Fruhdynastische Periode

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Das Alte Agypten
Doppelkrone von Ober- und Unterägypten
Zeitleiste
Vorgeschichte : vor 4000 v. Chr.
Pradynastische Zeit : ca. 6000?3032 v. Chr.
0. Dynastie
Fruhdynastische Zeit : ca. 3032?2707 v. Chr.
1. bis 2. Dynastie
Altes Reich : ca. 2707?2216 v. Chr.
3. bis 6. Dynastie
Erste Zwischenzeit : ca. 2216?2137 v. Chr.
7. bis 11. Dynastie
Mittleres Reich : ca. 2137?1781 v. Chr.
11. bis 12. Dynastie
Zweite Zwischenzeit : ca. 1648?1550 v. Chr.
13. bis 17. Dynastie
Neues Reich : ca. 1550?1070 v. Chr.
18. bis 20. Dynastie
Dritte Zwischenzeit : ca. 1070?664 v. Chr.
21. bis 25. Dynastie
Spatzeit : ca. 664?332 v. Chr.
26. bis 31. Dynastie
Griechisch-romische Zeit : 332 v. Chr. bis 395 n. Chr.
Daten nach Stan Hendrickx und Jurgen von Beckerath
Zusammenfassung
Geschichte des Alten Agypten

Die Fruhdynastische Periode Agyptens ( 3100 [1] ? 2686 v. Chr. [2] ), auch Fruhzeit , Thinitenzeit oder Archaische Zeit genannt, ist eine Epoche der altagyptischen Geschichte und schließt sich an die Pradynastische Periode an. Zu ihr zahlen hier die 1. und 2. Dynastie der Konige ( Pharaonen ), wohingegen die 3. Dynastie bereits zum Alten Reich gehort.

Die Fruhdynastische Periode beginnt mit der Vereinigung Ober- und Unteragyptens unter Menes , dessen Leben mythologisch ausgeschmuckt uberliefert wurde. Hier findet sich auch der Ursprung der uber fast 3000 Jahre andauernden Regierung durch Konige, die als von Gottern abstammend betrachtet wurden.

Durch Anwendung der Radiokarbonmethode ermittelte Daten fuhren Forscher nunmehr zu der Ansicht, dass die Chronologie der Pradynastik bis einschließlich der 1. Dynastie der Fruhdynastischen Periode prazisiert und hinsichtlich der Zeitlinie auch korrigiert werden sollte. [3]

Fur die erste Dynastie gilt die historische Herrscherabfolge als gesichert. Erster Konig war Menes oder Narmer , letzter Herrscher war Qaa , insgesamt werden der Dynastie acht Herrscher zugeordnet. Alle diese Regenten ließen sich in Abydos bestatten. Eine besondere historische Rolle spielt Konigin Meritneith zu Beginn der Regierungszeit des Konigs Den . Tonsiegel aus ihrem Grab in Abydos sowie die außergewohnlich große Grabanlage mit eigenem Kultbezirk und eigener Grabstele koniglichen Formats lassen den Schluss zu, dass sie eine Zeit lang die Regierungsgeschafte fur Konig Den ubernahm und leitete, da Letzterer wohl noch zu jung fur das Konigsamt war. Den teilte sich also den Konigsthron mit seiner Mutter. Ahnlich gelagerte Falle sind auch fur die Koniginnen Nofrusobek ( 12. Dynastie ) und Hatschepsut ( 18. Dynastie ) bekannt.

Bisher gingen Forscher davon aus, dass nach einer bis zum Ende der 1. Dynastie geltenden Tradition die engste Verwandtschaft sowie hochrangige Bedienstete dem verstorbenen Konig in den Tod folgen mussten und sie in kleinen, fast quadratischen Nebengrabern direkt am Konigsgrab beigesetzt wurden. Nach Aussagen der Wiener Archaologin Christiana Kohler , Leiterin eines deutsch-osterreichischen Teams zur Erforschung des Grabes von Konigin Meret-Neith , zeigen jedoch Ausgrabungsergebnisse von 2023, dass ?Opferungen von Dienern und Hoflingen nach einem Konigstod ins Reich der Mythen und Geruchte gehoren.“

?"Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Grabern zeigt aber keinerlei Spuren von Trauma (korperliche Verwundung durch Unfall- oder Gewalteinwirkung, Anm.) oder einer gleichzeitigen Bestattung der Hoflinge", stellt Kohler klar: "Wo genug Uberreste erhalten waren, konnten wir nachweisen, dass die Graber zu unterschiedlichen Zeiten verschlossen wurden." Die Untersuchungen ergaben zudem, dass sich der Bau des Komplexes uber einen recht langen Zeitraum zog. "Das spricht alles gegen rituelle Menschenopfer fur das Begrabnis der Konigin", sagte die Archaologin.“

? Der Standard, 10. Oktober 2023 [4]

Die erste Dynastie ist von zahlreichen verwaltungstechnischen Neuerungen gepragt. So erscheinen erstmals Titel wie Hatia , Adj-mer und Iripat fur hohe Beamte und Angehorige des Konigshauses. Unter Konig Hor-Den wird der Konigstitel Nisut-Biti eingefuhrt, sein Nachfolger Anedjib erganzt diesen durch den Titel Nebuj . Jeder Herrscher der ersten Dynastie ließ eigene konigliche Residenzen errichten. Die Außenpolitik war vom Tauschhandel mit Nachbarreichen wie Syrien , der Levante und Nubien gepragt. Gegen das im Westen gelegene Nachbarreich Libyen ging Agypten wiederholt militarisch vor.

Fur das Ende der ersten Dynastie vermuten Agyptologen wie Wolfgang Helck , Peter Kaplony und Dietrich Wildung Thronwirren, wahrend derer der Konigsfriedhof von Abydos Opfer von Plunderern und Brandstiftern wurde. In diese Zeit fallen die Namen von obskuren Herrschern wie Seneferka , Sechet und ? Vogel “.

Statue des Konigs Chasechemui im Agyptischen Museum in Kairo

An den Beginn der zweiten Dynastie ordnen Agyptologen drei Konige chronologisch sicher zu. Erster Regent war Hetepsechemui , ihm folgten die Konige Nebre und Ninetjer . Nach dem Tod des dritten Regenten scheint es abermals zu Thronwirren gekommen zu sein.

Agyptologen wie Wolfgang Helck , Walter Bryan Emery , Hermann A. Schlogl und Jurgen von Beckerath halten es fur moglich, dass es wahrend der 2. Dynastie zu einer Reichsspaltung kam, wahrend derer Agyptens Landeshalften Ober- und Unteragypten in administrativ voneinander unabhangige Reiche getrennt wurden. Konige wie Sened , Seth-Peribsen und Sechemib-Perenmaat regierten demzufolge nur in Oberagypten, wo sie ihr Machtzentrum in Abydos grundeten, wahrend gleichzeitig Herrscher wie Seneferka , Neferkare/Aaka , Hudjefa und Neferkasokar in Unteragypten residierten und Memphis als Regierungssitz wahlten. Grund der Annahme sind unter anderem Ton siegelinschriften der Konige Peribsen und Sechemib, die eine klare Trennung zwischen den Verwaltungszentren von Ober- und Unteragypten erkennen lassen. So nannten sich konigliche Siegler unter vorgenannten Konigen explizit ?Siegler des Konigs von Oberagypten“ und hohe Verwaltungsbeamte ?Verwalter des Konigs von Oberagypten“.

Als weiteren Anhaltspunkt fur eine Reichsteilung wird der Serechname des Konigs Seth-Peribsen angesehen, der entgegen bisherigen Traditionen den Horusfalken durch das Seth-Tier ersetzte und damit zu erkennen gab, dass er offenbar aus dem Suden stammte und nur dort herrschte. Sein Reich erstreckte sich bis nach Elephantine .

Ein dritter Hinweis, der moglicherweise auf eine Landesteilung deutet, sind die Konigsliste von Sakkara und der Turiner Konigspapyrus , in denen fur die zweite Dynastie auffallig viele Kartuschennamen aufgelistet sind. Wahrend ein Teil davon bestimmten Herrschern zugeordnet werden kann, verbleiben Namen, fur die keine zeitgenossische Inschrift beziehungsweise kein zeitgenossischer Horus- oder Nebtiname herangezogen werden konnen. Entweder sind diese Konige als rein fiktiv anzusehen, das Ergebnis von versehentlichen Namensdoppelungen oder ihre zeitgenossischen Namenstrager mussen noch entdeckt werden.

Grund fur die Spaltung Agyptens konnten staatsreligiose Konflikte gewesen sein. Diese Vermutung wird durch Peribsens Entscheidung, das Seth-Tier uber seinen Serech zu setzen, genahrt, aber auch der Name des Konigs Nebre gibt Anlass zu Spekulationen , da dieser als erster agyptischer Herrscher die Sonnenscheibe des (spateren) Gottes Re in seinen Namen integrierte. Beweise fur Konflikte zwischen Priesterkasten als Ursache fur eine formelle Reichsteilung gibt es bislang jedoch nicht und die einzelnen Thesen sind nicht unwidersprochen. Eine weitere Motivation fur eine derartige Doppelregentschaft konnte in der rapiden Expansion der zu verwaltenden Gaue und der wachsenden Bevolkerung wahrend der zweiten Dynastie grunden. Der standige Zuwachs an zu versorgenden Gutern und Staatsdomanen machte die Einfuhrung neuer Amter erforderlich, weil es zu innerpolitischen Spannungen und zunehmenden wirtschaftlichen Missstanden gekommen sein konnte, worauf eine ? rein formelle ? Reichsteilung als notwendig angesehen wurde.

Konig Chasechemui , letzter Regent der zweiten Dynastie, war in der Lage, die Verwaltungszentren wieder zusammenzufuhren und konnte daher als Alleinherrscher uber ein wiedervereintes Agypten regieren.

An die Fruhdynastische Periode schließt das Alte Reich an.

  • Kathryn A. Bard: The emergence of the egyptian state. In: Ian Shaw: The Oxford history of ancient Egypt. University Press, Oxford 2003, ISBN 0-19-280458-8 , S. 76?82.
  • Peter A. Clayton: Chronicle of the Pharaohs: The Reign-by-Reign Record of the Rulers and Dynasties of Ancient Egypt. Thames & Hudson, London 1994, ISBN 0-500-05074-0 (Auch: London 2006, ISBN 978-0-500-28628-9 ; Deutsch: Die Pharaonen. Lizenzausgabe. Weltbild, Augsburg 1998, ISBN 3-8289-0661-3 ).
  • Walter Bryan Emery: Agypten: Geschichte und Kultur der Fruhzeit, 3200?2800 v. Chr. Fourier, Munchen 1964, ISBN 3-921695-39-2 .
  • Nicolas Grimal : A History of Ancient Egypt. Wiley-Blackwell, Weinheim 1994, ISBN 0-631-19396-0 .
  • Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit (= Agyptologische Abhandlungen. Band 45). Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4 .
  • Silke Roth: Die Konigsmutter des Alten Agypten von der Fruhzeit bis zum Ende der 12. Dynastie. Harrassowitz, Wiesbaden 2001, ISBN 3-447-04368-7 .
  • Hermann A. Schlogl : Das Alte Agypten: Geschichte und Kultur von der Fruhzeit bis zu Kleopatra. Beck, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-406-54988-8 , S. 77 f.
  • Toby A. H. Wilkinson : Early Dynastic private tombs. In: Kathryn A. Bard (Hrsg.): Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18589-0 , S. 267?269.
Commons : Fruhdynastische Periode  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Entspricht dem Spatneolithikum 3500 bis 2800 v. Chr. in Mitteleuropa .
  2. Entspricht dem Endneolithikum (2800 bis 2200 v. Chr.) in Mitteleuropa.
  3. Michael Dee, David Wengrow, Andrew Shortland et al.: An absolute chronology for early Egypt using radiocarbon dating and Bayesian statistical modelling. In: Proceedings of the Royal Society A. 8. November 2013, Band 469, Nr. 2159, doi : 10.1098/rspa.2013.0395 ( Volltext ).
  4. Wein statt Menschenopfer im Grab der agyptischen Konigin Meret-Neith. In: derStandard.at . 10. Oktober 2023, abgerufen am 20. Juni 2024.