Die franzosische Verfassung von 1791
Die
franzosische Verfassung von 1791
, von der
Verfassunggebenden Nationalversammlung
am 3. September 1791 verabschiedet, entstand im Zuge der
Franzosischen Revolution
. Mit ihr wurde das
revolutionare Frankreich
von einer
absoluten
in eine
konstitutionelle Monarchie
umgewandelt, die allerdings nur rund ein Jahr Bestand hatte (siehe
Zeittafel zur Franzosischen Revolution
). Die im August 1789 verabschiedete
Erklarung der Menschen- und Burgerrechte
wurde ihr vorangestellt. Die Verfassung von 1791 atmet ?ausgepragt den burgerlichen Geist, der in der
Aufklarungsbewegung
zu politischem Selbstbewusstsein erwacht war“.
[1]
Der Konig wurde zu einem Organ der Verfassung, die seine Macht stark einschrankte. Er stand nun nicht mehr uber dem Gesetz (Kap. II, Abschnitt 1, Art. 3) und musste einen Eid leisten, der Nation und dem Gesetze treu zu sein (Kap. II, Abschnitt 1, Art. 4). Sein Privatbesitz wurde zu Staatseigentum erklart (Kap. II, Abschnitt 1, Art. 9).
[2]
?Kein Zweifel, die Regierungsfahigkeit des Konigs war bereits durch Geist und Buchstaben der Verfassung stark beschnitten, in der politischen Wirklichkeit tendierte die Stellung des Konigs zur Machtlosigkeit.“
?
Hans-Ulrich Thamer
:
Die Franzosische Revolution
[3]
An der Spitze der
Exekutive
stand der
Konig
, der seine Minister ernennen und entlassen durfte (Kap. II, Abschnitt 4, Art. 1),
[4]
welche die Aufsicht uber die Beamten in den 83
Departements
und den
Gemeinden
hatten. Die Beamten wurden durch Wahl der
Aktivburger
in ihre Amter eingefuhrt (Kap. IV, Abschnitt 2, Art. 2).
Der Konig hatte den alleinigen
Oberbefehl
uber die
Streitkrafte
(Kap. IV, Art. 1).
[5]
Das Recht zur Erklarung von Krieg und Frieden besaß nur die Nationalversammlung (Kap. III, Abschnitt 1, Art. 2).
[6]
Neben den regularen Streitkraften wurde auch eine
Nationalgarde
eingefuhrt.
Fur die
Gesetzgebung
ist die
gesetzgebende Nationalversammlung
verantwortlich, die alle zwei Jahre von
Wahlmannern
gewahlt wurde. Die Wahlmanner (ca. 45.000) wiederum wurden von den
Aktivburgern
(ca. 4,3 Mio.) gewahlt. Die Nationalversammlung bestand aus 745 Mitgliedern. Wie viele Abgeordnete pro Departement ins Parlament zogen, war von der Bevolkerungszahl und dem Steueraufkommen abhangig. Jedes der flachenmaßig ungefahr gleich großen Departements (mit Ausnahme Paris) wahlte mindestens drei Abgeordnete (82 × 3=246 + ein Abgeordneter fur Paris). Weitere 249 Abgeordnete wurden nach der Bevolkerungszahl und nochmals 249 nach dem Steueraufkommen verteilt (Kapitel I, Abschnitt 1, Art. 1?5).
[7]
Das Parlament konnte nicht vom Konig aufgelost werden (Kap. I, Art. 5).
[8]
Obwohl zuvor diskutiert, entschied die
Konstituante
sich gegen eine zweite Kammer (Oberhaus) bzw. fur ein
Einkammersystem
, sodass die Nationalversammlung allein fur die Gesetzgebung zustandig war. Verabschiedete Gesetze wurden dem Konig zur Unterschrift vorgelegt. Er besaß weder ein
Initiativrecht
noch ein inhaltliches Mitwirkungsrecht, so dass er zum ?bloßen Funktionar der Nationalversammlung“
[9]
wurde. Der Monarch hatte jedoch ein suspensives
Veto
-Recht, d. h., er konnte ein Gesetz fur zwei Legislaturperioden (a zwei Jahre) aufschieben (Kap. III, Abschnitt 3, Art. 1?2).
[10]
In der Diskussion um die neue Verfassung stand auch ein absolutes Veto-Recht zur Debatte, doch schon das suspensive Veto erwies sich laut
Elisabeth Fehrenbach
?in einer Zeit politischer Wirren als ein verhangnisvoller Fehler.“
[9]
Die Nationalversammlung kontrollierte zudem die Minister und die Gerichtshofe.
Verfassungsanderungen konnten nur in Angriff genommen werden, wenn das Parlament in zwei Legislaturperioden den entsprechenden Wunsch außerte. In der dritten Legislaturperiode wurde dann dazu eine
Revisionsversammlung
gebildet, die aus der Nationalversammlung und aus weiteren 249, nur fur diesen Zweck, gewahlten Abgeordneten bestand.
?Die Machtfulle, mit der die Nationalversammlung nach dieser Verfassung ausgestattet worden war, war so betrachtlich, dass das Parlament nicht nur legislative, sondern auch schon exekutive Befugnisse besaß.“
Die
Judikative
teilten sich drei verschiedene Gerichtsinstitutionen: An erster Stelle das
Hochgericht
, das von der Nationalversammlung einberufen werden konnte und uber die Vergehen von Staatsmannern urteilte. An zweiter Stelle das
Berufungsgericht
(Kap. V, Art. 19)
[12]
und an dritter Stelle die Gerichtshofe, deren
Richter
und
Geschworenen
alle zwei Jahre von den Aktivburgern gewahlt wurden (Kap. V, Art. 2).
[12]
Die franzosische Verfassung von 1791 (dass nur Manner mit 54 Livres Steueraufkommen und Grundbesitz gewahlt werden konnen, ist nicht belegt und steht so nicht in der Verfassung)
In Frankreich galt das sogenannte
Zensuswahlrecht
. Nur Manner uber 25 Jahre, die ein bestimmtes Steueraufkommen hatten (mind. drei Tageslohne, was rund 2 bis 3
Livres
pro Jahr entspricht),
[13]
hatten das Recht zu wahlen (Kap. I, Abschnitt 2, Art. 2). Diese Manner nannte man Aktivburger. Als Passivburger galten die besitzlosen Manner, die entweder kein oder ein sehr geringes Steueraufkommen hatten und deshalb nicht das Recht hatten zu wahlen. ?An die Stelle des
Standesprivilegs
war der Besitz getreten.“
[14]
Ein indirektes Wahlsystem sorgte dafur, dass nur ein begrenzter Kreis der Aktivburger die Abgeordneten der Nationalversammlung bestimmte: Die Aktivburger wahlten zunachst Wahlmanner, welche schließlich die Abgeordneten wahlten. Gewahlt werden konnten laut Verfassung alle Aktivburger, gleich welchen Standes, Berufes oder welcher Steuerleistung. (Kap. I, Abschnitt 3, Art. 3).
[15]
Ursprunglich war vorgesehen, dass die Wahl in die Nationalversammlung an ein Steueraufkommen von einer Silbermark (etwa 50 livres) geknupft ist, was jedoch nach vielfaltiger Kritik
[16]
zuruckgenommen wurde. Im Gegenzug wurden aber die Voraussetzungen fur Wahlmanner erhoht.
Ganz ohne politisches Mitspracherecht waren Nicht-Steuerzahler, Manner unter 25 Jahren und Frauen.
Die Entscheidung fur dieses Zensuswahlrecht fiel in der Konstituante mit 453 zu 443 Stimmen sehr knapp aus und ?bot Stoff fur politische Agitation, vor allem auch fur die Mobilisierung der Volksbewegung“.
[13]
- ↑
Deutsch-Franzosische Materialien: Die Verfassung von 1791.
Abgerufen am 27. August 2023
.
- ↑
Franzosische Verfassung (1791).
Abgerufen am 26. August 2023
.
- ↑
Hans-Ulrich Thamer: Die Franzosische Revolution. Munchen 2009, S. 43
- ↑
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Abgerufen am 26. August 2023
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- ↑
a
b
Elisabeth Fehrenbach:
Vom Ancien Regime zum Wiener Kongress
. 4. Auflage. Munchen 2001,
S.
30
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- ↑
Franzosische Verfassung (1791).
Abgerufen am 26. August 2023
.
- ↑
http://www.deuframat.de/rueckblicke/revolutionaerer-umbruch/franzoesische-revolution-und-napoleonische-zeit/die-verfassung-von-1791.html
- ↑
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Franzosische Verfassung (1791).
Abgerufen am 26. August 2023
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Hans-Ulrich Thamer:
Die Franzosische Revolution
. 3. Auflage. Beck, Munchen 2009,
S.
44
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Deutsch-Franzosische Materialien: Die Verfassung von 1791.
Abgerufen am 27. August 2023
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Franzosische Verfassung (1791).
Abgerufen am 26. August 2023
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- ↑
Wolfgang Kruse:
Die Erfindung des modernen Militarismus. Krieg, Militar und burgerliche Gesellschaft im politischen Diskurs der Franzosischen Revolution 1789-1799
. Pariser Historische Studien. Munchen 2003,
S.
57
.