Flugplatz Munster-Handorf

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Flughafen Munster-Handorf
Fliegerhorst Munster-Handorf
Standortubungsplatz der Lutzow-Kaserne
Münster-Handorf (Nordrhein-Westfalen)
Munster-Handorf (Nordrhein-Westfalen)
Munster-Handorf
Lokalisierung von Nordrhein-Westfalen in Deutschland
Kenndaten
Flugplatztyp Militarflugplatz
Koordinaten

51° 59′ 43″  N , 7° 43′ 55″  O Koordinaten: 51° 59′ 43″  N , 7° 43′ 55″  O

Hohe uber MSL 53 m  (174  ft )
Verkehrsanbindung
Entfernung vom Stadtzentrum 2 km ostlich von Handorf
Straße (heutige B64)
Basisdaten
Eroffnung 4. April 1937
Schließung 1946 (als Flugplatz)
Betreiber Royal Air Force (zuletzt)

Der Flugplatz Munster-Handorf ist ein ehemaliger Verkehrsflugplatz, Fliegerhorst der Luftwaffe und Nike -Abwehrstellung im Stadtteil Handorf der westfalischen Stadt Munster . Er dient heute als Standortubungsplatz .

Die Geschichte des Flugplatzes geht auf das Jahr 1934 zuruck. Als der damalige Flugplatz der Stadt Munster auf der Loddenheide zu klein wurde und den Anforderungen der Luftfahrt nicht mehr gewachsen war, begann die Suche nach einem geeigneten Gelande fur den Neubau eines großeren Flugplatzes. Die Wahl fiel auf ein Gelande im Bereich der zu jener Zeit noch selbstandigen Gemeinde Handorf, einige Kilometer ostlich von Munster. Nachdem im November 1934 die Entscheidung zum Bau getroffen wurde, begannen die Bauarbeiten im Jahr 1935 durch die eigens gegrundete Flughafen-GmbH Munster-Handorf . Das Richtfest fand im September 1936 statt, die Bauarbeiten selbst waren am 1. April 1937 abgeschlossen. Bereits drei Tage spater, am 4. April 1937, wurde die Fluglinie Munster ? Berlin eroffnet.

Der Flugplatz selbst bestand aus zwei Teilen: Einem militarischen Teil in der nordwestlichen Ecke des Platzes in Richtung Handorf gelegen und einem weitaus kleineren zivilen Teil in der sudostlichen Ecke, dem Ort Telgte zugewandt. Zum zivilen Teil gehorten ein Abfertigungsgebaude, ein Restaurant, die Flughafenverwaltung sowie eine Flugzeughalle.

Zweiter Weltkrieg

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Der erste Strahljager der Welt, die Me262 war zwischen November 1944 und Februar 1945 in Munster-Handorf stationiert (?Sonderkommando Braunegg“).
Panorama des westlichen Teils in sudlicher Richtung fotografiert. Der Hugel vor dem Waldrand gehort zur ehemaligen IFC der Nike-Abwehrstellung.
Uberreste der befestigten Startbahn in nordostlicher Richtung

Die militarischen Anlagen, der Fliegerhorst , wurden erst im Jahre 1938 fertiggestellt. Die erste stationierte Einheit war ein Aufklarerverband, ausgerustet mit Flugzeugen vom Typ Heinkel He 45 bzw. Heinkel He 46 . Im darauffolgenden Jahr bezog das Jagdgeschwader 27 mit seinen Messerschmitt Bf 109 am 1. Oktober 1939 den Fliegerhorst in Handorf und blieb dort bis Januar 1940. Nach dem Abzug des Jagdgeschwaders verlegte am 11. Februar 1940 die I./KG 27 ?Boelcke“ nach Handorf, die zuvor auf Fliegerhorsten in Suddeutschland stationiert gewesen war. Nach dem Beginn des Westfeldzuges am 10. Mai 1940 verlegte dieses Geschwader Ende Mai 1940 Richtung Westen.

Ab August 1940 diente der Fliegerhorst in Handorf vermehrt als Stutzpunkt fur diverse Bomberverbande, ausgerustet mit Heinkel He 111 . Darunter waren auch Teile des KG 54 ?Totenkopf“ und des KG 1 ?Hindenburg“ . Die IV./KG 1 wurde am 16. August 1940 aufgestellt und blieb bis zum 16. Juni 1942 in Handorf. Die II. Gruppe war von Dezember 1940 bis Marz 1941 in Handorf stationiert, die III. Gruppe von Oktober 1940 bis Januar 1941.

Kurze Zeit nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Flugplatz ausgebaut. Die bisher unbefestigten Start- und Landebahnen wurden befestigt und 1941 oder 1942 wurde der erst wenige Jahre zuvor errichtete zivile Teil abgerissen. Spatestens im Marz 1942 war vom zivilen Verkehrsflugplatz nichts mehr ubrig.

Nachdem der Ausbau abgeschlossen war, erfolgte im August 1943 die Stationierung der III. Gruppe des Kampfgeschwaders 3 (III./KG 3) mit Junkers Ju 88 , die bis zum November 1944 andauerte. Wahrend dieser Zeit erfolgte mehrfach eine Umbezeichnung dieser Einheit, zunachst im Februar 1944 in I. Gruppe des Nachtjagdgeschwader 7 (I./NJG 7), dann im Oktober in IV. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 2 (IV./NJG 2). Zwischenzeitlich waren gegen Ende des Jahres 1943, zur Durchfuhrung des Unternehmens Steinbock , Teile der II. Gruppe des Kampfgeschwader 2 (II./KG 2) mit Junkers Ju 188 auf den Fliegerhorst verlegt worden. Im September 1944 kam mit der I./NJG 1 mit ihren Heinkel He 219 eine weitere Einheit dazu.

Neben diesen bereits in Handorf stationierten Einheiten stießen weitere Einheiten gegen Ende des Jahres 1944 hinzu, darunter das KG 53 mit seinen Heinkel He 111 im September 1944 und deren Umrustung auf Heinkel He 111 H-22. Zwischen Oktober und November verlegte dann die IV./NJG 2 auf den Fliegerhorst in Handorf, die daraufhin durch die III./KG 76 mit ihren Arado Ar 234 ersetzt wurden, die am 24. Dezember 1944 von hier aus den ersten Angriff eines Jagdbombers mit Strahltriebwerk flogen. Auch die Messerschmitt Me 262 war von November 1944 bis zum 6. Februar 1945 in Handorf stationiert (?Sonderkommandos Braunegg“).

Die folgende Tabelle listet ausgesuchte fliegende aktive Einheiten (ohne Schul- und Erganzungsverbande) der Luftwaffe der Wehrmacht auf, die hier in den Jahren 1938 bis 1945 stationiert waren. [1]

Von Bis Einheit Ausrustung
September 1939 Februar 1940 Stab/KG 54 (Stab des Kampfgeschwaders 54) Heinkel He 111P
Oktober 1939 Januar 1940 Stab/JG 27 (Stab des Jagdgeschwaders 27) Messerschmitt Bf 109E
Oktober 1939 Oktober 1939 Stab/JG 3 Messerschmitt Bf 109E
November 1939 Februar 1940 Stab/JG 51 Messerschmitt Bf 109E
Dezember 1939 Januar 1940 I./JG 21 Messerschmitt Bf 109E
Februar 1940 Marz 1940 I./KG 27 Heinkel He 111P
Mai 1940 Mai 1940 III./KG 54 Heinkel He 111P
Juni 1940 Juni 1940 III./KG 27 Heinkel He 111P
September 1940 Oktober 1940 III./KG 1 Heinkel He 111H, Junkers Ju 88A
November 1940 Marz 1941 II./KG 1 Heinkel He 111H, Junkers Ju 88A
Dezember 1941 Februar 1942 I./KG 3 Junkers Ju 88A
Juni 1942 September 1942 I./KG 1 Junkers Ju 88A-5
Juni 1943 Oktober 1943 III./LG 1 Junkers Ju 88A-4
August 1943 Januar 1944 III./KG 3 Dornier Do 217K-1, Junkers Ju 88A-4
Oktober 1943 September 1944 II./KG 2 Junkers Ju 188E-1 , Dornier Do 217E-4
Februar 1944 September 1944 I./NJG 7 (I. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 7) Junkers Ju 88A-4
September 1944 September 1944 Stab, I./KG 2 Dornier Do 217M-1
September 1944 Marz 1945 I./NJG 1 Heinkel He 219A-0
Oktober 1944 November 1944 IV./NJG 2 Junkers Ju 88G-1, Junkers Ju 88G-6
Dezember 1944 Marz 1945 9./KG 76 (9. Staffel des Kampfgeschwaders 76) Arado Ar 234B-2

Obwohl der Flugplatz wahrend des Krieges wiederholt von alliierten Bombern angegriffen wurde, kam es nie zu solchen Schaden, die den Flugbetrieb gravierend beeinflussten. Luftbilder von 1953 dokumentieren aber, dass das Gelande sehr intensiv bombardiert wurde. Beim Ruckzug der deutschen Truppen am 3. April 1945 sprengten sie die meisten Gebaude und die technischen Einrichtungen.

Am 5. April 1945 wurde der Flugplatz durch amerikanische Truppen eingenommen. Am 12. April 1945 nahm ihn die United States Army Air Forces (USAAF) als Advanced Landing Ground Y-94 Munster-Handorf in Betrieb und nutzte ihn fur den Einsatz von Jagdbombern . [2]

Am 25. Juni wurde das Gelande an die britische Armee ubergeben, welche die unzerstorten oder teilweise reparierten Gebaude zur Unterbringung von Fluchtlingen und Bedurftigen nutzte. Teile des Flugplatzes wurden nun auch ackerbaulich genutzt. Er wurde jedoch im Sommer 1946 vorubergehend noch einmal durch die Mosquito -Staffeln des 140. Wing (Geschwader) der British Air Force of Occupation genutzt, da dessen Heimatplatz Gutersloh damals eine Betonlandebahn erhielt.

Plane zur dauerhaften Reaktivierung des Flugplatzbetriebs fuhrten zu Widerstand innerhalb der Bevolkerung, so dass der Platz zur Stationierung von Heereseinheiten freigegeben wurde. Diese Nutzung begann mit dem Bau der Lutzow-Kaserne im Jahr 1956, bei dem Gebaude des ehemaligen Fliegerhorstes mit einbezogen wurden. Die Fertigstellung der Kaserne erfolgte im Jahr 1957.

Nike Hercules auf der ehemaligen Flugabwehrstellung

Die große Freiflache des Flugfeldes wurde weiterhin militarisch genutzt, wenn auch nicht durch Flieger. 1959 wurde die erste Nike -Stellung durch die B-Battery des 119. Squadrons der niederlandischen Luftstreitkrafte stationiert, die dazugehorenden atomaren Sprengkopfe wurden jedoch vom A Team (auch Alpha-Team genannt) der 509th Artillery Detachment/USAAD verwaltet. Mindestens zwischen 1967 und 1973 wurde sudlich der Raketen-Batterie eine große DF-Antennen-Anlage betrieben. Die Raketenbatterie war bis 1975 aktiv, dann erfolgte eine Umstrukturierung und die Nike-Batterie wurde aus Handorf abgezogen. Die leerstehenden und teilweise verfallenen Gebaude wurden von Mitte der 1980er Jahre an nach und nach abgebrochen und zu drei Schuttbergen auf den ehemaligen Bunkeranlagen zusammengetragen. In diesem Zeitraum wurden auch Teile des ehemaligen Flugplatzes entmunitioniert, um eine Nutzung durch die Infanterie-Truppen der Lutzow-Kaserne abzusichern. Dieser ausgesiebte Schotter wurde ebenfalls auf den Schuttbergen zusammengetragen. Das letzte Gebaude ? eine Leitstelle der niederlandischen Raketenbatterie am Nordwestrand der Stellung ? wurde erst 1998 abgebrochen.

Das Gelande des Flugplatzes wurde unterdessen fur Zielubungen des Panzerbataillon 194 genutzt, was aber zu Befremden bei der benachbarten Bevolkerung Handorfs fuhrte, weil sie sich im imaginaren Beschussgebiet wahnten. Ebenso diente das Gelande den Soldaten als Platz zur Errichtung einer Zeltstadt wahrend einer NATO-Ubung im Jahr 1996. 2006 wurden umfangreiche landschaftsbauliche Maßnahmen durchgefuhrt: Mehrere Gewasser wurden angelegt und zahlreiche große Geholzriegel wurden gepflanzt, um die bis dahin sehr offene Landschaft des ehemaligen Flugfeldes fur die ubende Infanterie der Lutzow-Kaserne aufzuwerten. Am 4. Februar 2007 fand der Fisherman’s Friend Strongman Run mit knapp 1.600 Startern und rund 12.000 Zuschauern auf dem Gelande statt. Aus okologischen Grunden wurde diese Veranstaltung in den Folgejahren aber nicht mehr hier durchgefuhrt. Zurzeit wird das Gelande als Standortubungsplatz genutzt und ist am Wochenende und außerhalb der Ubungszeiten fur die Bevolkerung zuganglich. Erhalten gebliebene Unterkunftsgebaude der niederlandischen Nike-Stellung am Sudrand des Gelandes werden durch das Technische Hilfswerk genutzt. Unmittelbar benachbart betreibt das Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen sein Ubungsgelande.

  • Christian Chmela: Floristisch-vegetationskundliche Untersuchung des Standortubungsplatzes ?Handorf Ost“ bei Munster (Westf.) und Erstellung eines Entwicklungs und Pflegekonzeptes. Unveroff. Diplom-Arbeit Univ. Bonn, 1996.
Commons : Flugplatz Munster-Handorf  ? Sammlung von Bildern
  • Der Flugplatz in Handorf auf 7grad.org ( Memento vom 30. September 2013 im Internet Archive )

Einzelnachweise

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  1. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935?45 Germany (1937 Borders) , abgerufen am 29. August 2014.
  2. David C. Johnson: U.S. Army Air Forces Continental Airfields (ETO), D-Day to V-E Day ; Research Division, USAF Historical Research Center, Maxwell AFB, Alabama (1988).