Die
Geschichte Togos
umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet der
Republik Togo
von der Fruhen Neuzeit bis zur Gegenwart. Die Grenzen des heutigen Togo sind allerdings das Ergebnis relativ junger, kolonialer Grenzziehung. Vor der europaischen Kolonisation bildete das Gebiet keinen Raum mit abgegrenzter einheitlicher Geschichte.
Seit dem 16. Jahrhundert war die Kuste Togos als Beginn der ?
Sklavenkuste
“ bekannt, da sie Europaern als Quelle fur schwarzafrikanische
Sklaven
diente. Die Kleinstaaten des Sudens beteiligten sich am
Sklavenhandel
mit den Europaern und profitierten so davon. Die Volkerschaften des bergigen, mittleren Togos dagegen mussten sich immer wieder den Attacken der schwarzen und arabischen Sklavenjager entziehen. Wiederum im Gegensatz zu den Kusten westlich und ostlich des heutigen Togo kam es aber bis 1884 aufgrund der ungunstigen naturlichen Gegebenheiten nicht zur Grundung europaischer Stutzpunkte, und nur der Ort
Aneho
erlangte eine bescheidene Bedeutung als Handelsplatz an der Kuste. Ein Umstand, der fur die Entstehung des modernen Togo letztlich verantwortlich war: Die Kuste Togos war der Ende des 19. Jahrhunderts noch von europaischer Einflussnahme frei gebliebene Teil der westafrikanischen Kuste.
Im nordlichen Togo ragte die Stadt
Sansanne-Mango
als Handelsmetropole an einem der innerafrikanischen Fernhandelswege aus dem
Sahelgebiet
Richtung Suden aus der Vielzahl kleiner Ortschaften heraus.
Im Gegensatz zu den umliegenden Gebieten kam es auf dem Territorium des heutigen Togo in vorkolonialer Zeit zur Grundung vieler kleinerer staatlicher Einheiten. Große Teile des Landes standen damit im 18. und 19. Jahrhundert zeitweise unter dem Einfluss der machtigen Reiche der
Aschanti
im Westen oder der
Dahomey
im Osten. In den Suden wanderten vor einigen Jahrhunderten Gruppen von
Ewe
und
Mina
(auch Guin genannt) ein. Die Ewe bewahren noch heute die legendenhafte Erinnerung an die Grunde ihrer Einwanderung aus dem heutigen
Benin
bzw.
Nigeria
. Ihre Auswanderung wird darin als eine Flucht vor einem tyrannischen Herrscher beschrieben. An keiner Stelle organisierten sich die Ewe von da ab in großeren Staatsgebilden.
Am 5. Juli 1884 wurden einzelne Orte im heutigen Togo (oder Bageida) durch einen Vertrag zwischen einem Vertreter des Konigs
Mlapa III.
und dem deutschen Generalkonsul fur Westafrika,
Gustav Nachtigal
, zum deutschen ?Schutzgebiet“ erklart. Am 5. September 1884 folgte ein ?
Schutzvertrag
“ zwischen dem zum Konsul in Lome ernannten Kaufmann
Randad
und dem lokalen Konig von
Porto Seguro
. In einem Protokoll vom 24. Dezember 1885 erkannte
Frankreich
die deutsche Herrschaft uber
Anecho
an.
Die Abgrenzung zu den benachbarten Kolonien erfolgte durch das deutsch-franzosische Abkommen vom 23. Juli 1897 und die Vereinbarung uber die Abgrenzung zwischen Togo und den franzosischen Besitzungen in
Dahome
(jetzt
Benin
) und dem Franzosischen Sudan vom 28. September 1912 bzw. das deutsch-britische Abkommen vom 1. Juli 1890 und 14. November 1899. 1914 umfasste die Kolonie eine Flache von 87.200 km².
1885 wurde
Ernst Falkenthal
zum ersten Kaiserlichen Kommissar mit Sitz in
Bagida
ernannt. Unter seiner Agide erfolgte am 30. November 1885 die Grundung einer Polizeitruppe. 1889 wurde er durch
Jesko von Puttkamer
abgelost.
1886 wurde die deutsche Herrschaft auf die Landschaften Towe,
Kewe
,
Agotime
und
Agome
-
Palime
, 1887 auf
Liati
ausgedehnt. Ab 1888 erfolgten mehrere Expeditionen in das entferntere
Hinterland
zur Manifestation der deutschen Oberhoheit und zum Abschluss weiterer Vertrage mit der eingesessenen Bevolkerung, u. a. durch Hauptmann
Curt von Francois
(1888), Stabsarzt
Ludwig Wolf
(1889),
Hans Gruner
und Oberleutnant
Ernst von Carnap-Quernheimb
(1894).
Binnenlandstationen entstanden in
Bismarckburg
(1888),
Misahohe
(1890),
Kete Krachi
(1894) und
Sansanne-Mango
(1896).
Am 18. Juli 1905 wurde die
Bahnstrecke Lome?Aneho
als erste Eisenbahnlinie Togos eroffnet.
1914 bestanden in Togo acht Verwaltungsbezirke:
Lome
-Stadt, Lome-Land,
Anecho
, Misahohe,
Atakpame
,
Kete Krachi
,
Sokode
und Sansane-Mangu.
Schon kurz nach dem Ausbruch des
Ersten Weltkrieges
wurde Togo von Großbritannien und Frankreich besetzt. Die deutsche Polizeitruppe kapitulierte am 27. August 1914.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Ostteil der Kolonie, der etwa zwei Drittel des Gebietes ausmachte, mit der gesamten Kuste an Frankreich (
Franzosisch-Togo
), der Westteil an Großbritannien (
Britisch-Togoland
) als
Volkerbundsmandat
ubergeben, faktisch aber von der
Goldkuste
aus verwaltet. Nach dem
Zweiten Weltkrieg
wurde daraus ein
UN-Treuhandgebiet
.
1957 wurde Britisch-Togoland nach einer
Volksabstimmung
gemeinsam mit der damaligen britischen Kolonie Goldkuste als Teil des neuen Staates
Ghana
unabhangig.
Der franzosische Teil erhielt 1955 von Frankreich
Autonomie
. Das
Frauenwahlrecht
wurde 1956 eingefuhrt.
[1]
Am 27. April 1960 erhielt Togo schließlich die volle Unabhangigkeit; erstes Staatsoberhaupt wurde
Sylvanus Olympio
.
General
Gnassingbe Eyadema
, 1967 als Militarchef an die Macht gekommen, war Afrikas am langsten regierender Staatschef. Hinter der Fassade von freien Mehrparteien-Wahlen, die zu Beginn der 1990er Jahre eingerichtet wurden, blieb die Regierung stets unter starker Kontrolle General Eyademas. Seine Partei
Rassemblement du peuple togolais
(RPT) hat ihre Macht seit 1967 fast durchgehend halten konnen. Ein guter Freund von Eyadema war
Franz Josef Strauß
, gemeinsam grundeten sie die
Bayerisch-Togoische Gesellschaft
. Weitreichende Folgen hatte ein Flugzeugabsturz, den Eyadema 1974 als einziger Passagier uberlebte. Infolge der Glorifizierung Eyademas und der Verklarung des Absturzes als Attentat der ?Internationalen Hochfinanz“ erfuhr Togo einen durchaus dem kontinentalen Trend entsprechenden, nationalistischen Ruck. Wirtschaftlich bedeutete dieser eine Verstaatlichung des wirtschaftlich bedeutsamen
Phosphatabbaus
, kulturell eine Besinnung auf afrikanische Namen. So gab Eyadema seinen Vornamen Etienne auf und nannte sich Gnassingbe, aus Stadtnamen wie Palime, Bassari oder Anecho wurde Kpalime, Bassar und Aneho.
[2]
Ab 1990 wuchsen die Unruhen in der togoischen Bevolkerung und es kam zu gewaltsamen Protesten. Auch unter dem Druck des ? angesichts offensichtlicher Menschenrechtsverletzungen und dem Fund von 28 Leichen in einer Bucht bei Lome schockierten ? Auslands musste Eyadema der Einberufung einer Nationalkonferenz zustimmen, die mit 1000 Delegierten unter der Leitung des Bischofs von Attakpame,
Philippe Kpodzro
, zusammentrat und am 13. Juli 1991 ihre Souveranitat erklarte. Die Ubergangsregierung unter
Joseph Kokou Koffigoh
scheiterte, nicht zuletzt dadurch, dass Koffigoh den eingeschlagenen Kurs nicht konsequent verfolgte und bereits nach kurzer Zeit mit Eyadema uber die Aufnahme alter Regierungsmitglieder der verbotenen RPT in die neu zu bildende Regierung verhandelte und Eyadema in zahlreichen Ubergriffen auf Oppositionspolitiker das Militar als Druckmittel verwendete.
Nach dem Tod von Gnassingbe Eyadema am 5. Februar 2005 ernannte die Armee des Landes seinen Sohn
Faure Gnassingbe
zum neuen Prasidenten. Am 25. Februar trat dieser unter internationalem Druck wieder zuruck. Das Amt wurde vom Parlamentsprasidenten ubernommen. In der außerst umstrittenen Wahl vom 24. April 2005 wurde Faure Gnassingbe zum Prasidenten gewahlt. Unruhen mit uber 500 Toten waren die Folge. Zehntausende Menschen fluchteten aus Togo.
Togo geriet wegen
Menschenrechtsverletzungen
unter den Druck vieler internationaler Organisationen, was dazu fuhrte, dass viele
bilaterale
und
multilaterale
Entwicklungshilfeprojekte
eingefroren wurden und erst langsam wieder gewahrt werden.
[3]
Das Parlament beschloss am 23. Juni 2009 einstimmig, die Todesstrafe abzuschaffen; bestehende Urteile wurden in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.
[4]
Damit war Togo das weltweit 94. Land, das die Todesstrafe fur alle Verbrechen aus den Gesetzen strich.
[5]
Bei der
Prasidentschaftswahl in Togo 2010
und der
Prasidentschaftswahl in Togo 2015
wurde Prasident Gnassingbe mit 60,9 % bzw. 58,75 % der Stimmen wiedergewahlt.
[6]
[7]
Mitte August 2017 protestierten hunderttausende Togolesen in allen großeren Stadten des Landes gegen die Herrschaft des Prasidenten Faure Gnassingbe. In der Hauptstadt
Lome
gingen seither trotz Demonstrationsverbot Tausende fast wochentlich auf die Straße, um zu protestieren. Die Polizei ging dagegen regelmaßig mit
Tranengas
vor, aber auch scharfe Munition wurde verwendet. Bisher (Stand 4. November 2017) sind bei den Konflikten 15 Menschen umgekommen, Hunderte wurden verletzt und eine unbekannte Anzahl verhaftet.
Amnesty International
kritisierte, dass seit den Protesten zahlreiche Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden. Die Opposition verlangte den Rucktritt des Prasidenten, oder zumindest, dass er verspricht, bei den kommenden Wahlen 2020 nicht wieder anzutreten.
[8]
Bei der
Prasidentschaftswahl in Togo 2020
wurde Amtsinhaber Faure Gnassingbe wiedergewahlt.
- Deutsches Kolonial-Lexikon
, hrsg. von Heinrich Schnee, Quelle & Meyer, Leipzig 1920; S. 522?526.
Online
- Peter Sebald
:
Togo 1884?1914. Eine Geschichte der deutschen ?Musterkolonie“ auf der Grundlage amtlicher Quellen.
Akademie-Verlag, Berlin, 1988.
ISBN 3-05-000248-4
.
- Ralph Erbar:
Ein ?Platz an der Sonne“? Die Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen Kolonie Togo 1884?1914.
; Beitrage zur Kolonial- und Uberseegeschichte, 51; Stuttgart 1991
- Edward Graham Norris:
Die Umerziehung des Afrikaners. Togo 1895?1938
; Munchen: Trickster, 1993
- Johannes Thomas:
Koloniale Vergangenheit. Droht die Erinnerung die Nation zu spalten?
(Kommentierte Dokumentation) In:
Dokumente. Zs. fur den deutsch-franzosischen Dialog
, Heft 2/2006; S. 60 ff.; zu Togo: 69 ff. (
Subsaharisches Afrika
). Der Beitrag dokumentiert die massiven Gegensatze zwischen der
Bundesrepublik Deutschland
und
Frankreich
hinsichtlich der Machthaber Togos nach 2000, Gegensatze, die in Morden und dem Abbrennen des
Goethe-Instituts
kumulierten.
- Peter Sebald:
Die deutsche Togo 1884?1914. Auswirkungen einer Fremdherrschaft.
C.H. Links Verlag, Berlin, 2013.
ISBN 978-3-86153-693-2
.
- Rebekka Habermas
:
Skandal in Togo. Ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft
. Fischer, Frankfurt am Main 2016,
ISBN 978-3-10-397229-0
.
- ↑
Jad Adams:
Women and the Vote. A World History.
Oxford University Press, Oxford 2014,
ISBN 978-0-19-870684-7
, Seite 438
- ↑
Comi M. Toulabor:
Le Togo sous Eyadema
. Khartala, Paris 1986;
ISBN 2-86537-150-6
.
- ↑
afrol.com:
EU hebt Sperre fur Togo auf
(3. Dezember 2007)
- ↑
europa.eu:
Erklarung des Vorsitzes im Namen der EU zur formlichen Abschaffung der Todesstrafe in Togo
(3. Juli 2009)
- ↑
amnesty.de
:
Togo schafft Todesstrafe ab
(25. Juni 2009)
- ↑
John Zodzi:
Togo leader Gnassingbe re-elected in disputed poll.
Reuters
, 4. Marz 2010,
abgerufen am 16. November 2017
.
- ↑
Togo's Faure Gnassingbe wins third term as president.
BBC
, 29. April 2015,
abgerufen am 16. November 2017
.
- ↑
Johannes Dieterich:
Togos Prasident spurt den Druck der Burger.
In:
Der Standard
.
3. November 2017,
abgerufen am 16. November 2017
.
Geschichte neuzeitlicher Staaten Afrikas