Begradigte
Lippe
bei
Dolberg
. An den Altarmen ist der ursprungliche Flusslauf zu erkennen.
Flussbuhnen steigern bei begradigten Flussen die
Schiffbarkeit
durch
Fahrrinnenvertiefung
Bei einer
Flussbegradigung
werden die naturlicherweise vorkommenden
Maander
eines
Flusses
an ihren Halsen
durchstochen
. Der Flussverlauf wird dadurch kurzer und gerader; das Wasser fließt schneller. Aus der abgeschnittenen Flussschleife (dem Maanderbogen) kann ein
Altwasser
entstehen. Flussbegradigung ist eine Maßnahme des
Flussbaus
, die eine deutliche Verschlechterung der
Gewassergute
bewirkt.
Die
Romer
bauten zahlreiche Wasserleitungen und
Aquadukte
, griffen aber nur selten direkt in Flusslandschaften ein, wie zum Beispiel bei der Umleitung des Flusses
Velino
in die
Nera
im Jahr
271 v. Chr.
, wodurch mit dem
Cascata delle Marmore
der bis heute hochste kunstliche Wasserfall der Welt entstand. Erst im
Spatmittelalter
begannen die Menschen vermehrt mit der Korrektur von Gewassern, unter anderem durch Flussbegradigungen.
[1]
Um 1360 wurde begonnen, den Hauptarm der
Donau
an die Stadt
Ingolstadt
heranzufuhren (vgl.
Sandrach
).
Der erste urkundlich belegte Versuch einer
Schleifenbegradigung
in Deutschland fand im Jahr 1391 bei
Liedolsheim
am
Rhein
statt.
[1]
[2]
Im 19. Jahrhundert wurden
zahlreiche Varianten von dampfbetriebenen Baggern
konstruiert und gebaut. Fur den
Bergbau
und fur den
Bau von Kanalen
fur Schifffahrt, Bewasserung und Entwasserung wurden leistungsfahige
Eimerkettenbagger
und
Schaufelradbagger
entwickelt und gebaut. Etwa seit den 1920er Jahren gibt es
Baumaschinen
wie
Bagger
,
Planierraupen
,
Laderaupen
, die von
Verbrennungsmotoren
angetrieben werden. Diverse
Fahrwerke
ermoglichen ihren Einsatz auch in unwegsamem Gelande.
Die begradigte
Weschnitz
bei
Biblis
Haufig dienen Flussbegradigungen dazu, den Fluss fur die
Schifffahrt
nutzbar zu machen. Manchmal steht auch die Landgewinnung oder die dauerhafte Festlegung von
Landes
-, Gemeinde- und
Grundstucksgrenzen
im Vordergrund. Wird der Flusslauf baulich festgelegt, kann ? bei entsprechenden wasserbaulichen Maßnahmen, wie beispielsweise geplante
Retentionsflachen
? sogar ein
Hochwasserschutz
erreicht werden. In der Regel steigern Begradigungen allerdings die Hochwasserprobleme.
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Ublicherweise wurde bei sedimentreichen Flussen neben dem Durchstechen der Flussschleifen bzw.
Umlaufberge
erst eine verhaltnismaßig niedrige Uferbefestigung mittels
Faschinen
vorgenommen, die unterhalb der Hochwasserlinie lagen. Bei Hochwasser konnte sich das Flussbett in das
Uberschwemmungsgebiet
ausbreiten, was die Stromungsgeschwindigkeit wieder etwas minderte. Geroll konnte sedimentieren und das Land hinter dem Damm erhohen.
Allerdings wurde nach mehrfacher Erhohung des Hinterlandes oft ein
Hochwasserdamm
angelegt und das so gewonnene Hinterland bebaut, wodurch die Stromungsgeschwindigkeit und der Wasserstand im Hochwasserfall extrem stark zunahm.
Binnenschiffe
auf dem begradigten
Oberrhein
In Deutschland gibt es nur noch sehr wenige naturnah
maandrierende
Flusse. Bekannte Beispiele fur Flussbegradigungen sind die
Juragewasserkorrektion
im Schweizer Seeland und die Begradigung einiger
Rhein-Abschnitte
.
Weitere bekannte Beispiele in Deutschland sind die
Rheinbegradigung
(1817?1876) und die
Weserkorrektion
(1887?1895). Flussbegradigungen wurden aber auch bis in die 2. Halfte des 20. Jahrhunderts an etlichen kleineren Gewassern durchgefuhrt.
Mittlerweile ist es das Ziel der Europaischen Union, im Rahmen der
Wasserrahmenrichtlinie
einen moglichst naturnahen Zustand mit hoherer
Gewassergute
wiederherzustellen. Dies kann im Einzelfall auch zu einem Ruckbau vorangegangener Flussbegradigungen fuhren.
Flusse
maandern
naturlicherweise und fließen dadurch langsam, was unter anderem zu einer naturlichen Minderung von
Hochwassern
fuhrt. Zwischen den Maandern bilden sich Flussauen, die naturliche Uberschwemmungsflachen bilden, welche bei hohen Pegelstanden uberstaut werden und dabei großere Wassermengen zwischenspeichern konnen.
Die Flussbegradigung verschlechtert die
Hydromorphologie
auf zweierlei Weise. Erstens fuhrt sie dazu, dass stromabwarts die Pegel schneller und starker steigen, weil die
Nebenflusse
ihr Hochwasser durch die hohere Fließgeschwindigkeit bei verkurzter Streckenlange nicht mehr nacheinander, sondern synchron in den
Unterlauf
abgeben. Zweitens fehlen in der Regel die Flussauen als Uberschwemmungsflachen, welche die Wassermassen aufnehmen konnten.
Aus ahnlichen Grunden werden auch Begradigungen in den quellnahen Gebirgsgebieten fur Hochwasser mitverantwortlich gemacht. Mancherorts laufen daher Bemuhungen zur
Renaturierung
der Oberlaufe, was schon wegen der geringeren Große leichter gelingt als bei den großflachigen Regulierungen im Mittel- oder Unterlauf.
Historische Wassersperre, die im 19. Jahrhundert aufgrund der Flussbegradigung der
Tauber
errichtet werden musste
Flussbegradigungen senken in der Regel den
Grundwasserspiegel
, beispielsweise bei der Begradigung der
Tauber
in den 1890er Jahren. Die Landwirte konnten auf den angrenzenden Flachen in der Folge weniger Grunfutter fur ihre Nutztiere erzeugen und waren gezwungen, einzelne Wiesenabschnitte durch Wassergraben und Wassersperren kunstlich zu bewassern.
[3]
Aus
okologischer
Sicht werden Flussbegradigungen negativ bewertet, weil sie das
Okosystem
eines Fließgewassers beeintrachtigen, verkleinern oder sogar vernichten. Das in der europaischen
Wasserrahmenrichtlinie
formulierte Ziel einer hohen
Gewassergute
ist bei begradigten Flusslaufen nicht zu erreichen, da viele in den Flussen oder den angrenzenden Auen lebende oder sich dort fortpflanzende seltene Tierarten wie
Fische
,
Otter
,
Muscheln
oder
Wasservogel
und viele Pflanzenarten durch Flussbegradigungen und die Vernichtung der
Altarme
ihren Lebensraum verlieren.
- ↑
a
b
Die Zeit:
Hochwasser: "Die Leute sollten aus Flutgebieten wegziehen"
. 14. Juni 2013. Online auf www.zeit.de. Abgerufen am 18. Dezember 2016.
- ↑
Uber den Flußbau am Oberrhein von 1391 bis 1660 bei Liedolsheim, Speier, Stockstatt
.
Zeitschrift fur die Geschichte des Oberrheins
1. 1850
, S. 303ff. (S. 367 ff. des Digitalisats)
- ↑
Frankische Nachrichten:
Die Tauberwiesenwasserungsgenossenschaft: Ein Unikat im Taubertal aus dem 19. Jahrhundert. Kulturdenkmal entlang der Tauber
. 15. August 2015. Online auf www.fnweb.de. Abgerufen am 18. Dezember 2016.