Freie Tonalitat

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Freie Tonalitat bezeichnet eine Tonalitat , die sich nicht an das System der Dur-Moll-Tonalitat gebunden fuhlt, andererseits noch nicht als rein atonal bezeichnet werden kann. Die Ubergange von der Tonalitat zu einer volligen Atonalitat sind fließend.

Ende des 19. Jahrhunderts fuhrten Chromatik und immer komplexere Akkorde zur Auflosung der traditionellen Tonalitat. Es wurde sowohl vom Horeindruck als auch in der Analyse einer Partitur schwieriger, Klange noch als funktionsharmonische Abfolge einzuordnen. [1]

Die Bezeichnung freie Tonalitat wird z. B. auf eine Schaffensperiode Arnold Schonbergs angewandt, die eine Ubergangsphase zwischen seinen spatromantisch -tonalen Fruhwerken und der ab op.  11 praktizierten freien Atonalitat darstellt. Hierzu gehoren die 1. Kammersymphonie und das 2. Streichquartett, die seinerzeit zu kontroversen Reaktionen des Publikums und der Kritik fuhrten. [2] Diese Werke werden zwar noch im bisher ublichen Sinne einer Dur- oder Molltonart zugeordnet, zeigen jedoch in ihrer musikalischen Struktur eine weitgehende Loslosung von tonartlichen Fixierungen.

Wahrend Schonberg sich von der herkommlichen Tonalitat uber die Zwischenstufen der ?freien Tonalitat“ und ?freien Atonalitat“ zur ?strengen Atonalitat“ der Zwolftonmusik entwickelte, hielt sein ?Haupt-Widersacher“ Paul Hindemith an der Tonalitat fest und stellte in seiner Unterweisung im Tonsatz ein tonales System vor, das nicht mehr auf den traditionellen Dur- und Molltonarten basiert, sondern auf Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der chromatischen Tonleiter. Welche Bedeutung Hindemith seinem System beimaß, zeigt, dass er es in einem dem Wohltemperierten Klavier nachempfundenen Werk ( Ludus tonalis ) ?verherrlichte“. Rein formal außert sich Hindemiths freie Tonalitat im Fehlen jeglicher Vorzeichnung in seinen Partituren.

Weitere Komponisten der Klassischen Moderne

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Neben den vorgenannten Beispielen sind Werke weiterer namhafter moderner Komponisten an der Grenze zwischen Tonalitat und Atonalitat zu verorten, so etwa diejenigen Prokofjews, Schostakowitschs, Skrjabins und Ornsteins.

Im Jazz wird der Begriff freie Tonalitat ebenfalls in der Beschreibung und Analyse moderner Spielformen wie derjenigen des Free Jazz genutzt, bei denen sich die Tonalitat auflost, [3] ohne dass dies zu einer reinen Atonalitat fuhrt. Andererseits betonen Autoren dort die Wurzeln diverser Auflosung schon in fruhen Formen des Jazz wie im Swing und im New Orleans . [4]

Einzelnachweise

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  1. Werner Sobotzik: Artur Schnabel und die Grundfragen musikalischer Interpretationspraxis . BoD ? Books on Demand, 2005, ISBN 978-3-8334-3021-3 , S.   16? ( google.de ).
  2. Hermann Maletz: Leidenschaft? Neue Musik: uber Klange, Laute, Zeichen bis zu Jazz und Pop . LIT Verlag Munster, 2011, ISBN 978-3-643-11398-6 , S.   11? ( google.de ).
  3. Lol Henderson, Lee Stacey: Encyclopedia of Music in the 20th Century . Routledge, 2014, ISBN 978-1-135-92946-6 , S.   422? ( google.de ).
  4. Joachim-Ernst Berendt, Gunther Huesmann : Das Jazzbuch: Fortgefuhrt von Gunther Huesmann . Fischer E-Books, 2009, ISBN 978-3-10-400006-0 , S.   81 ( google.de ).