Frida Leider
(*
18. April
1888
in
Berlin
; †
4. Juni
1975
in
West-Berlin
) war eine
hochdramatische Sopranistin
und eine der bedeutendsten Opernsangerinnen der 1920er und 1930er Jahre.
Frida Leider stammte aus einfachen Verhaltnissen, ihr Vater war Zimmermann. Trotzdem erhielt sie zunachst eine gute Schulbildung an einer
Handelsschule
. Die weitere Ausbildung scheiterte aber durch den fruhen Tod des Vaters, weshalb sie als Bankangestellte arbeitete und nur in ihrer Freizeit Gesangsunterricht bei verschiedenen Lehrern nehmen konnte und im Chor sang.
Ihr erstes Engagement erhielt sie 1915 am Stadttheater von
Halle
, wo sie als
Venus
im
Tannhauser
debutierte. In den Folgejahren fuhrte sie ihr Weg uber Rostock und Konigsberg an die
Hamburgische Staatsoper
, wo sie von 1919 bis 1923 fest engagiert war. In dieser Zeit wurde sie bekannt, machte ihre ersten Schallplattenaufnahmen und erarbeitete sich ein breites Repertoire (u. a. die
Donna Anna
im
Don Giovanni
, die
Leonore
in
Fidelio
, die
Norma
, die
Aida
, vor allem aber die großen
Wagner
-Partien wie die
Isolde
und die
Brunnhilde
).
1921 gastierte sie erstmals als
Isolde
an der
Staatsoper
ihrer Heimatstadt Berlin, die ab 1923 ihr Stammhaus wurde und der sie wahrend ihrer ganzen Karriere eng verbunden blieb. Von Berlin aus fuhrten sie nun regelmaßige Gastspiele an die großen Opernhauser der Welt, u. a. das
Royal Opera House Covent Garden
in London (von 1924 bis 1938 jedes Jahr), an die
Wiener Staatsoper
(ab 1924), die
Mailander Scala
(ab 1927), das
Nationaltheater Munchen
, die
Pariser Opera
, das
Teatro Colon
in
Buenos Aires
, nach Chicago, Zurich, Stockholm usw. Auch an der
Metropolitan Opera
in
New York
(Antrittsrolle:
Isolde
) trat sie in der Saison 1933/34 in 20 Vorstellungen von funf Wagner-Rollen auf. Daneben sang sie auch bei den Wagnerfestspielen in der
Zoppoter Waldoper
(1924, 1925, 1927) und den
Bayreuther Festspielen
(1928 bis 1938). In dieser Zeit galt sie als gesuchteste Wagnersangerin der Welt.
In Deutschland allerdings wurde ihre Situation im Verlauf der 1930er-Jahre immer schwieriger, weil ihr Ehemann, einer der Konzertmeister der Berliner Staatsoper, Professor
Rudolf Deman
(1880?1960), Jude war, und sie eine im nationalsozialistischen Deutschland geforderte Scheidung ablehnte. Fur ihre weiteren glanzvollen Auftritte in Adolf Hitlers Bayreuth wurde sie im Ausland stark kritisiert. Nach der
Reichspogromnacht
1938 konnte Deman, der seine Karriere in Deutschland aufgeben musste, in die Schweiz fliehen. Leider selbst blieb in Deutschland bei ihrer Mutter, sie ließ sich unter dem Druck der
Rassengesetze
scheiden. Das Ehepaar nahm aber 1946, nach Demans Ruckkehr aus dem Exil, die eheliche Gemeinschaft wieder auf.
[1]
Sie stand 1942 zum letzten Mal auf der Opernbuhne. Danach gab sie nur noch Liederabende.
Nach Kriegsende hatte die Sangerin zwar die Moglichkeit gehabt, wieder auf der Buhne zu singen, sie entschied sich aber dagegen und ubernahm stattdessen von 1945 bis 1952 die Leitung des Gesangsstudios der Staatsoper. Daneben begann sie damit, Regie zu fuhren, u. a. bereits 1945 bei
Engelbert Humperdincks
Hansel und Gretel
und 1947 in einer von
Wilhelm Furtwangler
dirigierten Inszenierung von
Tristan und Isolde
. Von 1948 bis 1958 hatte sie außerdem eine Professur an der Berliner Musikhochschule inne. Vom
entnazifizierten
Opportunisten
Heinz Tietjen
wurde sie wegen ihrer Anpassung in der
Zeit des Nationalsozialismus
offentlich geschmaht.
[2]
Am 16. Januar 1946 trat Leider im Berliner
Admiralspalast
zusammen mit der
Altistin
Margarete Klose
zum letzten Mal auf.
1959 veroffentlichte die Sangerin ihre Memoiren unter dem Titel:
Das war mein Teil ? Erinnerungen einer Opernsangerin
. Danach zog sie sich aus der Offentlichkeit weitgehend zuruck.
Frida Deman-Leider starb 1975 im Alter von 87 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde sie neben ihrem 1960 verstorbenen Gatten auf dem
Friedhof Heerstraße
im
Bezirk Charlottenburg
im heutigen Ortsteil
Berlin-Westend
.
[3]
Auf Beschluss des
Berliner Senats
ist die letzte Ruhestatte von Frida Deman-Leider (Grablage: Feld 19-N-26/27) seit 1978 als
Ehrengrab des Landes Berlin
gewidmet. Die Widmung wurde 1999 um die ubliche Frist von zwanzig Jahren verlangert.
[4]
Um den kunstlerischen Nachlass der Sangerin kummert sich heute die Frida-Leider-Gesellschaft mit Sitz in Berlin.
Schallplatten erschienen bei Grammophon (Berlin 1921?26) und Electrola (Berlin 1927?28, London 1929?31 sowie Berlin 1941). 1942 entstanden weitere Liedaufnahmen bei Electrola, die jedoch unveroffentlicht blieben.
- Sie wurde am 18. Oktober 1933 von Konig
Christian X.
von Danemark mit der danischen Verdienstmedaille
Ingenio et arti
ausgezeichnet.
[5]
- Am 23. Oktober 1968 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
Frida Leider verfugte uber ein sehr großes, vielseitiges Repertoire. Sie sang nicht nur Rollen in Wagner-Werken, sondern fuhrte auch Werke von Verdi und Mozart auf, ?um ihre Stimme nicht zu einseitig zu belasten.“
[6]
Sie bildete einen ganz eigenen Wagner-Stil aus, ?der stilistische Elemente des Belcanto einbezog. Sie erzielte damit eine Geschmeidigkeit des Tons und Farbigkeit des Timbres, die ihren Weltruhm als Wagner-Sangerin begrundeten und bis heute als vorbildlich, aber unerreicht gelten.“
[6]
- Das war mein Teil ? Erinnerungen einer Opernsangerin.
Herbig, Berlin 1959. (Autobiografie)
- Playing my part.
Calder and Boyars, London 1966. (Englische Ubersetzung der Autobiografie, Diskografie)
- Das war mein Teil.
Henschel, Berlin (DDR) 1981. (Leicht gekurzte Ausgabe mit einem zusatzlichen Text Leiders
Aus dem Nachlaß
von 1973, Diskografie)
- Rolf Badenhausen
:
Leider, Frida.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985,
ISBN 3-428-00195-8
, S. 135 f. (
Digitalisat
).
- Frida Leider: Eine preußische Isolde
. In:
Josef Muller-Marein
, Hannes Reinhardt:
Das musikalische Selbstportrait.
Nannen, Hamburg 1963
- Desmond Shawe-Taylor
:
Frida Leider
. In
Opera
, 1988
- Jakob Vieten:
Frida Leider ? Discographie
. In:
Stimmen die um die Welt gingen
, Heft 48, Munster 1995
- Karl-Josef Kutsch
,
Leo Riemens
:
Großes Sangerlexikon
.
Dritte, erweiterte und aktualisierte Auflage. Berlin 2000
- Eva Rieger
:
Frida Leider ? Sangerin im Zwiespalt ihrer Zeit
. Unter Mitarbeit von Peter Sommeregger. Vorwort
Stephan Mosch
. Olms, Hildesheim 2016,
ISBN 978-3-487-08579-1
- Peter Sommeregger:
Artikel ?Frida Leider“
. In:
MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Prasentationen
, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule fur Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 4. Marz 2010.
- ↑
Peter Sommeregger:
Frida Leider
in:
http://mugi.hfmt-hamburg.de/A_lexartikel/lexartikel.php?id=leid1888
.
- ↑
Marianne Zelger-Vogt:
Wagner als Bestimmung und Verhangnis.
In:
NZZ
.
8. Oktober 2016,
S. 22
;
abgerufen am 27. Januar 2022
(Rezension).
- ↑
Hans-Jurgen Mende
:
Lexikon Berliner Begrabnisstatten
. Pharus-Plan, Berlin 2018,
ISBN 978-3-86514-206-1
. S. 485.
- ↑
Ehrengrabstatten des Landes Berlin (Stand: November 2018)
.
(PDF, 413 kB) Senatsverwaltung fur Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 15; abgerufen am 8. November 2019.
Vorlage ? zur Kenntnisnahme ? uber die Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstatten namhafter und verdienter Personlichkeiten als Ehrengrabstatten Berlins
.
(PDF; 145 kB) Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 13/4050 vom 23. August 1999, S. 2; abgerufen am 8. November 2019.
- ↑
For videnskab og kunst medaljen Ingenio et arti.
In:
Litterære priser, medaljer, legater mv.
litteraturpriser.dk,
abgerufen am 5. Dezember 2021
(danisch).
Liste der Empfanger Ingenio et arti.
- ↑
a
b
Peter Sommeregger:
Artikel ?Frida Leider“
. In:
MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Prasentationen
, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule fur Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 4. Marz 2010 [Abschnitt: Wurdigung].