof von Metz
erhoben.
Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts verlegte Graf Adalbert II. († 1099) seinen Herrschaftssitz von
Sindelfingen
, wo die Calwer Grafen offenbar ihren Stammsitz hatten, nach Calw (an der
Nagold
). Dort erbaute er um 1050 die
Burg Calw
und bemuhte sich, im nordlichen Schwarzwald eine geschlossene
Rodungsherrschaft
aufzubauen. Die Anlage zahlreicher
Waldhufendorfer
geht auf ihn zuruck. In Erfullung einer dringenden Bitte Papst Leos IX. von 1049 begrundete er nach 1059 das
Benediktinerkloster
Hirsau neu. 1075 wurde es, gegen anfanglichen Widerstand Adalberts II., mit umfangreichen Freiheiten ausgestattet und konnte dadurch zum Zentrum der weitgreifenden
Hirsauer Reform
werden.
Mit Graf
Gottfried II.
(* um 1060; † 1131), dem Sohn Adalberts II. und Schwiegersohn
Bertholds II.
von Zahringen erreichte die Macht der Grafen von Calw ihren Hohepunkt. Gottfried war einer der wichtigsten und zuverlassigsten Anhanger Kaiser
Heinrichs V.
und maßgeblich an den Verhandlungen zur Beilegung des
Investiturstreits
mit den Papsten
Paschalis II.
und
Calixt II.
sowie am Abschluss des
Wormser Konkordats
von 1122. Einen großen Machtzuwachs bedeutete es, dass ihm Kaiser Heinrich V. 1113 die
rheinische Pfalzgrafschaft
ubertrug. Zusammen mit Herzog
Friedrich II.
fungierte er wahrend des Italienaufenthaltes Heinrichs V. als dessen Statthalter in Deutschland. Damals besaßen sie große Gebiete Sudwestdeutschlands, vor allem in den heutigen Landkreisen
Boblingen
,
Calw
,
Pforzheim
und
Ludwigsburg
.
Die Heirat Herzog
Welfs VI.
mit
Uta von Calw
, Erbtochter Gottfrieds II., zerstorte das
welfisch
-
staufische
Gleichgewicht in Schwaben. Die Auseinandersetzung um das Calwer Erbe nach 1131 zwischen Welf VI., Gottfrieds Neffen
Adalbert IV. von Calw-Lowenstein
und
Konrad von Zahringen
endete mit einem Kompromiss, leitete aber den Niedergang der Grafen von Calw ein. Mit Graf Gottfried († vor 1262) starb die Calwer Linie aus; Haupterben waren die
Grafen von Tubingen
. Die Linie Calw-Lowenstein erlosch nach 1277; ihr Besitz ging durch Kauf an eine uneheliche Nebenlinie der Grafen von
Habsburg
, die
mittleren Grafen von Lowenstein
. Ein weiterer Zweig, der sich
von Vaihingen
nannte, war im Marz 1364 in mannlicher Linie ausgestorben; Besitznachfolger wurden die
Grafen von Wurttemberg
.
[2]
- Das Wappen der Grafen von Calw wird in abgewandelter Form von folgenden Stadten gefuhrt:
- Adalbert I., erwahnt 1046/(49), Graf im
Ufgau
- Adalbert II.
, † 1099, dessen Sohn, 1075 Graf von Calw
- Adalbert III.
, 1075/94 bezeugt, dessen Sohn
- Gottfried I.
, † 1131, Bruder Adalberts III., Graf von Calw, 1113/26
Pfalzgraf bei Rhein
- Adalbert IV.
, † nach 1147, Sohn Adalberts III., 1125 Graf von Lowenstein, 1139/45 Graf von Calw
- Adalbert V., 1145/88 bezeugt, Sohn Adalberts IV., 1152 Graf von Calw, 1155 Graf von Lowenstein
- Berthold, Bruder Adalberts V., 1156 Graf von Calw, dann Graf von Lowenstein
- Konrad I., Bruder Bertholds, Graf von Calw, 2. Juni 1152 im Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald und 1174 Graf von Lowenstein
- Gottfried II., Sohn Adalberts V., 1189 Graf von Vaihingen, 1209 Graf von Calw, † 1234
[3]
- Konrad II., Bruder Gottfrieds II., Graf von Calw
- Adalbert VI., Bruder Konrads II., † vor 1219, Graf von Calw
- Gottfried III., † vor 1262, wohl Sohn Konrads II. oder Adalberts VI., Graf von Calw
- Reinhold Rau
:
Calw, Grafen von.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957,
ISBN 3-428-00184-2
, S. 101 f. (
Digitalisat
).
- Franz Quarthal
:
Calw, Grafen von
. In:
Lexikon des Mittelalters
(LexMA)
.
Band
2
. Artemis & Winkler, Munchen/Zurich 1983,
ISBN 3-7608-8902-6
,
Sp.
1404
f
.
- Paul Friedrich von Stalin
:
Geschichte Wurttembergs
. Erster Band. Erste Halfte. (Bis 1268). Perthes, Gotha 1882, S. 411?415 (
Textarchiv ? Internet Archive
)
- Wolfgang Hartmann:
Das Burgenratsel Miltenberg ? Freudenberg und die Treuen Weiber von Weinsberg. Auf Spuren der Herren von Durn vom Kloster Amorbach zum ersten Stauferkonig
. Hg. von Wolfgang Hartmann in Zusammenarbeit mit den Museen der Stadt Miltenberg. Neustadt an der Aisch 2021,
ISBN 978-3-9816592-2-1
, S. 68 ff., 78 ff.
- ↑
Duisburg: Konig Heinrich II. bestatigt dem Bischof Walther und seiner Kirche zu Speyer das Marktrecht in Marbach und verleiht ihm das Recht Munzen daselbst zu schlagen.
Band I., Nr. 210. In:
Wurttembergisches Urkundenbuch Online.
Landesarchiv Baden-Wurttemberg, 17. Marz 1009,
S. 248?249
,
abgerufen am 20. August 2023
(Graf Adalbert I. wird erstmals als Graf im Murrgau erwahnt.).
- ↑
LABW, HStA Stuttgart, A 602 Nr. 14113
LABW online
- ↑
1232 ubergeben Gottfried von Vaihingen und sein Neffe
Gottfried von Calw
dem Bischof von Speyer,
Beringer von Entringen
, ihren Anteil an
Owisheim
und bitten ihn, diesen dem
Kloster Maulbronn
zu uberlassen. Siehe WUB Band III, Nr. 807, S. 302,
WUB online
und WUB Band III, Nr. 809, S. 304.
WUB online