Gennadi Nikolajewitsch Aigi
(
tschuwaschisch
Геннадий Николаевич Айхи
,
russisch
Геннадий Николаевич Айги
; *
21. August
1934
in
Schaimursino
,
Tschuwaschische ASSR
,
Sowjetunion
; †
21. Februar
2006
in
Moskau
,
Russland
),
[1]
geboren als
Gennadi Nikolajewitsch Lissin
(
russisch
Лисин
), war ein
tschuwaschischer
Lyriker
, der auf
Russisch
und
Tschuwaschisch
schrieb. Er wurde vielfach ausgezeichnet und als Kandidat fur den
Literaturnobelpreis
gehandelt.
[2]
Der Lyriker Gennadi Aigi wurde in Schaimursino in der heutigen Republik Tschuwaschien geboren. Er gehort der ethnischen Minderheit der Tschuwaschen an. Bis Juni 1969 trug er den russifizierten Namen Lissin.
[3]
Sein danach angenommener Name Aigi leitet sich ab von dem tschuwaschischen Wort
хайхи
(
chaichi
), das so viel bedeutet wie ≫der dort≪, ≫derselbige≪.
[1]
Seine ersten Gedichte in den 1950er Jahren erschienen in tschuwaschischer Sprache. Der Gedichtband, mit dem Gennadi Aigi 1957 sein Studium am
Maxim-Gorki-Institut fur Literatur
bei
Michail Swetlow
[1]
in Moskau abschließen wollte, wurde abgelehnt. 1958 wurde er aus dem
Komsomol
und dem Literaturinstitut wegen ?des Verfassens eines feindseligen Gedichtbandes, welcher die Grundlagen der Methode des
sozialistischen Realismus
untergrabt,“
[3]
ausgeschlossen. Zu Anfang der 1960er Jahre erschienen seine Verse zuerst im
Samisdat
, spater auch im
Tamisdat
.
Durch den Dichterfreund
Boris Pasternak
angeregt, schrieb er seit 1960 ausschließlich russisch ? ein Versuch, die Ausgrenzung sprachlich zu uberwinden. Doch schon 1964 erhielt er Publikationsverbot, das rund 25 Jahre gelten sollte.
[4]
Von 1961 bis 1971 war er am Majakowski-Museum Moskau tatig, ab 1972 lebte er ausschließlich von seiner literarischen Arbeit.
[1]
Trotz der Isolation war Gennadi Aigi, den
Roman Jakobson
als den großten lebenden russischen Dichter bezeichnet hat, in Deutschland und Frankreich schon bald ein Begriff. 1971 wurde er mit dem Band
Beginn der Lichtung
in Deutschland zum vielbeachteten Lyriker. Er ubersetzte
Dante
und
Federico Garcia Lorca
,
Wladimir Majakowski
und
Walt Whitman
in seine Muttersprache und war Herausgeber einer Anthologie tschuwaschischer Lyrik. Seine Gedichte erschienen in 23 Landern, wurden in 44 Sprachen ubersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
[4]
Aigis Dichtung speist sich aus tschuwaschischer Volksuberlieferung und wurzelt in einem tiefempfundenen
orthodoxen
Glauben. Zugleich lassen sich eine Vielzahl von literarischen Vorbildern in seinem Werk ausmachen. Hierzu gehoren neben den franzosischen Symbolisten wie
Charles Baudelaire
und
Arthur Rimbaud
die russischen
Futuristen
um Majakowski.
[4]
Charakteristisches Kompositionsprinzip Aigis ist die durch Aufbrechen klassischer dichterischer Formen moglich gewordene extreme Verkurzung und Verdichtung der Sprache: Es gehe ihm nicht um die Beschreibung der Welt, so Aigi, sondern um die ?abstrahierte Verabsolutierung von Welterscheinungen durch den Dichter“. Er sagte weiter: ?Meine Arbeiten sind keine Symbole, keine Metaphern, keine Allegorien. Meine Arbeit ist Erwachen durch ein schrilles Licht, wo eine menschliche Spitze ? das Wort ? zum Dunstkreis wird, wo sich der Mensch mit der Natur und dem Universum vereinigt.“
[4]
Gennadi Aigi war Teilnehmer beim
internationalen literaturfestival berlin
2003.
Im Archiv der
Forschungsstelle Osteuropa an der Universitat Bremen
wird ein Teil von Gennadi Aigis Nachlass, unter anderem sein literarisches Werk, Korrespondenzen und Fotografien, aufbewahrt. Ein weiterer Teil des Nachlasses befindet sich im
Nationalmuseum in Tscheboksary
.
- Mitglied des Schriftstellerverbandes St. Petersburg (seit 1991)
- Mitglied des russischen PEN (seit 1995)
- Vorsitzender des Redaktionsbeirates der tschuwaschischen Zeitschrift
Das Antlitz Tschuwaschiens
(russisch: Лик Чувашии) seit 1994
- Leben nach dem Todesurteil
. Lamuv, Bornheim, 1982
- Beginn der Lichtung. Gedichte
. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1971 (Neuausgabe 1992,
ISBN 3-518-22103-5
)
- Dem Dichter des Dichters der Rose. Zehn Gedichte
. Fuchstaler Presse, Denklingen 1991
- Aus Feldern Russland. Gedichte. Prosa
. Illustriert von
Kasimir Malewitsch
, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1991 (Neuausgabe 2002,
ISBN 3-518-40341-9
)
- Und: Fur Malewitsch
. 1991
- Widmungsrosen
. Rainer Verlag, Berlin 1991
- Gruß dem Gesang
. Rainer, Berlin, 1992
- Im Garten Schnee
. 1993
- Veronikas Heft. Das erste Halbjahr meiner Tochter
. Insel Verlag, Frankfurt/Main 1993,
ISBN 3-458-19133-X
- Boris Pasternak. Erinnerungen aus Anlass seines 100. Geburtstages und sieben Gedichte
. Rainer Verlag, Berlin 1993
- Conversations a distance
. Circe, Saulxures, 1994
- Mit Gesang: Zur Vollendung. Gedichte
. Edition per procura, Wien 1995
- der: dort
. Mit 40 Aufnahmen von
Gunther Uecker
, Verlag Galerie Erker, St. Gallen 1995
- Reiner als Sinn. Gedichte
. Illustriert von Gunther Uecker, Verlag Galerie Erker, St. Gallen 1997
- Ausgewahlte Werke
. Band 1: Gedichte, Band 2: Blatter in den Wind, Gesprache, Reden, Essays. Edition per procura, Wien 1995/1998,
ISBN 3-901118-19-5
und
ISBN 3-901118-20-9
- Wind vorm Fenster. Vermischte Gedichte
. Verlag Galerie Erker, St. Gallen 1998,
ISBN 3-905546-45-0
- Immer anders auf die Erde. Gedichte
. Ubersetzt von Walter Thumler. Leipziger Literaturverlag, Leipzig 2009,
ISBN 9783866600751
- ↑
a
b
c
d
Gennadi Aigi ? ein avantgardistischer Dichter aus Tschuwaschien.
In:
visitvolga.
2021
;
abgerufen am 24. April 2021
(russisch).
- ↑
Peter France:
Gennady Aygi.
In:
The Guardian
.
25. Februar 2006
;
abgerufen am 24. April 2021
(englisch).
- ↑
a
b
Biographie G. N. Aigi.
(PDF) In:
Nationale Bibliothek der Republik Tschuwaschien.
2021
;
abgerufen am 24. April 2021
(russisch).
- ↑
a
b
c
d
Gennadij Ajgi [Russland].
In:
Internationales Literaturfestival Berlin.
2021
;
abgerufen am 24. April 2021
.