In
Architektur
und
Design
versteht man unter
Funktionalismus
das Zurucktreten rein
asthetischer
Gestaltungs
prinzipien
hinter den die Form bestimmenden
Verwendungszweck
des Gebaudes oder des Gerats. Daher stammt der beruhmte Ausspruch ?
Form follows function
“ (?die Funktion bestimmt die Form“) von
Louis Sullivan
, der der popularen Auffassung entsprang, eine zeitgemaße
Schonheit
in Architektur und Design ergebe sich bereits aus deren Funktionalitat.
Schonheit war im vorindustriellen Zeitalter eng mit Zweckzusammenhangen der Gesellschaft verwoben, z. B. mit sakralen, aber auch profanen Zwecken. Mit der industriellen Produktion emanzipierte sich die Kunst aus Zweckzusammenhangen, wie sich umgekehrt die Nutzlichkeit von der Schonheit emanzipiert. Beim industriell gefertigten Gebrauchsgegenstand wird Schonheit damit zu einem bloßen ?asthetischen Uberschuss“.
[1]
Darauf reagiert der gestalterische Funktionalismus, der die Asthetik der Funktion gegen die illusionistische Dekoration sichtbar machen will, Der Funktionsbegriff war allerdings nach
Andreas Dorschel
von Anfang an mehrdeutig: ?Funktion kann sowohl praktische Funktion bzw. Zweck als auch technische Funktionsweise bzw. Produktionsweise meinen“.
[2]
Die Anfange des Funktionalismus in Design und Architektur reichen zu den asthetischen Theoretikern des 19. Jahrhunderts zuruck (
Lotze
,
Semper
,
Greenough
), werden in Deutschland jedoch erst mit der Grundung des
Deutschen Werkbundes
im Jahr 1907 unter den Schlagworten
Sachlichkeit
und
Zweckform
in den Rang einer kunstlerisch ernstzunehmenden Gestaltungsweise erhoben.
Der Funktionalismus erlangte nach dem Ersten Weltkrieg und nach dem Zwischenspiel des
Expressionismus
unter dem Begriff
Neues Bauen
oder
Neue Sachlichkeit
als gestalterisches Prinzip erneut großere Beachtung. In Schweden setzte sich der Funktionalismus unter anderem infolge der
Stockholmer Ausstellung von 1930
und des Manifests
acceptera
seit den 1930er Jahren durch.
Zum wirklich allgemeinverbindlichen Inbegriff modernen Bauens wurde der Funktionalismus in Deutschland jedoch erst nach dem
Zweiten Weltkrieg
und hat auf diese Weise die Architektursprache des Wiederaufbaus weitestgehend gepragt. Seit Beginn der 1970er Jahre gerat die formale Armut und Unwirtlichkeit der funktionalistischen Planungen (der ?Zweckbau“) zunehmend in das Feld offentlicher Kritik, weshalb die
Postmoderne
in den 1980er Jahren dem Funktionalismus schließlich vollig neue Gestaltungsprinzipien entgegenzusetzen versuchte. In der gewerblichen und Industriearchitektur wie auch bei offentlicher Infrastruktur ist Funktionalismus ? allein aus Finanzierungsfragen heraus ? aber immer vertreten geblieben.
Eine erneute Aktualitat als Gestaltungsprinzip erlangt der Funktionalismus in der Architektur in der zweiten Halfte der 1990er Jahre, nach dem Abebben des sogenannten
Dekonstruktivismus
. In der Architektur abseits der Reprasentationsbauten wird der Ansatz im Laufe der letzten Jahrzehnte wieder dominierend. Stromungen wie
Nachhaltiges Bauen
sind uber das Streben nach minimalem Ressourcen-Einsatz einem funktionalistischen Grundzug ebenso zugeneigt wie
Energieeffizientes Bauen
, in dem die Formgebungen technischen Maßgaben von
Warmedammung
, Besonnung und ahnlichem folgt. Dasselbe gilt fur materialbezogene Fachrichtungen wie den modernen
Holzbau
oder
Lehmbau
, oder Standortalternativen wie
Bauen am Wasser
.
Albrecht Wellmer
betont, dass der Funktionalismus in der Architektur mit den von Ornamenten uberladenen Fassaden des 19. Jahrhunderts aufgeraumt und so einen eklektischen und verlogenen ?Uberbau“ zerstort habe, der eine schlecht proportionierte Architektur nur verdeckte. Damit habe der Funktionalismus die Trostlosigkeit einer darunterliegenden, von der Okonomie diktierten architektonischen und urbanistischen ?Basis“ sichtbar gemacht, jedoch auch die Erinnerungsspuren, an denen sich Veranderungen orientieren konnten, ausgeloscht. Die funktionalistische Modernisierung der westdeutschen Stadte nach dem Zweiten Weltkrieg trage Zuge einer ?Selbstverstummelung“. Die Vorstellung der dem Funktionalismus huldigenden Architekten und Designer, den industriellen Fortschritt ?mit den schwachen Kraften einer asthetischen Aufklarung (zu) humanisieren und domestizieren“, sei immer schon naiv gewesen.
[3]
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(=
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ISBN 3-87355-121-7
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Download als PDF
- Sebastian Muller:
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- ↑
Albrecht Wellmer:
Kunst und industrielle Produktion
, in: Ders.:
Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne.
Frankfurt, 5. Auflage 1993, S. 115.
- ↑
Design und Improvisation: Produkte, Prozesse und Methoden
in der Google-Buchsuche
- ↑
Albrecht Wellmer:
Kunst und industrielle Produktion
, in: Ders.:
Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne.
Frankfurt, 5. Auflage 1993, S. 121 ff.