Franzosisch-Flandern
(
franzosisch
Flandre francaise
,
niederlandisch
Frans-Vlaanderen
), auch
Sudflandern
genannt, ist ein geografisches Gebiet ohne Verwaltungsstatus, das dem zu
Frankreich
gehorenden Teil der ehemaligen
Grafschaft Flandern
entspricht. Es umfasst den großten Teil des
Departements Nord
in der Region
Hauts-de-France
im außersten Norden Frankreichs.
Die flamischen Arrondissements Lille und Dunkerque (rot) im franzosischen Departements Nord (grau); das westflamische Sprachgebiet im Hinterland von Dunkerque (gestreift)
Flamisch im Arrondissement Dunkerque nach Sprachforschungen, 1874 und 1972
Franzosisch-Flandern besteht aus zwei Regionen, die durch die
Leie
getrennt werden.
Nordlich der Leie befindet sich
Westhoek#Franzosisch-Westhoek
(Westhoek francais
bzw.
Franse Westhoek)
, der ungefahr mit dem
Arrondissement Dunkerque
ubereinstimmt. Es handelt sich um den franzosischen Teil des
Westhoek
, einer Region, die auch den westlichen Teil der
Provinz Westflandern
in
Belgien
umfasst.
Die Hauptstadt und bei weitem großte Stadt ist (die Agglomeration)
Dunkerque
(Dunkirchen). Die Sprache des franzosischen Teils des Westhoek war von altersher ein niederlandischer
Dialekt
,
Westflamisch
bzw. dessen Unterart, das
Westhoekflamisch
.
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Heute gibt es noch einige Zehntausende, die den Dialekt sprechen, doch ist sein Fortbestand bedroht. Jedoch sind seit einiger Zeit Flamischsprachkurse beliebt, und in den Grundschulen wird die
niederlandische Sprache
als erste Fremdsprache unterrichtet. Den einst niederlandischen Charakter des Gebiets erkennt man heute noch an den zahlreichen flamischen Orts- und Familiennamen.
Sudlich der Leie liegt das
Liller Flandern
(Flandre lilloise
bzw.
Rijsels-Vlaanderen),
auch ?Wallonisches Flandern“
(Flandre wallonne)
genannt, der von jeher franzosischsprachige Teil der alten Grafschaft Flandern. Zentrum der heute sehr stadtischen Region ist die Stadt
Lille
, im Mittelalter eine der Hauptstadte der Grafschaft Flandern.
Franzosisch-Flandern gehorte von 1529 (
Damenfriede von Cambrai
) bis 1659 (
Pyrenaenfriede
) zu den
Spanischen Niederlanden
. 1662 wurde Dunkerque von Frankreichs Konig
Ludwig XIV.
kauflich erworben, 1667 wurde
Lille erobert
und angegliedert. In vier Friedensvertragen (Pyrenaenfriede 1659,
Friede von Aachen 1668
,
Friede von Nimwegen
1678 und
Friede von Utrecht
1713) trat Spanien die Region endgultig an Frankreich ab. Bis zur Franzosischen Revolution war
Flandre
eine eigene
Provinz
, seitdem gehort das Gebiet zum
Departement Nord
.
Nach der
Franzosischen Revolution
wurden regionale Sprachen und
Dialekte
als Uberreste der
Feudalitat
gesehen. Alle Unterrichtsgesetze erstrebten daher die Ausrottung der Volkssprachen im noch multiethnischen Frankreich. In Franzosisch-Flandern wurde zunachst Westflamisch weiter als Mittlersprache verwendet, bis auch dies ab 1850 verboten wurde. Mit der volligen Verbannung des Niederlandischen aus den hoheren Schulen und der allgemeinen Schulpflicht unter ausschließlicher Verwendung des Franzosischen wurde Westflamisch immer weiter zuruckgedrangt.
[1]
1924 wurde vom katholischen Pfarrer Jean-Marie Gantois der
Vlaams Verbond van Frankrijk
(VVF) zur Pflege der flamischen Sprache gegrundet. Nach der
Besetzung Frankreichs
im
Zweiten Weltkrieg
(ab 1940)
kollaborierten
Flamen der Westhoek mit der deutschen Besatzungsmacht. Viele Kollaborateure, darunter auch Gantois, wurden nach dem Abzug der Deutschen verhaftet. Gantois verbrachte zwei Jahre im Gefangnis. Franzosisch-Flandern mit den Departements
Nord
und
Pas-de-Calais
war zusammen mit Belgien in die
deutsche Militarverwaltung
in Brussel einbezogen gewesen, ohne jedoch formal (wie z. B.
Elsaß-Lothringen
) von Frankreich abgetrennt worden zu sein.
- ↑
Hugo Ryckeboer:
Jenseits der belgisch-franzosischen Grenze: Der Uberrest des westlichsten Kontinentalgermanisch
. In: Forschungsinstitut fur deutsche Sprache - Deutscher Sprachatlas (Hrsg.):
Germanistische Linguistik
.
Band
191-103
. Marburg/Lahn 1990,
S.
241–271
.