Front populaire

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Der Front populaire ( franzosisch fur Volksfront ) war die Regierung der vereinigten linken franzosischen Parteien, die zur Zeit der Dritten Republik 1936 an die Macht kam und eng mit der Person des damaligen Premierministers Leon Blum verknupft ist.

Vorgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Italienisch-Athiopische Krieg von 1935, das Eintreten der rechten Parteien fur Italien, vor allem aber der bedrohliche Aufstieg des Faschismus in Europa, zu dessen Vormacht sich in jener Zeit Nazideutschland entwickelte, fuhrte zu einer Annaherung der Linksparteien Section francaise de l’Internationale ouvriere (SFIO) und Parti communiste francais (PCF). Als auch der Parti radical der Regierung die Unterstutzung entzog, war die Bildung einer Volksfrontregierung aus Sozialisten und Kommunisten die logische Konsequenz. Die Partner verkundeten am 12. Januar 1936 ein gemeinsames Programm. Ein letztes Hindernis vor den Wahlen im Mai 1936 wurde mit dem Zusammenschluss der Gewerkschaften CGT und CGTU uberwunden. Nach dem Wahlsieg herrschte in weiten Teilen der Bevolkerung zunachst große Freude. Aber die Hoffnung auf eine sofortige Bildung einer neuen Regierung erfullte sich nicht. Leon Blum, der designierte Ministerprasident, wartete gemaß der Verfassung zunachst das offizielle Ende der Legislaturperiode ab. Dies fuhrte im linken Lager zu massiven Unmutsaußerungen, die schließlich in Massenstreiks ubergingen. Als die neue Regierung am 5. Juni 1936 gebildet wurde, war die Wirtschaft fast vollig lahmgelegt. Dies zwang die Arbeitgeber zu fundamentalen Zugestandnissen gegenuber den Arbeitervertretern, vor allem gegenuber der CGT. Dazu zahlte die Anerkennung der Gewerkschaften, die Einrichtung von Betriebsraten, das Streikrecht, eine betrachtliche Lohnerhohung sowie ein Urlaubsanspruch.

Volksfrontregierung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Regierung aus Sozialisten und Radikalen ( Front populaire ) gehorten keine Minister der PCF an; diese hatte lediglich zugesagt, das Kabinett im Parlament zu unterstutzen. Die Regierung setzte weitere Verbesserungen im Bereich des Arbeitsrechts durch: sie fuhrte 1936 erstmals in der Geschichte die 40-Stunden-Woche und einen gesetzlichen Urlaubsanspruch ein. Fur viele Franzosen gab es im Sommer 1936 zum ersten Mal bezahlten Urlaub. Die Regierung begann daruber hinaus mit der Verstaatlichung der Banque de France , der Eisenbahnen (Entstehung der SNCF ) sowie der Rustungsindustrie. In der Wahrungspolitik stieß die Regierung Blum auf heftigen Widerstand. Die Abwertung des Franc passierte knapp die Legislative; die erhoffte Stabilisierung der Wahrung erwies sich bald als gescheitert. Die Regierung sah sich im Februar 1937 veranlasst, weitere Reformvorhaben vorerst auszusetzen.

Zu einer Belastung der Volksfrontregierung wurde auch die Außenpolitik. Anfangs hatte Blum im Spanischen Burgerkrieg die Republikaner offen unterstutzt. Nach Absprache mit der britischen Regierung kam es dann aber zu einer Wende. Auf die Initiative Blums hin wurde ein Nichteinmischungsabkommen geschlossen, dem Großbritannien, Frankreich, das faschistische Italien und Nazideutschland beitraten. Da Italien und Deutschland ihre Unterstutzung fur Francisco Franco fortsetzten, hatte das Bundnis faktisch eine Schwachung der republikanischen Seite zur Folge. Daraufhin entzog die PCF der Regierung zunachst in der Außenpolitik die Unterstutzung. Auch innen- und finanzpolitisch begannen sich die Fronten zu verharten. Verteidigungsminister Edouard Daladier strebte, unterstutzt von Blum, eine Erhohung der Verteidigungsausgaben an. Unter anderem zur Finanzierung dieser Vorhaben verlangte Blum vollige Handlungsfreiheit in der Finanzpolitik. Ein entsprechendes Gesetz scheiterte am Senat; Dies war Anlass fur das Ende der Regierung Blum und der Volksfrontregierung.

Die Volksfrontregierungen versuchten in den Kolonien durch politische und soziale Reformen den kolonisierten Volkern einen hoheren Lebensstandard und mehr politische Freiheiten zu geben. [1] Der Sozialist Marius Moutet wurde zum Leiter des Kolonialministeriums ernannt und ließ in dieser Position im gesamten Kolonialreich tausende politische Haftlinge freilassen, die Haftbedingungen in den Gefangnissen verbessern, Dossiers der Kolonialpolizei fur ungultig erklaren sowie einheimische Geschworene in den lokalen Gerichten einsetzen. Allein in Franzosisch-Indochina kamen 2028 vietnamesische Gefangene frei. Die daraufhin ausgeloste einheimische Reformbewegung (? Indochinesischer Kongress “) wurde jedoch ein Jahr spater wieder verboten, nachdem sie von den vietnamesischen Kommunisten unterwandert worden war. [2]

Ein offentlichkeitswirksamer Testfall war der Umgang mit den 1936 in Berlin abgehaltenen Olympischen Spielen und der als Protestveranstaltung konzipierten Volksolympiade in Barcelona . Wahrend die Sozialisten als Opposition noch deutlich ihre Ablehnung der Berliner Spiele kundgetan hatten und sich fur die Teilnahme an der Volksolympiade eingesetzt hatten, stellten sie nun im Parlament gleich hohe Mittel fur beide bereit und uberließen es den Verbanden und Sportlern, sich fur die eine oder die andere zu entscheiden. [3] Der Boykott der Olympischen Spiele von 1936 durch Frankreich hatte ein Signal sein konnen, dass die Welt nicht alle Handlungen der Nationalsozialisten bereitwillig hinnimmt. [4]

Kabinette [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Jeremie Berthuin: Das Leben gehort uns! Generalstreik und Fabrikbesetzungen in Frankreich 1936 ; Heiko Grau-Maiwald: Tage der Hoffnung. Die Volksfront in Frankreich. In: Holger Marcks , Matthias Seiffert (Hrsg.): Die großen Streiks ? Episoden aus dem Klassenkampf. Unrast-Verlag, Munster 2008, ISBN 978-3-89771-473-1 , S. 64?72.
  • Stefan Martens : Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende des Vichy-Regimes (1914?1944). In: Ernst Hinrichs (Hrsg.): Kleine Geschichte Frankreichs. Bundeszentrale fur politische Bildung, Bonn 2005, S. 396?398.
  • Georges Dupeux: Le Front populaire et les elections de 1936 (= Cahiers de la Fondation Nationale des Sciences Politiques , Band 99). Librairie Armand Colin, Paris 1959.

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Bruce J. Lockhart, William J. Duiker : Historical Dictionary of the Vietnam War. Oxford 2006, S. 317.
  2. Martin Thomas: The French Empire Between the Wars: Imperialism, Politics and Society. Manchester University Press, 2005, S. 290 f.
  3. Francoise Hache: Der Arbeitersport in Frankreich: zwei Wendepunkte: 1936 und 1981. In: Arnd Kruger , James Riordan (Hrsg.): Der internationale Arbeitersport: der Schlussel zum Arbeitersport in 10 Landern (= Sport, Arbeit, Gesellschaft. Band 23). Pahl-Rugenstein, Koln 1985, ISBN 3-7609-0933-7 , S. 64?81.
  4. Monique Berlioux : Des Jeux et des Crimes. 1936. Le piege blanc olympique. Biarritz 2007, ISBN 978-2-7588-0002-6 .