Fernsehproduktion

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Als TV- oder Fernsehproduktion werden Programminhalte bezeichnet, die fur die Ausstrahlung im Fernsehen produziert werden. Neben Fernsehfilmen und Fernsehserien zahlen hierzu auch die in den unterschiedlichen Fernsehsendungen gezeigten Formate wie Kultursendungen, Talk-Shows oder Magazine. [1]

Die Fernsehproduktion ist ein mehrstufiger Prozess.

  • Konzept: Aktuelle Ereignisse, Trends, Ideen werden in ein mogliches Sendeformat umgesetzt. Die Konzeption entsteht aus Initiative von Fernsehsendern, Autoren oder Produzenten.
  • Auswahl: Es wird ein Expose des geplanten Produktionsvorhabens erstellt. Das Expose wird nach seiner Attraktivitat und den Kosten fur eine Umsetzung bewertet.
  • Produktion im eigentlichen Sinne: Hierzu zahlen die Erstellung eines Treatments , das Verfassen eines Drehbuchs und die Dreharbeiten.
  • Postproduktion : Das bei den Dreharbeiten erstellte Material wird geschnitten und nachbearbeitet. Hierzu zahlen etwa die Vertonung und das hinzufugen von Spezialeffekten. Das Rohmaterial wird in eine sendefertige Fassung uberfuhrt.
  • Sendeabwicklung : Die letzte Stufe ist die Ausstrahlung der Sendung.

Die einzelnen Stufen des Prozesses konnen dabei von verschiedenen Anbietern ubernommen werden. Hierbei entscheidet sich, ob es sich um eine Eigenproduktion , eine Auftragsproduktion , eine Fremdproduktion oder eine Koproduktion handelt. Die Produktionen werden vor allem im offentlich-rechtlichen Fernsehen auf mehreren Sendern verwertet. Bestes Beispiel ist etwa die ARD-Tagesschau , die parallel oder zeitversetzt auf den dritten Programmen oder auf den digitalen Kanalen ausgestrahlt wird. [2]

Eigenproduktion

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Bei der Eigenproduktion liegen alle Stufen des Produktionsprozesses einer Sendung in der finanziellen und administrativen Obhut des Senders: Konzeption, Produktion, Postproduktion und Ausstrahlung. Ein typisches Beispiel fur die Eigenproduktion sind Nachrichtensendungen . Voraussetzung dafur ist, dass der Sender die komplette Infrastruktur zum Erstellen und Ausstrahlen einer Sendung besitzt.

Auftragsproduktion

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Bei der Auftragsproduktion werden einzelne Produktionsschritte an externe Dienstleister vergeben. So kann der Sender etwa die technische Produktion auslagern, wahrend er die Redaktion selbst betreibt. Es ist aber auch denkbar, dass ein Sender den ganzen Produktionsprozess auslagert. Sogenannte Full-Service-Provider ubernehmen in diesem Fall den gesamten Produktionsprozess und konnen dabei wieder einzelne Teile, etwa die Postproduktion, an weitere Dienstleister vergeben. Durch Auftragsproduktionen kann der Sender Produktionskosten sparen, da er z. B. kein eigenes Fernsehstudio unterhalten muss. Zudem machen sich hier Spezialisierungseffekte bemerkbar. So gibt es Dienstleister, die auf Spezialeffekte oder bestimmte Genres spezialisiert sind. Es entstehen Skaleneffekte , da ein fur mehrere Auftraggeber tatiger Dienstleister seine Produktionsressourcen effektiver nutzen und so teure Leerlaufzeiten vermeiden kann. Ein weiterer Vorteil besteht in der großeren Innovationskraft externer Dienstleister. Diese sind dem Markt starker ausgesetzt als Fernsehsender und mussen daher schneller auf Trends reagieren. Die Auslagerung von Produktionsprozessen birgt aber auch die Gefahr, dass der Sender auf Dauer an Know-how verliert. Dies fuhrt langfristig in die Abhangigkeit von externen Dienstleistern. Da viele externe Dienstleister auf dem Markt existieren, besteht ein gewisser Preisdruck. Dies kann dazu fuhren, dass bei der redaktionellen oder technischen Qualitat gespart wird. Der auftraggebende Sender hat nur noch bedingt Einfluss auf die Qualitat der gelieferten Beitrage.

Die meisten Sender sind selbst an Produktionsfirmen beteiligt oder sind deren Eigentumer. Der Sender kann so im eigenen Unternehmensverband produzieren lassen, aber gleichzeitig die Dienstleistung auch Dritten anbieten, wodurch eine effektivere Ausnutzung der Ressourcen moglich ist. Da die offentlich-rechtlichen Sender nur bedingt am Markt agieren durfen und eine starkere Kontrolle uber die Inhalte von Auftragsproduktionen haben mochten, ist dieses Modell fur sie besonders attraktiv. Die ARD [3] und das ZDF [4] sind an mehreren Produktionsfirmen und anderen Dienstleistern beteiligt oder sind deren Eigner.

Fur privaten und offentlich-rechtlichen Rundfunk sind Auftragsproduktionen von unterschiedlicher Bedeutung. Wahrend beim privaten Rundfunk meist nur wirtschaftliche Erwagungen eine Rolle bei der Fremdvergabe von Produktionsprozessen spielen, gelten fur den offentlich-rechtlichen Rundfunk aufgrund seiner Rechtsform als Anstalt des offentlichen Rechts besondere Regeln. Die Grenzen liegen bei ihm in Programmbereichen, die den Kernbestand offentlich-rechtlichen Rundfunks betreffen. Durch ihren Grundversorgungsauftrag stellen ARD und ZDF hohere Anspruche an kulturelle und journalistische Qualitat.

Es besteht die Gefahr, dass zunehmende Auftragsproduktionen zu einem journalistischen Massenprodukt werden. Die Vielfalt konnte leiden, wenn etwa nur ein Dienstleister mehrere Sender mit Nachrichten beliefert.

Fremdproduktion

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Bei Fremdproduktionen handelt es sich in der Regel um komplette Fernsehformate oder Filme. Der ausstrahlende Sender erwirbt von einem Rechtehandler die Lizenz, diese Programme auszustrahlen. Der Sender hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt der Sendungen, da er in keiner Stufe (mit Ausnahme der technischen Verbreitung) am Produktionsprozess beteiligt ist. Beste Beispiele hierfur sind etwa auslandische Fernsehserien und Filme. Die Fremdproduktion ist strenggenommen ein Unterfall der Eigen- oder der Auftragsproduktion, da ursprunglich ein anderer Sender oder ein Filmstudio die Werke produziert oder in Auftrag gegeben hat.

Bei der Koproduktion beteiligen sich mehrere Sender und/oder Dienstleister an einer Produktion. Durch ein logistisches oder finanzielles Joint Venture konnen so Produktionskosten und -risiken minimiert werden. Andererseits profitieren alle Beteiligten am Erfolg eines Programms und haben bestimmte Rechte am Produkt. Koproduktionen finden sich haufig bei aufwandigen Dokumentationen oder bei Kino- und Fernsehfilmen. Da auch bei der Koproduktion alle Produktionsprozesse in Eigenleistung oder als Auftragsarbeiten erstellt werden konnen, ist auch sie strenggenommen ein Unterfall der Eigen- und Auftragsproduktion.

Nutzergenerierter Inhalt

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Ein besonderer Fall ist der vom Nutzer generierte Inhalt, der sogenannte user-generated content . So gibt es Fernsehsender, die auch von Zuschauern erstellte Inhalte ausstrahlen. Ein klassisches Beispiel sind etwa die einzelnen Beitrage in Heimvideo-Sendungen . Durch das Internet ist es noch einfacher fur Fernsehsender geworden, an nutzergenerierte Inhalte zu gelangen.

Seit 1964 wird in Deutschland alljahrlich der Grimme-Preis (fruher Adolf-Grimme-Preis ) fur Fernsehproduktionen verliehen, " die fur die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind ." [5] Der Grimme-Preis gilt als bedeutendste Auszeichnung fur Fernsehproduktionen in Deutschland. Eine zusammenfassende Ubersicht uber weitere bedeutende Fernsehpreise im In- und Ausland findet sich im Rahmen der Wikipedia unter dem Lemma Fernsehpreis .

  • Werner van Appeldorn: Handbuch der Film- und Fernseh-Produktion : Psychologie, Gestaltung, Technik. TR-Verl.-Union, Munchen 1992, ISBN 3-8058-2431-9 .
  • Craig Collie: The business of TV production. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-68238-1 .
  • Dennis Eick : Programmplanung: Die Strategien deutscher TV-Sender. 1. Auflage. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2007, ISBN 978-3-89669-676-2 .
  • Hans W. Geißendorfer, Alexander Leschinsky: Handbuch Fernsehproduktion. Luchterhand, Neuwied 2002, ISBN 3-472-04615-5 .
  • Lutz Hachmeister, Dieter Anschlag: Die Fernsehproduzenten: Rolle und Selbstverstandnis. 1. Auflage. UVK-Verlags-Gesellschaft, Konstanz 2003, ISBN 3-89669-423-5 .
  • Eric Karstens, Jorg Schutte: Praxishandbuch Fernsehen: Wie TV-Sender arbeiten. 1. Auflage. VS, Verlag fur Sozialwiss., Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14505-3 .
  • Josef Stader: Fernsehen: von der Idee bis zur Sendung: Praxis ? Alltag ? Hintergrunde. Eichborn, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-8218-0996-5 .
Wiktionary: Fernsehproduktion  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. ZDF Jahrbuch
  2. Bernd W. Wirtz: Medien- und Internetmanagement. 6., uberarbeitete Auflage. Gabler, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8349-0864-3 , S. 407?417.
  3. Vgl. ARD.intern: Gemeinschaftseinrichtungen ( Memento vom 6. November 2011 im Internet Archive ) [10. Oktober 2011]
  4. Vgl. ZDF Programme und wichtige Beteiligungen [10. Oktober 2011].
  5. Grimme Institut: Uber den Grimme-Preis ( Memento vom 11. April 2016 im Internet Archive ) [24. November 2011]