Frieden von San Stefano

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In diesem Haus wurde 1878 der Frieden von San Stefano unterzeichnet.

Der Frieden von San Stefano (auch Vorfrieden von San Stefano , heute Ye?ilkoy im Westen Istanbuls am Marmarameer ) beendete am 19. Februar jul. / 3. Marz   1878 greg. den Russisch-Turkischen Krieg 1877?1878 . Im Zuge des Krieges kam es zur Unabhangigkeit Bulgariens . Aus diesem Grund begeht man in Bulgarien den 3. Marz als Nationalfeiertag .

Die aufstandischen Gebiete wahrend des Aprilaufstands von 1876
Auf der Konferenz von Konstantinopel projektierte Grenzen Bulgariens

Nachdem das Osmanische Reich 1876 einen Aufstand in Bulgarien blutig niedergeschlagen hatte und zudem serbisch-bosnische Rebellen gegen die osmanische Herrschaft ein Hilfeersuchen an Serbien gerichtet hatten, erklarten das Furstentum Serbien und das Furstentum Montenegro dem Osmanischen Reich den Krieg ( Serbisch-Osmanischer Krieg ).

Um die panslawistischen Ambitionen Russlands zu verhindern, berief 1876 der damalige britische Premierminister Lord Disraeli die Konferenz von Konstantinopel ein, die sich mit der Zukunft der Balkanvolker befasste. Dabei schlugen die europaischen Politiker eine Reihe von Reformen im Osmanischen Reich vor. In Bezug auf Bulgarien wurden die Moglichkeit der Autonomie und die Grenzen einer oder mehrerer kunftiger autonomer bulgarischer Provinzen innerhalb des Osmanischen Reiches diskutiert. Sultan Abdulhamid II. weigerte sich jedoch, die Vorschlage insgesamt anzunehmen.

Russland unterstutzte die ?slawischen Brudervolker“ im Zeichen des Panslawismus inoffiziell; um direkt eingreifen zu konnen, musste es sich aber mit dem Deutschen Reich und Osterreich-Ungarn verstandigen.

Bismarck vermied es, Partei zu ergreifen, also verstandigte sich Russland mit Osterreich-Ungarn am 15. Januar 1877 im Vertrag von Budapest : Russland sicherte zu, keinen großslawischen Staat auf dem Balkan zu schaffen, Osterreich sollte das Recht zur Besetzung Bosniens und der Herzegowina bekommen und sich dafur neutral verhalten.

Friedensschluss

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Bulgarien; Grenzen nach dem Frieden von San Stefano (3. Marz 1878) und dem Berliner Kongress (Juni 1878).

Im folgenden russisch-turkischen Krieg eroberte Russland praktisch den gesamten europaischen Teil des Osmanischen Reiches, lediglich Konstantinopel wurde aus Rucksicht auf die anderen europaischen Machte nicht eingenommen. Da sich Großbritannien und Frankreich in diesem enormen russischen Machtzuwachs in ihren Interessen beeintrachtigt sahen, schickten sie ihre Mittelmeerflotten an die Meerengen, um Prasenz zu zeigen. Russland bemuhte sich daraufhin, im Frieden von San Stefano schnell klare Verhaltnisse zu schaffen, und das Osmanische Reich musste auf die russischen Maximalforderungen eingehen.

Fur das Russische Reich unterzeichneten den Vertrag Nikolai Ignatjew , ehemaliger russischer Botschafter in Konstantinopel und Alexander Nelidow , Leiter der diplomatischen Abteilung der russischen Balkanarmee. Fur das Osmanische Reich unterschrieben Mehmed Esad Safvet Pa?a , Sekretar des Sultans sowie Sadullah Pa?a . [1]

Der Frieden von San Stefano bestimmte die sofortige Unabhangigkeit von Serbien, Montenegro und Rumanien . Bulgarien sollte neben den Vilayet Tuna , um die osmanischen Provinz Edirne sowie große Teile der Landschaft Makedonien bis an die Agais , die Teil der Provinzen Saloniki , Manastır und Prizren waren, ausgedehnt werden. Der neugeschaffene bulgarische Staat sollte zwei Jahre unter russischer Besatzung stehen und anschließend ein autonomes, aber dem Osmanischen Reich tributpflichtiges Furstentum werden. Russland sollte in Europa Teile von Bessarabien (fur die Rumanien mit der Dobrudscha entschadigt werden sollte) und in Kleinasien Teile von Armenien sowie die osmanischen Provinzen Kars , Batum und Ardahan erhalten.

Auszug aus dem Vorfrieden von San Stefano

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Der Vorfriede von San Stefano wurde in franzosischer Sprache unterschrieben. [2]

Artikel 1., 3., 5. ?Serbien, Montenegro, Rumanien, durch thrakisches Gebiet vergroßert, sollen unabhangige Staaten werden.“

Artikel 6. ?Bulgarien, mit Ostrumelien und Makedonien bis ans Agaische Meer ausgedehnt, soll als autonomes und der Turkei tributpflichtiges Furstentum, 2 Jahre von den Russen besetzt bleiben“

Artikel 7. ?Bulgarien ist Wahlfurstentum, kein Mitglied einer regierenden Dynastie der europaischen Großmachte kann ?Furst von Bulgarien“ werden. Fur die Wahl ist die Konfirmation der Pforte und die Genehmigung der Machte erforderlich.“

Artikel 12. ?Die Donaufestungen sind zu schleifen; keine Kriegsschiffe, nur Flußpolizeischiffe sind auf der Donau erlaubt“

Artikel 19. ?Kriegsentschadigung von 1400 Millionen Rubel sind durch die Turkei an Rußland zu zahlen; sie konnen durch Gebietsabtretungen (Sandschak von Toultscha [3] , Ardahan , Kars , Batumi , Bayazet ) (= 1100 Millionen Rubel) abgegolten werden.“

Artikel 21. ?Optionsklausel fur die Einwohner abgetretener Gebiete“

Artikel 22. ?Schutz der russ. Monche in der Turkei und auf dem Berge Athos. Das offizielle Schutzrecht ist der kaiserl. Botschaft und den russ. Konsulaten in der Turkei zuerkannt.“

Artikel 24. ?Der Bosporus und die Dardanellen bleiben, in Kriegs- wie in Friedenszeiten, den Handelsschiffen neutraler Staaten geoffnet.“

Revision durch Berliner Kongress

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Die europaischen Machte wollten diesen Diktatfrieden aber nicht akzeptieren. Mit der Schaffung des großbulgarischen Furstentums hatte Russland den Vertrag von Budapest mit Osterreich-Ungarn gebrochen, das daher eine Revision des Vertrags von San Stefano forderte. Auch Großbritannien wollte unbedingt verhindern, dass Russland ? wie in San Stefano festgelegt ? uber den Satellitenstaat Bulgarien Zugang zum Mittelmeer erhielt, und versprach dem Osmanischen Reich in der Konvention zur Verteidigungsallianz zwischen Großbritannien und der Turkei [4] in Istanbul vom 4. Juni 1878 gegen die Abtretung von Zypern Beistand.

Die drohende Kriegsgefahr konnte durch die Einberufung des Berliner Kongresses gebannt werden, der den Frieden von San Stefano praktisch komplett zu Lasten Russlands und Bulgariens revidierte.

  • Wolfgang J. Mommsen : Das Zeitalter des Imperialismus . Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1969, ( Fischer-Weltgeschichte 28).
Commons : Treaty of San Stefano  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. http://www.dariknews.bg/view_article.php?article_id=677758
  2. Zum Inhalt vergleiche den Artikel Praliminarfriede von San Stefano in: Konferenzen und Vertrage. Vertrags-Ploetz. Handbuch der geschichtlich bedeutsamen Zusammenkunfte und Vereinbarungen. Teil II. 1493 ? 1952 . Bearbeitet von Helmuth Ronnefahrt. Bielefeld: A. G. Ploetz Verlag, 1953, S. 351f
  3. vgl. Vilayet Tuna
  4. Artikel 1 der Konvention