In einigen Bundesstaaten der
USA
wurden
Gaskammern
zur
Hinrichtung
von verurteilten Straftatern verwendet. Gaskammern werden auch von der Demokratischen Volksrepublik Korea (
Nordkorea
) eingesetzt. Die Nutzung von Gaskammern fur Hinrichtungen wird von der
Nutzung fur Massenmord
unterschieden.
Die Gaskammern stammen zumeist aus den 1920er und 1930er Jahren. Die Gaskammer wurde zum ersten Mal am 8. Februar 1924 in
Carson City
,
Nevada
, USA, verwendet, als der Chinese Gee Jon dort hingerichtet wurde.
[1]
Ab dem 1. Juni 1956 loste die Gaskammer in
Maryland
Erhangen als Todesstrafe ab.
[2]
Der damalige Gouverneur
Theodore McKeldin
hatte kurz zuvor ein entsprechendes Gesetz unterschrieben. Die erste Vollstreckung in Maryland erfolgte am 29. Juni 1957 an dem zum Tode verurteilten Raubmorder Eddie Lee Daniels.
Am 2. Mai 1960 starb
Caryl Chessman
in der Gaskammer des
San Quentin State Prison
, nachdem seine Hinrichtung zuvor acht Mal verschoben worden war. Als das Gas aufstieg, klingelte das Telefon. Es war die Nachricht, die Hinrichtung zum neunten Mal aufzuschieben. Der leitende Beamte entschied sich aber dafur, weiterzumachen, weil die Hinrichtung zu weit fortgeschritten war, um sie noch zu stoppen.
[3]
Bis zum USA-weiten Vollstreckungsmoratorium, das im Sommer 1967 begann und Anfang 1977 endete, war die Gaskammer in elf Bundesstaaten als Hinrichtungsmethode vorgesehen. Unterdessen haben sechs davon (
Colorado
,
Mississippi
,
Nevada
,
New Mexico
,
North Carolina
,
Oregon
) zur
Giftspritze
als einzige Methode gewechselt. In
Maryland
wurde die Todestrafe 2013 abgeschafft, allerdings nicht ruckwirkend fur bestehende Urteile.
Neben der Giftspritze ist die Gaskammer derzeit noch in funf Bundesstaaten zugelassen, wobei hier unterschiedliche Vorschriften zum Tragen kommen. In
Kalifornien
kann der Verurteilte zwischen Spritze und Gastod wahlen. In
Arizona
konnen vor dem 15. November 1992 Verurteilte zwischen Spritze und Gas wahlen, fur spater Verurteilte ist die Spritze obligatorisch. Eine ahnliche Regelung besteht in
Maryland
: Hier konnen Delinquenten wahlen, die ihr zum Todesurteil fuhrendes Verbrechen vor dem 25. Marz 1994 begangen haben. Fur alle anderen ist dagegen die Giftspritze vorgeschrieben. In
Missouri
bestehen beide Hinrichtungsarten nebeneinander, wobei im Gesetz nicht explizit festgelegt ist, ob im Einzelfall der Verurteilte oder die Staatsgewalt die Methode festlegt. In
Wyoming
ist die Gaskammer nur fur den Fall vorgesehen, dass Gerichte die Giftspritze fur verfassungswidrig erklaren sollten.
Nach der Wiederaufnahme der Hinrichtungen seit 1977 sind insgesamt elf Personen in funf Bundesstaaten (siehe Karte) durch Gas exekutiert worden. Der erste nach Wiederaufnahme der
Todesstrafe
Hingerichtete und bisher einzige im US-Bundesstaat Nevada, der in einer Gaskammer starb, war der 66-jahrige Jesse Bishop. Der bisher letzte Mensch, der in den USA in einer Gaskammer hingerichtet wurde, war am 3. Marz 1999 der wegen Mordes verurteilte Deutsche
Walter LaGrand
im Bundesstaat Arizona. Er konnte zwischen Giftspritze und Gas wahlen und hatte sich fur die Gaskammer entschieden.
[4]
Der
Internationale Gerichtshof
urteilte 2001, dass diese Hinrichtung, die trotz einer einstweiligen Anordnung seitens des IGH vollstreckt wurde, gegen das Volkerrecht verstieß.
[5]
Seit April 2015 ist in
Oklahoma
die Vergasung mit
Stickstoff
(N
2
) dann vorgesehen, wenn keine Giftinjektion moglich ist.
[6]
Die erste Hinrichtung mit Stickstoff in den USA fand 2024 in
Alabama
statt. Der erste Hinrichtungsversuch an
Kenneth Eugene Smith
mit Giftspritze scheiterte. Da Smith ohne Betaubung erst nach einem mehrminutigen Todeskampf starb, kritisierten unter anderem die EU, UN und die US-Regierung das Vorgehen.
[7]
Da weltweit kaum Erfahrung bezuglich der Methode existiert, bezeichneten einige Menschenrechtsaktivisten die Hinrichtung als
Menschenversuch
.
Die Gaskammern der USA sind achteckige stahlerne Kammern mit knapp drei Metern Durchmesser.
Der Verurteilte wird auf einen Stuhl im Inneren der Kammer geschnallt. Der obere Teil ist verglast, so dass die bei der Strafvollstreckung vorgeschriebenen Zeugen die Hinrichtung beobachten konnen. Anschließend wird die gasdichte Tur von außen verschlossen. Per Hebelbetatigung wird unter dem Sitz des Verurteilten eine chemische Reaktion zweier Komponenten ?
Schwefelsaure
und
Kaliumcyanid
(Zyankali) ? ausgelost. Das Zyankali fallt in einen offenen Saurebehalter hinein, was das giftige
Cyanwasserstoffgas
(Blausaure) entstehen und sich verbreiten lasst. Amtliche und geladene Zeugen mussen den gesamten Prozess der Hinrichtung beobachten.
Nach der Vollstreckung bleibt der Hingerichtete noch etwa eine halbe Stunde in der Gaskammer, bevor das Gas abgesogen und frische Luft in den Raum hineingelassen wird. Die restlichen Chemikalien werden mit Wasser verdunnt und in die Kanalisation gepumpt. Daraufhin wird die Kammer geoffnet. Der Raum und der Korper mussen mit
Ammoniak
bespruht werden. Denn auch jetzt ist das Beruhren des Giftes, das sich in der Kleidung sowie auf der Haut des Verurteilten
adsorbiert
hat, lebensgefahrlich. Danach stellt ein Arzt amtlich den Tod fest. Der Tote wird in einem speziellen Plastiksack dem Bestatter ubergeben. Dieser Plastiksack darf nicht mehr geoffnet werden, da der Bestatter sich sonst einer potentiell todlichen Vergiftung (aufgrund
Desorption
) aussetzen wurde.
Im Januar 1937 wurde in Litauen die Hinrichtung mit der Gaskammer eingefuhrt, nachdem zunachst Gift und Starkstrom in Betracht gezogen, aber wieder verworfen worden waren. Zuvor wurden Todesurteile mit dem Strang oder spater
de facto
im militarischen Umfeld durch Erschießung durchgefuhrt. Nachdem es Widerstand der Soldaten gegeben hatte, als Henker eingesetzt zu werden, suchte das Parlament nach einer neuen Methode.
Mehrere Exekutionen mittels Gas in Litauen sind dokumentiert; die genauen Umstande nach der sowjetischen Besetzung ab Juni 1940 sind ungewiss.
Im 2012 geschlossenen
Konzentrationslager Haengy?ng
(auch bekannt als
Camp 22
) existierte eine Gaskammer, in der
zum Tode Verurteilte
vergast wurden.
[8]
Wissenschaftler konnten die Vergasungen durch eine Glasscheibe, die oberhalb der Gaskammer angebracht war, beobachten. Laut dem ehemaligen
Militarattache
der nordkoreanischen
Botschaft
in
Peking
wurden ganze Familien zusammen vergast.
[9]
[10]
Die Gaskammer war 3,5 Meter breit, 3 Meter lang und 2,2 Meter hoch.
[11]
Im
Boston Globe
wurden die Vergasungen in
Nordkorea
mit denen in
Auschwitz
verglichen, was auch im
US-Kongress
besprochen wurde.
[12]
Das
Cyanwasserstoffgas
(HCN) wird eingeatmet; durch den Blutkreislauf wird es im Korper an alle Zellen verteilt und unterbindet die Zellatmung, wodurch nach ca. 60 Sekunden Krampfe ausgelost werden.
[13]
[14]
Durch den Energiemangel (
Adenosintriphosphat
-Mangel) der Korperzellen kommt es zunachst zu Bewusstlosigkeit und dann zum Tod. Die Todeskandidaten verlieren meist nach 15 Sekunden bis zu einer Minute das Bewusstsein, und das Einsetzen von Krampfen wird nicht mehr bewusst wahrgenommen. Wenn der Todeskandidat nicht (wie empfohlen) sofort tief einatmet, versagt der Atemapparat jedoch durch das Gift schneller als das Bewusstsein, weshalb es zu qualvollen Komplikationen kommt. In nicht seltenen Fallen tritt als Nebeneffekt ein, dass das Bewusstsein und damit das Schmerzempfinden des Gefangenen uber einige Minuten hinweg noch erhalten bleiben und dieser starke Schmerzen erleidet, welche vergleichbar mit dem Erstickungstod sein konnen. Als weitere Komplikationen konnen daher sehr schmerzhafte Krampfe oder hohe Adrenalinwerte und Milchsaurekonzentrationen auftreten.
[15]
- ↑
Robert M. Bohm:
DeathQuest: An Introduction to the Theory and Practice of Capital Punishment in the United States
. 4. Auflage, Elsevier 2011,
ISBN 1-4377-3499-5
, S. 135 (
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche).
- ↑
http://articles.baltimoresun.com/1993-11-02/news/1993306212_1_gas-chamber-new-chamber-thanos
Baltimore Sun am 2. November 1993:"A 'neater' way to kill"; Einfuhrung der Gaskammer in Maryland; abgerufen am 7. Mai 2018
- ↑
Peter Maxwill:
Caryl Chessman: Der Mann, der neunmal starb.
Artikel auf
einestages
vom 24. Juni 2013, zuletzt eingesehen 9. Januar 2014.
- ↑
Death Penalty Information Center
(Auswahl ?Methods“: ?Gas Chamber“, dann ?Search by Details“)
- ↑
LAGRAND CASE (GERMANY v. UNITED STATES OF AMERICA)(MERITS).
IGH, 27. Juni 2001,
abgerufen am 21. Dezember 2018
.
- ↑
Oklahoma Gov. Mary Fallin signs bill allowing nitrogen asphyxiation as alternative execution method.
In:
NewsOK.com.
Abgerufen am 29. Marz 2016
(amerikanisches Englisch).
- ↑
Erste Stickstoff-Hinrichtung in den USA.
27. Januar 2024,
abgerufen am 29. Januar 2024
.
- ↑
Yad Vashem Reacts to Gas Chambers in North Korea.
Yad Vashem,
abgerufen am 29. Marz 2016
(englisch).
- ↑
Antony Barnett:
Revealed: the gas chamber horror of North Korea's gulag
. In:
The Guardian
. 31. Januar 2004 (
theguardian.com
[abgerufen am 29. Marz 2016]).
- ↑
Olenka Frenkiel:
'I saw an entire family being killed. They were put in the gas chamber where they all suffocated. The last to die was the youngest son'.
In:
Telegraph.co.uk.
Abgerufen am 29. Marz 2016
.
- ↑
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In:
bbc.co.uk.
Abgerufen am 29. Marz 2016
.
- ↑
Congressional Record: Proceedings and Debatesof the 111th Congress First Session: Vol. 155 Part 8
. Government Printing Office (
google.de
[abgerufen am 29. Marz 2016]).
- ↑
Angaben der verschiedenen Wirkungen einer Cyanidvergiftung in zeitlicher Reihenfolge in der
Abtlg.
Zeitfaktor
im Online-Ratgeber
?Cyanidvergiftung und Rauchgas“
der Firma
Merck Serono
.
- ↑
Bernd Engels,
Carsten Schmuck
, Reinhold Fink,
Tanja Schirmeister
:
Chemie fur Mediziner
. Online Ressource, Pearson Deutschland, Munchen 2008,
ISBN 3-8273-7286-0
, S. 341 (
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche).
- ↑
William Schabas:
The Death Penalty as Cruel Treatment und Torture.
S. 193.