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Fester Wechselkurs

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Entwicklung ausgewahlter Wechselkurse zum US-Dollar

Fester Wechselkurs (oder fixer Wechselkurs , fester Devisenkurs , fixer Devisenkurs ) ist ein Wechselkurssystem , in welchem ein Staat langerfristig ein festes Umtauschverhaltnis seiner inlandischen Wahrung zu einer anderen, auslandischen Wahrungseinheit , einem Wahrungskorb oder Gold festlegt. Die Noten- bzw. Zentralbank garantiert dieses Verhaltnis, indem sie fremde Wahrungen bzw. Gold zum festgelegten Kurs an- und verkauft. Pendant ist das Wechselkurssystem des flexiblen Wechselkurses wie beim Floating .

Die Preisbildung auf dem Devisenmarkt wird nur innerhalb von festgelegten Wechselkursbandbreiten dem unbeeinflussten Devisenangebot und der Devisennachfrage uberlassen. Sollte die Obergrenze dieser Bandbreite uberschritten oder die Untergrenze unterschritten werden, mussen die Zentralbanken mittels Devisenmarktinterventionen in die Marktentwicklung eingreifen.

Eine Methode, einen festen Wechselkurs zu garantieren, sind Currency Boards . Ein bekanntes Beispiel waren die Wechselkurse der Staaten des RGW untereinander und ? zumindest offiziell ? gegenuber Fremdwahrungen .

Thematische Einordnung

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Prinzipiell werden die verschiedenen Wechselkurssysteme unterteilt in freie Wechselkurse, bei denen ausschließlich Angebot und Nachfrage an den internationalen Finanzmarkten den Wert von Wahrungen untereinander festlegen und Devisenmarktinterventionen der Zentralbanken die Ausnahme darstellen, bandbreitenfixierte Wechselkurse (relativ feste Wechselkurse), bei denen sich die Zentralbanken der teilnehmenden Staaten dazu verpflichtet haben, eine teilnehmende Wahrung nicht starker als im vorher festgelegten Rahmen schwanken zu lassen (Beispiel: Wechselkursmechanismus II ) und feste Wechselkurse. [1] Das spezifische Wechselkurssystem ergibt sich aus den Wechselkurszielen des jeweiligen Staates oder einheitlichen Wahrungsraumes. [BI 1] Ein Extremfall der festen Wechselkursbindung ist die Wahrungsunion . [2]

Grunderjahre, Weltkriege und Zwischenkriegszeit

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Vor dem Ersten Weltkrieg bestand ab etwa 1870 in allen wirtschaftlich bedeutenden Landern das System der festen Wechselkurse. Der Wert einzelner Wahrungen wurde im Verhaltnis zum Gold fixiert, dieses Umtauschverhaltnis wird als Goldparitat bezeichnet. In Deutschland beispielsweise entsprach eine Mark 0,36 g Feingold, in England entsprach ein Pfund 7,32 g Feingold [JR 1] und in den USA entsprach 1 Dollar 25,8 Grain (1,672 g) Gold mit 900 Gewichtspromille (bzw. 1,5046 g Feingold). [BE 1] Nachdem im Ersten Weltkrieg die Arbitrage des Goldmarktes wegfiel und Papiergeld ohne Golddeckung ausgegeben wurde, bewegten sich die Wechselkurse frei und stark unterschiedlich. [BE 2] Nach dieser Phase mit flexiblen Wechselkursen, Wahrungsspekulationen und Hyperinflation kehrten die meisten Lander bis etwa Mitte der 1920er Jahre zu festen Goldparitaten zuruck. Diese ?unkoordinierte Ruckkehr zu Goldparitaten mit der Folge von Uber- und Unterbewertungen bei wichtigen Wahrungen“ [JR 2] erwies sich jedoch als starke Belastung fur den restaurierten Goldstandard und fuhrte in der Konsequenz zu dessen vollstandigem Zusammenbruch.

Das am 22. Juli 1944 im amerikanischen Bretton Woods beschlossene Abkommen zur internationalen Wahrungsordnung der Nachkriegszeit konnte bis Anfang der 1970er Jahre fur relative internationale Stabilitat und Wachstum sorgen. Der US-Dollar wurde internationale Leitwahrung mit Goldeinlosungsgarantie innerhalb bestimmter Paritaten. [3] Als die Vereinigten Staaten jedoch begannen, den Vietnamkrieg und ihr wachsendes Außenhandelsdefizit durch die Notenpresse zu finanzieren, ergab sich ein Angebotsuberhang von US-Dollar. Die anderen Lander mussten US-Dollar aufkaufen, um ihre Wechselkurse bzw. Wahrungen stabil zu halten. Diese geanderten Relationen fuhrten 1973 letztendlich zum Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und zur Freigabe der meisten Wechselkurse, [JR 3] wobei das eigentliche Ende schon 1971 mit der Aufkundigung der Verpflichtung zur Goldeinlosung durch den amerikanischen Prasidenten Richard Nixon erfolgt war.

Heutige Zwischenformen

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Viele Lander liegen heute zwischen den Extremen fester und flexibler Wechselkurse, in Abhangigkeit von den jeweiligen Wechselkurszielen. So gibt es beispielsweise die Zwischenformen Crawling Peg , Wechselkursbandbreiten , Adjustable Peg und Dirty Floating . [BI 2] In Europa gab es etwa von 1979 bis 1998 mit dem Europaischen Wahrungssystem einen Mechanismus, der die Schwankungen zwischen den Wechselkursen der Teilnehmerwahrungen begrenzte. Bei starkeren Veranderungen der Kurse waren die Notenbanken der Teilnehmer verpflichtet, die Kurse zu stutzen. Unterschieden wird weiterhin zwischen der freiwilligen Bindung an eine Leitwahrung (z. B. Argentinische Peso an den US-Dollar) und einer Wahrungsunion , bei der mehrere Staaten eine gemeinsame Wahrung haben und eine gemeinsame Wahrungspolitik betreiben.

Im Rahmen der Europaischen Wirtschafts- und Wahrungsunion wurden mit Einfuhrung des Euro als Buchgeld 1999 die nationalen Teilnehmerwahrungen zu ?nichtdezimalen Untereinheiten des Euro“ und horten damit auf, unabhangig vom Euro zu existieren. [4] Bevor neue Lander den Euro einfuhren konnen, mussen diese im Rahmen des Wechselkursmechanismus II den Kurs ihrer Landeswahrung zum Euro innerhalb einer Bandbreite fixieren.

Wechselkurse mit Bandbreiten [5]

Crawling Pegs sind Wechselkursbindungen mit regelmaßigen Auf- bzw. Abwertungen in Abhangigkeit von einem bestimmten Index (z. B. Divergenz der Inflationsraten zwischen Inland und Ausland). Sowohl Auf- als auch Abwertungen werden vorher bekannt gegeben, um eine verlassliche Basis fur Wechselkurserwartungen zu geben und Devisenspekulationen entgegenzuwirken. [SS 1]

Adjustable Pegs sind Wechselkursbindungen mit unregelmaßigen, vorher bekannt gegebenen Auf- bzw. Abwertungen. Hier werden beispielsweise bei strukturellen Zahlungsbilanzungleichgewichten Paritatsveranderungen zugelassen (System fester Wechselkurse mit stufenweiser Flexibilitat). [SS 2]

Wechselkursbandbreiten

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Bei Wechselkursbandbreiten (relativ feste Wechselkurse, bandbreitenfixierte Wechselkurse) werden Austauschverhaltnisse zwischen den Wahrungen (Paritaten) und Schwankungsbreiten (Interventionszeitpunkte) festgesetzt. Innerhalb der Schwankungsbreite konnen sich die Kurse durch Angebot und Nachfrage frei bilden. [1]

Anwendungen und Wirkungsweise

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Aufwertung von Wechselkursen [5]

Wenn der Wechselkurs sinken wurde, dann muss der Kurs durch Devisenverkaufe der Zentral- oder Notenbank gestutzt werden ( Aufwertung ). Die Notenbank musste eigenes Geld einziehen und somit die Geldbasis verringern.

Abwertung von Wechselkursen [5]

Wenn der Wechselkurs ansteigen wurde, dann muss die Zentral- oder Notenbank den Kurs durch Devisenkaufe senken. Hier wurde die Notenbank Zentralbankgeld ausgeben und damit die Geldbasis erhohen ( Abwertung ).

Vor- und Nachteile fester Wechselkurse

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Vorteile fester Wechselkurse

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Die Vorteile liegen im Wegfall der Kosten fur notwendige Devisentermingeschafte zur Reduzierung bzw. zum Ausgleich des Wechselkursrisikos. Exporteure, Importeure und Unternehmungen haben eine feste Kalkulationsgrundlage, da keine Wechselkursschwankungen vorliegen und die Beeinflussung des Im- und Exportes zugunsten binnenwirtschaftlicher Ziele durch die erhohte Wirksamkeit der Fiskalpolitik moglich ist. Weiterhin konnen im Vergleich zu variablen Wechselkursen Beschaftigungsschwankungen in der Exportindustrie vermieden und Inflationsgefahren gemindert werden. [BI 3]

Nachteile fester Wechselkurse

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Die Autonomie in der Geldpolitik wird als Instrument zwangsweise aufgegeben. Der inlandische Zinssatz entspricht dem des Auslandes, da ein bestimmter Wechselkurs aufrechterhalten werden muss. Wenn die Inflationsrate des Inlandes oder einheitlichen Wahrungsraumes hoher ist als die Inflationsrate des Landes, an welche der Wechselkurs gebunden ist, wurden die Preise fur inlandische Guter in Relation zu den auslandischen starker steigen, es kame zu einer realen Uberbewertung. Weiterhin ist die Zahlungsbilanz, im Gegensatz zu flexiblen Wechselkursen, nicht immer ausgeglichen. [BI 4]

Feste Wechselkurse am Beispiel China

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Entwicklung des chinesischen Yuan zum US-Dollar

Der chinesische Renminbi ist eine der wenigen Wahrungen, die bis vor einigen Jahren einen fixen Wechselkurs hatten. Der Yuan , als großte Wahrungseinheit oft als Synonym zum Renminbi verwendet, war seit 1997 an den US-Dollar gekoppelt. Das bedeutete, der US-Dollar konnte zu anderen Wahrungen fallen oder steigen, der Yuan hatte jedoch immer denselben Wert zum US-Dollar. Nachdem der Yuan im Jahr 2005 zunehmend unter Aufwertungsdruck geraten war, entschied sich die chinesische Regierung, diesen in einem ersten Schritt an einen Wahrungskorb mit niedriger Schwankungsbreite zu binden. [6] Der Renminbi wertete innerhalb kurzer Zeit um uber 2 % gegenuber dem US-Dollar auf. [7] Nach Meinung von Fachleuten ist der Yuan aber immer noch um bis zu 15 % unterbewertet. [8] Da kunstlich niedrig gehaltene Wechselkurse den Export und Zuflusse auslandischen Kapitals begunstigen, ist kurzfristig davon auszugehen, dass keine Freigabe der Wechselkurse erfolgen wird. Mittel- bis langfristig jedoch wird der Yuan nach Ansicht von Experten vollige Konvertibilitat und Offenheit erfahren. [9] [BI 5]

Einzelnachweise

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  1. a b Hannelore Grill und Hans Perczynski: Wirtschaftslehre des Kreditwesens . 36. Auflage, Gehlen 2002, S. 461 ff., ISBN 3-4410-0303-9 .
  2. Hans-Joachim Jarchow: Theorie und Politik des Geldes . 11. Auflage, Gottingen 2003, S. 446 ff., ISBN 3-8252-2453-8 .
  3. Manfred Borchert: Außenwirtschaftslehre . 7. Auflage, Wiesbaden 2001, S. 427 ff., ISBN 3-409-63907-1 .
  4. Hanspeter K. Scheller: Die Europaische Zentralbank. Geschichte, Rolle und Aufgaben (PDF; 2,5 MB) . 2. Auflage, Frankfurt 2006, S. 27, ISBN 978-92-899-0026-3 .
  5. a b c In Anlehnung an Udo Schmitz und Bernd Weidtmann: Handbuch der Volkswirtschaftslehre . 2. Auflage, Stuttgart 2000, S. 243 ff., ISBN 3-1288-1832-0 .
  6. China lost den Yuan vom Dollar , FAZ vom 21. Juli 2005, abgerufen am 1. Mai 2008.
  7. China kampft gegen die Yuan-Aufwertung , FAZ vom 8. Marz 2006, abgerufen am 1. Mai 2008.
  8. Jim Rogers: Investieren in China ? So profitieren auch Sie vom großten Markt der Welt . Munchen 2008, S. 42 ff., ISBN 3-8987-9311-7 .
  9. Jim Rogers: Die Abenteuer eines Kapitalisten ? Die Entdeckung der Markte auf einem Trip um die Welt . Munchen 2005, S. 67 ff., ISBN 3-8987-9135-1 .

Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makrookonomie . 4. Auflage, Munchen 2006, ISBN 3-8273-7209-7 .

  1. S. 590
  2. S. 591 ff.
  3. S. 629 ff.
  4. S. 594 ff. und 612 ff.
  5. S. 625

Hans-Joachim Jarchow und Peter Ruhmann: Monetare Außenwirtschaft II ? Internationale Wahrungspolitik . 5. Auflage, Gottingen 1997, ISBN 3-5250-3174-2 .

  1. S. 17
  2. S. 76
  3. S. 89 ff.

Barry Eichengreen: Vom Goldstandard zum EURO ? Die Geschichte des internationalen Wahrungssystems . Berlin 1996, ISBN 3-8031-3603-2 .

  1. S. 41
  2. S. 71

Reinhold Sellien und Helmut Sellien (Herausgeber): Gablers Wirtschaftslexikon . 12. Auflage, Wiesbaden 1988, ISBN 3-4093-0386-3 .

  1. S. 1108 ff.
  2. S. 1772 ff.