Wilhelm von Struve
Friedrich Georg Wilhelm Struve
, (seit 1831)
von Struve
, (
kyrillisch
Василий Яковлевич Струве; *
15. April
1793
in
Altona
[1]
; † 11.
jul.
/
23. November
1864
greg.
[1]
in
Pulkowo
bei
Sankt Petersburg
) war ein deutscher
Astronom
und
Geodat
, der im
Baltikum
und in
Russland
arbeitete. Er veroffentlichte bedeutende Arbeiten uber
Doppelsterne
und fuhrte umfangreiche
geodatische
Vermessungen durch. Sein Sohn
Otto Struve
wurde ebenfalls Astronom und sein Nachfolger am
Pulkowo-Observatorium
.
Wilhelm wurde als Sohn von
Jacob Struve
im
holsteinischen
Altona geboren. Seine Bruder waren der spatere Medizinprofessor
Ludwig Struve
und der Philologe
Karl Ludwig Struve
.
1808 begann Wilhelm ein Studium an der
Universitat Dorpat
(heute
Tartu
) in
Estland
, das damals zu Russland gehorte. Er studierte zunachst
Philologie
, wechselte aber nach wenigen Semestern zur
Mathematik
und
Astronomie
. Das Studium schloss Struve 1813 mit der
Promotion
zum Dr. phil. ab. Noch im gleichen Jahr wurde er als
außerordentlicher Professor der Astronomie
und Observator an der
Sternwarte Dorpat
von der Universitat eingestellt.
1815 heiratete er in Altona Emilie Wall (1796 bis 1834), sie entstammt einer
Hugenotten
-Familie und hieß ursprunglich
Valles
[2]
. Das Ehepaar hatte zwolf Kinder, von denen allerdings vier fruh verstarben. Als 1828 sein Bruder Ludwig starb, holte er dessen
Mundel
, den spateren Philologen
Theodor Struve
, zu sich nach Dorpat. Noch im Todesjahr seiner Frau heiratete F.G.W. Struve Johanna Bartels (1807 bis 1867), die Tochter des deutschen Mathematikers
Martin Bartels
; mit ihr hatte er sechs weitere Kinder.
1818 wurde Struve
ordentlicher
Professor und 1820 zum Direktor der Sternwarte Dorpat ernannt. Von 1814 bis 1821 lehrte er auch Mathematik. Als 1839 die neue
Sternwarte in Pulkowo
eingeweiht wurde, ernannte man Struve zu ihrem ersten Direktor.
Vermessungspunkt in Hammerfest
Verlauf des Struve-Bogens
1824 wurde in Dorpat ein sehr leistungsfahiger
Refraktor
von
Fraunhofer
mit 24,4 cm Offnung in Betrieb genommen. In der Folgezeit fuhrte Struve damit intensive Beobachtungen von
Doppelsternen
durch, von denen er eine große Anzahl selbst entdeckte. Von 1824 bis 1837 nahm er
mikrometrische
Messungen an 2.714 Doppelsternen vor. 1827 veroffentlichte er einen Katalog mit Doppelsternen, den
Catalogus novus stellarum duplicium
, 1837 erschien sein Werk
Stellarum duplicium et multiplicium mensurae micrometricae
. In Pulkovo fuhrte er seine Untersuchungen an Doppelsternen fort, wobei ihn sein Sohn Otto unterstutzte. 1843 bestimmte er die
Aberration
des
Lichts
, sowie die
Parallaxe
des hellen Sterns
Wega
im
Sternbild Leier
. 1847 veroffentlichte er Untersuchungen uber den Aufbau der
Milchstraße
in den
Etudes d'astronomie stellaire
.
Neben der Astronomie beschaftigte sich Struve mit der
Geodasie
. Von 1816 bis 1819 hatte er an einer
Triangulation
Livlands
teilgenommen. 1831 veroffentlichte er eine
Beschreibung der Breitengradmessung in den Ostseeprovinzen Russlands
. Nach langeren Vorarbeiten half Struve 1845 maßgeblich mit, die
Russische Geographische Gesellschaft
zu grunden. Er initiierte eine umfangreiche Triangulation, wobei er gemeinsam mit
Carl Tenner
eine Kette von geodatischen
Vermessungspunkten
zwischen
Hammerfest
in
Norwegen
und dem
Schwarzen Meer
errichten ließ, den
Struve-Bogen
.
1829 wurde Struve zum ?Kollegienrat“ und zwei Jahre spater zum ?Wirklichen Staatsrat“ ernannt. Mit dieser Ernennung war auch eine Erhebung in den
Adelsstand
verbunden. 1856 wurde Struve zum
Geheimrat
ernannt.
1862 trat er aus gesundheitlichen Grunden in den Ruhestand. Die Leitung der Sternwarte Pulkowo ubernahm sein Sohn
Otto Struve
.
Wilhelm Struve verstarb am 11.
jul.
/
23. November 1864
greg.
in Pulkowo und wurde auf dem
der Sternwarte benachbarten offentlichen Friedhof
beigesetzt.
[1]
Fur sein Werk wurden ihm zahlreiche Ehrungen zuteil. Er erhielt 1826 die
Goldmedaille der Royal Astronomical Society
und 1827 die
Royal Medal
der
Royal Society
. Im selben Jahr wurde er auswartiges Mitglied der Royal Society.
[3]
1832 wurde er korrespondierendes Mitglied der
Preußischen Akademie der Wissenschaften
und ordentliches Mitglied der
Russischen Akademie der Wissenschaften
in St. Petersburg. Die
Academie des sciences
in Paris nahm ihn 1833 als korrespondierendes Mitglied auf. 1834 wurde er in die
American Academy of Arts and Sciences
, 1835 zum auswartigen Mitglied der Gottinger
Akademie der Wissenschaften
sowie zum Mitglied der
Royal Society of Edinburgh
und 1858 zum Mitglied der
Leopoldina
[4]
sowie zum auswartigen Mitglied der
Bayerischen Akademie der Wissenschaften
gewahlt. Die
Academie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique
nahm ihn im Dezember 1859 als assoziiertes Mitglied auf.
[5]
Im Jahr 1851 wurde ihm der preußischen Orden
Pour le Merite
fur Wissenschaft und Kunste verliehen.
[6]
Zum Gedenken an die Astronomen der Familie Struve wurden ein
Impaktkrater
auf dem
Mond
und der
Asteroid
(768)
Struveana
benannt. Zudem ist er Namensgeber fur den
Pik Vasilija Struve
in der Antarktis.
Aus der Ehe mit seiner ersten Frau Emilie Wall (1796?1834) gingen 12 Kinder hervor, darunter:
Aus der zweiten Ehe mit Johanna Bartels (1807 bis 1867) gingen 6 Kinder hervor, darunter:
Als Politiker und Okonom wurde sein Enkel
Peter Struve
(1870?1944) (Sohn des Bernhard Wilhelm von Struve) bekannt.
Zu seinen Nachfahren gehoren auch die Astronomen
- Observationes astronomicas ... Dorpatensis
. 8 Bande. Schuenmann, Dorpat 1817?1839. (
Digitalisat Band 1
), (
Band 2
), (
Band 3
), (
Band 4
), (
Band 5
), (
Band 7
), (
Band 8
)
- Catalogus novus stellarum duplicium et multiplicium, maxima ex parte in specula Universitatis Caesarea Dorpatensis per magnum telescopium achromaticum Fraunhoferi detectarum
. Schuenmann, Dorpat 1827. (
Digitalisat
)
- Stellarum duplicium et multiplicium mensurae micrometricae
(St. Petersburg, 1837)
- Etudes d'astronomie stellaire
(St. Petersburg, 1847)
Digitalisat
- Stellarum fixarum imprimis duplicium et multiplicium positiones mediae
(St. Petersburg, 1852)
- (C. Pritchard):
Wilhelm Struve.
, in:
Astronomical Register
, Vol. 3 (1865), S. 89?104 (Nachruf, englisch).
- Friedrich Wilhelm August Argelander
:
Friedrich Georg Wilhelm Struve
. In:
Vierteljahrsschrift der astronomischen Gesellschaft
, 1. Jg., Wilhelm Engelmann, Leipzig 1866, S. 31?52.
- Wolfgang R. Dick:
Struve, Wilhelm von.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013,
ISBN 978-3-428-11206-7
, S. 604 (
Digitalisat
).
- Ludwig Stieda
:
Struve, Wilhelm von
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 693?698.
- Fritz Treichel:
Struve, Friedrich Georg Wilhelm (Wassilij Jakolewitsch).
In:
Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon.
Bd. 3. Wachholtz, Neumunster 1974, S. 268?271.
- ↑
a
b
c
N.N.: ?Zum 150. Todestag von Friedrich Georg Wilhelm von Struve“. In:
zfv ? Zeitschrift fur Geodasie, Geoinformation und Landmanagement
, 139. Jg., Nr. 6/2014,
ISSN
1618-8950
, S. n-94.
- ↑
Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft 1904,
S.642
- ↑
Eintrag zu
Struve, Friedrich Georg Wilhelm (1793 - 1864)
im Archiv der
Royal Society
, London
- ↑
Holger Krahnke:
Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751?2001
(=
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen, Philologisch-Historische Klasse.
Folge 3, Bd. 246 =
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.
Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2001,
ISBN 3-525-82516-1
, S. 235.
- ↑
Academicien decede: Friedrich Georg Wilhelm Struve.
Academie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique,
abgerufen am 2. Marz 2024
(franzosisch).
- ↑
Orden Pour le Merite fur Wissenschaft und Kunste