Fernbedienung

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Multifunktions-Fernbedienung
Grundig Tele Pilot 8 (1977)

Als Fernbedienung , in der Schweiz meist Fernsteuerung ( umgangssprachlich auch ( Fernseh ) schalter , ( Fernseh ) drucker oder ironisch, insbesondere bei Fernsehgeraten , die Macht [1] , von dem ungarischen Kulturwissenschaftler Jozsef Tillmann auch Zepter der Neuzeit [1] genannt) bezeichnet man ublicherweise ein elektronisches Handgerat, mit dem sich uber kurze bis mittlere Entfernungen (etwa 6 bis 20 m) Gerate oder Maschinen bedienen lassen. Fur Steuerungen uber großere Distanzen ist der Begriff Funkfernsteuerung gebrauchlich.

Grundig Ferndirigent 7602 (1955?1958)
Space Commander 600 von Zenith (ca. 1970)
Metz Fernbedienungen RM14 und RM 17 (2013)

Die Fernsehfernbedienung wurde im Jahr 1948 in den USA entwickelt. Sie war damals uber ein Kabel mit dem Fernseher verbunden und konnte nur das Bild vergroßern oder verkleinern. [2] 1950 brachte die Firma Zenith Radio Corporation eine ebenfalls kabelgebundene Fernbedienung namens Lazy Bones (englisch fur ?Faulpelz“) heraus, welche die Programme umschalten konnte.

Funf Jahre spater folgte die drahtlose Fernbedienung Flash-Matic . Sie war eine Idee des Zenith-Mitarbeiters Eugene Polley und funktionierte mit einem sichtbaren Lichtstrahl, der auf einen von vier lichtsensitiven Sensoren in den Ecken des Fernsehgerates gerichtet wurde. [3] [4] Dabei konnte auch haufig das bloße Tageslicht den Fernseher einschalten. Ein Jahr spater, 1956, ersetzte Ultraschalltechnik die Lichtmethode. Der Osterreicher Robert Adler , ein Entwickler von Zenith, baute das Modell ?Space Commander“. Es funktionierte ohne Batterien, indem ein Hammerchen ? ahnlich wie beim Klavier ? auf einen Stab schlug, der die Ultraschalltone erzeugte. Kurz darauf folgten vom selben Hersteller das Modell ?Kadett“ (1958) und etwas spater ?Vector“ (1960).

In Deutschland vertrieb die Firma Grundig zwischen 1955 und 1958 die drahtgebundene Fernbedienung Grundig Ferndirigent 7602 mit 6 m langem Kabel, die damals 38 DM kostete und u. a. an die Grundig- Radiogerate vom Typ 4055 angeschlossen werden konnte. Der Ferndirigent besaß funf Klangtasten mit Leuchtfeldern fur die Funktionen 3D, Sprache, Orchester, Solo und Jazz. In dem achtpoligen Anschluss-Stecker befand sich ein aktiver Verstarker , der die Dampfung des Klangregelnetzwerks ausglich. [5]

Ebenfalls in Deutschland erschien die erste, ?Zauberschalter“ genannte, Fernbedienung im Jahr 1956 von der Firma Tonfunk . Mit ihr konnte das Radiogerat drahtlos ein- und ausgeschaltet werden. Ab 1959 gab es dann Fernbedienungen mit mehreren Funktionen fur Fernsehgerate.

Man kann Fernbedienungen nach dem Ubertragungsmedium unterscheiden:

Funkfernbedienungen sind im Gegensatz zu IR-Fernbedienungen nicht auf optische Sicht zum Empfanger angewiesen und wirken somit auch durch Decken und Wande. Dafur kann es beim Einsatz weiterer Funkanwendungen (drahtloses Telefon, Videoubertragung usw.) und von Mikrowellengeraten zu Storungen kommen.

Daneben gibt es auch Universalfernbedienungen, welche die verschiedensten Gerate unterschiedlicher Marken bedienen konnen.

Begriffsabgrenzung

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Gerate mit hoherer Reichweite werden meist als Fernsteuerung bezeichnet und arbeiten mit Funkwellen .

Gerate mit nur wenigen Funktionen nennen sich Handsender .

Ubertragungsarten

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Ursprunglich wurden die Signale ausschließlich uber ein Kabel geleitet, wohingegen heutige Fernbedienungen in der Regel drahtlos sind. Als Ubertragungsverfahren konnen beispielsweise Radiowellen verwendet werden, dazu ist manchmal eine Genehmigung der nationalen Fernmeldebehorden (in Deutschland die Bundesnetzagentur ) notig. Nicht genehmigungspflichtig sind Ubertragungen mittels Infrarot , induktive Ubertragung mit einer Sendefrequenz um 10 kHz, beispielsweise zum Offnen von Garagentoren und Ultraschallfernbedienung ? sie ist heute kaum noch verbreitet. Ultraschallfernbedienungen sind ? wie induktive Fernbedienungen ? anfallig gegen Storsignale aus der Umgebung. Außerdem konnen Tiere Ultraschall horen und bei Betatigung aufschrecken.

Die meisten Fernbedienungen arbeiten heute mit Infrarot ( Leuchtdioden bei einer Wellenlange von 940 nm als Sender). Zur Verbesserung der Storsicherheit wird die Strahlung mit einer Frequenz von 20 bis 70 kHz moduliert. Die Modulation des Signals verringert den Stromverbrauch des Senders und macht die Ubertragung storsicher gegen Fremdlicht. Bei Infrarot-Fernbedienungen ist unmittelbarer Sichtkontakt zum zu steuernden Gerat nicht zwingend erforderlich, da IR-Signale von vielen Flachen reflektiert werden.

Neuere Entwicklungen verwenden Funkfrequenzen um 2,4 GHz. Unter anderem lassen sich Gerate per Mobiltelefon oder Computer mittels Remote-Apps uber Bluetooth oder LAN / WLAN fernsteuern. Diese Methode erfordert keinen Sichtkontakt.

Infrarot-Fernbedienung

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Signalfolgen zur Informationsubertragung
38-kHz-Signal einer Fernbedienung
Funktionstest mit einer IR-Fernbedienung. Die meisten Bildsensoren in Digitalkameras konnen das Infrarotlicht der Sender-LED sichtbar machen.

IR-Fernbedienungen senden ein Signal im unsichtbaren Infrarotbereich aus. Als Strahlungsquelle dienen haufig Infrarotleuchtdioden . Das Signal wird mit einer Frequenz um 40 kHz aus- und eingeschaltet. Dadurch erhoht sich die Storsicherheit des Empfangers: Ein Bandpassfilter lasst nur diese Frequenzen passieren und sperrt zufallige Storsignale aus. Durch Modulation dieses Sendesignals werden Informationen zum Empfanger ubertragen.

Das linke Bild zeigt ein IR-Tragersignal von 38 kHz. Die Signalfolge ( englisch burst ) hat eine Sendedauer von circa 560 μs, das sind in etwa 21 Wellenzuge des Tragersignals. Durch zeitlich versetztes Senden der Signalfolgen lassen sich Daten ubermitteln. Die Bursts und die Pausen zwischen ihnen kodieren die Information, die an den Empfanger ubermittelt werden soll. Das Tragersignal ist im rechten Bild wegen der geringen Auflosung nicht zu erkennen.

Die Kodierung erfolgt nach unterschiedlichen Verfahren durch Variation der Burst- und Pausendauer (Impulstelegramm). Die Audiodatei zeigt beispielhaft, wie sich ein IR-Signal anhoren wurde:

Im ersten Klangblock kodieren Pulse mit einer Lange von 500 bzw. 1600 μs Dauer, getrennt von ca. 500 μs langen Pausen, die Information. Die folgenden Knack-Gerausche teilen dem Empfanger mit, dass die Fernbedienung langer gedruckt wird und die Information des ersten Blocks wiederholt werden soll. Es folgen zwei weitere Sequenzen, die die Information anderer gedruckter Fernbedienungstasten ubermitteln. Das Wiederholungssignal ist identisch. Die feinen Unterschiede im Informationsblock sind auditiv nicht wahrzunehmen.

Verbreitet sind die Verfahren RC-5 und RC-6 , die auf die Firma Philips zuruckgehen. Sie verwenden einen Trager von 36 kHz. Die Bursts und Pausen haben jeweils eine Dauer von 889 μs. Der Kodierung liegt ein Manchester-Code zu Grunde. Dadurch treten Pausen und Bursts von einfacher und maximal doppelter Dauer auf. Ein Signalpaket ubertragt 14 Bit, so dass pro Sekunde ein Sendebefehl mindestens zehnmal wiederholt ausgestrahlt wird.

Technische Realisierung

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Komponenten des Senders (Handgerat) einer Infrarot-Fernbedienung
Verschiedene Ausfuhrungsformen von IR-Fernsteuerempfangern

Im Handgerat bzw. in der Fernbedienung befindet sich eine Batterie, eine Steuerschaltung, das Tastenfeld und eine Galliumarsenid-Leuchtdiode. Die Steuerschaltung (fast immer als integrierte Schaltung (IC) ausgefuhrt) erzeugt fur jede Taste einen spezifischen Code und liefert die damit modulierte Tragerfrequenz (beispielsweise 36 kHz) an die Leuchtdiode. Oft ist ein Treibertransistor zur Verstarkung dazwischengeschaltet. Die Modulationsfrequenz wird von einem Oszillator erzeugt, der meist mit einem Keramikresonator arbeitet.

Der Empfanger, etwa im Fernsehempfanger, besteht aus einer Photodiode , einem bei 36 kHz selektiv arbeitenden geregelten Verstarker ( AGC ) und einem Demodulator , der das digital codierte Signal an die Steuerschaltung des Gerates liefert. Vor der Photodiode sitzt ein fur sichtbares Licht undurchlassiger Sperrfilter, um Storungen, zum Beispiel von Energiesparlampen, zu vermeiden.

Wahrend solche Empfanger fruher aus diskreten Bauteilen aufgebaut waren, sind sie seit den 1990er Jahren als IC verfugbar, die alle diese Funktionen enthalten. Meist sind IC und Photodiode in einem gefarbten Kunststoffgehause integriert, das sichtbares Licht ausfiltert.

Einer der popularsten Empfangs-ICs ist der TSOP1736 fur 36 kHz. In der TSOP17.. Reihe sind Empfangs-ICs fur die Frequenzen 30, 33, 36, 36,7, 38, 40 und 56 kHz erhaltlich. [6]

Fernbedienung fur Wegfahrsperre und Zentralverriegelung (1994)

IR-Fernbedienungen werden fur Haushaltsgerate und vor allem im Bereich der Unterhaltungselektronik verwendet.

Funkfernbedienungen finden unter anderem zum Offnen/Schließen von Garagentoren oder zum Ver- und Entriegeln von Automobilen (seit den 1990er Jahren) Verwendung.

Universalfernbedienung

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Universalfernbedienungen sind Fernbedienungen, die verschiedene Gerate bedienen konnen. Es ist zu unterscheiden zwischen lernfahigen Fernbedienungen, die mittels der Original-Fernbedienung angelernt werden und programmierbaren Fernbedienungen, die mittels eines Zahlencodes auf die zu bedienenden Gerate eingestellt werden. Universalfernbedienungen konnen auch beides, Zahlencodes fur die gangigsten Markengerate und Lernfunktion fur unubliche Steuersignale.

Universalfernbedienungen konnen mehrere Gerate steuern: Im Allgemeinen stellt man uber sogenannte Geratetasten die Bedienung auf ein bestimmtes Gerat ein ? und kann somit alle Gerate mit einer einzigen Fernbedienung steuern. Um sie an die Gerate anzupassen, mussen oft herstellerspezifische Codes in die Fernbedienung eingegeben werden.

Die bessere Alternative ist eine Programmierung uber eine (gut gepflegte) Datenbank im Internet (Online-Verbindung erforderlich) und zusatzlich noch eine Lernfunktion, uber die auch evtl. nicht funktionierende Befehle korrekt eingelernt werden konnen.

Die teureren unter den Universalfernbedienungen bieten zusatzlich noch sogenannte ?aktionsgesteuerte Aktivitaten“, d. h. zuerst werden alle im Heimkino verwendeten Gerate mittels Herstellerangabe und Modellbezeichnung aus einer Liste auf der Hersteller-Webseite eingegeben, die Befehle sodann auf die Fernbedienung ubertragen und anschließend logisch fur verschiedene Aktionen miteinander verknupft. So fahrt beispielsweise auf Knopfdruck neben dem im Display angezeigten ?Beamer TV“ die Leinwand nach unten, der Projektor schaltet sich ein, der richtige Video-Eingang am Projektor wird gewahlt, der A/V-Receiver schaltet sich ein und der korrekte Audio-Eingang wird eingestellt. Sodann schaltet sich der DVD-Player ein, das Licht wird gedimmt und der Film startet.

In oben aufgefuhrtem Szenario steuert die Universalfernbedienung auch Gerate, die via Funk angesprochen werden, z. B. die Motorleinwand oder die Beleuchtung via Funksteckdosen. Dazu gibt es im Handel preiswerte Umsetzer von Infrarot auf Funk, eine gute Anleitung dazu gibt es weiter unten in den Weblinks.

Die großte Verbreitung haben aktionsgesteuerte Universalfernbedienungen naturgemaß in Heimkinos mit ihrem meist großeren Geratepark.

Interaktive Fernbedienung

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Betty-Fernbedienung mit boop-Firmware

Eine Sonderform der Universalfernbedienung stellte die ?Betty“ dar, ein als interaktive Fernbedienung beworbenes Gerat der Swisscom Fixnet . Dieses kam 2006 auf den Schweizer und Anfang 2007 auf den deutschen Markt. Die Fernbedienung bot, begleitend zum Programm einiger Fernsehsender, auf dem Display Spiele, Hintergrundinformationen und Werbung. Gewinne wurden als Bonuspunkte ausgezahlt.

Erfasste Daten wurden per Telefon mittels eines eingebauten Modems ubertragen. Der Aufbau des Systems ermoglichte es dem Anbieter, das Seh- und Nutzungsverhalten des Zuschauers zu protokollieren.

Nach der Markteinfuhrung wurden in Deutschland anstatt der geplanten 500.000 bis 1.000.000 Kunden bis zum 25. Juli 2007 nur 100.000 Bettys abgesetzt. [7] [8] Betty wurde in der Schweiz und in Deutschland Ende 2007 eingestellt. [9] [10] Die Betty wurde zu einer gewohnlichen Universalfernbedienung.

Ein alternatives Betriebssystem fur die Betty, die boop-Firmware, wurde nach der Cartoonfigur Betty Boop benannt. Damit arbeitet sie als Universalfernbedienung fur die d-box 2, Xbox und andere Gerate. [11]

Einzelnachweise

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  1. a b 50 Jahre Fernbedienung: Ein Zauberstab erobert die Welt . In: Spiegel Online . 25. Juli 2004 ( spiegel.de [abgerufen am 25. September 2019]).
  2. Tele-Zoom -Fernbedienung fur ein Fernsehgerat der Garod Radio Corp.; Brooklyn (NY), Modell 10TZ20 von 1948 bei earlytelevision.org (englisch)
  3. Benjamin Maack: Erfinder der Fernbedienung gestorben. In: Spiegel Online . 23. Mai 2012, abgerufen am 27. Januar 2024 .
  4. FAZ.NET mit Material von dpa: Der Vater der Fernbedienung ist tot. In: FAZ.net . 23. Mai 2012, abgerufen am 13. Oktober 2018 .
  5. Produktinformation fur den Grundig Ferndirigenten 7602 (radiomuseum.org)
  6. Empfangs-IC ( Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive ) TSOP17.. fur verschiedene Frequenzen. (Datenblatt engl.)
  7. Daten fur die liebe Betty , Stern
  8. Swisscom verliert die Geduld: Betty TV vor dem Aus? DWDL
  9. Thomas Luckerath: Goodbye Betty: Interaktive Fernbedienung am Ende. In: DWDL.de . 1. Juli 2006, abgerufen am 17. November 2023 .
  10. Swisscom stellt interaktives Fernsehangebot wieder ein , Heise-Newsticker
  11. Bettyhacks
Wiktionary: Fernbedienung  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
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