Gewalt an Schulen
außert sich in physischer und psychischer
Gewalt
vor allem zwischen
Schulern
, zwischen Schulern und
Lehrern
und zwischen Schulfremden und Schulern bzw. Lehrern. Spezielle Formen der Gewalt an Schulen sind
Mobbing
(auch
Bullying
genannt)
[1]
und Schulmassaker/School Shootings, auch Amoklaufe genannt.
Unter den Begriff
Gewalt
fallen Handlungen, durch die auf Menschen oder Gegenstande schadigend eingewirkt wird. Zu den
Korperverletzungen
zahlen laut einem Bericht der
Unfallkasse
Hessen unter anderem
Blutergusse
,
Schurfwunden
, Zahnschaden und
Knochenbruche
.
[2]
Die Vorfalle ereignen sich auf dem
Schulweg
, wahrend der
Schulpause
oder wahrend des
Unterrichts
. Auch Psychoterror bzw.
Mobbing
erfullt den
Straftatbestand
der
Korperverletzung
. Die sogenannte strukturelle Gewalt gilt auch fur den Bereich der Schule.
[3]
Korperstrafen
(auch ?Zuchtigung“ genannt) sind als Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme den Eltern erst seit dem Jahr 2000 durch Anderung des BGB 1631 durch das
Gesetz zur Achtung von Gewalt in der Erziehung
in Deutschland verboten.
[4]
In der Schule ist korperliche Bestrafung auch erst seit 1998 verboten, wahrend sie in der Ausbildung durch Lehrherren bereits 1951 (in der BRD) verboten worden war.
Unmittelbare
Kausalitaten
gibt es anscheinend nicht. Vielmehr wird angenommen, dass es ein Geflecht von sich wechselseitig begunstigenden personlichen und sozialen Ursachen, Anlassen und Grunden gibt.
[5]
Zu den sozialen Risikofaktoren zahlen:
- Familie
:
Erziehungsstil
ist zuruckweisend, bestrafend, inkonsistent, restriktiv und/oder gewalttatig (Tater), uberbehutet (Opfer);
- Schule
: hoher
Anpassungsdruck
, negative Sozialbeziehungen, schulisches Versagen bzw. Misserfolg,
Etikettierung
, restriktives Erziehungsverhalten;
- Peergroup
: gewalttatige, gewaltverherrlichende und/oder straffallige Gruppen;
- Soziales Umfeld
: kriminelles/gewalttatiges Umfeld, geringer soziookonomischer Status (
Armut
,
Arbeitslosigkeit
,
Sozialhilfe
);
- Medien
: unreflektierte/einseitige Gewaltdarstellung (selten die Opferperspektive), Darstellung von Gewalt als normales
Konfliktlosungsmittel
in Medien (Film, Computer-Spiele etc.) ? siehe auch
Medienverwahrlosung
;
- Gesellschaft
: Aggression (aggressive Rhetorik, Krieg o. a.) gegen andere Staaten, gesellschaftliche Gruppen und/oder Minderheiten.
- Religion
: zunehmende
Gewaltbereitschaft
muslimischer Jugendlicher, je starker die Bindung zum
Islam
.
[6]
Obwohl Studien den Einfluss personlicher (biologischer) Merkmale
[7]
nachweisen, ist dieser Zusammenhang in der Forschung stark umstritten. Die meisten Forscher haben sich auf folgendes Modell geeinigt: Biologische Merkmale pragen das Potential zu gewalttatigem Verhalten, dieses kann aber durch soziale Faktoren verstarkt oder vermindert werden.
Verminderte
Aggressionshemmung
und hohe Gewaltrate unter Jugendlichen wird unter anderem dadurch erklart, dass in der Jugend ein hohes Bedurfnis an Autonomie und Selbstverwirklichung besteht, welches durch das Testen und Brechen
sozialer Normen
vorubergehend gestillt werden kann. Sozialforscher wie
Ferdinand Sutterluty
nennen mangelnde gesellschaftliche Anerkennung als Gewaltmotiv.
[8]
Der Soziologe
Norbert Elias
warnte 1989: ?Wenn die Gesellschaft den Menschen der heranwachsenden Generation eine kreative Sinnerfullung versagt, dann finden sie schließlich ihre Erfullung in der Zerstorung.“
[9]
Eine Zusammenschau bereits publizierter Forschungsbefunde zeigt, dass Gewalt in Schulen (und insbesondere Schulmobbing) viele negative Konsequenzen hat. Verglichen mit nichtinvolvierten Jugendlichen, leiden sowohl Tater als auch Opfer unter einem schlechteren Gesundheitszustand und psychischen Wohlbefinden, unter mehr Angst, Depressivitat, Suizidalitat und psychosomatischen Symptomen. Weiters fuhlen sie sich unsicherer in der Schule und bleiben auch haufiger fern und haben einen geringeren akademischen Erfolg. Aufgrund der Ernsthaftigkeit dieser negativen Folgen und aufgrund der Tatsache, dass viele Symptome bis in das Erwachsenenalter persistieren, wurde Schulmobbing als eine große Herausforderung fur das offentliche Gesundheitssystem, fur das Bildungswesen und fur die Wirtschaft identifiziert.
[10]
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Zusammenarbeit mit Sicherheitskraften wie Ortspolizei
Hilf der Wikipedia, indem du sie
recherchierst
und
einfugst
.
Angebote der
Schulsozialarbeit
wie
Schulmediation
,
Schlichtungsstellen
, andere Praventionsprojekte konnen zur Gewaltdeeskalation beitragen. Um Gewalt, insbesondere physische, im Vorfeld zu verhindern, werden an den betroffenen Schulen
Programme zur Veranderung der Lern- und Schulkultur
ins Leben gerufen.
Primare, universelle
Gewaltpravention
, aber auch sekundare, selektive
Pravention
, der Zugang auf Risikogruppen, sollte auf mehreren Ebenen ansetzen:
- bei den Schulern (potentielle Tater wie Opfer und ihren Eltern),
- in der Klasse, bei den Lehrern und auf Unterrichtsebene (Lehrer-Schuler-Interaktion) und
- auf der Schul- und Curriculumsebene (Schulklima).
Fur die Praventionsarbeit mit Kindern sind verschiedene Konzepte entwickelt worden:
- Training mit sozial unsicheren Kindern oder Training mit aggressiven Kindern von
Franz Petermann
und
Ulrike Petermann
? beinhaltet neben vielen Einzel- und Gruppeneinheiten zum Training von sozialen Kompetenzen oder dem Aufbau von
Empathie
auch Einheiten zur Elternarbeit.
- Das Programm ?
Faustlos
“ von
Manfred Cierpka
2001 fur die Grundschule fordert soziale und emotionale Kompetenzen und ist wie die beiden vorher genannten wissenschaftlich evaluiert.
- Der ?
Triple P
-Ansatz“ von
Matt Sanders
1996 hat den Aufbau positiven Erziehungsverhaltens bei den Eltern zum Ziel und hat unterschiedliche Stufen der Unterstutzung, Schulung und Begleitung von Eltern in der Verbesserung der Erziehung und des Modellverhaltens.
Die
Lehrerausbildung
im deutschsprachigen Raum vermittelte bisher kaum, wie Lehrer Mobbing erkennen und wie sie effektiv darauf reagieren konnen. Dabei konnen Trainingsprogramme zielfuhrend sein, die speziell Lehrer ansprechen, um ihre praventiv-interventive Handlungskompetenzen zu starken.
[11]
Ein Beispiel ware das ?Konstanzer Trainingmodell“ (KTM) von Tennstadt und Dann 1994, ein integratives Selbsthilfeprogramm zur Bewaltigung von Storung und Aggression im Unterricht (Begreifen-Begrunden-Bewaltigen). Schulkultur und Schulklima lassen sich durch verbesserte Pausenaufsichtsregelungen und Einbindung von Streitschlichtern (Mediatoren) gewaltfreier gestalten.
Die ?klassische“ Intervention bei Bullying (nach
Dan Olweus
) oder nach einem Gewaltfall an der Schule setzt auf drei Ebenen an:
- auf Schulebene wird eine besondere Konferenz empfohlen, auf der uber alle relevanten Schuler gesprochen wird,
- auf Klassenebene werden gemeinsame Regeln erarbeitet, Mobbing als Thema direkt besprochen (neutraler Aufhanger durch Lekture wichtig),
- auf individueller Ebene werden Gesprache mit beiden Seiten gefuhrt (ultima ratio: Klassen- oder Schulwechsel des Taters).
Es gab laut
Bundesverband der Unfallkassen
2003 93.295 gemeldete ?Raufunfalle“. Die Anzahl der Raufunfallrate (pro 1.000 Schuler) betrug 11,3 (an
Hauptschulen
32,8). Der Bundesverband stellte in seinen Statistiken eine Abnahme gegenuber 1993 fest, ebenso bei der Frakturenquote.
[12]
Nach einer Studie von
Thomas Feltes
und seinen Mitarbeitern an der
Ruhr-Universitat Bochum
2004 unter 4.000 Schulern der achten Klassen samtlicher Schulformen in
Bochum
hat ?jeder funfte Hauptschuler einen anderen Jugendlichen schon einmal so brutal verprugelt, dass dieser zum Arzt musste.“ In den zuruckliegenden zwolf Monaten haben 14 % der befragten Schuler an
Gesamtschulen
und 8 % an
Gymnasien
nach eigenen Angaben eine solche Tat begangen.
[13]
Im August 2005 wandten sich 180 der 240 Lehrer der neun Hauptschulen Bochums an
Barbara Sommer
, damals Schulministerin von NRW, um auf Mangel und Probleme an den Schulen hinzuweisen. Hauptschulen mussten nahezu allein die Integration auslandischer Schuler ubernehmen. Auf ihnen laste zudem der Zwang, abgewiesene und ?abgeschulte“ Kinder und Jugendliche anderer Schulen aufzunehmen. Probleme wie Beleidigungen,
Mobbing
und Ubergriffe auf Lehrer wurden als Folgen genannt. Das Ministerium verwies in seiner Antwort auf den
Dienstweg
.
[14]
[15]
Im November 2005 ereignete sich an der
Alfred-Teves-Schule
in
Gifhorn
wahrend einer Pause eine Schulerkonfrontation, in deren Verlauf strafbare Inhalte (Gewaltvideos) auf Schulerhandys gefunden wurden. Die Schule machte das Problem mit Hilfe von Medien (unter anderem Gestaltung von Vortragen und Schulwebseiten) publik. Die Vorgehensweise wurde bundesweit als vorbildlich bezeichnet.
[16]
Im Marz 2006 gingen die Lehrer der
Rutli-Hauptschule
in
Berlin-Neukolln
an die Offentlichkeit, um auf die fur sie aussichtslos erscheinende Gewaltlage hinzuweisen.
[17]
Bei einer Studie aus dem Jahr 2015 gaben ca. 30 % der befragten 10 000 Neuntklassler an, dass sie von Lehrern im vergangenen halben Jahr lacherlich gemacht und in der Klasse bloßgestellt worden seien.
[18]
Mehr als die Halfte von 1.951 befragten Lehrer gaben 2016 in einer bundesweiten Forsa-Studie an, dass es an ihrer Schule in den letzten funf Jahren zu psychischer Gewalt gegen sie gekommen sei. Außerdem gaben 6 % an, bereits selbst korperliche Gewalt durch Schuler oder Eltern erlebt zu haben.
[19]
[20]
[21]
Der Aussage, dass die Gewalt zugenommen hat, stimmen 42 % der Lehrkrafte von Gymnasien zu, an Forderschulen 71 %.
[21]
Laut einer Forsa-Studie von 2018 im Auftrag des
Lehrerverbands Bildung und Erziehung (VBE)
berichteten etwa die Halfte von 1.200 befragten Schulleitungen Falle von psychischer Gewalt gegenuber Lehrern. An etwa einem Viertel der Schulen gab es korperliche Angriffe gegen Lehrer.
[22]
Der Vorsitzende des VBE vertrat die Ansicht, dass die Ursache dafur in der Zunahme der Kinder liegt, die
Storungen im Bereich emotional-soziale Entwicklung
haben: Entsprechend amtlicher Schulstatisitk stieg die Zahl der Schuler (bis zur 10. Klasse) mit diesen Storungen von 0,6 % im Jahr 2007 auf 1,2 % im Jahr 2016.
[23]
Mehr als ein Viertel aller Lehrkrafte werden von Schulern
beleidigt
laut einer Umfrage der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
von 2017, der zufolge die meisten Opfer Frauen, die meisten Tater Hauptschuler sind.
[24]
Nach Angaben des
National Center for Education Statistics
(NCES) wurden in den
Vereinigten Staaten
im Schuljahr 2002/2003 15 Schuler getotet, es gab ferner zwei Millionen Verbrechen, darunter 150.000 schwere Verbrechen wie Vergewaltigungen oder Korperverletzungen.
[25]
Der Autor
Ron Suskind
hat 1995 fur seine Artikelserie (?
feature story
“) uber Gewalt an Schulen den
Pulitzer-Preis
erhalten. Er veroffentlichte die Artikelserie spater in seinem Buch
A Hope in the Unseen: An American Odyssey from the Inner City to the Ivy League
.
Bei der Suche nach Ursachen fur Gewaltexzesse darf, so der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen
Christian Pfeiffer
, nicht außer Acht gelassen werden, dass die korperliche Bestrafung von Kindern in der Schule in den Vereinigten Staaten weiterhin verbreitet ist. So wurden im Schuljahr 2006/2007 in den USA jahrlich uber 200.000 Kinder von ihrem Lehrer mit dem Stock gezuchtigt.
[26]
[27]
Diese Gewalterfahrung in der Kindheit konne einer der Ausloser sein fur einen Wunsch nach Waffenbesitz
[28]
(siehe auch:
Korperstrafen: Situation heute
).
- Stefan Drewes, Klaus Seifried:
Krisen im Schulalltag. Pravention, Management und Nachsorge.
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Zahlen - Daten -Fakten: Jugendgewalt
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Freiburger Anti-Gewalt-Training (FAGT)
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Der Riss in der Tafel. Amoklauf und schwere Gewalt in der Schule.
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zum Beispiel von
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- ↑
Gewalt auf der Spur
.
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Vorlage:Webachiv/IABot/www.waz.de
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Gewaltvideos auf Schulerhandys ? Berichterstattung und Chronik
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Vorlage:Webachiv/IABot/www.alfred-teves-schule.de
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vom 7. Oktober 2006 im
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Vorlage:Webachiv/IABot/www.rbb-online.de
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Archiviert vom
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(nicht mehr online verfugbar) am
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abgerufen am 20. September 2018
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Hannoversche Allgemeine, 11. September 2017, archiviert vom
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abgerufen am 24. Mai 2018
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Gewalt an Schulen. Wie gehen Amerikaner damit um?
(tagesschau.de-Archiv) In: tagesschau.de, 1. April 2006
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Spiegel.de: Prugelstrafe - 200.000 US-Schuler werden geschlagen vom 22. August 2008
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