Geographie

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Physische Weltkarte

Die Geographie bzw. Geografie (von altgriechisch γεωγραφ?α ge?graphia ?Erdbeschreibung“; [1] abgeleitet von γ? g? ?Erde“ und -graphie ) oder Erdkunde ist die sich mit der Erdoberflache befassende Wissenschaft , sowohl in ihrer physischen Beschaffenheit wie auch als Raum und Ort des menschlichen Lebens und Handelns. [2] [3] Sie bewegt sich dabei an der Schnittstelle zwischen den Naturwissenschaften , Geistes- und Sozialwissenschaften .

Gegenstand der Geographie ist die Erfassung, Beschreibung und Erklarung der Strukturen, Prozesse und Wechselwirkungen in der Geosphare . Die physikalische, chemische und biologische Erforschung ihrer Einzelerscheinungen ist Gegenstand spezialisierter Geowissenschaften .

Bis zur amtlichen Neuregelung der deutschen Rechtschreibung war ausschließlich die Schreibweise Geographie richtig. Ab 1996 war auch Geografie zulassig, wobei Geographie im amtlichen Worterverzeichnis zunachst als Hauptvariante verzeichnet war und seit 2004 keine der Schreibweisen als zu bevorzugen angegeben ist (die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenvarianten ist im amtlichen Worterverzeichnis generell fallen gelassen worden). Im amtlichen Regelteil wird vom Rat fur deutsche Rechtschreibung jedoch ausschließlich die Variante "Geografie" benutzt [4] . Im Duden (27. Auflage) ist die Variante Geografie als ?Dudenempfehlung“ gekennzeichnet. Traditionell wird in wissenschaftlichen Texten und unter Fachleuten weiterhin haufig die alte Schreibweise genutzt. So empfahl das Prasidium der Deutschen Gesellschaft fur Geographie im Jahr 2003 einstimmig, die Schreibweise Geographie beizubehalten. [5] Der Hinweis auf die Empfehlung wurde jedoch 2017 kommentarlos von der Website entfernt.

Antike und Mittelalter

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Die Bedeutung geographischen Wissens wurde, soweit historisch uberliefert, erstmals in der Antike von den Griechen erkannt. Vom Naturphilosophen Anaximander aus Milet wird berichtet, dass er als erster um 550 v. Chr. eine Karte der Erde und der Meere skizzierte. Herodot von Halikarnassos (484?424 v. Chr.) verfasste eine Vielzahl geographischer Berichte. Die Eroberungen Alexander des Großen offneten den Blick der griechischen Gelehrten bis weit nach Asien hinein. Es entstanden Itinerarien , also Beschreibungen der Straßen und Verzeichnisse der Stationen auf Reisen, sowie Periploi , praktische Reisehandbucher fur Seefahrer und Kaufleute , die oft auf persischen oder parthischen Quellen fußten.

Mit zunehmender Fernreisetatigkeit nahmen auch die Versuche der Erkundung der Gesamtgestalt der Welt zu. Neben der physikalischen Geographie und der Kulturgeographie entwickelten sich Anfange einer mathematischen Geographie . Eine Berechnung des Erdumfangs gelang erstmals Eratosthenes (ca. 273?194 v. Chr.), wahrend der um die Zeitenwende lebende Strabon eines der heute am besten erhaltenen geographischen Werke der Antike verfasste. Der Astronom Claudius Ptolemaus (ca. 100?170) sammelte topografisches Wissen von Seefahrern und gab Anleitungen fur das Zeichnen von Landkarten . Die Erkenntnisse der Griechen nutzten die Romer weiter. Wahrend des Mittelalters geriet die Geographie, wie andere Wissenschaftszweige auch, in Europa weitgehend in Vergessenheit. Neue Impulse kamen jedoch aus dem Kaiserreich China und der aufstrebenden Geographie und Kartographie im mittelalterlichen Islam .

Fruhe theoretische Ansatze lieferte Albertus Magnus : In seiner Abhandlung De natura locorum beschrieb er die Abhangigkeit der Eigenschaften eines Ortes von seiner geographischen Lage. Im Anschluss daran fuhrte der Wiener Astronom Georg Tannstetter die physikalische Geographie in den Kreis der universitaren Lehrgegenstande ein (1514). [6]

Jan Vermeer: Der Geograph

Die neuzeitliche Geographie wurde von Bartholomaus Keckermann (1572?1608) und Bernhard Varenius (1622?1650) begrundet. Sie entwickelten ein Begriffssystem, unterschieden ?Allgemeine Geographie“ (geographia generalis) und die ?Regionale Geographie“ beziehungsweise Landerkunde (geographia specialis) . Sie sahen Volker, Staaten und Orte in einem raumlichen, historischen und auch religiosen Kontext. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts beforderten in Deutschland vor allem Johann Hubner (1668?1731) und Johann Gottfried Gregorii alias Melissantes (1685?1770) durch ihre Lehrbucher, thematischen Lexika und Atlanten die Verbreitung der Geographie in weite Teile der bildungsnahen Bevolkerung .

Das Zeitalter der Aufklarung forderte Erklarungsversuche von Naturerscheinungen durch Wissenschaftler wie Johann Gottfried Herder (1744?1803) und Georg Forster (1754?1794). Anton Friedrich Busching (1724?1793) verfasste die elfbandige Neue Erdbeschreibung mit Beschreibungen der Lander und deren Wirtschaft .

Etablierung als eigenstandige Disziplin

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Alexander von Humboldt

Alexander von Humboldt (1769?1859) und Carl Ritter (1779?1859) begrundeten schließlich die moderne wissenschaftliche Geographie, deren ursprungliches lander- und landschaftskundliches Forschungsprogramm auf Herders Kulturtheorie basiert. [7] Im Laufe des 19. Jahrhunderts grundeten sich zunachst vielerorts ?geographische Gesellschaften“, wahrend die universitare Institutionalisierung des Fachs vor allem mit der Grundung des Deutschen Reichs vorangetrieben wurde.

Ferdinand von Richthofen (1833?1905) [8] definierte die Geographie zu jener Zeit als ?Wissenschaft von der Erdoberflache und den mit ihr in ursachlichem Zusammenhang stehenden Dingen und Erscheinungen“. [9] Dieser geodeterministische Betrachtung standen das von Paul Vidal de la Blache (1845?1918) gepragte Konzept des Possibilismus sowie die von Alfred Hettner (1859?1941) formulierte Chorologie gegenuber. [10] Einzelne Fachvertreter wie Elisee Reclus (1830?1905) knupften fruh Verbindungen zur aufkommenden Soziologie . Auch belegt etwa das Entstehen der ersten Nationalparks , dass der pragende Einfluss des Menschen auf seine Umwelt nicht nur bekannt, sondern auch von politischer Bedeutung war.

Insbesondere die deutsche Geographie war aber letztendlich von sozialdarwinistisch und volkisch argumentierenden Vertretern wie Alfred Kirchhoff (1838?1907), dem als Begrunder der Humangeographie geltenden Friedrich Ratzel (1844?1904) [11] und dem Geomorphologen Albrecht Penck (1859?1945) [12] bestimmt. Anwendung fanden diese Ansichten schließlich vor allem durch die Geopolitik , wie sie insbesondere durch Halford Mackinder (1861?1947) und Karl Haushofer (1869?1946) formuliert worden war.

Neuere Entwicklungen

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Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich die geographische Forschung im deutschsprachigen Raum zunachst Themengebieten von relativ geringer politischer Brisanz zu. Carl Troll (1899?1975), Karlheinz Paffen (1914?1983), Ernst Neef (1908?1984) und Josef Schmithusen (1909?1984) entwickelten die Landschaftsokologie , Hans Bobek (1903?1990) und Wolfgang Hartke (1908?1997) die Sozialgeographie weiter. Eine starker an den Erfordernissen der Raumplanung orientierte, nicht zuletzt auf den Werken von Walter Christaller (1893?1969) aufbauende Geographie wurde dagegen zunachst in Schweden durch Torsten Hagerstrand (1916?2004) und im anglo-amerikanischen Raum etabliert.

Seit Ende der 1960er Jahre ( Quantitative Revolution ) versteht sich auch die deutschsprachige Geographie zunehmend als angewandte Wissenschaft und sucht ihre Themen im Zusammenhang mit Stadtebau , Entwicklung des landlichen Raumes, Raumplanung oder dem Umweltschutz . [13] Gleichzeitig tragt die Entstehung einer sich als kritisch verstehenden Geographie dieser neuerlich ubernommenen gesellschaftspolitischen Verantwortung Rechnung. Durch die wachsende Spezialisierung im 20. Jahrhundert entstand die Vielfalt der heutigen Teildisziplinen und die Aufteilung zwischen Physischer Geographie und Humangeographie .

Das Drei-Saulen-Modell der Geographie

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Es existieren verschiedene Versuche, die Geographie schematisch zu ordnen. Die im heutigen Wissenschaftsbetrieb bedeutsamste ist die Einteilung in die beiden großen Teilgebiete der Physischen Geographie und der Humangeographie nebst einem interdisziplinaren Bereich als dritter ?Saule“. [14] Es lassen sich jeweils diverse Unterdisziplinen identifizieren, wobei die Teilbereiche der physischen Geographie insgesamt relativ stark in die ubergeordneten naturwissenschaftlichen Disziplinen integriert sind, wahrend diejenigen der Humangeographie wiederum untereinander eng vernetzt sind.

Physische Geographie

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Klimageographie: Klimaklassifikation nach Koppen und Geiger

Die Physische Geographie (oder Physiogeographie ) beschaftigt sich in erster Linie mit den naturlichen Bestandteilen und Strukturen der Erdoberflache. Dabei wird die Tatigkeit des Menschen zur Erklarung der Landschaftsgenese auch behandelt.

Teilgebiete der Physischen Geographie sind unter anderem:

Humangeographie

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Die Daseinsgrundfunktionen der Munchner Schule der Sozialgeographie

Die Humangeographie (auch Anthropogeographie , selten Kulturgeographie ) beschaftigt sich sowohl mit dem Einfluss des Menschen auf den geographischen Raum , als auch mit dem Einfluss des Raums auf den Menschen ? beispielsweise im Zusammenhang mit der raumlichen Verteilung von Bevolkerung oder Wirtschaftsgutern. Ehemals als Teil der Geisteswissenschaften aufgefasst, hat sie sich insbesondere seit den 1980er Jahren ( spatial turn ) den Gesellschaftswissenschaften angenahert. Hartmut Leser (2001) definiert die Humangeographie als denjenigen ?Teilbereich der Allgemeinen Geographie, der sich mit der Raumwirksamkeit des Menschen und mit der von ihm gestalteten Kulturlandschaft und ihren Elementen in ihrer raumlichen Differenzierung und Entwicklung befasst.“

Die Sozialgeographie und die Kulturgeographie gelten dabei als ?Kerngebiete“ der Humangeographie, da sie alle weiteren Unterdisziplinen beruhren. Teilweise werden diese Begriffe auch als Synonym fur die Humangeographie im Ganzen verwendet. [Anm. 1] Auch die politische Geographie , zumal in ihrer damaligen Anwendung als Geopolitik und Militargeographie , ist eng in die Grundungsgeschichte der Humangeographie verwoben, bildet heute aber eine eigenstandige Fachrichtung. Weitere sozialwissenschaftlich orientierte Bereiche der Geographie stellen die Bevolkerungsgeographie , die Bildungsgeographie und die Religionsgeographie dar. Einige andere Unterdisziplinen, die diesem Facherspektrum zugerechnet werden konnen, werden im deutschen Sprachraum allerdings nur in geringem Maß oder als Teil anderer sozialwissenschaftlicher Fachrichtungen betrieben. Dazu gehoren unter anderem die Kriminalgeographie , die Sprachgeographie mit der Dialektgeographie und die Wahlgeographie .

Zu den klassischen Teilgebieten der Humangeographie zahlen jene Unterdisziplinen, die sich mit der vom Menschen errichteten gebauten Umwelt befassen, also die Siedlungsgeographie , die Geographie des landlichen Raumes , die Stadtgeographie und die Verkehrsgeographie . Letztere wird teilweise auch zur Wirtschaftsgeographie gerechnet, die außerdem die Geographie des primaren ( Agrargeographie ), sekundaren ( Industriegeographie ) und tertiaren Wirtschaftssektors ( Handelsgeographie , Tourismusgeographie ) umfasst.

Eine Sonderstellung nimmt die Historische Geographie ein. Ursprunglich vor allem mit genetischer Siedlungsforschung beschaftigt und damit humangeographisch orientiert, ist das Fach inzwischen relativ stark interdisziplinar integriert und insbesondere eng mit der Umweltgeschichte verbunden. Klassische Anwendungsbereiche sind die Kulturlandschaftsforschung, Waldgeschichte, Wustenbildungsforschung oder Flusslaufdokumentation. Die raum-zeitliche Ausbreitung von Phanomenen ist Gegenstand der geographischen Diffusionsforschung .

Mensch-Umwelt-Beziehungen

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Auch wenn sich natur- und geistes- bzw. sozialwissenschaftlich orientierte Ansatze der Geographie inzwischen in ihrer methodischen Vorgehensweise stark voneinander unterscheiden, ergeben sich hinsichtlich der Fragestellungen weiterhin Uberschneidungen. Da diese vor allem die Folgen menschlichen Handelns auf die Natur und deren Ruckwirkung auf die Gesellschaft betreffen, wurde dieser der Humanokologie nahestehende Teilbereich teilweise als physische Anthropogeographie bezeichnet, ein Begriff von allgemeiner Verwendung existiert jedoch nicht. Eng eingebunden ist die Geographie auch in die interdisziplinare Erforschung von spezifischen Mensch-Umwelt-Systemen wie die Gebirgs- , Kusten- , Polar- , Tropen- und Wustenforschung .

Allgemeine und Regionale Geographie

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Unterteilung der Geosphare

Eine traditionelle Einteilung hingegen ist jene in die Allgemeine Geographie und die Regionale Geographie , wie sie etwa im landerkundlichen Schema von Alfred Hettner modellhaft dargestellt wurde. Die Allgemeine Geographie ist demnach der Teil der Geographie, welcher sich nomothetisch mit den Geofaktoren der Erdoberflache ( Geosphare ) beschaftigt. Im Mittelpunkt stehen zumeist ein Geofaktor (z. B. Wasser, Boden, Klima etc.) und dessen Wechselwirkungen mit anderen Geofaktoren. Die allgemeine Geographie beschaftigt sich somit mit allgemeinen Gesetzmaßigkeiten in der gesamten Geosphare. Physische Geographie und Humangeographie sind dann lediglich Teile der Allgemeinen Geographie.

Regionalgeographie oder Regionale Geographie (Spezielle Geographie) wird gemaß dieser Unterteilung als jener Teil der Geographie verstanden, welcher sich idiographisch oder typologisch mit bestimmten Teilgebieten der Erdoberflache (Geosphare) beschaftigt. Im Mittelpunkt steht somit eine Region , z. B. ein Land oder eine Landschaft , die wissenschaftlich in Bezug auf Raum und Zeit, abiotische und biotische Faktoren, den Menschen und Wechselwirkungen untersucht wird. Raumliche Elemente, Strukturen, Prozesse und Funktionsweisen (Wechselwirkungen zwischen den Geofaktoren) werden erfasst, klassiert und erklart. Die Regionalgeographie lasst sich unterteilen in die einzelnen Fachrichtungen der Geographie (z. B. Bevolkerungsgeographie, Siedlungs- und Stadtgeographie, Biogeographie) und zudem in die Landerkunde , also die idiographische Untersuchung von Raumindividuen, und die Landschaftskunde , die typologische Untersuchung von Raumtypen.

Kritik: Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein galten Lander- und Landschaftskunde als der eigentliche ?Kern“ der Geographie, der dem Fach eine gewisse Identitat gab. Werke mit entsprechender Thematik werden weiterhin produziert und die Regionalgeographie ist auch weiterhin wesentlicher selbstverstandlicher Forschungsgegenstand an bedeutenden Universitaten, doch gibt es vereinzelt auch kritische Stimmen, welche die Regionalgeographie und ihre wissenschaftliche Bedeutung in Bezug auf die Begriffe Landerkunde und Landschaftskunde nachrangig sehen. [14] Die Regionale Geographie erfuhr demnach einen Bedeutungswandel und beschaftigt sich, statt Regionen als Forschungsgegenstand vorauszusetzen, mit dem Regionalisierungsvorgang an sich. Damit ist sie heute Teil von Sozial- und Wirtschaftsgeographie sowie des interdisziplinaren Felds der Regionalwissenschaft . [15] [16] [Anm. 2]

Theoretische und Angewandte Geographie

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Die Angewandte Geographie , die in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts in Abgrenzung zur Theoretischen Geographie entstand, stellt eine normative Form der geographischen Forschung dar, die sich in allen ihren Fachgebieten wiederfindet. Gegenstand der Angewandten Geographie ist die Analyse und Planung raumlicher Strukturen und Prozesse sowie die Losung raumbezogener Probleme. Praktische Anwendungsgebiete sind die Raumplanung oder der Umweltschutz . Insbesondere einige Forschungsbereiche der physischen Anthropogeographie sind normativ etwa auf die Paradigmen der Nachhaltigkeit und der Gesundheit hin ausgerichtet. Beispiele hierfur sind die Geographische Entwicklungsforschung , die Geographische Risikoforschung und die Medizinische Geographie .

Unter Schulgeographie versteht man das Schulfach Geographie , auch Erdkunde genannt (in Osterreich Geographie und Wirtschaftskunde ), und die dazugehorige Ausbildung fur das Lehramt . Zentrales Anliegen dieses Zweiges ist ? wie in jeder Disziplin ? Wissenschaftsdidaktik in ihrer speziellen Auspragung als Geographiedidaktik . Daher umfasst die Schulgeographie auch die Methodologie der systematischen Reduzierung, Paradigmenbildung und didaktischen Aufbau des Fachgebiets in den verschiedenen Schultypen (Erstellung von Lehrplanen und Lerninhalten ). Innerhalb der Geographiedidaktik greift die Lehre und das Lernen im Fach auf sechs verschiedene Basiskonzepte zuruck, die als Strukturhilfen und Leitideen fungieren. Das ubergeordnete (?großte“) Basiskonzept der Geographie ist das ?(Mensch-Umwelt-)System“. Dieses System kann mit den Konzepten ?Struktur-Funktion-Prozess“, den ? Maßstabsebenen “, den ?Raumkonzepten“, dem ? Nachhaltigkeitsviereck “ sowie den ?Zeithorizonten“ untersucht werden. [17] Im weiteren Sinne kann die Geographiedidaktik auch in die hochschulische Lehre selbst eingreifen und auch Schulkartografie , Weiterbildung , Beratung und Information umfassen, und so zum Tatigkeitsfeld eines angewandten Geographen werden (Erstellung etwa von Lehrbuchern , Lehrsendungen , geographischen Dokumentationen , Kartenwerken , bzw. Fachberatung bei denselben. [18] und Offentlichkeitsarbeit. [19] )

Als ?Bruckenfach“ zwischen natur-, geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen besteht in der Geographie generell eine große methodische Vielfalt, die die Bandbreite an moglichen Forschungsobjekten reflektiert. Wahrend die Erstellung von Karten und die Nutzung geographischer Informationssysteme (GIS) als wichtige Darstellungs- und Forschungsmethoden in allen Teilbereichen zu finden sind, kommen außerdem den jeweiligen Nachbardisziplinen entlehnte Verfahren zur Anwendung.

Vergleichende Geographie

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Die Vergleichende Geographie wurde schon im 19. Jahrhundert von Carl Ritter und Oskar Peschel begrundet. [20] Sie ist eine Vorgehensweise, die zwei typologische Kategorien in Bezug setzt.

Ein aktueller methodischer Teilbereich, der zunehmend Bedeutung in der Geographie erlangt und auch der Mathematischen Geographie zugerechnet werden kann, ist die Geoinformatik . Sie verwendet Methoden der Informatik bei der Bearbeitung geographischer Fragestellungen. Aufgabenfelder der Geoinformatik sind:

  • Entwicklung, Erstellung und Pflege von geographischen Informationssystemen (GIS): Mit ihnen werden raumliche Daten gesammelt, verarbeitet, ausgewertet und kartografisch dargestellt.
  • digitale Kartografie : Dieser Bereich beschrankt sich nur auf die Visualisierung raumlicher Daten.
  • Fernerkundung : Satelliten- oder luftfahrtgestutzte Beobachtung der Erde mit Hilfe elektromagnetischer Strahlung , die von Sensoren erfasst wird.
  • Modellierung : Idealisierte Nachbildung realer Phanomene, um Prognosen zu erstellen (z. B. Klima- oder Abflussmodelle).
  • Statistik : Verwendung von Software-Werkzeugen, um Datensatze mit statistischen Methoden auszuwerten (siehe auch: Geostatistik ) .

Asthetische Dimension

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Der kritische Geograph Gerhard Hard argumentierte nach 1968, dass der Landschaftsgeographie, die seit Alexander von Humboldt den Kern der klassischen Geographie bildet, Wahrnehmungsmuster zugrunde liegen, die aus der Landschaftsmalerei stammen. Daher bestimmten jene Forschungsrichtungen, die sich auf Landschaft beziehen wie z. B. die Landschaftsokologie , ihren Gegenstand primar auf asthetischer Weise, der erst sekundar mit einem szientistischen Methodendesign versehen werde. Dieses fuhre wiederum dazu, dass die asthetischen Implikationen innerhalb der Profession nicht bewusst reflektiert werden. [21]

Obwohl sich die Geographie immer wieder neu verstanden und ausgerichtet hat, sieht Gabor Paal ein kontinuierliches Merkmal in der asthetischen Grundlage, die der Wissenschaft zugrunde liegt. [22] Demnach ist es immer ein zentrales Motiv von Geographen gewesen, raumliche Muster zu erkunden und zu verstehen, und zwar insbesondere solche Muster, die sich in ihrer Großenordnung innerhalb des menschlichen Aktionsradius bewegen: Sie befasst sich mit Mustern ?von der Großenordnung dessen, was das menschliche Augen ohne große Anstrengung noch erkennen kann bis zur gesamten Erdoberflache.“ [23] Ansatze, die sich explizit mit Umweltwahrnehmungen auseinandersetzen, werden unter der Wahrnehmungsgeographie gefasst.

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Uberblicks- und Nachschlagewerke

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Fachgeschichte und -theorie

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  • Hanno Beck : Geographie. Europaische Entwicklung in Texten und Erlauterungen. Alber, Freiburg 1973, ISBN 3-495-47262-2 ( Orbis academicus. Problemgeschichten der Wissenschaft in Dokumenten und Darstellungen. Band 2/16).
  • Heinz Peter Brogiato: Geschichte der deutschen Geographie im 19. und 20. Jahrhundert. Forschungsstand und methodische Ansatze. In: Schenk, Winfried & Konrad Schliephake (Hrsg.): Allgemeine Geographie. (= Perthes GeographieKolleg), Gotha 2005, S. 41?81.
  • Daniela Dueck: Geographie in der antiken Welt. Zabern, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-8053-4610-8 .
  • Ulrich Eisel : Die Entwicklung der Anthropogeographie von einer ?Raumwissenschaft“ zur Gesellschaftswissenschaft. Gesamthochschulbibliothek, Kassel 1980.
  • Gerhard Hard : Die Geographie. Eine wissenschaftstheoretische Einfuhrung. De Gruyter, Berlin 1973.
  • Hans-Dietrich Schultz: Die deutschsprachige Geographie von 1800 bis 1970. Ein Beitrag zur Geschichte ihrer Methodologie . Selbstverlag d. Geograph. Inst. d. FU Berlin, Berlin 1980.
  • Heiner Durr , Harald Zepp : Geographie verstehen. Ein Lotsen- und Arbeitsbuch. Paderborn 2012.
  • Antje Schlottmann , Jeannine Wintzer : Weltbildwechsel: Ideengeschichten geographischen Denkens und Handelns. Bern 2019.
Commons : Geographie  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Geographie  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wikisource: Geographie  ? Quellen und Volltexte

Verbande und Institutionen

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Informationsangebote

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  1. Insbesondere uber sprachliche, kulturelle und zeitliche Grenzen hinweg ergeben sich große Definitionsunterschiede. So entspricht die niederlandische sociale geografie der deutschen Human- oder Anthropogeographie.
  2. Gemeint ist hier eine Regionalwissenschaft im weiteren Sinne. Von der spatial analysis und der mit ihr verbundenen regional science hingegen grenzt sich die New Regional Geography bewusst ab (vgl. New Regional Geography im Lexikon der Geographie).

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Pape , Max Sengebusch (Bearb.): Handworterbuch der griechischen Sprache . 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 ( γεω-γραφ?α [abgerufen am 11. August 2021]).
  2. Diercke: Worterbuch der Allgemeinen Geographie.
  3. Hans Heinrich Blotevogel : Geographie . In: E. Brunotte u. a. (Hrsg.): Lexikon der Geographie . Spektrum, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-0416-9 , S.   15 .
  4. Rat fur deutsche Rechtschreibung: Amtlicher Regelteil. (PDF; 940 kB) In: Amtlichen Regelwerk. Rat fur deutsche Rechtschreibung, 2017, abgerufen am 3. November 2021 .
  5. Geographie oder Geografie? Verband Deutscher Schulgeographen e. V., 25. Februar 2003, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 2. Februar 2017 ; abgerufen am 5. Dezember 2020 .
  6. Siegmund Gunther : Geschichte des mathematischen Unterrichts im deutschen Mittelalter bis zum Jahr 1525 (= Monumenta Germaniae Paedagogica. Band 3). Berlin 1887, S. 256.
  7. Ulrich Eisel : Die Entwicklung der Anthropogeographie von einer ?Raumwissenschaft“ zur Gesellschaftswissenschaft . Gesamthochschulbibliothek, Kassel 1980; Ulrich Eisel: Individualitat als Einheit der konkreten Natur: Das Kulturkonzept der Geographie . In: B. Glaeser, P. Teherani-Kronner (Hg.): Humanokologie und Kulturokologie: Grundlagen, Ansatze, Praxis. Westdeutscher Verlag, Opladen 1992, S. 107?151. Hans-Dietrich Schultz: ?Heldengeschichten“ oder: Wer hat die Geographie (neu) begrundet, Alexander von Humboldt oder Carl Ritter. In: Nitz, Bernhard, Hans-Dietrich Schultz & Marlies Schulz (Hrsg.): 1810-2010: 200 Jahre Geographie in Berlin an der Universitat zu Berlin (ab 1810) Friedrich-Wilhelms-Universitat zu Berlin (ab 1828) Universitat Berlin (ab 1946) Humboldt-Universitat zu Berlin (ab 1949). (= Berliner Geographische Arbeiten 115), Berlin 2010, S. 1?47.
  8. Hans-Dietrich Schultz: ?Geben Sie uns eine scharfe Definition der Geographie!“ Ferdinand von Richthofens Anstrengungen zur Losung eines brennenden Problems. In: Nitz, Bernhard, Hans-Dietrich Schultz & Marlies Schulz (Hrsg.): 1810-2010: 200 Jahre Geographie in Berlin an der Universitat zu Berlin (ab 1810) Friedrich-Wilhelms-Universitat zu Berlin (ab 1828) Universitat Berlin (ab 1946) Humboldt-Universitat zu Berlin (ab 1949). (= Berliner Geographische Arbeiten 115), 2., verb. u. erw. Auflage. Berlin 2011, S. 59?97.
  9. Ferdinand von Richthofen : Aufgaben und Methoden der heutigen Geographie. Akademische Antrittsrede, gehalten in der Aula der Universitat Leipzig am 27. April 1883 , Leipzig 1883.
  10. Ute Wardenga : Geographie als Chorologie. Zur Genese und Struktur von Alfred Hettners Konstrukt der Geographie (= Erdkundliches Wissen. Band 100). Stuttgart 1995.
  11. Hans-Dietrich Schultz: Herder und Ratzel: zwei Extreme, ein Paradigma? In: Erdkunde 52 (1998), Heft 2, S. 127?143. https://www.erdkunde.uni-bonn.de/archive/1998/herder-und-ratzel-zwei-extreme-ein-paradigma Hans-Dietrich Schultz: ?Hatte doch die Erde mehr Raum!“ Friedrich Ratzel und sein (politisch-)geographisches Weltbild. In: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft Munchen. Band 89, 2007, S. 3?45. Hans-Dietrich Schultz: Friedrich Ratzel. Bellizistischer Raumtheoretiker mit Naturgefuhl oder Vorlaufer der NS-Lebensraumpolitik? In: Deimel, Claus; Lentz, Sebastian; Streck, Bernhard (Hrsg.): Auf der Suche nach Vielfalt. Ethnographie und Geographie in Leipzig. Leipzig 2009, S. 125?142. Hans-Dietrich Schultz: Friedrich Ratzel: (k)ein Rassist? (= Geographische Revue ? Beihefte = Geographische Hochschulmanuskripte NF, Heft 2). Flensburg 2006
  12. Norman Henniges: ?Naturgesetze der Kultur“: Die Wiener Geographen und die Ursprunge der ?Volks- und Kulturbodentheorie“. In: ACME: An International E-Journal for Critical Geographies. Band 14, Heft 4, 2015, S. 1309?1351 (online) . Norman Henniges: Die Spur des Eises: eine praxeologische Studie uber die wissenschaftlichen Anfange des Geologen und Geographen Albrecht Penck (1858?1945). (= Beitrage zur regionalen Geographie. Band 69), Leibniz-Institut fur Landerkunde, Leipzig 2017, ISBN 978-3-86082-097-1 , 556 S. (online) . Norman Henniges: Albrecht Penck . In: Ingo Haar , Michael Fahlbusch (Hrsg.): Handbuch der volkischen Wissenschaften , 2. Auflage. Berlin 2017, S. 570?577.
  13. Ute Wardenga, Norman Henniges, Heinz Peter Brogiato & Bruno Schelhaas: Der Verband deutscher Berufsgeographen. Eine sozialgeschichtliche Studie zur Fruhphase des DVAG. (= forum ifl 16 (PDF) , Leipzig 2011; Boris Michel (2016): Seeing Spatial Structures. On the Role of Visual Material in the Making of the Early Quantitative Revolution in Geography. In: Geografiska Annaler , Series B, 98 (3), S. 198?203. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/geob.12099/full Boris Michel (2016): Strukturen Sehen. Uber die Karriere eines Hexagons in der quantitativen Revolution. In: Geographica Helvetica 71, S. 303?317, http://www.geogr-helv.net/71/303/2016/gh-71-303-2016.pdf
  14. a b Hans Gebhardt, Rudiger Glaser , Ulrich Radtke , Paul Reuber: Das Drei-Saulen-Modell der Geographie . In: dies. (Hrsg.): Geographie. Physische Geographie und Humangeographie . 1. Auflage. Spektrum, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8274-1543-1 , S.   64?75 .
  15. Rainer Danielzyk, Jurgen Oßenbrugge : Perspektiven geographischer Regionalforschung. ?Locality Studies“ und regulationstheoretische Ansatze . In: Geographische Rundschau . Band   45 , Nr.   4 , 1993, S.   210?216 .
  16. Nigel Thrift: Towards a new New Regional Geography . In: Berichte zur deutschen Landeskunde . Band   72 , Nr.   1 , 1998, S.   37?46 .
  17. Janis Fogele, Oliver Sesemann & Nils Westphal: Basiskonzepte ? fur Schulerinnen und Schuler erklart . Klett-Verlag, 27. Juli 2021 ( klett.de ).
  18. Richtungsweisend: Mit offenen Karten/Le Dessous des cartes von Jean-Christophe Victor
  19. Webportal des Hochschulverbands fur Geographiedidaktik
  20. Erdkunde (spezielle, allgemeine, vergleichende E.) . In: Meyers Konversations-Lexikon . 4. Auflage. Band 5, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885?1892, S. 752.
  21. Gerhard Hard: Die ?Landschaft“ der Sprache und die ?Landschaft“ der Geographen. Colloquium Geographicum Bd. 11, Bonn 1970. Ders.: Der ?Totalcharakter der Landschaft“. Re-Interpretation einiger Textstellen bei Alexander von Humboldt. In: Alexander von Humboldt, Geographische Zeitschrift, Beiheft 23, Wiesbaden 1970, S. 49?73. Ders.: Zu Begriff und Geschichte von ?Natur“ und ?Landschaft“ in der Geographie des 19. und 20. Jahrhunderts. In: ders. Landschaft und Raum. Aufsatze zur Theorie der Geographie. Band 1. Osnabrucker Studien zur Geographie 22, Universitatsverlag Rasch, Osnabruck 2002, S. 171?210.
  22. Gabor Paal: Die asthetische Grundlage der Geographie und ihre Bedeutung im Geographieunterricht. In: Zeitschrift fur den Erdkundeunterricht. 46, 1994, S. 226?229.
  23. Gabor Paal: Was ist schon? Asthetik und Erkenntnis. Wurzburg 2003, S. 169?174 (Fallstudie Geographie).