Gisors
ist ein
nordfranzosischer
Ort und eine
Stadt
mit 11.919 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im
Departement Eure
in der
Region
Normandie
. Nach dem
Zweiten Weltkrieg
erhielt die Gemeinde das
Croix de guerre 1939?1945
. In Gisors wurde der Legende nach im Jahr 1307 der Schatz der
Tempelritter
versteckt.
[1]
Die am Zusammenfluss der
Epte
, der
Troesne
und des
Reveillon
gelegene Stadt Gisors ist die ostlichste Gemeinde der Normandie. Sie liegt in der Kulturlandschaft des
Vexin
auf der Grenze zwischen dem
Vexin normand
und dem
Vexin francais
in einer Hohe von ca.
75
m
. Das vom ca. 100 lm (Luftlinie) entfernten
Atlantik
beeinflusste Klima ist gemaßigt; Regen (ca. 700?800 mm/Jahr) fallt uberwiegend in den Wintermonaten.
Jahr
|
1800
|
1851
|
1901
|
1954
|
1999
|
2020
|
Einwohner
|
3.650
|
3.653
|
4.861
|
5.670
|
10.882
|
11.863
|
Quellen: Cassini und INSEE
|
Der Bevolkerungsanstieg seit den 1950er Jahren beruht im Wesentlichen auf der Zuwanderung von Familien und Einzelpersonen, die infolge der
Mechanisierung der Landwirtschaft
, der Aufgabe von bauerlichen Kleinbetrieben (?
Hofesterben
“) und des daraus resultierenden geringeren Arbeitskraftebedarfs auf dem Lande arbeitslos geworden sind.
Wie schon im 14. Jahrhundert wurde Gisors ab 1703 durch die Grundung von
Manufakturen
zu einem Zentrum der
Weberei
. Im 19. Jahrhundert gab es in Gisors mehrere
Glashutten
, drei
Getreidemuhlen
, eine
Flachsbreche
und mehrere
Gerbereien
.
[2]
Heute gibt es mehrere
Gewerbegebiete
westlich des Ortskerns an der
Departementsstraße
in Richtung
Trie-Chateau
(
Departement Oise
).
Am 15. Juli 1869 wurde die
Bahnlinie
Gisors ?
Vernonnet
eingeweiht. Der Personenverkehr wurde im Marz 1940 eingestellt, der Guterverkehr 1941. Die Bahnstrecke wurde im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Truppen zum Transport der Materialien fur die Errichtung des
Atlantikwalls
benutzt.
[3]
Heute wird der Bahnhof von Gisors
(gare de Gisors-Embranchement)
von der Bahnlinie Gisors ?
Paris Saint-Lazare
der
SNCF
und der Bahnlinie
Dieppe
?
Serqueux
? Gisors der
TER Haute-Normandie
angefahren.
Auf dem Gemeindegebiet gelten
geschutzte geographische Angaben
(IGP)
fur
Schweinefleisch
(Porc de Normandie)
,
Geflugel
(Volailles de Normandie)
und Cidre
(Cidre de Normandie
und
Cidre normand)
.
[4]
Im Jahre 968 wurde der Ort als
Gisortis
erstmals urkundlich erwahnt. Der Name gehort zu einer ganzen franzosischen Ortsnamenserie mit der Endsilbe
or
, wie
Niort
oder
Jort
. Der Name
Gisortis
entstand laut Beaurepaire aus
Gisus
, einem
gallischen
Vornamen, oder dem
keltischen Wort
geso
, ?Spitze‘ oder ?Lanze‘, und
rito
, ?Furt‘ (altkymrisch:
rit
,
kymrisch
:
rhyd
).
[5]
Die Lage des Orts an den verschiedenen Flussen unterstutzt diese Hypothese. Die Bedeutung konnte ?Furt, die mit Lanzen markiert ist“ sein. Der Wortteil
giso-
taucht außerdem im Namen des
keltischen Gottes
Gisacus
auf,
[6]
der in einer Inschrift erwahnt wird, die in
Gisacum
(bei
Le Vieil-Evreux
) gefunden wurde.
[7]
Andere Sprachhistoriker stellten im 19. Jh. Theorien daruber auf, dass Gisors von
Gaius Iulius Caesar
(100 v. Chr. bis 44 v. Chr.) gegrundet worden sei. Das gilt heute als uberholt. Der Hugel uber dem Tal der Epte, an dem Gisors liegt, wird
Mont-de-l’Aigle
(?Adlerberg“) genannt. Dort soll der
Legende
nach Caesar ein Lager aufgeschlagen haben, denn der Adler war ein Teil des
Feldzeichens der romischen Legionen
. Der oben erwahnten uberholten Theorie nach entstand der Ortsname aus
Cesaris Otium
(?Caesars Ruhe“).
[8]
[2]
Bisher wurde noch kein romisches Lager in der Normandie entdeckt.
[9]
Die
Priorei
Saint-Ouen wurde um 1066 von Hugues de Chaumont gegrundet und dem
Kloster Marmoutier
geschenkt. Im Laufe der Zeit hatten auch die
Franziskaner
(
ordo fratrum minorum recollectorum
)
, der
Trinitarier-Orden
und die
Ursulinen
Niederlassungen in Gisors.
[2]
Um 1095 ließ der Herzog der Normandie und Konig von England
Wilhelm II.
(Guillaume II. le Roux)
einen achteckigen
Donjon
erbauen, um die Grenzen zu verteidigen. Die
Burg Gisors
gehorte damit zu den zahlreichen Grenzschutzfestungen wie
Dangu
,
Chateau-sur-Epte
,
Ecos
,
Baudemont
und
Gasny
entlang der normannischen Epteufer. Auf der franzosischen Seite lagen die Burgen von
Boury-en-Vexin
,
Saint-Clair-sur-Epte
und
La-Roche-Guyon
. Gisors war die wichtigste Grenzfestung im Norden des normannischen Vexin.
[2]
Aufgrund seiner Lage spielte der Ort im 12. Jh. mehrfach eine Rolle bei der Unterzeichnung von Friedensvertragen zwischen dem Konig von Frankreich und dem Konig von England, der zugleich Herzog der Normandie war:
- Frieden von Gisors 1113
- Frieden von Gisors 1158
- Frieden von Gisors 1180
- Frieden von Gisors 1188
Auf einem Feld zwischen Gisors und
Courcelles
fand am 28. September 1198 eine
Schlacht
zwischen dem englischen Konig
Richard Lowenherz
und dem franzosischen Konig
Philipp II.
statt. Philipp II. (1165?1223) nutzte nicht den alten, achteckigen Donjon, sondern ließ einen neuen, runden Donjon erbauen, der
Tour du prisonnier
(?Turm des Gefangenen‘) genannt wird, weil ein Gefangener dort zur Zeit der
Hugenottenkriege
(1562?1598) in die Wande seiner Zelle zahlreiche Reliefs eingeritzt hat.
[10]
Gisors wurde mehrmals in eine
Comte
oder eine
Duche
umgewandelt. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war die Blutezeit Gisors.
Gerbereien
und
Webereien
der Stadt fuhrten zu wirtschaftlichem Wachstum. Gisors war Sitz einer der sieben großen
Bailliages
der Normandie und Sitz einer
Vicomte
.
[2]
Im Laufe der Jahre war Gisors im Besitz von verschiedenen Mitgliedern der Konigsfamilie, darunter
Blanche d’Evreux
(1331?1398),
Renee de France
(1510?1574),
Francois-Hercule de Valois-Angouleme, duc d’Alencon
(1555?1584), und
Charles de Bourbon, duc de Berry
(1686?1714). Nach Charles de Bourbons Tod tauschte dessen Großvater
Ludwig XIV.
(1638?1715) Gisors mit
Louis-Charles-Auguste Fouquet de Belle-Isle
(1684?1761) gegen die Comte
Belle-Ile
. Auf Fouquets Wunsch wurde die Comte Gisors 1742 in eine Duche verwandelt. Bei seinem Tod vermachte Fouquet Gisors
Ludwig XV.
(1710?1774), der es 1762 mit Louis Charles de Bourbon, comte d’Eu (1701?1775), gegen das Furstentum
Dombes
eintauschte. Nach dem Tod von Louis Charles de Bourbon fiel das Herzogtum Gisors an dessen Neffen
Louis Jean Marie de Bourbon, duc de Penthievre
(1725?1793).
[11]
Ab 1520 hielt die
Reformation
im Departement Eure Einzug. Im Jahr 1531 tagte deshalb das
Inquisitionsgericht
in Gisors.
[12]
Nachdem in
Rouen
1557 und in
Evreux
1559 eine offizielle
reformierte Kirche
eingerichtet worden war, folgte Gisors diesem Beispiel. Die
protestantische
Kirche in Gisors bestand bis zur Aufhebung des
Edikts von Nantes
mit dem
Edikt von Fontainebleau
im Jahr 1685.
[13]
Die katholische
Heilige Liga
stationierte bis 1590 wahrend der Hugenottenkriege eine Garnison in Gisors, die bis 1588 unter dem Befehl von
Henri I. de Lorraine, duc de Guise
stand.
[2]
Francois Sublet des Noyers
(1588?1645) grundete einen
Konvent
der
Unbeschuhten Karmelitinnen
in Gisors, dessen Kirche 1655 geweiht wurde.
[14]
Wahrend der
Fronde
(1648?1653) gewahrte die Stadt den Rebellen Unterschlupf.
[2]
Wahrend der
Franzosischen Revolution
(1789?1799) erhielt Gisors im Jahr 1793 den Status einer Gemeinde und 1801 das Recht auf kommunale Selbstverwaltung.
[15]
Die Priorei Saint-Ouen wurde aufgelost. Um 1900 waren nur noch einige Ruinen der
Klosterkapelle
aus dem 11. Jahrhundert sichtbar. Der 1616 gegrundete Ursulinenkonvent und der 1622 gegrundete Konvent der
Annuntiatinnen
wurden ebenfalls zerstort. Der Konvent der Unbeschuhten Karmelitinnen wurde aufgelost und seine Kirche in ein Theater umgewandelt, das 1973 zerstort wurde.
[14]
Im Zweiten Weltkrieg wurde Gisors im Juni 1940 viermal von der deutschen
Luftwaffe
bombardiert
. Am 6. Juni war hauptsachlich der Bahnhof und Boisgeloup betroffen, am 7. setzte die Luftwaffe
Brandbomben
gegen die
graphitverarbeitende
Fabrik
Carbone Lorraine
, die Kirche und das Geschaftsviertel ein. Die Stadt stand in Flammen, das Krankenhaus musste geraumt werden. Am darauffolgenden Samstag fielen erneut Brandbomben auf die Stadt. Diesmal waren die Innenstadt rund um das Theater und die
Mairie
betroffen. Im Sommer 1944 wahrend der
Operation Overlord
verzeichnete die Gemeinde 22 Bombardements durch die
Alliierte
Luftwaffe. Dabei entstand vor allem materieller Schaden. Bei ihrem Abzug ließ die
Wehrmacht
Munitionswagen explodieren. Dadurch wurde die Kirche erneut beschadigt.
[16]
Gisors ist
Hauptort
des
Kantons Gisors
und des
Kommunalverbands
Vexin Normand
.
Das
Wappen
der Gemeinde ist rot, mit einem goldenen
Kreuz
, das am Rand durch Zierrat geschmuckt ist
(Croix engrelee)
. Das Schildhaupt ist blau und tragt drei goldene
Lilien
.
[2]
Gisors unterhalt seit dem Jahr 1970 eine Partnerschaft mit
Riegelsberg
im
Saarland
. Dabei konnte an Kontakte angeknupft werden, die seit 1965 zwischen dem Heimkehrerverband Riegelsberg und dem Verband der ehemaligen Kriegsteilnehmer der Stadt Gisors bestanden. Nachdem die beiderseitigen Stadt- und Gemeinderate sich kennengelernt hatten, konnte das Vorhaben vorangetrieben werden. Am 5. Juli 1970 unterzeichneten beide Burgermeister in der Turnhalle der Riegelsberger Lindenschule im Rahmen eines Heimatfestes die Partnerschaftsurkunde. Im Jahresverlauf finden mehrfach Besuche bei der jeweiligen Partnergemeinde sowie Schuleraustausche in den Ferien statt.
[17]
Gisors ist mit zwei Blumen im
Conseil national des villes et villages fleuris
(Nationalrat der beblumten Stadte und Dorfer) vertreten.
[18]
Die ?Blumen“ werden im Zuge eines regionalen Wettbewerbs verliehen, wobei maximal vier Blumen erreicht werden konnen.
Zur Burg fuhrt eine steile Gasse aus dem 12. Jahrhundert, die
Passage du Monarque
genannt wird. Die Burg selbst stammt aus dem 11. Jahrhundert und war von 1158 bis 1161 im Besitz des
Templerordens
.
[2]
Sie erlangte außergewohnliche Bekanntheit, da in ihr der Legende nach der
Schatz der Tempelritter
versteckt worden sein soll, nachdem der franzosische Konig
Philipp IV.
im Jahr 1307 die Fuhrungsspitze des Ordens verhaften ließ.
Die Pfarrkirche Saint-Gervais-et-Saint-Protais (St.
Gervasius und Protasius
) wurde um 1249 auf den Fundamenten einer ursprunglichen Kirche erbaut, die 1124 abgebrannt war. Aus dem 13. Jahrhundert ist jedoch nur der
Chor
erhalten. Das
Querschiff
wurde im 15. Jahrhundert erneuert, Langsschiff und Fassade im 16. Jahrhundert. Die Kirche wurde schon 1840 als
Monument historique
(historisches Denkmal) klassifiziert
[14]
und nach 1945 erneut restauriert.
[2]
Im Inneren der Kirche befindet sich eine typische
Renaissance
-Treppe. Der Kirchturm,
La Grosse Tour
, weist alternierende Etagen im
dorischen
und
ionischen Baustil
auf. Im Querschiff findet man noch Spuren einer
Litre funeraire
, die 60 Zentimeter hoch ist und mehrere Wappen tragt, von denen jedoch nur noch zwei identifizierbar sind, es handelt sich um die Wappen der Familie Fouquet aus dem 18. Jahrhundert.
[11]
Der Konvent der Trinitarier wurde um 1603 gegrundet. Damals bestand er aus einer
Eremitage
und einer Kapelle. Das heutige Wohngebaude stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Kapelle wurde wahrscheinlich in eine Scheune umgewandelt. Die Gebaude befinden sich im Privatbesitz.
Das
Leprosorium
wurde um 1210 erbaut. Die
romanische
Kapelle
des Leprosoriums ist erhalten geblieben, ihr Dekor ist fur die Romanik in der Normandie typisch. Sie wurde im 15. und 17. Jahrhundert umgebaut. Das Leprosorium wurde im 18. Jahrhundert in ein
Armenhaus
(Bureau des Pauvres)
umgewandelt. 1992 wurde es als Monument historique eingestuft.
An der Epte steht noch das
Lavoir
(Waschhaus) aus dem 18. Jahrhundert, das 1927 in das Zusatzverzeichnis der Monuments historiques eingetragen wurde.
[14]
An dieser Stelle stand seit dem 15. Jahrhundert ein Waschhaus.
- Pablo Picasso
(1881?1973) war ein
spanischer
Maler
,
Grafiker
und
Bildhauer
, der von 1930 bis 1936 im Schloss von Boisgeloup wohnte.
[2]
- Xavier Lesage
(1885?1968),
Dressurreiter
, verbrachte seinen Lebensabend in Gisors.
[23]
- Jacques de Molay
(zwischen 1244 und 1250?1314), 1310 bis 1314 in der
Burg
inhaftierter
Tempelritter
und letzter
Großmeister
des
Templerordens
.
- Geoffroy de Charnay
(um 1251?1314), 1310 bis 1314 in der
Burg
inhaftierter
Tempelritter
und Wurdentrager des Ordens, zuletzt
Prazeptor
der
Normandie
.
- Hugues de Pairaud
(vor 1250?nach 1321), 1310 bis 1314 in der
Burg
inhaftierter
Tempelritter
und Wurdentrager des Ordens, zuletzt Visitator des Ordens in
Frankreich
.
- Godefroi de Gonneville 1310 bis 1314 in der
Burg
inhaftierter
Tempelritter
und Wurdentrager des Ordens, zuletzt Ordens-Meister von
Aquitanien
.
- P.F.D.Hersan
Histoire de la ville de Gisors
, Gisors 1858,
[24]
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Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prufe den Link gemaß
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