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In der
Film-
und
Videoproduktion
bezeichnet der Begriff
Filmmaterial
bzw.
footage
den ungeschnittenen
Film
(
Kameranegativ
oder
Kopien
von diesem), der beim Schnitt verwendet wird, oder generell jede unspezifizierte Menge von Film (?Animatoren werden nach Filmmaterial bzw. footage bezahlt“ = die Bezahlung richtet sich nach der Menge des animierten Filmes).
Der Begriff footage entstand im englischen Sprachgebrauch dadurch, dass 35-mm-
Filmmaterial
in
feet
(Plural von foot) und frames gemessen wurde, zu Deutsch in Fuß und Einzelbildern. Ein foot enthalt genau 16 Einzelbilder und entsprach einer Sekunde Vorfuhrdauer zu Stummfilmzeiten.
Als
stock footage
wird archiviertes Filmmaterial bezeichnet, das in neuen Produktionen zum Einsatz kommt, unabhangig davon, ob es bereits in fruheren Produktionen verwendet wurde oder nicht. Bekannt sind zum Beispiel die fruhen Tarzan-Filme, deren Dschungelaufnahmen zu großen Teilen aus solchen Archiven stammten. Auch die fur
Ruckprojektionen
verwendeten Aufnahmen aus fahrenden Autos stammten oft aus dem Archiv. Eine sehr ausgepragte Nutzung von Archivmaterial kann man auch bei den Star-Trek-Serien finden. Viele der animierten Raumschiffsequenzen wurden unter anderem aus Kostengrunden mehrmals verwendet. So findet man zum Beispiel auch Raumschiffszenen oder Landschaftsanimationen (Planet Romulus aus dem Film Nemesis in der ?neuen“ Serie Enterprise (ENT)) aus den Kinofilmen in der Serie.
Die alte Bezeichnung ?Klammermaterial“ ist aus der Mode gekommen, seitdem Filmmaterial in schnellem digitalen Zugriff vorliegt; es bezeichnete die Praxis, verwendbare Stellen in ungeschnittenen Filmrollen durch dazwischengeklemmte Papierstreifen zu kennzeichnen, die die gewunschte Szene eben ?einklammern“.
Archivmaterial ist inzwischen ein eigenes Produkt im Filmhandel. Fernsehsender handeln insbesondere mit Nachrichtenmaterial. Nachrichtenagenturen wie Reuters (
ITN
),
Associated Press Television News
(APTN) oder
CNN
und die britische
BBC
sind Weltmarktfuhrer. Auch fur Magazinbeitrage und in speziellen Bereichen, wie Filmen mit historischem Filmmaterial, Fernsehserien oder auch Tierfilmen, wird Archivmaterial haufig bei der Produktion neuer Fernsehsendungen eingesetzt.
In anderen Sparten der Filmindustrie, wie Werbefilm,
Unternehmensfilm
oder in geringerem Umfang auch Spielfilm, gibt es weitere Abnehmer von Filmmaterial. Die Werbefilmindustrie setzt immer ofter Filmmaterial als Grundlage fur besonders kreative Produktionen ein, die zum Beispiel mit aufwendigen Compositing-Verfahren ungewohnliche Bildkompositionen in der Post-Produktion erzeugen.
Große Anbieter in diesem Segment sind beispielsweise
Getty Images
und
Corbis Motion
in den USA, sowie die
BBC Motion Gallery
in Großbritannien. Weltweit wird der Filmmaterialmarkt auf eine Große von uber 200 Mio. USD (2005) geschatzt. Zuverlassige Zahlen sind allerdings schwer zu ermitteln. Getty Images allein macht einen Umsatz von uber 30 Mio. USD mit Filmmaterial. Die Digitalisierung der Filmproduktion, von HDTV-Kameras bis hin zur digitalen Post-Produktion ? dem fruheren Filmschnitt ? wird die Verwendung von Filmmaterial in den kommenden Jahren stark verbreitern. Erfolgreich in diesem Markt sind Agenturen und Archive, die ihre Bestande online uber das Internet anbieten konnen.
Die Anbieter verfolgen dabei unterschiedliche Lizenzmodelle. Hier unterscheidet man, ahnlich dem Bildermarkt, hauptsachlich zwischen lizenzpflichtigem (auch bezeichnet als ?rights managed“ oder ?RM“) sowie lizenzfreiem (auch bezeichnet als ?royalty free“ oder ?RF“) Filmmaterial. So bieten beispielsweise
Framepool
und
Getty Images
lizenzpflichtiges Filmmaterial an, bei dem die Lizenzgebuhr von dem Umfang und der Art der Verwendung abhangt. Daneben gibt es Anbieter wie
iStockphoto
und
pond5
in den USA und unter anderem neue europaische Anbieter, wie monzoom.com,
ClipDealer
,
Clipcanvas
und
Footage-Online
, die lizenzfreies Material anbieten. Im Gegensatz zu lizenzpflichtigem Filmmaterial wird hier eine einmalige Lizenzgebuhr erhoben, und das Material kann dann in der Regel zeitlich und ortlich unbegrenzt und in verschiedenen Medien bzw. Branchen verwendet werden.
Gefragt sind insbesondere Aufnahmen von hohem kunstlerischen Wert, von hoher Motivoriginalitat, und Aufnahmen, die zur Realisierung einen hohen technischen Aufwand erfordern, wie Flugaufnahmen, Aufnahmen aus entlegenen Regionen der Erde und der weite Bereich an historischen Archivbestanden, angefangen von den Tagen der
Bruder Lumiere
.
Es gibt heute Kameraleute, die nur noch fur den Filmmaterialmarkt produzieren und gut von den Lizenzeinnahmen der Archivmaterial-Verkaufe leben konnen, wenn sie, ahnlich einem Fotografen, von einer im Markt geschatzten Agentur vertreten werden.
Found Footage
(?gefundenes Material“) bezeichnet ein spezielles Genre vor allem experimenteller Filme, die ganz oder teilweise aus Filmmaterial bestehen, das nicht vom Filmemacher selbst gedreht wurde. Dabei gibt es unterschiedliche Formen des Umgangs mit dem Material, seiner Zusammensetzung und der Art und Weise seiner Aneignung und Umdeutung. Wahrend beim
Experimentalfilm
in erster Linie die formal-asthetische Beschaffenheit des gefundenen Materials eine Rolle spielt, steht im
Kompilationsfilm
, der ebenfalls mit
Found Footage
arbeitet, die inhaltliche Seite der Fundstucke starker im Vordergrund.
[1]
- ↑
Philipp Brunner, Ansgar Schlichter:
Found Footage Film.
In: Hans Jurgen Wulff (Hrsg.):
Lexikon der Filmbegriffe
(Onlineprojekt), Stand: 13. Oktober 2012.