Eugen Ruge

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Eugen Ruge 2014 in Saint Emilion, Frankreich

Eugen Ruge (* 24. Juni 1954 in Soswa , Oblast Swerdlowsk , Sowjetunion ) ist ein deutscher Schriftsteller , Regisseur und Ubersetzer aus dem Russischen. 2011 gewann er mit seinem Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts den Deutschen Buchpreis . [1] [2] [3]

Eugen Ruge ist der Sohn des DDR-Historikers Wolfgang Ruge , der von den sowjetischen Machthabern in das Nordurallager 239 deportiert worden war; seine Mutter war Russin und diente als Gefreite in der Roten Armee wahrend des Zweiten Weltkriegs. [4]

Eugen Ruge kam im Alter von zwei Jahren zusammen mit seinen Eltern aus der Sowjetunion zuruck in die DDR. Die Familie lebte in Potsdam . Er besuchte die Spezialschule technisch-physikalischer Richtung in Kleinmachnow . Ruge leistete ? unfreiwillig, wie er betont ? einen achtzehnmonatigen Wehrdienst als Grenzsoldat ab. [5] Nach einem Mathematikstudium und Diplom an der Humboldt-Universitat zu Berlin wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut fur Physik der Erde der Akademie der Wissenschaften der DDR . Er arbeitete im Bereich Seismik , insbesondere uber Erdbeben forschung. Seine Promotionsarbeit hatte in einer seismischen Sicherheitsanalyse fur ein neu zu bauendes Kernkraftwerk in Schleiz bestanden. Da Ruge ? auch aufgrund der Datenlage ? keine mathematisch-statistischen Risikoaussagen fur das Kernkraftwerk zu machen bereit war, kundigte er. [6]

1986 arbeitete er fur das DEFA -Dokfilmstudio. Unter anderem schrieb er das Szenario fur den Dokumentarfilm Was zuletzt bleibt ? Geschichte eines gewohnlichen KZ . [7] Der Film wurde nie aufgefuhrt. Zugleich fing er an, Theaterstucke zu schreiben. Sein erstes Theaterstuck ? eine Dramatisierung von Dostojewskis Schuld und Suhne ? wurde erst nach seiner Flucht aus der DDR am Schauspiel Leipzig aufgefuhrt.

1988 fuhr Eugen Ruge mit einem Besuchsvisum in die Bundesrepublik und kehrte nicht in die DDR zuruck. 1989 fiel die Mauer. 1990 wurde als erstes seiner Theaterstucke das Stuck Vom Umtausch ausgeschlossen am Schauspiel Bonn uraufgefuhrt. Inszenierungen auf weiteren Buhnen folgten.

Ruge meldete sich in mehreren gesellschafts- und kulturpolitischen Debatten der Bundesrepublik zu Wort. So setzte er sich im Zusammenhang mit den Mauerschutzenprozessen 1991 in der Frankfurter Zeitung dafur ein, zuerst die Hauptverantwortlichen zu bestrafen. Sein vielbeachteter Artikel wurde u. a. in juristischen Zeitschriften nachgedruckt und zitiert. [8] Im November 2014 kritisierte Ruge die Russland-Politik des Westens seit der Wende und warnte vor dem ?Beginn einer neuen, noch gefahrlicheren Ara des Kalten Krieges.“ [9] 2018 brachte er in seiner Dresdener Rede seine Sorge um die deutsche Sprache zum Ausdruck. [10] [11] In einer Rede bei der Veranstaltung ?Demokratisches Doppel“ am 9. Februar 2019 in Potsdam setzte sich Ruge gegen die Wiedererrichtung der Garnisonkirche in Potsdam als Symbol der nationalsozialistischen Machtergreifung ein. [12] Am 9. Februar 2022 kritisierte Ruge in der Suddeutschen Zeitung den Appell von 350 Intellektuellen um Wolf Biermann und warnte zugleich: ?Putins Truppen bedeuten eine Drohung, sie sind ein Druckmittel fur einen politischen, einen geostrategischen Zweck ? naturgemaß mit Option auf Wahrwerdung.“ [13] Im Februar 2023 gehorte Ruge zu den Erstunterzeichnern der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten Petition Manifest fur Frieden . Im Interview mit der Suddeutschen Zeitung vom 21. Marz 2024 bezeichnete er Wladimir Putin als ?Westler, ein Liberaler“, der sich erst im Konflikt mit dem Westen zum Konservativen gewandelt habe. [14]

Literarisches Werk

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Seit 1989 wirkt Ruge hauptsachlich als Autor fur Theater, Funk und Film. 2011 debutierte er als Romanautor mit In Zeiten des abnehmenden Lichts. Roman einer Familie .

In seinen Horspielen und Theaterstucken beschaftigt sich Ruge mit dem Nachhall der linken Utopie ( Vom Umtausch ausgeschlossen; Restwarme; Labyrinth) und mit dem Scheitern historisch realer Personlichkeiten ( Akte Bohme uber Ibrahim Bohme ; Der General schreibt einen Brief und erschießt seine Freundin uber Petra Kelly und Gert Bastian ) .

Schon 1997 entstand das Theaterstuck Babelsberger Elegie (UA Staatstheater Magdeburg ), in dem teilweise sein spaterer Erfolgsroman In Zeiten des abnehmenden Lichts vorweggenommen ist.

Ein Großteil des erzahlerischen Werks Eugen Ruges kreist um seine Familiengeschichte. In dem Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts (2011) spiegelt sich die Geschichte der DDR im Schicksal seiner Familie wider. Der Roman wurde 2011 u. a. mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, stand mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste und war der bestverkaufte deutsche Roman des Jahres 2011. [15] Bis Juni 2013 verkaufte sich das Buch bereits mehr als eine halbe Million Mal [16] und hat bis April 2023 mit 18 Taschenbuchauflagen und 31 Ubersetzungen die Millionengrenze uberschritten. Der Roman fand ein breites, positives Echo in der nationalen und internationalen Presse. So schrieb die New York Times : ?Ein pulsierendes, vibrierendes, aufregend lebendiges Werk, außergewohnlich mitfuhlend und vor allem von scharfem, erhellendem Witz“ und bescheinigte Eugen Ruge die ?Mauern zwischen russischer Epik und dem großen amerikanischen Roman eingerissen“ zu haben. [17] Es entstanden neben der Kino-Verfilmung mehrere Buhnenfassungen, u. a. fur das Deutsche Theater Berlin , das Theater der Altmark Stendal , die Stadtischen Buhnen Osnabruck , das Saarlandische Staatstheater , das Hans-Otto-Theater Potsdam , das neue theater Halle und die Theaterei Herrlingen .

Follower (2016) setzt die Familiengeschichte in die Zukunft fort. Metropol (2019) verarbeitet die Geschichte von Ruges Großmutter im Moskau der Terrorjahre 1937 /38. Cabo de Gata (2013) thematisiert das Scheitern und kann als autofiktionaler Bericht uber eine Andalusien -Reise Ruges gelesen werden. Auch von diesen drei Buchern erschienen bereits zahlreiche Ubersetzungen in anderen Sprachen.

Der Roman Pompeji oder Die funf Reden des Jowna (2023) erzahlt von dem Vulkanausbruch, der 79 n. Chr. Pompeji zerstorte, und lasst sich als politische Parabel auf die Gegenwart und jungste Vergangenheit lesen.

Werke (Auswahl)

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Alle Buhnentexte von Eugen Ruge sind im Merlin Verlag erschienen.

  • Anton Tschechow : Der Kirschgarten . (EA der Ubersetzung 1991, Stadttheater Gießen) [26]
  • Anton Tschechow: Die Mowe . (EA der Ubersetzung 1991, Stadttheater Konstanz) [27]
  • Anton Tschechow: Drei Schwestern . (EA der Ubersetzung 1992, Stadttheater Bern) [28]
  • Anton Tschechow: Onkel Wanja . (EA der Ubersetzung 1993, Stadtische Buhnen Osnabruck [29] )
  • Anton Tschechow: Uber die Schadlichkeit des Nikotins. (Frei bearbeitet und ubersetzt von Eugen Ruge, Auffuhrung 2008, Kulturkeller Heilbronn) [30]

In Buchform erschien bisher keine dieser Ubersetzungen. Der Kirschgarten , Die Mowe und Drei Schwestern waren in den fruhen 1990er-Jahren als Buhnenmanuskripte ubernommen worden vom heute nicht mehr existierenden Theaterverlag Ute Nyssen & J. Bansemer, Koln, heute sind alle funf Tschechow-Ubertragungen von Eugen Ruge als Theatertexte im Merlin Verlag mit vertreten. [31]

Von den Ubersetzungen heißt es beim Verband deutscher Buhnen- und Medienverlage: ?Die Tschechow-Ubersetzungen des Alfred-Doblin-Preistragers Eugen Ruge zeichnen sich durch die sorgfaltige Ubertragung in eine vitale und unverbrauchte Sprache aus. Dabei ignorieren sie nicht den kulturellen Hintergrund von Tschechows Werk und geben Interpretationen dennoch großen Raum.“ [32]

Der Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts wurde mit dem gleichen Titel fur das Kino adaptiert . Matti Geschonneck inszenierte, Wolfgang Kohlhaase schrieb das Drehbuch. [38] Die Hauptrolle spielte Bruno Ganz . X Film brachte den Film ins Kino. [39] Gefordert wurde er von dort mit 400.000 Euro. Am 1. Juni 2017 startete der Film in den deutschen Kinos.

  • Kai U. Jurgens: Sonderbefahigte, Mannerfahrstuhle und geschlechtsneutrale Kinderbekleidung. Eugen Ruges sarkastische Dystopie ≫Follower≪. In: Prestige-Science Fiction ? Neue deutschsprachige Romane zwischen Kunstanspruch und Unterhaltung. hrsg. v. Christoph Rauen. Peter Lang, Berlin 2020, ISBN 978-3-631-83235-6 , S. 89?101.
  • Regine Robin: Les quatre generations du roman d'Eugen Rugen ≫Quand la lumiere decline≪ , Kap. 2.2. in Un Roman d'Allemagne. Stock, Paris 2016, S. 132?137 (franzosisch)
  • Leopoldo Dominguez: Man muss die Zeit anhalten, um die innere Haltung zu fixieren ? Uber den Schreibprozess und die andalusische Reise in Eugen Ruges Cabo de Gata. In: Berta Raposo, Walther Bernecker (Hrsg.): Spanische Stadte und Landschaften in der deutschen (Reise)literatur / Ciudades y paisajes espanoles en la literatura (de viajes) alemana. Peter Lang. 2017, S. 157?170.
  • Leopoldo Dominguez, Maria Gonzalez de Leon: Auch in der Erfindung schreibt man nichts, was nicht wahr ist. ? Eugen Ruge im Gesprach. In: Manuel Maldonado-Aleman, Carsten Gansel: Literarische Inszenierungen von Geschichte. Formen der Erinnerung in der deutschsprachigen Literatur nach 1945 und 1989. Metzler, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-21670-2 , S. 391?408.
Commons : Eugen Ruge  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Laut Bekanntgabe des Preistragers am 10. Oktober 2011 im Frankfurter Romer. Live-Ubertragung durch Deutschlandradio Kultur .
  2. Mitteilung ( Memento vom 12. Oktober 2011 im Internet Archive ) auf der Seite des Deutschen Buchpreises, abgerufen am 10. Oktober 2011.
  3. Eugen Ruge. Ein Familienroman wird zum Bestseller. Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 55 Min., Buch und Regie: Arpad Bondy , Erstsendung: 5. Dezember 2011 bei arte , Produktion: Arpad Bondy Filmproduktion , rbb , arte, Filminformationen von rbb
  4. Andreas Fanizadeh: ?Wir waren keine Deutschen“. In: taz.de. 17. Dezember 2017, abgerufen am 17. Dezember 2017 (Interview).
  5. Immer zu zweit, irgendwo in der Fremde. In: Frankfurter Zeitung. 29. August 1991, S. 27.
  6. Eugen Ruge: Buchpreistrager verliebte sich in seine Mathelehrerin - WELT. Abgerufen am 21. Marz 2023 .
  7. Eugen Ruge | filmportal.de. Abgerufen am 21. Marz 2023 .
  8. "Immer zu zweit, irgendwo in der Fremde" , Frankfurter Zeitung vom 29. August 1991, S. 27.
  9. Die Zeit , 8. Mai 2014.
  10. Eugen Ruge: Dresdner Rede 2018. (PDF) Abgerufen am 21. Marz 2023 .
  11. Die Rede erschien ebenfalls in Sinn und Form 3/2018.
  12. Eugen Ruge: Versohnungsgeschwafel. (PDF) Abgerufen am 21. Marz 2023 .
  13. Suddeutsche Zeitung: Schriftsteller Eugen Ruge gegen den Biermann-Appell zur Ukraine. Abgerufen am 21. Marz 2023 .
  14. Interview von Mareen Linnartz und Christian Mayer: ?Man riskiert, dem Reich des Bosen zugeschlagen zu werden“ . In: Suddeutsche Zeitung, Rubrik Storytelling , vom 21. Marz 2024.
  15. Dirk Knipphals: Eugen Ruge im Arte-Portrat: Gigantische Ohrenschutzer. In: taz.de. 5. Dezember 2011, abgerufen am 4. April 2023 .
  16. kulturradio vom rbb | Eugen Ruge: "Cabo de Gata". 31. Dezember 2013, archiviert vom Original am 31. Dezember 2013 ; abgerufen am 4. April 2023 .   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturradio.de
  17. New York Times , 13. August 2013
  18. Dossier zu den wichtigsten Begriffen im Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts : Archivierte Kopie ( Memento vom 4. Marz 2016 im Internet Archive )
  19. Besprechung der englischen Ausgabe von In Zeiten des abnehmenden Lichts. In: The New York Times . 13. August 2013: http://www.nytimes.com/2013/08/14/books/in-times-of-fading-light-spans-generations-in-germany.html
  20. Besprechung der englischen Ausgabe von In Zeiten des abnehmenden Lichts. In: The Independent. 2. August 2013: http://www.independent.co.uk/arts-entertainment/books/reviews/book-review-in-times-of-fading-light-by-eugen-ruge-trans-anthea-bell-8744053.html
  21. Besprechung der englischen Ausgabe von In Zeiten des abnehmenden Lichts. In: The Times Literary Supplement. 22. Juli 2013: Archivierte Kopie ( Memento vom 26. Juli 2013 im Internet Archive )
  22. Besprechung der englischen Ausgabe von In Zeiten des abnehmenden Lichts. In: The Boston Globe. 11. Juli 2013: http://www.bostonglobe.com/arts/books/2013/07/11/book-review-times-fading-light-eugen-ruge/8199kIFyzPbJAAxz9rfaVI/story.html
  23. Besprechung der englischen Ausgabe von In Zeiten des abnehmenden Lichts. In: The Guardian. 6. Juli 2013: https://www.theguardian.com/books/2013/jul/06/times-fading-light-ruge-review
  24. Sendebeschrieb @1 @2 Vorlage:Toter Link/www.swr.de ( Seite nicht mehr abrufbar , festgestellt im April 2023. Suche in Webarchiven )     Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prufe den Link gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Website des Senders SWR2 abgerufen am 16. Dezember 2012.
  25. mdr.de: Ulrich Noethen liest "Metropol" von Eugen Ruge | MDR.DE. Abgerufen am 10. Juli 2020 .
  26. Eugen Ruge, Sonstige Werke, Ubersetzungen (Auswahl). Abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  27. Eugen Ruge, Sonstige Werke, Ubersetzungen (Auswahl). Abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  28. Eugen Ruge, Sonstige Werke, Ubersetzungen (Auswahl). Abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  29. Eugen Ruge, Sonstige Werke, Ubersetzungen (Auswahl). Abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  30. Anton Tschechow: Uber die Schadlichkeit des Nikotins. theatertexte.de, abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  31. Tschechow. In: Merlin Theater. Abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  32. Anton Tschechow - Euge Ruge. theatertexte.de, abgerufen am 11. Oktober 2021 .
  33. Aussterbende Art. Abgerufen am 21. Marz 2023 .
  34. Preistrager des Schiller-Gedachtnispreises des Landes Baden-Wurttemberg ( Memento vom 2. Februar 2014 im Internet Archive ) (PDF; 7 kB)
  35. Kuhn sein und belohnt werden. Artikel zum Alfred-Doblin-Preis 2009 in der taz vom 8. Juni 2009, abgerufen am 9. Oktober 2011.
  36. Video aspekte-Literaturpreistrager: Eugen Ruge (14. Oktober 2011)  in der ZDFmediathek , abgerufen am 26. Januar 2014. (offline)
  37. Dirk Knipphals: Deutscher Buchpreis fur Eugen Ruge: Was will man mehr. In die tageszeitung , 11. Oktober 2011
  38. In Zeiten des abnehmenden Lichts. In: moviepilot.de. Abgerufen am 4. November 2019 .
  39. Medienboard ? Forderentscheidungen Film. In: www.medienboard.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 9. Juni 2016 ; abgerufen am 9. Juni 2016 .