Franzosisch-polnisches Bundnis

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Politische Karte Europas wahrend der Zwischenkriegszeit

Das franzosisch-polnische Bundnis war das Militarbundnis zwischen Polen und Frankreich , das zwischen den fruhen 1920er Jahren und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bestand. Die ersten Vereinbarungen wurden im Februar 1921 unterzeichnet und traten 1923 formell in Kraft. In der Zwischenkriegszeit war das Bundnis mit Polen einer der Eckpfeiler der franzosischen Außenpolitik .

Wahrend der franzosisch-habsburgischen Rivalitat , die im 16. Jahrhundert begann, versuchte Frankreich, ostlich von Osterreich Verbundete zu finden, in der Hoffnung, sich mit Polen zu verbunden. Auch der polnische Konig Johann III. Sobieski hatte die Absicht, sich mit Frankreich gegen die Bedrohung durch Osterreich zu verbunden, doch die großere Bedrohung durch das islamische Osmanische Reich veranlasste ihn, in der Schlacht von Wien fur die christliche Sache zu kampfen. Im 18. Jahrhundert wurde Polen von Russland , Preußen und Osterreich aufgeteilt, doch Napoleon stellte einen polnischen Nationalstaat mit dem Herzogtum Warschau kurzzeitig wieder her. Mit dem Aufstieg des vereinigten Deutschen Reiches im 19. Jahrhundert fanden Frankreich und Polen einen neuen gemeinsamen Feind.

Zwischenkriegszeit

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Wahrend des polnisch-sowjetischen Krieges 1920 entsandte Frankreich, einer der aktivsten Unterstutzer Polens, die franzosische Militarmission nach Polen, um die polnische Armee zu unterstutzen. Anfang Februar erorterten der polnische Staatschef Jozef Piłsudski und der franzosische Prasident Alexandre Millerand in Paris drei Pakte: einen politischen, einen militarischen und einen wirtschaftlichen.

Das politische Bundnis wurde dort am 19. Februar 1921 vom polnischen Außenminister Graf Eustachy Sapieha und dem franzosischen Außenminister Aristide Briand im Rahmen der Verhandlungen unterzeichnet, die den Polnisch-Sowjetischen Krieg durch den Vertrag von Riga beendeten. Das Abkommen sah eine gemeinsame Außenpolitik, die Forderung bilateraler Wirtschaftskontakte, die Konsultation neuer mittel- und osteuropaischer Pakte und Hilfeleistungen fur den Fall vor, dass einer der Unterzeichnerstaaten Opfer eines ?unprovozierten“ Angriffs wurde. Es handelte sich also um ein Verteidigungsbundnis. [1] Der geheime Militarpakt wurde zwei Tage spater, am 21. Februar 1921, unterzeichnet und stellte klar, dass das Abkommen auf mogliche Bedrohungen sowohl durch Deutschland als auch durch die Sowjetunion abzielte. Ein Angriff auf Polen wurde Frankreich dazu veranlassen, die Kommunikationswege freizuhalten und Deutschland in Schach zu halten, ohne dass es Truppen entsenden oder den Krieg erklaren musste. [2] Sowohl der politische als auch der militarische Pakt waren rechtlich nicht in Kraft, solange der Wirtschaftspakt nicht ratifiziert war, [2] was am 2. August 1923 erfolgte.

Das Bundnis wurde durch den franzosisch-polnischen Optionsvertrag, der am 16. Oktober 1925 in Locarno als Teil der Locarno-Vertrage unterzeichnet wurde, weiter ausgebaut. Mit diesem neuen Vertrag wurden alle zuvor unterzeichneten polnisch-franzosischen Abkommen in das System der gegenseitigen Pakte des Volkerbundes aufgenommen. [3]

Das Bundnis war eng mit dem franzosisch-tschechoslowakischen Bundnis verknupft. Frankreichs Bundnisse mit Polen und der Tschechoslowakei zielten darauf ab, Deutschland von der Anwendung von Gewalt abzuschrecken, um eine Revision der Nachkriegsordnung zu erreichen, und sicherzustellen, dass die deutschen Streitkrafte mit einer betrachtlichen kombinierten Starke seiner Nachbarn konfrontiert wurden. Obwohl die Tschechoslowakei uber eine bedeutende Wirtschaft und Industrie und Polen uber eine starke Armee verfugte, erreichte das franzosisch-polnisch-tschechoslowakische Dreieck nie sein volles Potenzial. Die tschechoslowakische Außenpolitik unter Edvard Bene? vermied es, ein formelles Bundnis mit Polen zu schließen, das die Tschechoslowakei gezwungen hatte, in polnisch-deutschen Territorialstreitigkeiten Partei zu ergreifen. Der Einfluss der Tschechoslowakei wurde durch die Zweifel ihrer Verbundeten an der Vertrauenswurdigkeit ihrer Armee geschwacht, und der Einfluss Polens wurde durch die Kampfe zwischen Anhangern und Gegnern von Jozef Piłsudski untergraben. Die mangelnde Bereitschaft Frankreichs, in die Industrie seiner Verbundeten (insbesondere Polens) zu investieren, die Handelsbeziehungen durch den Kauf von Agrarprodukten zu verbessern und militarisches Fachwissen zu teilen, schwachte das Bundnis weiter.

In den 1930er Jahren blieb das Bundnis weitgehend inaktiv, und seine einzige Wirkung bestand darin, die franzosische Militarmission in Polen zu erhalten, die seit dem Polnisch-Sowjetischen Krieg mit dem polnischen Generalstab zusammengearbeitet hatte. Als jedoch in der zweiten Halfte des Jahrzehnts die deutsche Bedrohung immer deutlicher wurde, begannen beide Lander, einen neuen Pakt anzustreben, der die Unabhangigkeit aller Vertragsparteien und die militarische Zusammenarbeit im Falle eines Krieges mit Deutschland garantieren sollte.

Zweiter Weltkrieg

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In Reaktion auf die revisionistische und aggressive Außenpolitik von Adolf Hitler wurde im Jahr 1939 schließlich ein neues Bundnis geschmiedet. Das Kasprzycki-Gamelin-Abkommen wurde am 19. Mai 1939 in Paris unterzeichnet. Benannt wurde es nach dem polnischen Kriegsminister General Tadeusz Kasprzycki und dem Befehlshaber der franzosischen Armee Maurice Gamelin . [4] Die militarische Konvention galt von Armee zu Armee, nicht von Staat zu Staat, und war rechtlich nicht in Kraft, da sie von der Unterzeichnung und Ratifizierung der politischen Konvention abhangig war. [5] Es verpflichtete beide Armeen, sich im Falle eines Krieges mit Deutschland gegenseitig Hilfe zu leisten. Im Mai versprach Gamelin eine ?kuhne Entlastungsoffensive“ innerhalb von drei Wochen nach einem deutschen Angriff. [6]

Der Vertrag wurde von Frankreich am 4. September 1939, am vierten Tag des deutschen Uberfalls auf Polen , ratifiziert.

Frankreich leistete Polen wahrend des Krieges jedoch nur symbolische Hilfe in Form der Saaroffensive , die oft als Beispiel fur einen westlichen Verrat angesehen wurde. [7] Die politische Konvention war jedoch die Grundlage fur den Wiederaufbau der polnischen Armee in Frankreich .

Piotr Zychowicz zitiert die Erinnerungen des franzosischen Botschafters in Polen, Leon Noel , der bereits im Oktober 1938 schrieb: ?Es ist von großter Wichtigkeit, dass wir aus unseren Verpflichtungen (des Vertrags) alles herausnehmen, was der franzosischen Regierung die Entscheidungsfreiheit an dem Tag nehmen wurde, an dem Polen sich im Krieg mit Deutschland befindet“. Außenminister Georges Bonnet schrieb an Noel, dass ?unser Abkommen mit Polen voller Lucken ist, die notwendig sind, um unser Land vom Krieg fernzuhalten“.

  • W.L.: Danzig und die franzosische Ostpolitik. Schweizerische Monatshefte fur Politik und Kultur 1923/1924, S. 119?14. PDF.
  • Roland Hohne: 1919?1939: Frankreichs Sicherheit durch Hegemomie? Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen 1993, S. 31?36. PDF.
  • Jan Ciałowicz: Polsko-francuski sojusz wojskowy 1921?1939 . Pa?stwowe Wydawnictwo Naukowe, 1970 (polnisch, Google Books ).

Einzelnachweise

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  1. France and Poland - Political Agreement, signed at Paris, February 19, 1921 [1923] LNTSer 87; 18 LNTS 11. Abgerufen am 12. Mai 2024 .
  2. a b Piotr Stefan Wandycz: France and Her Eastern Allies, 1919?1925: French?Czechoslovak?Polish Relations from the Paris Peace Conference to Locarno . U of Minnesota Press, 1962, ISBN 978-0-8166-5886-2 , S.   217   ff . ( Google Books ).
  3. France and Poland - Treaty of Mutual Guarantee, done at Locarno, October 16, 1925 [1926] LNTSer 250; 54 LNTS 353. Abgerufen am 12. Mai 2024 .
  4. CONTRE-TEMOIGNAGES SUR UNE CATASTROPHE Par P.E. CATON . Nouvelles Editions Latines ( Google Books [abgerufen am 12. Mai 2024]).
  5. Anita J. Prazmowska: Britain, Poland and the Eastern Front, 1939 . Cambridge University Press, 2004, ISBN 978-0-521-52938-9 , S.   103   ff . ( Google Books ).
  6. Nicole Jordan: The Popular Front and Central Europe: The Dilemmas of French Impotence 1918?1940 . Cambridge University Press, 2002, ISBN 978-0-521-52242-7 , S.   294   ff . ( Google Books ).
  7. Wie Polen verraten wurde: Die kurzlebige Selbstandigkeit des polnischen Staates von 1918 bis 1946. Der Spiegel , 23. November 1980.