Franz Brentano

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Franz Brentano

Franz Clemens Honoratus Hermann Josef Brentano (* 16. Januar 1838 im damals schon aufgelosten Kloster Marienberg bei Boppard am Rhein ; † 17. Marz 1917 in Zurich ) war ein deutscher Philosoph , Psychologe und Begrunder der Aktpsychologie . Ursprunglich katholischer Priester, verließ Brentano aus Protest gegen die Verkundigung des Dogmas von der Unfehlbarkeit des Papstes die Kirche und hat dann als konfessionsloser Professor in Wien auf die junge Philosophengeneration nachhaltig eingewirkt. Zu seinen Horern zahlten unter anderem Edmund Husserl , Toma? Garrigue Masaryk und Sigmund Freud .

Die Familie Brentano stammte ursprunglich aus der Lombardei , lebte aber seit mehreren Generationen in Deutschland. Franz Brentanos Eltern waren der Schriftsteller Christian Brentano und dessen Ehefrau Emilie Brentano , geborene Genger. Ein Bruder war der Wirtschaftswissenschaftler und Sozialreformer Lujo Brentano . Clemens Brentano und Bettina von Arnim , die zu den bedeutendsten Personlichkeiten der deutschen Romantik gezahlt werden, waren Onkel und Tante vaterlicherseits.

Von Theodor Georgii geschaffene Buste Brentanos im Arkadenhof der Universitat Wien

Franz Brentano wuchs in Aschaffenburg auf und studierte in Munchen , Wurzburg , Berlin und Munster . Seine Dissertation uber den Begriff des ? Seienden “ bei Aristoteles legte er in Tubingen vor.

Nach seiner Habilitation in Wurzburg 1866 lehrte Brentano dort Philosophie . Neben Philosophie hatte er auch Theologie studiert und wurde 1864 zum Priester geweiht. Im Vorfeld des Ersten Vatikanischen Konzils engagierte er sich auf hochster kirchlicher Ebene gegen die Kanonisierung der papstlichen Unfehlbarkeit ; er hatte aber bereits 1870 wegen der Problematik der Dogmen der Trinitat und der Inkarnation sowie der absoluten Forderung zu glauben den romisch-katholischen Glauben aufgegeben. Nach langerem Zogern, auch aus Rucksicht auf seine fromme Mutter, zog er die Konsequenz und legte 1873 sein Priesteramt nieder. Er beendete auch seine Lehrtatigkeit in Wurzburg und wurde 1874 als Professor fur Philosophie nach Wien berufen. Da er infolge seiner Priesterweihe nach osterreichischem Recht nicht heiraten konnte, wurde er sachsischer Staatsburger in Leipzig , um heiraten zu konnen. Er musste dennoch auf die Professur verzichten. 1879 trat er aus der Kirche aus. Das war in Osterreich erst seit kurzem, namlich durch Gesetz vom 25. Mai 1868 ermoglicht worden. 1880 trat er von der Professur zuruck. Er blieb jedoch bis 1895 als Privatdozent in Wien.

Am 27. Juni 1888 wurde sein Sohn Johann Michael (Giovanni) geboren (gestorben 1969). Nach dem Tod seiner Gattin Ida Lieben (17. Mai 1852 bis 13. Marz 1894) aus der osterreichischen Bankiersfamilie Ignatz Lieben (1809?1877) zog er aus dem Palais Todesco in Wien, Ringstraße, aus und ubersiedelte 1895 nach Florenz . 1897 heiratete er in zweiter Ehe Emilie Rueprecht . Ab 1903 verlor er langsam sein Augenlicht . Er erwarb die Klostertaverne von Schloss Schonbuhel in der Wachau als zeitweiligen Feriensitz. Nach dem Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg floh er 1915 nach Zurich , wo er nach zwei Augenoperationen erblindete und am 17. Marz 1917 an einer Blinddarminfektion starb. Zunachst in Zurich beigesetzt, wurden seine Gebeine auf Wunsch der Familie 1953 exhumiert, eingeaschert und seine Urne in der Familiengruft auf dem Altstadtfriedhof in Aschaffenburg ( Unterfranken ) beigesetzt.

Seit 1914 war er korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften . [1]

Brentano verband die Philosophie eng mit der Psychologie , die fur ihn die Grundwissenschaft schlechthin war. Er war Begrunder der Aktpsychologie , die unter anderem auch Edmund Husserl , Alexius Meinong , William McDougall , Sigmund Freud und Carl Stumpf beeinflusste. Sie zahlen zur sogenannten Brentanoschule . Besonders in Prag wurden seine Lehren von den Dozenten der Karls-Universitat weitergetragen und in Clubs wie dem Cafe Arco und im Louvre-Zirkel von vielen Anhangern wie Emil Utitz besprochen. Wie auch andere Philosophen trat z. B. Felix Weltsch , ein enger Freund von Max Brod und Franz Kafka , Brentanos Lehren eher kritisch gegenuber und vertrat Ansichten von Christian von Ehrenfels . Ebenso kehrte sich Meinong spater von Brentano ab, da er eine andere Auffassung des psychischen Begriffs ? Intentionalitat “ vertrat. Einer seiner bedeutendsten Schuler war Toma? Garrigue Masaryk . Starken Einfluss ubte das Werk von Brentano auf den jungen Martin Heidegger aus.

  • Aristoteles und seine Weltanschauung. (= Philosophische Bibliothek. Band 303). Meiner, Hamburg 1977, ISBN 3-7873-0401-0 .
  • Aristoteles und seine Weltanschauung. Leipzig 1911.
  • Aristoteles’ Lehre vom Ursprung des menschlichen Geistes. Leipzig 1911.
  • Das Genie. Vortrag gehalten im Saale des Ingenieur- und Architektenvereins in Wien. Verlag Duncker & Humblot, Leipzig 1892.
  • Das Schlechte als Gegenstand dichterischer Darstellung. Vortrag, gehalten in der Gesellschaft der Litteraturfreunde zu Wien. Verlag Duncker & Humblot, Leipzig 1892.
  • Die Abkehr vom Nichtrealen. Briefe und Abhandlungen aus dem Nachlaß . (= Philosophische Bibliothek. Band 314). Meiner, Hamburg 1966, ISBN 3-7873-0432-0 .
  • Die Psychologie des Aristoteles, insbesondere seine Lehre vom nous poietikos. Verlag Franz Kirchheim, Mainz 1867.
  • Die vier Phasen der Philosophie und ihr augenblicklicher Stand. Stuttgart 1895.
  • Geschichte der griechischen Philosophie. Hrsg. von Franziska Meyer-Hillebrand. 2., verbesserte Auflage. (= Philosophische Bibliothek. Band 313). Meiner, Hamburg 1988, ISBN 3-7873-0694-3 .
  • Geschichte der Philosophie der Neuzeit. Hrsg. von Klaus Hedwig. (= Philosophische Bibliothek. Band 359). Meiner, Hamburg 1987, ISBN 3-7873-0678-1 .
  • Grundzuge der Asthetik. Hrsg. von Franziska Mayer-Hillebrand. 2. Auflage. (= Philosophische Bibliothek. Band 312). Meiner, Hamburg 1988, ISBN 3-7873-0738-9 .
  • Kategorienlehre. Hrsg. von Alfred Kastil . (= Philosophische Bibliothek. Band 203). Meiner, Hamburg 1985, ISBN 3-7873-0011-2 .
  • Meine letzten Wunsche fur Osterreich. In: Neue Freie Presse. 2./5./8. Dezember 1894.
  • Neue Rathsel. Verlag von Gerold’s Sohn, Wien 1879. (veroffentlicht unter dem Pseudonym Aenigmatias)
  • Philosophische Untersuchungen zu Raum, Zeit und Kontinuum. Hrsg. und eingeleitet von Stephan Korner und Roderick M. Chisholm. (= Philosophische Bibliothek. Band 293). Meiner, Hamburg 1976, ISBN 3-7873-0356-1 .
  • Psychologie vom empirischen Standpunkt. Leipzig 1874, Neuauflage 1911. (Wiederauflage: Ontos, ISBN 978-3-938793-41-1 )
  • Uber Aristoteles. Hrsg. von Rolf George. (= Philosophische Bibliothek. Band 378). Meiner, Hamburg 1986, ISBN 3-7873-0631-5 .
  • Uber die Zukunft der Philosophie. Holder Verlag, Wien 1893.
  • Ueber die Grunde der Entmuthigung auf philosophischem Gebiete. Ein Vortrag gehalten beim Antritte der philosophischen Professur an der k.k. Hochschule zu Wien. Verlag Braumuller, Wien 1874.
  • Untersuchungen zur Sinnesphysiologie. Hrsg. von Roderick M. Chisholm und Reinhard Fabian. 2. Auflage. (= Philosophische Bibliothek. Band 315). Meiner, Hamburg 1979, ISBN 3-7873-0444-4 .
  • Untersuchungen zur Sinnespsychologie. Leipzig 1907.
  • Vom Dasein Gottes. Mit Einleitung und Anmerkungen hrsg. von Alfred Kastil. (= Philosophische Bibliothek. Band 210). Meiner, Hamburg 1929. (Nachdruck: 1968)
  • Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis. Verlag Duncker & Humblot, Leipzig 1889.
  • Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles. Herder, Freiburg im Breisgau 1862.
  • Wahrheit und Evidenz. Meiner, Hamburg 1974.
  • Was fur ein Philosoph manchmal Epoche macht. Wien/Pest/Leipzig 1876.

Einzelnachweise

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  1. Mitglieder der Vorgangerakademien. Franz Clemens von Brentano. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften , abgerufen am 2. Marz 2015 .
Commons : Franz Brentano  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Franz Brentano  ? Quellen und Volltexte