Gerhard Fouquet

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Gerhard Fouquet, aufgenommen von Werner Maleczek im Jahr 2018.

Gerhard Fouquet (* 22. November 1952 in Ludwigshafen am Rhein ) ist ein deutscher Historiker , der sich auf das Spatmittelalter spezialisiert hat. Er lehrte von 1996 bis 2018 als Professor fur Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel , deren Prasident er von 2008 bis 2014 war.

Leben und Wirken

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Gerhard Fouquet studierte Geschichte, Germanistik und Chemie an den Universitaten Saarbrucken , Gießen und Mannheim . Er wurde 1985 an der Universitat Siegen bei Ulf Dirlmeier mit einer Arbeit uber das Domkapitel Speyer im spaten Mittelalter promoviert . [1] Von 1980 bis Ende 1981 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Generallandesarchiv Karlsruhe . Von 1981 bis 1996 war er zunachst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, dann als Assistent und zuletzt als Akademischer Rat an der Universitat Siegen beschaftigt. Im Jahr 1994 erfolgte seine Habilitation mit einer Studie uber die kommunalen Baubetriebe des Spatmittelalters. [2] 1994/95 hatte er eine Lehrstuhlvertretung an der Johannes-Gutenberg-Universitat Mainz . Im Jahr 1996 ubernahm er als Nachfolger von Werner Paravicini den Lehrstuhl fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universitat Kiel. Im Jahre 2002 lehnte er einen Ruf an die Westfalische Wilhelms-Universitat Munster ab. Er ist zum 1. Oktober 2018 in den Ruhestand eingetreten und wurde gleichzeitig zum Seniorprofessor fur funf Jahre ernannt. Zu seinen akademischen Schulern gehort Gabriel Zeilinger .

Im Jahr 2005 wurde er Prorektor . Vom 1. Juni 2008 bis zum 31. Mai 2014 war er Prasident der Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel. Seit 2008 ist er zudem der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Internationalen Kommission fur Stadtegeschichte und Vorstandsvorsitzender der Burgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstatten (bis 2023). Außerdem ist er Vorsitzender der Kommission Residenzstadte im Alten Reich (1300?1800) in der Gottinger Akademie der Wissenschaften . [3] Fouquet ist Ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg (seit 2008) [4] und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (seit 2014) sowie korrespondierendes Mitglied der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden-Wurttemberg . Er ist Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica , des Konstanzer Arbeitskreises fur mittelalterliche Geschichte , des Verbandes der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (bis 2008 als Schatzmeister), der Gesellschaft fur mittelrheinische Kirchengeschichte , des Historischen Vereins der Pfalz , der Pfalzischen Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften, des Hansischen Geschichtsvereins und des Vereins fur Lubeckische Geschichte und Altertumskunde. Im Oktober 2013 wurde ihm die Ehrendoktorwurde der Dalhousie University in Halifax , Kanada verliehen. Er wurde 2013 Vorsitzender des Vereins zur Forderung der Musik in der Bordesholmer Klosterkirche . Ihm wurde 2014 der Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein verliehen. Fouquet wurde 2021 als korrespondierendes Mitglied in die Akademie der Wissenschaften zu Gottingen gewahlt. 2024 zeichnete ihn der Bundesprasident mit dem Verdienstkreuz am Bande aus. [5]

Sein hauptsachliches Arbeitsgebiet stellt die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Spatmittelalters dar. Schwerpunkte sind die Sozialgeschichte der mittelalterlichen Kirche, die Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen Furstentumer, die Kultur von Stadtburgertum und Adel, die Sozialgeschichte der Arbeit sowie die Umweltgeschichte. Fouquet ist Mitherausgeber der international renommierten Vierteljahrschrift fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und des Jahrbuchs fur Regionalgeschichte . In seiner Dissertation hat er die Rolle des Speyrer Domkapitels ?als Statte der Begegnung zwischen Kirche und Welt“ analysiert. [6] Er legte 2007 eine Edition des Berichts eines Anonymus aus dem Niederadel von einer Reise im Jahr 1494 in das Heilige Land vor. Dieser war vom 2. Mai bis 16. November 1494 unterwegs, davon 29 Tage im Heiligen Land und 13 Tage in Jerusalem. [7] Mit Harm von Seggern und Hans-Jorg Gilomen gab er 2007 die Beitrage des Historikertags 2004 in der Sektion ?Raum und Finanzen in der Stadt“ heraus. Gefragt wurde darin nach dem Einfluss raumlicher Verbindungen auf die Finanzwirtschaft von Stadten im Spatmittelalter und welche ?uber die Stadt hinausweisenden Beziehungen“ im Finanzhandeln des Rats sichtbar wurden. [8] Mit Hans-Jorg Gilomen organisierte er 2008 eine Tagung des Konstanzer Arbeitskreises fur mittelalterliche Geschichte zum Thema Netzwerke im europaischen Handel des Mittelalters. Die 14 Beitrage wurden 2010 herausgegeben. [9] Mit Enno Bunz organisierte er 2009 eine Fruhjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises fur mittelalterliche Geschichte uber ?Die Pfarrei im spaten Mittelalter“. Die 2013 in einem Sammelband veroffentlichten Beitrage konzentrieren sich auf die spatmittelalterliche Pfarrei im deutschsprachigen Raum. [10]

Zu seinem 60. Geburtstag erschien 2012 die von Harm von Seggern und Gabriel Zeilinger herausgegebene Festschrift ?Es geht um die Menschen“. Beitrage zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters fur Gerhard Fouquet zum 60. Geburtstag . [11]

Monographien

  • Das Speyerer Domkapitel im spaten Mittelalter (ca. 1350?1540). Adlige Freundschaft, furstliche Patronage und papstliche Klientel (= Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte. Band 57). 2 Bande. Mainz 1987.
  • Bauen fur die Stadt. Finanzen, Organisation und Arbeit in kommunalen Baubetrieben des Spatmittelalters (= Stadteforschung. Veroffentlichungen des Instituts fur Vergleichende Stadtegeschichte in Munster. Band 48). Koln u. a. 1999, ISBN 3-412-09598-2 .
  • Die geliehene Zeit eines Konigs. Der ?arme“ Ruprecht und die Reichsfinanzen (1400?1410) (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 110). Gottingen 2022, ISBN 978-3-525-36860-2 .
  • mit Ulf Dirlmeier , Bernd Fuhrmann : Europa im Spatmittelalter 1215?1378 (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte . Band 8). Munchen 2003, ISBN 3-486-49721-9 .
  • mit Rolf Drechsel: Dannstadt und Schauernheim. Zur Geschichte bauerlicher Gemeinden in der Pfalz. Band 1: Die Geschichte Dannstadts und Schauernheims von den Anfangen bis zum Dreißigjahrigen Krieg. Speyer 1989.
  • mit Ingo Dierck: Dannstadt und Schauernheim. Zur Geschichte bauerlicher Gemeinden in der Pfalz. Band 2: Die Geschichte Dannstadts und Schauernheims von der Wiederbesiedelung 1650 bis zur Franzosenzeit. Dannstadt-Schauernheim 2006.
  • mit Gabriel Zeilinger: Katastrophen im Spatmittelalter (= Wissen verbindet ). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-24699-1 .

Quellenedition

  • Die Reise eines niederadligen Anonymus ins Heilige Land im Jahre 1494 (= Kieler Werkstucke. Reihe E, Band 5). Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2007, ISBN 978-3-631-56777-7 .
  • Das Seelbuch des Dominikanerinnenklosters St. Lambrecht (= Schriften des Diozesanarchivs Speyer. Band 12). Speyer 1990.

Herausgeberschaften

  • mit Sven Rabeler: Okonomische Glaubensfragen. Strukturen und Praktiken judischen und christlichen Kleinkredits im Spatmittelalter (= Vierteljahrschrift fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte. Band 242). Steiner, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-515-12225-2 .
  • mit Enno Bunz: Die Pfarrei im spaten Mittelalter (= Vortrage und Forschungen. Band 77). Thorbecke, Ostfildern 2013, ISBN 978-3-7995-6877-7 ( online ).
  • mit Harm von Seggern, Hans-Jorg Gilomen: Stadtische Finanzwirtschaft am Ubergang vom Mittelalter zur Fruhen Neuzeit (= Kieler Werkstucke, Reihe E: Beitrage zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Band 4). Lang, Frankfurt am Main u. a. 2007, ISBN 978-3-631-56253-6 .
  • mit Hans-Jorg Gilomen: Netzwerke im europaischen Handel des Mittelalters (= Vortrage und Forschungen. Band 72). Thorbecke, Ostfildern 2010, ISBN 3-7995-6872-7 ( online ).
  • mit Gabriel Zeilinger: Die Urbanisierung Europas von der Antike bis in die Moderne (= Kieler Werkstucke. Reihe E, Band 7). Lang, Frankfurt am Main u. a. 2009, ISBN 978-3-631-57881-0 .
  • Harm von Seggern, Gabriel Zeilinger (Hrsg.): ?Es geht um die Menschen“. Beitrage zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters fur Gerhard Fouquet zum 60. Geburtstag. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2012, ISBN 978-3-631-70786-9 .
  1. Vgl. dazu die Besprechungen von Alois Gerlich in: Rheinische Vierteljahresblatter 53, 1989, S. 305?307 ( online ); Sabine Weiß in: Rottenburger Jahrbuch fur Kirchengeschichte 8, 1989, S. 331?333 ( online ); Karl-Heinz Spieß in: Archiv fur hessische Geschichte und Altertumskunde 47, 1989, S. 387?389.
  2. Vgl. dazu die Besprechung von Werner Freitag in: Historische Zeitschrift 273, 2001, S. 450?452.
  3. Kommission Residenzstadte im Alten Reich (1300?1800) .
  4. Christiana Albertina 66, 2008, S. 69.
  5. Daniela Schmidt: Aufklaren und Brucken bauen: Professor Gerhard Fouquet will Menschen erreichen . 4. Juni 2024 , Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing der Universitat Kiel, abgerufen am 5. Juni 2024.
  6. Gerhard Fouquet: Das Speyerer Domkapitel im spaten Mittelalter (ca. 1350?1540). Adlige Freundschaft, furstliche Patronage und papstliche Klientel. Mainz 1987, S. 18.
  7. Vgl. dazu die Besprechung von Johannes Schilling in Christiana Albertina 69, 2009, S. 55.
  8. Vgl. dazu die Besprechung von Regula Schmid in: Historische Zeitschrift 293, 2011, S. 143?144.
  9. Vgl. dazu die Besprechung von Christof Jeggle in: Historische Zeitschrift 294, 2012, S. 491?492; Robert Gramsch in: Zeitschrift fur Historische Forschung 39, 2012, S. 468?470.
  10. Vgl. dazu die Besprechungen von Christian Popp in: Zeitschrift fur Wurttembergische Landesgeschichte 74, 2015, S. 444?446 ( online ); Malte Prietzel in: H-Soz-Kult , 17. September 2014, ( online ); Anette Loffler in: Church History and Religious Culture 95, 2015, S. 528?530; Kerstin Hitzbleck in: Historische Zeitschrift 305, 2017, S. 204?207; Stephen Mossman in: The English Historical Review 130, 2015, S. 1205?1207; Michele C. Ferrari in: Zeitschrift fur Historische Forschung 43, 2016, S. 780?782.
  11. Vgl. dazu die Besprechung von Eberhard Isenmann in: Zeitschrift fur historische Forschung 42, 2015, S. 471?472 ( online ).