Genji Monogatari

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Handgeschriebene Seite aus der Papierrolle vom 12. Jahrhundert ( Got?-Kunstmuseum in Tokio )

Genji Monogatari ( japanisch 源氏物語 , Die Geschichte vom Prinzen Genji ) ist der erste psychologische Roman der japanischen Literaturgeschichte und wird der Hofdame Murasaki Shikibu (ca. 978?1014) zugeschrieben. Gelegentlich wird er als der erste Roman uberhaupt angesehen, was jedoch umstritten ist. Die Geschichte vom Prinzen Genji hat einen festen Stellenwert in der japanischen Kultur und gilt als ein Werk von herausragendem Rang.

Handlung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kapitel 15 ? 蓬生 Yomogiu . (Abbildung aus der Papierrolle im Tokugawa-Kunstmuseum)
Kapitel 16 ? ?屋 Sekiya . (Papierrolle Tokugawa-Kunstmuseum)
Kapitel 37 ? ?笛 Yokobue . (Papierrolle Tokugawa-Kunstmuseum)

Protagonisten sind Genji, spatgeborener Sohn eines alternden Tenn? , den sein Vater zwar bevorzugt, aber nicht uber seinen gesetzlichen Erben stellen kann, und dessen Konkubine Murasaki. Genji wird traditionsgemaß in die Familie der Minamoto (alias Genji) ausgegliedert, muss nicht arbeiten und verbringt seine Zeit mit den schonen Kunsten wie Malen , Dichtung und Kalligrafie , und mit militarischen Sportarten. Sehr fruh entwickelt sich auch sein Interesse fur das andere Geschlecht, und er kann dank seiner gehobenen Stellung seine Geluste befriedigen. Das Ergebnis sind viele ganz unterschiedliche Affaren mit Frauen. So trifft er zum Beispiel auf ein Madchen, Murasaki, das ihn fasziniert, da sie die Nichte einer von ihm fruher verehrten Hofdame und dieser ahnlich ist.

Nach der Abdankung des alten Tenn? gibt es Auseinandersetzungen mit dem neuen Kaiser und vor allem dessen Mutter, die fruher zugunsten von Genjis Mutter vernachlassigt worden war. Genji geht freiwillig in die Verbannung, kann aber spater an den Hof zuruckkehren. Auch fernab des Hofes hat er eine Beziehung und zeugt sein erstes Kind, kann jedoch seine Geliebte nicht mit zuruck an den Hof nehmen.

Zuruckgekehrt in die Hauptstadt und in seine vorherige gehobene Position, setzt er seine Abenteuer mit Frauen fort. Er nimmt Murasaki zu sich und erzieht sie wie sein eigenes Kind, kann aber auch bei ihr nicht der Versuchung widerstehen, sie zu seiner Geliebten zu machen. Er schafft es zeitlebens nicht, einer Dame treu zu bleiben, und beherbergt auch mehrere Damen gleichzeitig in seinem Haus, die oft wirtschaftlich von ihm abhangig sind.

Das Kapitel Otome (Kapitel 21) enthalt eine Beschreibung, wie am Hof zur Unterhaltung musiziert wurde: Bei einer Zusammenkunft der Adligen tragt ein Freund Genjis, der Naidaijin (Lordsiegelbewahrer, Minister), ein improvisiertes Gedicht vor, in dem es heißt, er, der Naidaijin, habe die wagon (Wolbbrettzither) sorgfaltig auf die richtigen Tone gestimmt und mit ihr seine Verse begleitet. Er habe so feinsinnig in bedeutungslosen Silben gesungen, dass er alle anwesenden Damen beeindruckte. [1]

Nach Murasakis Tod scheint Genji seinen Lebenswillen zu verlieren. So dreht sich das Kapitel Maboroshi (Kapitel 41) um seine Gedanken uber die Verganglichkeit. Wie und wann er stirbt, wird in der Geschichte jedoch nicht erlautert; das nachste Kapitel Kumogakure ist ohne Inhalt und wahrscheinlich absichtlich von der Autorin so verfasst worden.

Protagonisten des letzten Viertels des Buchs, der sogenannten ? Uji -Kapitel“, die nach Genjis Tod spielen, sind seine Sohne Niou und Kaoru, von denen nur einer sein leibliches Kind ist. Ihre Geschichte endet jedoch sehr abrupt, ohne Abschluss.

Autorin [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Murasaki Shikibu, nach Tosa Mitsuoki (17. Jahrhundert)

Seit Jahrhunderten sind sich die Gelehrten uneins daruber, ob wirklich alle 54 Kapitel des Genji Monogatari von der gleichen Autorin stammen. Manche glauben, dass die Kapitel ab 33 von Murasakis Tochter geschrieben wurden, andere vermuten einen Autorenwechsel nach dem Tod Genjis, also ab Kapitel 42. Ebenfalls unklar ist, ob die heute erhaltene Fassung vollstandig ist, noch weitere Kapitel existierten oder die Autorin nie ein wirkliches Ende der Geschichte plante. Der einzige handfeste Anhaltspunkt ist ein genau datierbarer Tagebucheintrag in dem so genannten Sarashina Nikki , in dem die Autorin ihrer Freude daruber Ausdruck gibt, eine vollstandige Kopie des Genji Monogatari erhalten zu haben.

Auffallig ist, dass die weibliche Hauptfigur des Buches genauso heißt wie die Autorin . Jedoch hat hier nicht die Autorin die Protagonistin nach sich benannt, sondern es ist umgekehrt: Der wahre Name der Verfasserin ist unbekannt; man weiß nur, dass sie Hofdame der Kaiserin war. Deshalb wurde sie von der Nachwelt Murasaki getauft.

Sprache [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Text aus der fruhesten Version (12. Jahrhundert), heute im Tokugawa-Kunstmuseum in Nagoya .

Obwohl sich das Klassischjapanische des Genji Monogatari weit weniger vom heutigen Japanisch unterscheidet als das Mittelhochdeutsch vom heutigen Deutsch, ist das Buch fur einen heutigen Japaner nahezu unlesbar. Dies liegt neben der komplexen, von Hoflichkeitsformen durchdrungenen Grammatik des alten Japanisch auch daran, dass sehr viele Dinge nur angedeutet werden, einschließlich der Personennamen. Tatsachlich ist fast keine der Personen im Buch benannt, da dies als unhoflich galt. Stattdessen werden die Personen durch ihren Rang (bei Mannern), Verwandtschaftsbeziehungen oder Kleidung (bei Frauen) oder durch vorherige Außerungen in der Konversation identifiziert, wodurch es sehr schwer wird, den Uberblick zu behalten. Eine weitere Komplikation ist die in der Heian-Zeit ubliche idiomatische Verwendung von bekannten Gedichten oder Variationen davon in der Konversation, die oft nur in Bruchstucken wiedergegeben sind. Wer die zitierten alten Gedichte (meist in der Tanka -Form) nicht kennt, kann somit oftmals nicht verstehen, was ein Sprecher aussagen will.

Fur diese Probleme gibt es zwei verbreitete Losungen: Es werden einerseits Originaltexte mit ausfuhrlichen Anmerkungen veroffentlicht, andererseits gibt es auch modernisierte Fassungen, in denen unter anderem die Personen mit Namen versehen werden. Beispielsweise ist Genjis erste Ehefrau per Konvention als Aoi bekannt, nach dem Titel des Kapitels, in dem sie stirbt.

Papierrollen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Tokugawa-Kunstmuseum in Nagoya beherbergt die alteste Fassung des Romans

Die fruhesten noch erhaltenen Versionen sind Papierrollen aus dem 12. Jahrhundert. Der großte Teil wird heute im Tokugawa-Kunstmuseum in Nagoya aufbewahrt, ein kleinerer Teil im Got?-Kunstmuseum in Tokio. Da die Rollen außerst empfindlich sind, liegen sie versiegelt und sind der Offentlichkeit nicht zuganglich. Die Rollen sind Nationalschatze Japans .

Wirkungsgeschichte und Adaptionen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Roman diente als Vorlage fur zahlreiche japanische Illustrationen des 17. Jahrhunderts, die lesende und schreibende Frauen darstellen. [2]

1951 wurde die Geschichte von Genji von Kozaburo Yoshimura verfilmt, mit Kazuo Hasegawa und Michiyo Kogure in den Hauptrollen. 1966 drehte Kon Ichikawa eine weitere moderne Verfilmung.

In der Belletristik ist die Geschichte von Liza Dalby als ?Pflaumenbluten im Schnee“ bearbeitet.

Es gibt auch eine Manga -Adaption des Stoffs mit dem Titel Asakiyumemishi , von Yamato Waki aus dem Jahre 1980. Diese erschien 1992 als Genji Monogatari in Deutschland, wurde aber nach drei Banden eingestellt. Eine indirekte Adaption ist das Videospiel Genji , das 2005 fur die Playstation 2 erschienen ist. Im Jahr 2009 wurde eine 11-teilige Anime-Serie mit dem Namen Genji Monogatari Sennenki: Genji ( 源氏物語千年紀 Genji ) veroffentlicht. Seit 2011 erscheint der Manga Minamoto-kun Monogatari von Minori Inaba, der das Genji Monogatari als Vorlage hat.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ausgaben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ubersetzungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Englisch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Arthur Waley : 6 Bande: 1. The Tale of Genji , 2. The Sacred Tree , 3. The Wreath of Cloud , 4. Blue Trousers , 5. The Lady of the Boat , 6. The Bridge of Dreams . 1925?1933. Erste vollstandige Ubersetzung (außer Kapitel 38) ins Englische, zahlreiche Neuauflagen; Zweitubersetzung ins Deutsche, s. u.
  • Edward Seidensticker : The Tale of Genji . Knopf, 1976.
  • Royall Tyler: The Tale of Genji . Viking, 2002.

Deutsch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Herberth E. Herlitschka : Die Geschichte vom Prinzen Genji, wie sie geschrieben wurde um das Jahr Eintausend unserer Zeitrechnung von Murasaki, genannt Shikiby, Hofdame der Kaiserin von Japan. Zweitubersetzung nach der englischen Ubersetzung von Arther Waley (s. o.). Leipzig 1937; Insel, Frankfurt am Main 1954. (zahlreiche Neuauflagen)
  • Oscar Benl : Die Geschichte vom Prinzen Genji. Altjapanischer Liebesroman aus dem 11. Jahrhundert, verfaßt von der Hofdame Murasaki. Vollstandige Ubersetzung aus dem Japanischen. (= Corona-Reihe der Manesse Bibliothek ). 2 Bande. Manesse, Zurich 1966.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Die Geschichte vom Prinzen Genji  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Eta Harich-Schneider : A History of Japanese Music. Oxford University Press, London 1973, S. 246
  2. Werner Sollors : Schrift in bildender Kunst. Von agyptischen Schreibern zu lesenden Madonnen . transcript Verlag, Bielefeld 2020, ISBN 978-3-8376-5298-7 , S. 11.