Gewehr

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Remington Model 700 in .30-06 Springfield mit montiertem Zielfernrohr und Schalldampfer ? diese und andere vom Mauser System 98 abgeleitete Waffen zahlen zu den am meisten produzierten und genutzten Gewehrtypen
Klassische Bockflinte im Kaliber 12

Das Gewehr ist nach heutigem Sprachgebrauch eine zu den Handfeuerwaffen zahlende Schusswaffe , die als Schulterwaffe (von der Schulter geschossen) mit zwei Handen zu bedienen ist. Das deutsche Waffenrecht definiert Gewehre, mit Ausnahme der Luftgewehre , als Langwaffen .

Gewehre mit gezogenem Lauf oder Polygonlauf werden als Buchsen bezeichnet, wahrend solche mit glattem Laufinneren Flinten genannt werden. Weitere Unterscheidungen bestehen auf Grund der Bauweise, Ladeeinrichtung und Verwendung sowie im Sprachgebrauch.

Etymologie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Wort Gewehr stammt von dem althochdeutschen Wort weri ab, was so viel wie ?Befestigung“ oder ?Verteidigung“ bedeutet. Der ursprungliche Sinn lebt in dem Wort Wehr (?Staudamm“) weiter; vgl. auch Feuerwehr .

Durch Kollektivbildung entstand das Wort giweri und daraus das Sammelwort Gewehr , das schließlich im Militarwesen auf jegliche von einem Mann trag- und bedienbare Waffe (Trutzwaffen [1] , aber auch Blankwaffen wie z. B. Schilde ) ubertragen wurde. Vor der Erfindung der Feuerwaffen beschrieb ?Gewehr“ eine Waffe jeder Art.

Man unterschied dabei, je nach Trageweise, zwischen Obergewehr und Untergewehr . Zu den uber der Schulter getragenen Obergewehren zahlten z. B. Stangenwaffen, wie der Langspieß (Pike) und dessen gekurzte Version, der/das Sponton (?Kurzgewehr“). Zum Obergewehr gehorten außerdem lange Feuerwaffen, wie Musketen und Arkebusen (?Schießgewehr“). Als Untergewehr galten hingegen die an der Hufte getragenen, meist in einer Scheide oder einem Futteral verstauten, sogenannten blanke Waffen fur Stoß und Hieb , wie etwa Degen , Pallasche , Sabel , Faschinenmesser und Dolche . In der preußischen Kavallerie des 19. Jahrhunderts bedeutete der Befehl ?Gewehr auf“ fur die berittene Truppe das Blankziehen von Sabel oder Pallasch.

Spater unterschied man das Feuer-Gewehr oder Schießgewehr (auch kleines Gewehr fur die Handfeuerwaffen des Fußvolks im Gegensatz zum Geschutz ) vom Seiten-Gewehr fur die Blankwaffen. Der Begriff ?Seitengewehr“ hat sich fur das Bajonett erhalten.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Arkebusier beim Laden seiner Waffe etwa Mitte des 17. Jahrhunderts

Das Gewehr in der heutigen Form ist die Weiterentwicklung der Urform aller Feuerwaffen, des Handrohrs , das um ca. 1300 zum ersten Mal eingesetzt wurde. Ursprunglich bestand dieses aus einem gegossenen Metalllauf (vergleichbar mit einer kleinen Kanone ) ohne jegliche Holzkomponenten (Schaft etc. fehlten noch komplett). Gezundet wurden diese Handrohre durch eine kleine Offnung mittels einer Lunte .

Waren die ersten Handrohre noch sehr ungenau, so waren die Nachfolger in der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits etwas genauer. Ein Nachfolger war die Hakenbuchse oder Arkebuse, die in Form und Aussehen dem uns bekannten Gewehr schon etwas naher kam. Meist hatten diese fruhen Gewehre schon einen mechanischen Abzug und waren immer noch mit einem Luntenschloss ausgestattet. Aufgrund ihres hohen Gewichtes wurden die Hakenbuchsen normalerweise auf eine Gabel gestutzt oder auf Mauern abgelegt und verfugten uber einen Haken zum Abstutzen der Waffe gegen den Ruckstoß, woher sie auch ihren Namen bezogen.

Der großte Sprung in der Gewehrtechnologie war die Entwicklung des gezogenen Laufes. Das Prinzip des gezogenen Laufs mit Zugen und Feldern wurde um 15. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum entwickelt. Namentlich bekannt sind Gaspard Kollner aus Wien der um 1498 daran arbeitete. Der schraubenformig gerillte Gewehrlauf, so wie er heutzutage Verwendung findet, wird Augustus Kotter aus Nurnberg 1520 zugeordnet. Mit gezogenen Laufen (Buchsen) konnte man deutlich weiter und vor allem praziser schießen. Dass der gezogene Lauf erst im 19. Jahrhundert Einzug in der regularen Infanterie hielt, lag an dem deutlich langerem Ladevorgang und an der teuren Herstellung von Vorderladerbuchsen. [2]

Die Arkebuse wurde Ende des 16. Jahrhunderts von der Muskete abgelost. Die Muskete wurde weiterentwickelt und setzte sich auf den Schlachtfeldern immer mehr durch. Den Erfindungen waren kaum Grenzen gesetzt und so wurde der Zundmechanismus immer weiter verbessert. Nach dem Luntenschloss wurden verschiedene Zundungen mit Feuersteinen entworfen, Radschloss , Schnapphahn und schließlich das Steinschloss , das die Waffe zu einer handlichen und vielseitig einsetzbaren Waffe machte. Durch die Zundung per Feuerstein, auch Flint genannt, setzte sich der Name Flinte durch.

Unions-Infanterist aus der Zeit des amerikanischen Burgerkriegs ( Reenactor ) beim Abfeuern seiner Muskete

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam eine neue Zundung auf, das Perkussionsschloss . Das Zunden der Ladung durch ein Zundhutchen war nochmals ein großer Schritt zur sicheren und einfachen Handhabung. Waren die Vorgangermodelle noch sehr anfallig gegenuber Wind und Feuchtigkeit, so war das Zundhutchen gegen Witterungseinflusse weitgehend unanfallig und sorgte fur eine weitgehend sichere Zundung der Treibladung. Bis auf wenige Ausnahmen waren diese Gewehre Vorderlader .

Anfangs des 19. Jahrhunderts wurden die ersten industriell hergestellten Hinterlader entwickelt, nachdem bereits im 15. Jahrhundert erste Gewehre mit Hinterladung entwickelt wurden, die jedoch aufgrund zahlreicher technischer Probleme noch keine weitere Verbreitung fanden. [3] Das erste militarisch genutzte Hinterladergewehr war 1776 die Ferguson-Buchse . 1836 wurde schließlich in Deutschland das Dreyse-Zundnadelgewehr serienmaßig hergestellt, welches mit Papierpatronen geladen wurde. 1850 folgte die amerikanische Sharps Rifle .

Ab den 1850er Jahren erfolgte die industrielle Fertigung moderner Patronen mit Metallhulsen, die wiederum Einfluss auf die weitere Entwicklung der Gewehre hatte. Erst durch die moderne Metallpatrone war der Weg zur Entwicklung von Mehrladewaffen wie das ab 1860 hergestellte Henry-Gewehr , das noch eine Randfeuerpatrone verschoss und die spater entwickelten Repetier- und Selbstladegewehre fur Zentralfeuerpatronen von Browning , Mauser , Mannlicher , Winchester und anderen Konstrukteuren frei.

Verwendung, Technik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gewehre sind Handfeuerwaffen die wie Faustfeuerwaffen von einer Person getragen und verwendet werden konnen. Sie werden von der Schulter geschossen (Schulterwaffe), auf kurze Distanz konnen sie auch aus der Hufte geschossen werden. Auf großere Distanz konnen sie zur Erhohung der Schussprazision aufgelegt werden, auf dem Markt sind auch Gewehre mit Vorder- oder Mittelstutzen erhaltlich.

Allgemein gelten Schulterwaffen mit einer Lauflange von uber 60 cm als Gewehr. Hinterladergewehre bestehen aus dem Lauf mit dem dahinterliegenden Patronenlager , auch Kammer genannt. Dahinter liegt der Verschluss , Repetierer sind zusatzlich mit einem Magazin ausgerustet. Der Auslosemechanismus des Schusses wird als Schloss bezeichnet. Lauf, Verschluss und Schloss sind auf den Schaft mit Vorder- und Hinterschaft (Kolben) sowie Handschutz montiert. Die auf dem Lauf angebrachte Zielvorrichtung besteht aus Korn und Visier, zur Erhohung der Schussprazision kann auch ein Zielfernrohr oder Reflexvisier montiert werden. Kaliber, Treibladungsmenge im Verhaltnis zum Geschossgewicht sowie Rohrlange sind entscheidend fur die Schussprazision und die Wirkung im Ziel.

Unterscheidungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Unterscheidung nach Laufprofil [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gewehre werden aus technischer Sicht nach der Art und Beschaffenheit des Laufes unterschieden:

Gewehr mit gezogenem Lauf oder Polygonallauf. Diese helokoidale Fuhrung im Lauf dient dazu, dem Geschoss einen Drall , respektive eine Rotation zur Stabilisierung der Flugbahn zu erteilen und ein Uberschlagen des Geschosses zu verhindern.
Gewehr mit glattem Lauf zum Verschießen von Schrotpatronen und Flintenlaufgeschossen .
Gewehr mit zwei oder mehreren glatten und gezogenen Laufen in unterschiedlichen Kombinationen und Anordnungen.

Unterscheidung nach Ladeeinrichtung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gewehre werden aus technischer Sicht nach der Art der Ladeeinrichtung unterschieden:

Gewehr, das durch den Lauf von vorne geladen wird.
Gewehr, das von hinten einzeln geladen wird.
Gewehr, das aus einem Magazin durch manuelle Betatigung des Lademechanismus (Repetieren) geladen und gespannt wird ?
als Unterhebelrepetierer , Vorderschaftrepetierer , Kammerstangelrepetierer .
Gewehr, das durch einen automatisierten Mechanismus geladen und gespannt wird (sog. Halbautomat).
Gewehr, das durch einen automatisierten Mechanismus geladen, gespannt und abgefeuert wird (sog. Vollautomat).

Unterscheidung nach Bauweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gewehre werden auch nach Bauweise oder Schaftung unterschieden.

Unterscheidung nach Verwendung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gewehre werden unabhangig von technischen Unterscheidungsmerkmalen auch nach ihrer Verwendung unterschieden.

Unterscheidung nach Sprachgebrauch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gewehre werden auch im allgemeinen Sprachgebrauch, unabhangig von technischen oder verwendungstechnischen Merkmalen unterschieden. Diese Pseudonyme sind zum großen Teil geschichtlich gewachsen und somit aus dem taglichen Sprachgebrauch nicht wegzudenken.

Waffenrechtliche Definitionen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Deutschland [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Waffengesetz definiert unter folgenden Voraussetzungen das Gewehr als Langwaffe:

  • a) Lauf und Verschluss sind geschlossen (also schussbereit) mindestens 30 cm lang.
  • b) die kurzeste bestimmungsgemaß verwendbare Gesamtlange uberschreitet 60 cm (Lauf, Verschluss und Schaft).

Osterreich [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Waffengesetz 1996 unterteilt alle Schusswaffen in vier Schusswaffenkategorien:

  • Kategorie A (verboten):
Kriegsmaterial , Vorderschaftrepetierflinten (sog. Pumpguns).
  • Kategorie B (genehmigungspflichtig):
Faustfeuerwaffen (Pistolen, Revolver), Selbstladegewehre , Repetierflinten.
  • Kategorie C (meldepflichtig):
Gewehre mit gezogenem Lauf (Buchsen), auch Kleinkaliber .
  • Kategorie D (meldepflichtig):
Gewehre mit glattem Lauf (Flinten).

Es gibt keine gemeinsame Einstufung fur alle Gewehre nach der Bauform, sondern eine funktionsbezogene Klassifizierung von Schusswaffen.

Schweiz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Bundesgesetz uber Waffen, Waffenzubehor und Munition (Waffengesetz, WG, 514.54) vom 12. Dez. 2008 gelten gemaß

  • Art. 4. a, Gerate als Waffen, mit denen durch Treibladung Geschosse abgegeben werden konnen und die eine einzige Person bedienen und tragen kann.
  • Gemaß Art. 8 sind diese der Waffenerwerbsscheinpflicht unterstellt.
  • Gemaß Art. 10 konnen folgende Waffen ohne Waffenerwerbsschein erworben werden: Einschussige und mehrlaufige Jagdgewehre, Nachbildungen von einschussigen Vorderladern, vom Bundesrat bestimmte Handrepetiergewehre, die im ausserdienstlichen und sportlichen Schießwesen eingesetzt werden. Ihr Erwerb ist der Vertrags- und Meldepflicht unterstellt.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Worterbuch zur Deutschen Militargeschichte, Militarverlag der Deutschen Demokratischen Republik VEB, Berlin 1985
  • Brockhaus’ Konversationslexikon, 7. Band, 14. Auflage, Leipzig 1894
  • Lueger 1904: Eintrag: Jagdgewehre
  • Meyers 1905: Eintrag: Jagdgewehr
  • Heinrich Muller : Gewehre, Pistolen, Revolver , Stuttgart 1979

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Gewehre  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Gewehr  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Eintrag Gewehr . In: dtv Brockhaus Lexikon. Band 7 Gew?Hat. 1988
  2. https://www.finedictionary.com/rifle.html
  3. Stangenbuchse fur Hinterladung, Inventarnr. W 3348. In: Objektdatenbank. Deutsches Historisches Museum , abgerufen am 26. Mai 2019 . Aus der Zeit um 1500, die dem damals schon verbreiteten Prinzip der Kammergeschutze folgt.