European Remote Sensing Satellite

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ERS-Satellit uber der Antarktis (Fotomontage)
Modell: ERS-Satellit in der Nutzlastverkleidung der Ariane 4

Die European Remote Sensing Satellite s ERS-1 und ERS-2 sind zwei Satelliten der Europaischen Weltraumorganisation (ESA), die der Fernerkundung der Erdoberflache dienten. Beide Satelliten sind nicht mehr in Betrieb. ERS-1 war der erste Erdbeobachtungssatellit der ESA und eine ihrer wichtigsten Satellitenentwicklungen der 1980er Jahre.

Entwicklung und Aufbau

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Erste Projektstudien begannen 1977. [1] [2] Die DASA war Hauptauftragnehmer fur beide Missionen und lieferte sowohl die Plattform als auch einige Hauptinstrumente. Ausgerustet waren die Satelliten mit jeweils mehreren (?multidisziplinaren“) Messtechniken fur verschiedene Spektralbereiche ( UV /VIS-Bereich, Infrarot -Bereich, Mikrowellen ). Gebaut wurden ERS-1 und ERS-2 von einem Firmenkonsortium unter der Systemfuhrung der Dornier -System GmbH in Friedrichshafen . Diese Firma hat zudem den SAR-Sensor entwickelt. Ebenso wurde die ERS-Bodenstation in der Antarktis bei Dornier gebaut.

Satellitenbahnen und Bildspuren

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Die beiden Satelliten wurden am 17. Juli 1991 und 21. April 1995 mit Ariane-4 -Raketen in die Erdumlaufbahn gebracht. Die ERS-Satelliten umrundeten die Erde in etwa 100 Minuten und laufen auf nahezu polaren Umlaufbahnen , wodurch sie sonnensynchron ausgelegt werden konnten. Das bedeutet, dass die Bahnebenen immer im selben Winkel zur Sonne stehen und die aufgenommenen Bildstreifen auch zu verschiedenen Zeiten etwa dieselben Verhaltnisse bei Beleuchtung und Kontrast aufweisen.

Streifenartiges Scannen der Erde

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Die Satellitenbahnen waren so ausgelegt, dass sie in 35 Tagen fast jede Stelle der Erde zumindest einmal mit ihren Sensoren uberstrichen.

Dieses streifenformige Uberfliegen kommt durch zwei Effekte zustande: die Erdrotation und die Prazession der Bahnebenen. Die Bahnen von Satelliten stellen Ellipsen oder Kreise dar und verlaufen genahert nach den Kepler-Gesetzen . Ihre Ebenen bleiben im umgebenden Raum ( Bezugssystem der Sterne) weitgehend raumfest , sodass sich unser Heimatplanet unter diesen Bahnen hinwegdreht. Das hat zur Folge, dass ERS- und ahnliche Satelliten die Erdoberflache nach und nach in zusammenhangenden Bildstreifen abtasten konnen.

Wurde ein polarnaher Satellit (Nord-Sud fliegend) nun genau 14-mal taglich die Erde umkreisen, kame er nach jedem Tag fast zum selben Streifen zuruck. Hatte also z. B. ERS-2 diese Umlaufzeit von 102,57 Minuten, konnte er die Erdoberflache zwar taglich entlang gewisser Meridiane beobachten, die dazwischen liegenden Gebiete aber nicht. Man andert und stabilisiert die Bahnen daher so, dass sie jeden Tag in einem gewissen Abstand zum vorigen Meridian verlauft.

Die ERS-Satelliten umkreisten die Erde auf einer sonnensynchronen Umlaufbahn in zuerst 800 km bei einer Inklination von 98,5°. Die Bahnspur fuhrt etwa 900 km an den Polen vorbei. Die Satelliten rasterten die Erde streifenweise ab und erreichen den Ausgangspunkt nach 35 Tagen. Die Umlaufbahn war als Frozen orbit ausgelegt.

Instrumente der ERS-Satelliten

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Modell des ERS (Strahler im Vordergrund als Großenreferenz)

Das wichtigste Messgerat war ein C-Band Synthetic Aperture Radar mit einer Bodenauflosung von 30 m × 30 m . Es war um 12° nach links und rechts schwenkbar und erfasste einen 100 km breiten Streifen auf der Erde. Aufgrund der sonnensynchronen Bahn sah es die Oberflache immer zur gleichen Ortszeit.

ERS-2 tragt zusatzlich zum Instrumentarium des ERS-1 das GOME-Spektrometer . Weitere Messgerate sind:

  1. Radar- Altimeter zur Hohenmessung uber Meer oder Eisflachen: ein Ku-Band -Sender mit 13,8 GHz, der senkrechte Mikrowellen abstrahlte und die Laufzeit des Echos maß. Daraus ließen sich Daten uber Wellenhohe, Wind, Meeresspiegelhohe, Gezeiten, Eisflachen und Geoidgestalt ableiten.
  2. ATSR (Along-Track Scanning Radiometer ): ein abbildendes Infrarot -Radiometer (IRR), kombiniert mit einer passiven Mikrowellen-Sonde (MWS). Das IRR maß in vier Kanalen die Wolken-, Boden- und Meerestemperatur mit einer Genauigkeit von 0,2 bis 0,5°. Zusatzlich wurde auch der sichtbare Bereich zur Vegetationsanalyse erfasst. Das MWS verfugte uber zwei Kanale fur die Bestimmung des Gesamt-Wassergehalts in der Atmosphare uber einer Bodenspur von 20 km Breite.
  3. GOME (Global Ozone Monitoring Experiment) war ein hochauflosendes Spektrometer fur UV - und sichtbare Strahlung. Ab 1996 lieferte die ESA uber CD-ROM oder Internet 3-Tages-Datensatze uber Bewolkung und die atmospharische Ozon- und Stickstoffdioxid -Verteilung. GOME spurte auch einige weitere Spurengase (Brommonoxid, Schwefeldioxid , Formaldehyd , Chlordioxid , O2-O2 Dimer) und Aerosole in der Luft auf. Dieses Instrument ist nur an Bord von ERS 2
  4. MWS/MWR ( Microwave Sounder & Radiometer ): passives Radiometer (23,8 und 36,5 GHz) zur Analyse des Wasserdampfs in der Atmosphare. Damit verbesserte sich die Hohenbestimmung (Altimetrie), da Wasserdampf und Wassertropfen den scheinbaren Weg des Echosignals verlangern.
  5. SAR ( Synthetic Aperture Radar ) einschließlich AMI-Modus ( active microwave instrumentation ):
    1. Abbildungsmodus fur Bilder der Erdoberflache mit einer Auflosung von 8?20 m innerhalb eines 100-km-Streifens,
    2. Wellenmodus fur die Analyse von Meereswellen und Bestimmung der Windrichtung und -geschwindigkeit. Das Windscatterometer maß die veranderte Ruckstrahlung des Meeres, die von den kleinen Rippelwellen und ihrer Windenergie abhangt.
  6. PRARE (Precise Range and Range Rate Equipment): Allwetter-Distanzmessung fur die hochprazise Bahnbestimmung und fur Satellitengeodasie ? z. B. zur Analyse des Erdschwerefeldes oder der Plattentektonik.
  7. LRR ( Laser -Retroreflector): Infrarot-Reflektor fur gepulste Laserstrahlen spezieller Bodenstationen, welche die zugehorigen Messgerate zur Vermessung der Bahn hatten.

Innovation durch Kombination

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Nach dem Start von ERS-2 konnten die SAR-Sensoren von ERS-1 und ERS-2 in sehr kurzen Zeitabstanden (in der Regel einem Tag) dieselbe Erdoberflache erfassen und diese Daten fur Interferometrie benutzt werden. Dabei fuhren die leicht verschiedenen Orbits der zwei Satelliten (in der Regel wenige 100 Meter) zu leicht unterschiedlichen ?Blickwinkeln“ desselben Gebietes der Erdoberflache. Durch rechnerische Kombination der zwei Aufnahmen konnten somit entweder digitale Hohenmodelle der Erdoberflache erstellt werden oder auch kleine Bewegungen der Erdoberflache zwischen den zwei Aufnahmen auf etwa einen Zentimeter genau erfasst und sichtbar gemacht werden (differentielle Radar-Interferometrie, DInSAR).

So lieferten die Satelliten Daten uber Veranderungen der Erdoberflache vor oder nach einem Vulkanausbruch oder uber Verschiebungen der Erdoberflache durch Erdbeben. Die Expansion einer Lavakammer des Atna oder die Vorhersage der Schlammlawine eines Vulkans in Island waren weitere Beispiele.

Eine ahnliche Kombination von zwei SAR-Sensoren wird mit dem Satelliten TerraSAR-X durchgefuhrt. Ab Ende 2010 leitete dieser gemeinsam mit dem nahezu baugleichen Satelliten TanDEM-X eine mehrjahrige gemeinsame interferometrische Mission ein.

Der Satellit dient neben der Erreichung von Forschungszielen auch fur die Internationale Charta fur Weltraum und Naturkatastrophen .

Zustand der Satelliten

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ERS-1 ist seit dem 10. Marz 2000 nicht mehr aktiv, ubertraf aber die geplante Nutzungsdauer um das Doppelte.

Im Juni 2003 fiel der Bandspeicher von ERS-2 aus. Der Satellit konnte die Signale nicht mehr zwischenspeichern, die er bei einer Erdumrundung in 100 Minuten registrierte. Er sendete nur noch die Daten, die er gerade aufnahm, wenn er fur 10 Minuten Kontakt mit einer Bodenstation hatte. Durch ein ausgedehntes, internationales Netz von Bodenstationen wurde dieser Nachteil jedoch so gut wie moglich ausgeglichen.

Seit Februar 2001 fuhrten Probleme mit den Kreiselsensoren zu gewissen Einschrankungen in der Nutzbarkeit einiger Sensoren. Diese Probleme konnten 2003 teilweise durch eine neue Software-Steuerung ausgeglichen werden. Ansonsten arbeitete ERS-2 bis 2011 einwandfrei.

Ende 2007 und Anfang 2008 wurde eine Tandem-Mission mit dem ESA-Satelliten Envisat durchgefuhrt, bei der durch den zeitlich versetzten Uberflug (ca. 30 Minuten Differenz) wichtige neue Daten gewonnen wurden, so z. B. uber sich rasch verandernde Gletscher in der Arktis.

Am 5. Juli 2011 gab die ESA das Ende der Mission von ERS-2 bekannt. Ab dem 6. Juli wurde die Bahnhohe des Satellits durch mehrere Bremszundungen von 800 km auf 550 km abgesenkt, wo das Kollisionsrisiko geringer ist. Weiterhin wurden alle Tanks geleert und die Batterien entladen, um zu verhindern, dass Explosionen an Bord weitere Weltraumtrummer erzeugen. Das letzte Kommando an ERS-2 wurde am 5. September 2011 um 13:16 UTC gesendet. [3] Mit 5981 Tagen (uber 16 Jahre) war ERS-2 der bis dahin am langsten aktive Satellit der ESA. [4] Der Satellit ist am 21. Februar 2024 beim Eintritt in die Erdatmosphare uber dem Pazifik fast vollstandig vergluht. [5] [6]

Die Satelliten sind Namensgeber fur den Ers-Eisstrom auf der Antarktischen Halbinsel .

  • D. Zhao, C. Kuenzer, C. Fu, W. Wagner: Evaluation of the ERS Scatterometer derived Soil Water Index to monitor water availability and precipitation distribution at three different scales in China . In: Journal of Hydrometeorology . 2008, doi : 10.1175/2007JHM965.1 .
  • Dieter Gottschalk: ERS-1 Mission and System Overview . In: Die Geowissenschaften . 1991, doi : 10.2312/geowissenschaften.1991.9.100 . ? und weitere Artikel in Heft 9(4-5) der Zeitschrift Die Geowissenschaften .

Einzelnachweise

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  1. European Yearbook / Annuaire Europeen 1977 . Council of Europe, A. Robertson Martinus Nijhoff, 1979, S. 629; eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  2. Earth Resources: a continuing bibliography with indexes , Ausgaben 13?18, 1977, S. 173; eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  3. ERS satellite missions complete after 20 years. ESA, 12. September 2011, abgerufen am 12. September 2011 (englisch).
  4. ESA: Proba-1 Sets New Record. Abgerufen am 8. Januar 2019 (englisch): ?Proba-1 will surpass ERS-2, making it ESA’s longest operated Earth observation mission of all time.“
  5. ERS-2 vergluht in der Erdatmosphare. SPIEGEL Online, 22. Februar 2024, abgerufen am 22. Februar 2024 .
  6. Jonathan Amos: Pioneering European ERS-2 satellite burns up over Pacific. In: BBC News. 21. Februar 2024, abgerufen am 26. April 2024 (englisch).