Die
Erste Flandernschlacht
oder
Ypernschlacht
(
englisch
First battle of Ypres
,
niederlandisch
Eerste Slag om Ieper
,
franzosisch
Premiere bataille d’Ypres
) fand gegen Ende der ersten Phase des
Ersten Weltkrieges
vom 20. Oktober bis zum 18. November 1914 zwischen deutschen und alliierten Truppen im Raum der belgischen Kanalkuste in Westflandern statt. Trotz schwerster Verluste an Menschenleben konnte die Absicht der deutschen Fuhrung, durch einen Angriff der
4. Armee
entlang der Kanalkuste das britische Expeditionskorps (
British Expeditionary Force
) von seinen Versorgungslinien abzuschneiden, nicht verwirklicht werden. Die Auseinandersetzung wird zu den vier
Flandernschlachten
gezahlt.
Der deutsche
Schlieffenplan
mit dem Ziel, in einem raschen Stoß
Paris
zu nehmen und damit den Krieg zu beenden, war am 9. September mit dem deutschen Ruckzug an die
Aisne
in der
Marneschlacht
gescheitert. Der folgende
Wettlauf zum Meer
, bei dem sich die Gegner gegenseitig die
Nordflanke
abzugewinnen suchten, war unentschieden ausgegangen. Im Zuge dieses ?Wettlaufs“ hatte das deutsche
III. Reserve-Korps
unter General
von Beseler
die
Festung Antwerpen
eingenommen und verfolgte die Belgier bis zur
Yser
. Am 10. und 11. Oktober 1914 begann auf deutscher Seite der Antransport von vier neu aufgestellten Reservekorps uber Brussel nach Flandern.
General
Erich von Falkenhayn
, Chef der deutschen Heeresleitung, entschloss sich, zwischen
Nieuwpoort
im Norden und
Ypern
im Suden mit funf Korps nebeneinander anzugreifen. Mitte Oktober erhielt die deutsche 4. Armee unter
Generaloberst
Albrecht Herzog von Wurttemberg
(Stabschef: Generalmajor
Emil Ilse
) den Auftrag, mit dem neu unterstellten III. Reserve-Korps und seinen vier eigenen Korps (insgesamt elf Divisionen) am rechten
Flugel
des deutschen Heeres uber Nieuwpoort auf
Dunkirchen
und
Calais
, die Nachschubhafen der britischen Truppen, vorzustoßen, diese Stadte zu erobern, um danach, weiter der Kanalkuste folgend, nach Suden in Richtung
Somme
umzuschwenken.
Das nach der
Eroberung der Festung Antwerpen
freigewordene III. Reserve-Korps hatte die Aufgabe, den weichenden Belgiern zu folgen und vom sudlicheren Aufmarsch der 4. Armee abzulenken. Das Korps war der 4. Armee als nordlicher Flugel unterstellt und schob sich zwischen dem XXII. Reserve-Korps entlang der Frontlucke an der Yser bis zum Meer in die neue Front ein. Am 17. Oktober drangte die an der Kuste eingesetzte 4. Ersatz-Division die belgische 2. Division von Westende auf
Lombardsijde
zuruck. Fur den Angriff am 18. Oktober hatte General von Beseler die 4. Ersatz-Division uber
Middelkerke
auf
Nieuwpoort
und die 5. Reserve-Division auf Mannekensvere angesetzt. Die bisher im Angriff auf
Dixmuide
gescheiterte 6. Reserve-Division wurde nach Schoore und Keyem umgruppiert und sollte dort den Yser-Ubergang erzwingen. Am 18. und 19. Oktober griff die Royal Navy wirksam in die Kampfe bei
Westende
ein und begann mit dem Beschuss der auf Nieuwpoort vorruckenden deutschen Ersatzdivision, deren Ziel ? die Einnahme des Straßenknotens von Furnes ? scheiterte. Dennoch wurde der geplante Durchbruch auf
Dunkirchen
auch die folgenden Tage weiter angestrebt.
[2]
An der Yser und bei
Ypern
befand sich nach dem Abschluss der Operationen im
Artois
noch frei manovrierbares Gelande. Um diese Frontlucke zu schließen, ließ der alliierte Oberbefehlshaber am Nordabschnitt, General
Ferdinand Foch
, die neu aufgestellte franzosische Armee-Abteilung
Detachement d’armee de Belgique
unter General
Victor d’Urbal
aufmarschieren. Zwischen
Dixmuiden
und Ypern marschierten das 2.
Kavalleriekorps
de Mitry
, das XXXII. (General
Humbert
) und XVI. Korps (General
Taverna
, ab 16. November Grossetti), zusammen 7 Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen auf. Die bei Dixmuide bedrangten Belgier wurden zuerst mit der uber Dunkirchen zugefuhrten franzosischen Marinebrigade unter Admiral
Ronarc'h
verstarkt. Die bisher in diesem Raum sichernde Gruppe des Generals Bidon (87. und 89. Territorial-Division) wurde als zu wenig kampfkraftig aus der vorderen Linie genommen und als Reserve dahinter versammelt. Die belgische Feldarmee (sechs Divisionen unter General
Wielemans
) wurde am nordlichen Yserabschnitt mit der franzosischen 42. Division unter General
Grossetti
verstarkt. Die Hauptanstrengungen der Alliierten richteten sich aber auf den neu gebildeten Frontbogen um Ypern, den sie rechtzeitig besetzen und vor einem deutschen Zugriff sichern konnten.
Bis zum 19. Oktober 1914 hatte das aus dem Raum
Soissons
herangefuhrte Gros des britischen Expeditionskorps unter Feldmarschall
John French
seine neuen Positionen im Raum Ypern eingenommen. Den Raum ostlich und sudostlich von Ypern an der Linie Zonnebeke uber
Gheluvelt
bis
Zillebeke
sicherte notdurftig das franzosische IX. Korps (General
Dubois
) und das neu gebildete britische IV. Korps (General
Rawlinson
mit der 3. Kavallerie- und 7. Division). Uber die Bahnlinie von
Cassel
traf das
I. Korps
(1. und 2. Division) unter General
Douglas Haig
bei Ypern ein, sudlich davon marschierte das
III. Korps
(General
Pulteney
mit 4. und 6. Division) beidseitig von
Armentieres
auf. Ostlich von
Bethune
rang das
II. Korps
(General
Smith-Dorrien
mit 3. und 5. Division) seit 10. Oktober im Raum
La Bassee
um eine neue Frontlinie. Am Abend des 18. Oktober ging die 7. Division unter Generalmajor
Capper
vor und sicherte
Menin
, den rechten Flugel des
IV. Korps
hatte die 3. Kavallerie-Division unter General
Byng
zu decken, welche den Anschluss an das bei
Messines
konzentrierte Kavalleriekorps unter General
Allenby
herstellte.
Das franzosische 2. Kavalleriekorps unter General
Conneau
sicherte im Anschluss den Raum bei
Fromelles
. Erst am Hohepunkt der
Schlacht von La Bassee
wurde dieses ab 25. Oktober durch die ersten an der Front erscheinenden indischen Soldaten freigemacht. Die zuerst ankommende Lahore-Division wurde mit der spater eintreffenden Meerut-Division zum
indischen Korps
unter General
Willcocks
zusammengefasst und als Ablosung des II. Korps am Abschnitt
Givenchy
-
Festubert
-
Neuve-Chapelle
eingeschoben. Der Angriff der deutschen 4. Armee sollte anfangs durch den linken Nachbarn, die
6. Armee
unterstutzt werden. Kronprinz
Rupprecht von Bayern
sollte gleichzeitig mit seinem nordlichen Flugel aus dem Raum Lille nach Norden, d. h. in den Rucken der alliierten Truppen vorstoßen. Die deutsche 4. Armee bestand nur aus Reservetruppen, die nicht die volle Ausbildungshohe und den Ausrustungsstand aktiver Einheiten hatten und denen zudem noch britische Berufssoldaten gegenuberstanden. Durch den Plan der Armee waren alle Krafte festgelegt, sie hatte also keine Tiefengliederung und trat auch ohne nennenswerte
Artillerieunterstutzung
zum Angriff an, der somit von Anfang an unter erheblichen, zum Teil selbst verursachten Schwierigkeiten litt.
Zugewiesene Stoßrichtungen der deutschen 4. Armee waren:
Das Oberkommando der 4. Armee hatte sein neues Hauptquartier nach
Tielt
vorgezogen und bestimmte trotz des Misserfolges beim III. Reservekorps den 20. Oktober fur den allgemeinen Angriff. Der linke Flugel des III. Reservekorps sollte nochmals versuchen bei Keyem uber die Yser zu kommen. Das XXII. Reservekorps (Falkenhayn) eroffnete von Norden und Suden seine Angriffe auf Dixmuide, das durch die franzosische Brigade Ronarch bereits erheblich verstarkt worden war. Die 44. Reserve-Division von General
Dorrer
lief bei Vaerst und am Vladsloo-Kanal sofort fest, die 43. Reserve-Division drang zumindest auf die Linie Eessen-Kasteel vor. Gegen 9.00 Uhr morgens folgte dann der Hauptangriff der drei ubrigen Korps an der Linie Staden ? Ledeghem ? Houthulster Wald ? Poelkapelle ?
Gheluwelt
. Im Norden war das XXIII. (Kleist), in der Mitte das XXVI. (Hugel) und im Suden das XXVII. Reservekorps (Carlowitz) mit 6 Divisionen gegen den vom franzosischen Korps de Mitry und dem britischen I. und IV. Korps gehaltenen Ypern-Abschnitt angesetzt. Die 45. Reserve-Division geriet beim Angriff in Richtung auf Noordschoote ?
Bixschoote
am Nordrand des Houthulster Waldes auf die unuberwindlichen Stellungen der Franzosen.
Die uber
Staden
vorruckende 46. Reserve-Division steckte am Ostrand des Waldes zwischen Tolphoek und Vyswege gegenuber Truppenteilen des franzosischen IX. Korps fest. Der 51. Reserve-Division gelang die Einnahme des Dorfes Poelkapelle; sie scheiterte aber am Widerstand der britischen 1. Division unter General
Lomax
am weiteren Vorgehen auf Langemarck. Die 52. Reserve-Division unter General
Waldorf
drangte uber
Passendale
angreifend die britische 2. Division unter General
Monro
auf die Linie Broodseinde ?
Zonnebeke
zuruck. Im Suden kam die 53. und 54. Reserve-Division im Kampf mit der britischen 7. Division (Capper) nicht uber die Linie Oesthoek-Becelaere hinaus. Der rechte Flugel der 6. Armee hatte mit dem
Hoheren Kavallerie-Kommando
unter General
von Hollen
(3.,6. und 9. Kavallerie-Division) zu unterstutzen, traf aber auf die kampfkraftige britische 3. Kavallerie-Division unter General
Byng
. Der Angriff der deutschen Kavallerie in Richtung Messines zu beiden Seiten des Douve-Baches kam bis zum Nachmittag nur wenig uber Warneton hinaus, dann blieb der Angriff im starker werdenden Artilleriefeuer Allenbys liegen.
General
von Beseler
hatte seine neuerlichen Bereitstellungen abgeschlossen, und am 21. Oktober erfolgte der Angriff mit der 5. und 6. Reserve-Infanterie-Division sowie der 4. Ersatz-Division. Es gelang den Verbanden, an verschiedenen Stellen den Yser-Kanal zu erreichen; dieser konnte jedoch nirgends uberschritten werden. Die Verteidigung an der Yser leisteten Truppen der belgischen 2. und 4. Division unter den Generalen
Emile Dossin
und
Augustin Michel
. Fur den 22. Oktober war von der deutschen Heeresleitung geplant, die Frontschleife parallel zum Yser-Kanal zwischen Tervaete und Schoorbakke einzudrucken, den Yser-Kanal zu uberqueren und den Durchbruch anschließend nach links und rechts zu erweitern. Im Laufe des Tages gelang es der 6. Reserve-Division, den Kanal an einer Stelle zu uberschreiten und einen
Bruckenkopf
zu bilden, der auch gehalten werden konnte. Da die 4. Ersatz-Division in den Dunen ununterbrochen dem Feuer britischer
Schiffsartillerie
ausgesetzt und hier stark exponiert war, wurde die Division um eine Brigade reduziert und diese (9. Ersatz-Brigade) hinter der 5. Reserve-Division aufgestellt. Am 23. Oktober sollte die 5. Reserve-Division ebenfalls den Ubergang uber den Yser-Kanal erzwingen, drang auch an verschiedenen Stellen bis an das Kanalufer vor, musste das Vorhaben dann jedoch erfolglos aufgeben. Der Bruckenkopf der 6. Reserve-Division lief Gefahr, eingedruckt zu werden.
In der Nacht zum 24. Oktober gelang es dann
Pionieren
, etwa 800 Meter nordostlich Tervaete eine
Pontonbrucke
uber den Kanal zu errichten, uber die der Bruckenkopf verstarkt werden konnte. Auch die 5. Reserve-Division hatte inzwischen an drei Stellen den Kanal uberschritten. Bei der 6. Reserve-Division gelang es, den Bruckenkopf auszuweiten und gegen Mittag den Weiler Schoorbakke einzunehmen. Der Yser-Kanal war auf einer Lange von acht Kilometern uberquert worden. Die Armeefuhrung hatte inzwischen erkannt, dass im Bereich der vier Korps (XXII., XXIII., XXVI. und XXVII.) vorerst keine Erfolge zu erzielen waren, und konzentrierte sich ganz auf den Bereich des III. Reserve-Korps. Bis zum Abend des 25. Oktober konnten die 5. und 6. Reserve-Division gegen erbitterten Widerstand einige Gelandegewinne in Richtung Pervyse und
Ramskapelle
erzielen. Um das Schlusselgelande um Pervyse einzunehmen, wurde fur den 26. Oktober um 10.00 Uhr ein erneuter Angriff befohlen. Die 6. Reserve-Division sollte am 26. Oktober nach Pervyse eindringen und dadurch den links davon stehenden Gegner der 44. Reserve-Division in der Flanke fassen, um den Druck von der 44. Reserve-Division zu nehmen.
Die 5. Reserve-Division, verstarkt durch die 9. Ersatz-Brigade, schwenkte nach rechts in Richtung Nieuwpoort. Dieser Angriff sollte durch die beiden Brigaden der 4. Ersatz-Division unterstutzt werden, indem die Division feindliche Krafte vor Nieuwpoort band. Um 15.00 Uhr erreichten die Spitzen der 5. Reserve-Division den Bahndamm bei Ramskapelle. Die 6. Reserve-Division hatte immer noch keinen Erfolg vor Persvyse, woraufhin das Korpskommando einen erneuten Angriff befahl. Die 4. Ersatz-Division unter General
von Werder
ging inzwischen an der Kuste entlang gegen Nieuwpoort vor, konnte jedoch uber die Seeschleusenanlage hinaus nicht weiter vordringen. Wiederholte Angriffe der Verbande des III. Reserve-Korps blieben am 27., 28. und 29. Oktober ohne messbares Ergebnis. Das Generalkommando des III. Reservekorps befahl am 29. Oktober, dass das Angriffsziel unter allen Umstanden bis zum nachsten Tag zu erreichen sei, was in der Nacht vom 29. zum 30. Oktober wieder schwere Kampfe der beiden Divisionen und der links angeschlossenen 44. Reserve-Division zur Folge hatte.
Inzwischen hatten die Belgier begonnen, mit Hilfe der Seeschleusen von Nieuwpoort den Grundwasserspiegel in dem umkampften Gebiet zu heben. Sie offneten dazu die Schleusentore bei Flut und schlossen sie bei Ebbe, um das Wasser im Land zu halten (die angebliche Sprengung der Schleusentore ist eine Legende. Sie ware technisch gesehen sowieso zwecklos gewesen, weil das eingedrungene Wasser nach dem Prinzip von Ebbe und Flut immer wieder abgelaufen ware). Trotz des immer hoher steigenden Wasserspiegels gelang es der 5. und 6. Reserve-Division noch, bis nach Pervyse und Ramskapelle vorzudringen. Danach machte das Wasser ein weiteres Vorgehen unmoglich. Am 31. Oktober erging um 1.00 Uhr der Befehl des Korpskommandos zum Ruckzug. Der Kampf in diesem Abschnitt war zu Ende. Die deutschen Verbande mussten sich nach der Beendigung der Schlacht wieder hinter die
Yser
zuruckziehen. Franzosen und Belgier hielten die Linie
Nieuwpoort
?Dixmuide?Houthoulster Wald?Langemarck?
Beselare
, die deutschen Linien lagen ihnen gegenuber. Die Verbande des III. Reserve-Korps fanden sich im Großen und Ganzen in ihren Ausgangsstellungen vom 21. Oktober wieder. Es erhielt den Befehl, sich fur die zweite Angriffsphase als Reserve bei Langemark und Bixschoote im Rucken des XXIII. und XXVI. Reserve-Korps aufzustellen.
Das XXII. Reserve-Korps hatte mit seiner 43. und 44. Reserve-Division den Auftrag erhalten, am 20. Oktober sudlich des III. Reserve-Korps zusammen mit diesem bei
Dixmuide
den Ubergang uber die
Yser
zu erzwingen. Der Hauptstoß war auf Dixmuide gerichtet und sollte von der 43. Reserve-Division durchgefuhrt werden. Die Verteidigung von Dixmuide wurde vom belgischen General Jules M. A. Jacques geleitet, der nach dem Krieg als Baron
Jacques de Dixmude
geadelt wurde. Unter seinem Kommando standen 5000 Belgier (11. und 12. Linienregiment) unter Oberst
Jean-Baptiste Meiser
und 6000 Fusiliere der franzosische Marine-Brigade von Admiral
Pierre Alexis Ronarc'h
. Die 43. Reserve-Division (Generalleutnant Otto von Hoffmann) ruckte mit den Reserve-Infanterie-Regimentern 201, 202, 203 und dem Reserve-Jager-Bataillon 15 am Abend bis in das Dorf Eessen vor, das an der Bahnlinie
Ypern
?Dixmuide?Cortemark etwa zwei Kilometer ostwarts von Dixmuide liegt. Hier kam es zu einem bis heute ungeklarten Zwischenfall: Nach Einbruch der Dunkelheit brach plotzlich ein lebhaftes Feuergefecht aus, ohne dass man wusste, wer es ausgelost hatte und wer auf wen schoss. Dadurch brannte die Kirche von Eessen nieder, und die belgischen Truppen unternahmen aus Dixmuide einen Angriff, der jedoch abgewehrt werden konnte.
Infolge mangelhafter Aufklarung erkannte man erst am Morgen des 21. Oktober, dass die belgische Armee die Stadt Dixmuide stark befestigt und als Stutzpunkt ausgebaut hatte. Trotzdem wurde die 43. Reserve-Division von Osten und Suden auf die Stadt selbst, ferner die 44. Reserve-Division (Generalleutnant
Eugen von Dorrer
) nordlich Dixmuide uber die Straße nach Berst und Keynem auf die große Yserschleife angesetzt. Um 10.00 Uhr begannen zwei Regimenter der 43. Reserve-Division uber eine etwa zwei Kilometer tiefe, deckungsarme Flache den Angriff, der durch Hecken und Wasserlaufe ungewohnlich erschwert wurde. Die Verbindung der Truppenteile untereinander riss ab, Angriffskolonnen gerieten in starkes Maschinengewehrfeuer und mussten umkehren. Dies fuhrte zu weiterer Verwirrung bei denen, die nur das Gewehrfeuer horen, aber nichts sehen konnten. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es Teilen der Division, bis zum sudlichen Stadtrand von Dixmuide beim Dorf Woumen vorzudringen und den dort verlaufenden Bahndamm besetzt zu halten. Um 14.00 Uhr griffen
Infanterie
und
Jager
der 43. Reserve-Division Dixmuide erneut von Osten an, konnten aber kaum in die stark verschanzte Stadt eindringen, sodass sie am Abend zuruckgenommen werden mussten. Ein gegen 19.00 Uhr angesetzter Nachtangriff kam nur bis zum Bahndamm am sudostlichen Stadtrand und endete gegen 22.00 Uhr in einer regelrechten Flucht, die erst nach drei Kilometern bei Hoogmolen zum Stehen gebracht werden konnte.
Im Norden von Dixmuide war indessen die 44. Reserve-Division uber den Bahndamm hinaus bis kurz vor den Yserkanal vorgestoßen. Der Angriffsplan fur den 23. Oktober sah ein Vorgehen der 44. Reserve-Division uber die Yser und eine Unterstutzung der 6. Reserve-Division vom III. Reserve-Korps vor, danach sollte die Division in einem Linksschwenk Dixmuide vom Rucken her angreifen. Die 43. Reserve-Division sollte wiederum die Stadt von Osten und Suden angreifen. Die 44. Reserve-Division uberschritt mit ihrem rechten Flugel den Yser-Kanal und kampfte sich mit der 6. Reserve-Division weiter vor, wahrend der linke Flugel der Division von Norden her Angriffe auf die Stadt unternahm. Am Abend waren alle Angriffe der 43. Reserve-Division gescheitert, und die Regimenter fanden sich in ihren Ausgangsstellungen wieder. Das Generalkommando befahl fur den 25. Oktober erneut die Einnahme der Stadt Dixmuide durch die 43. Reserve-Division. Der Angriff erfolgte ab 13.00 Uhr und wurde durch die inzwischen verstarkte Artillerie eingeleitet, musste jedoch um 18.00 Uhr unter großen
Verlusten
erfolglos abgebrochen werden.
Um 19.00 Uhr kam es zu einem erneuten Angriff, bei dem die vordersten deutschen Truppenteile (3. und 4. Kompanie Reserve-Infanterie-Regiment 201) im ersten Anlauf bis auf den Marktplatz der Stadt vordrangen, wo sie jedoch aufgerieben wurden. Eine zweite Welle (III. Bataillon des Reserve-Infanterie-Regiments 202) konnte sich bis zur Kanalbrucke des Handzaeme-Kanals vorkampfen, war jedoch am Morgen unter großen Verlusten zum Ruckzug gezwungen. Belgische Gegenangriffe gegen den Weiler Eessen-Kappel wurden zuruckgeschlagen. Erneute Angriffe am 28. Oktober blieben erfolglos, weshalb das Oberkommando der 4. Armee am 29. Oktober die Einstellung der Angriffe befahl. Da die Verbande des Korps sich aus dem inzwischen unter Wasser gesetzten Gebiet zuruckziehen mussten, standen sie am 1. November wieder in ihren Ausgangsstellungen vom 20. Oktober.
Das XXIII. Korps hatte sich mit der 46. Reserve-Infanterie-Division bei Hooglede und der 45. Reserve-Infanterie-Division bei Cortemark gesammelt, um von dort gegen die Linie Bixschote?Nieucapelle vorzugehen. In diesem Abschnitt verteidigten Verbande des franzosischen XXXII. Corps (General
Humbert
) mit der 87. Territorial-Division (General de Roy) und 38. Division (General
Brulard
) sowie das zu Fuß eingesetzte franzosische II. Kavalleriekorps (General
de Mitry
). Die deutsche 45. Reserve-Division griff am 21. Oktober in zwei Kolonnen nordlich des Houthulster Waldes in Richtung auf die Weiler St. Pieters und Nieuwe Stede an. Nach heftigem Widerstand gelang es den beiden Kolonnen, bis zum Nachmittag zur Straße Ypern?Dixmuide vorzudringen; sie konnten diese jedoch an keiner Stelle uberschreiten. Teile der Division bogen nach rechts ab, um die Verbande der 43. Reserve-Division vor Dixmuide zu unterstutzen, der Rest verfolgte die sich zuruckziehenden Briten und wurde vor Merckem in schwere Kampfe verwickelt.
Die 46. Reserve-Division versuchte vergeblich den ganzen Morgen hindurch das Dorf Bixschoote einzunehmen, wurde dabei aber unter erheblichen Verlusten immer wieder zuruckgeworfen. Erst mit Unterstutzung der Korpsreserve, dem Reserve-Infanterie-Regiment 211, gelang es um 17.30 Uhr, in Bixschoote einzudringen und sogar noch ein Stuck daruber hinaus in Richtung Steenstraate vorzugehen. Durch Missverstandnisse und unklare Befehlsfuhrung zogen sich die deutschen Truppen bei Anbruch der Dunkelheit aus Bixschoote zuruck. Noch in der Nacht wurde das Dorf von den Briten wieder besetzt. Am gleichen Abend teilt das Korpskommando mit, dass am nachsten Tag schwere Kampfe zu erwarten seien und das Korps die Linie Noordschoote?Bixschoote unbedingt zu durchbrechen habe. Nach tagelangen erfolglosen Angriffen wurde am Abend des 24. Oktober befohlen, die erreichten Stellungen zu sichern und unter allen Umstanden zu halten.
Das Korps sollte mit seinen beiden Divisionen am 20. Oktober ab 9.00 Uhr mit insgesamt sieben Kolonnen von Poelkapelle uber das drei Kilometer entfernte
Langemarck
hinaus in Richtung Steenstraat, Het Sas,
Pilkem
und
Boezinge
angreifen, wo bisher die britische 1. und 2. Division die Verteidigung fuhrten. An Ypern sollte dabei rechts vorbei gegangen und die Stadt dem XXVII. Reserve-Korps uberlassen werden. Die 51. Reserve-Division erreichte gegen starkes Infanteriefeuer mit dem linken Flugel Langemarck und mit ihrem rechten Flugel den Weiler Mangelaare, musste jedoch wegen unzureichender Artillerieunterstutzung mit schweren Verlusten wieder in ihre Ausgangsstellungen zuruckkehren.
[3]
Die 52. Reserve-Division hatte mit zwei Kolonnen von
Moorslede
aus als Angriffsziel die Straße von Langemarck nach
Zonnebeke
zu nehmen. Der Angriff der Nordkolonne blieb nach einem Gelandegewinn von etwa zwei Kilometern an der Straße Mosselmark?Fortuin stecken. Die Sudkolonne konnte so gut wie keine Gelandegewinne erzielen; die Verbande blieben etwa 800 Meter vor Broodseinde im starken
Schrapnellfeuer
liegen.
Am 21. Oktober erhielten die Verbande des Korps den Befehl, sich auf den erreichten Linien einzugraben. Da
Klappspaten
noch nicht zur normalen Ausrustung gehorten und großes Schanzzeug nicht am Ort verfugbar war, bereitete die Durchfuhrung des Befehls große Schwierigkeiten. Am 22. Oktober entschied das Korpskommando, ein wiederholter Frontalangriff auf Langemarck sei mit den zur Verfugung stehenden Kraften undurchfuhrbar. Das Armeeoberkommando stimmte dem zu, hielt jedoch die Einnahme von Langemarck fur unverzichtbar, und schob die Verantwortung hierfur einem anderen Verband (XXIII. Reserve-Korps) zu. Nach tagelangen erfolglosen Angriffen erging am Abend des 24. Oktober der Befehl, die erreichten Stellungen zu sichern und unter allen Umstanden zu halten. Ab diesen Zeitpunkt waren die Briten im Abschnitt Zonnebeke und Broodseinde durch das Einschieben des franzosischen IX. Corps (General
Dubois
) mit der 17. Division (General Pierre Amable Guignadaudet) und der 18. Division (General Justinien Marie Lefevre) freigemacht und weiter sudlich verschoben worden.
Am 20. Oktober morgens um 9.00 Uhr sollte die 54. Reserve-Division unter General
von Schaefer
, die sich im Raum westlich von
Courtrai
gesammelt hatte, in zwei Kolonnen sudwestlich uber Moorseele gegen
Gheluvelt
und Wevelghem nach
Menen
vorstoßen. Nach dem Erreichen und Durchschreiten des Weilers Terhand blieben die Verbande der Division gegen 16.00 Uhr im starken Abwehrfeuer der Truppen der britischen 7. Division aus dem zehn Kilometer vor Ypern gelegenen Becelaere liegen. Nachdem Becaelere und die britischen Postierungen von deutscher Artillerie beschossen worden waren, konnte der Ort durch die Reserve-Infanterie-Regimenter 245 und 246 eingenommen werden. Ein Vordringen uber den westlichen Ortsrand hinaus war jedoch zu diesem Zeitpunkt unmoglich. Die 53. Reserve-Division unter General
von Watzdorf
schob sich auf den Weiler Terhand zu und sollte mit Teilen zunachst die links davon bei Koelberg kampfenden Truppen des 1. Bayerischen Reserve-Infanterie-Regiments unterstutzen. Durch Unregelmaßigkeiten in der Befehls-ubermittlung fand sich das Regiment 248 plotzlich mitten in die Kampfe um Becelaere verstrickt. Insgesamt gelang es der Division jedoch, die erreichten Positionen zu halten und sich am Abend zwischen Bercelaere und Broodseinde einzugraben.
Die 54. Reserve-Division war am 21. Oktober nordlich der 53. Division bis an das Waldchen Hollebusch vorgedrungen und im feindlichen Abwehrfeuer zunachst liegengeblieben. Nach unterstutzendem Artilleriefeuer gingen Teile der Division um 16.00 Uhr gegen den
Weiler
Reutel vor, wurden jedoch augenblicklich durch britisches Maschinengewehrfeuer zum Stehen gebracht und zur Umkehr gezwungen. Insgesamt erging am Nachmittag des 21. Oktober in volliger Unkenntnis der Lage vom Generalkommando des XXVII. Reserve-Korps der Befehl, noch am gleichen Tag Ypern einzunehmen und bis Dickebusch vorzugehen. Trotz mehrfacher Versuche, uber die erreichte Linie hinweg vorzustoßen, mussten die Angriffe nach schweren Verlusten eingestellt werden. Am 22. Oktober befahl das Generalkommando des XXVII. Reserve-Korps abermals den Angriff. Dazu musste die 53. Division von Terhand aus uber den Reutelbeek (Reutelbach) gegen Vieux-Chien sudlich von Becelaere angreifen. Dieser Angriff begann erst um 15.00 Uhr bei stromendem Regen und wurde bereits vor dem Erreichen des vorgegebenen Ziels abgeschlagen. Die demoralisierten Verbande zogen sich auf ihre Ausgangsstellungen zuruck.
Am 24. Oktober erhielten die Verbande der Division den Befehl, den Weiler Reutel und den dahinter liegenden Polygon-Wald einzunehmen, um so dem insgesamt stockenden Angriff neuen Schwung zu verleihen. Um 7.00 Uhr begann der schulmaßige Angriff (jeweils zwei Bataillone eines Regiments in Kolonne, das dritte Bataillon als Reserve dahinter), der wiederum zu großen Verlusten fuhrte. Nach dem Uberwinden der ersten britischen Linie blieb der Angriff schließlich im Polygon-Wald stecken, die Angreifer zogen sich auf die zuvor eingenommenen britischen Graben zuruck. Das Reserve-Infanterie-Regiment 244 hatte an Verlusten 51 (von 57) Offiziere und 1.881 (von 2.629) Unteroffiziere und Mannschaften zu verzeichnen. Nach tagelangen erfolglosen Angriffen wurde am Abend des 24. Oktober befohlen, die erreichten Stellungen zu sichern und unbedingt zu halten. Als Ersatz wurden dem Korps einige
Landwehr
-Verbande zugewiesen.
In der etwa 30 Kilometer breiten Lucke zwischen dem linken Flugel der 4. Armee und dem rechten Flugel der um Arras, La Bassee und Armentieres stehenden 6. Armee befand sich bis zum 30. Oktober nur ein Schleier aus
Kavallerie
und einigen Jager-Bataillonen unter dem Kommando des Generals der Kavallerie von der Marwitz. Aufgabe dieser Verbande war nicht der Angriff, sondern lediglich die Deckung der Frontlucke und Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen der 4. und 6. Armee. Nach den immer starker werdenden britischen und franzosischen Angriffen in diesem Bereich sah sich das Oberkommando gezwungen zu reagieren und setzte am 25. Oktober die
bayerische
sowie die 3. und 7. Kavallerie-Division, verstarkt durch die Jagerbataillone 4,
9
und
10
, zum Angriff auf die Linie Kruiseik?Zandvoorde an. Am 26. Oktober konnte der Weiler Kruiseik genommen werden und bis zum 29. Oktober war es gelungen, bis vor
Gheluvelt
vorzudringen. Das Ende der ersten Phase der Schlacht brachte damit ein fur die deutsche Seite unbefriedigendes Ergebnis.
Im
Hauptquartier
der 4. Armee war man inzwischen zu der Uberzeugung gekommen, dass die gesteckten Ziele mit den vorhandenen Kraften ostlich und nordostlich von Ypern nicht erreicht werden konnten. Die vom XXIII. Reservekorps erreichten Erfolge (Vordringen bis nach Bixschote) sollten durch eine Zangenbewegung von Suden nach Nordwesten abgerundet und Ypern so eingekesselt werden. In der bisher vom Kavallerie-Korps von der Marwitz abgedeckten Frontlucke von Zandvoorde-Hollebeke-Oostaverne-Messines wurde eine neue Angriffsgruppe unter der Fuhrung des
Generalkommandos XIII
und der Fuhrung des
General der Infanterie
Max von Fabeck
etabliert. Die Hauptkrafte dazu wurden von der
6. Armee
bereitgestellt. Es handelte sich hierbei um das
II. bayerische Armee-Korps
(
3.
und
4. Koniglich Bayerische Division
) und das
XV. Armee-Korps
(30. und 3. Division) sowie die
Koniglich bayerische 6. Reserve-Division
und die
26. Division (1. Koniglich Wurttembergische)
. An schwerer Artillerie wurden der Gruppe 8 Batterien Morser, 20 Bataillone schwerer Feldhaubitzen zu je 3 Batterien und ein 30,5-cm Morser zugefuhrt.
Der Angriff der Gruppe Fabeck (zur Zersplitterung der feindlichen Krafte hatten alle Verbande der 4. Armee nochmals zum Angriff anzutreten) begann im Bereich von Messines bis Gheluvelt. Dazu sollte auch noch der linke Flugel des XXVII. Reservekorps mit der 54. Reserve-Division eingebunden werden. Fur den Angriff am 30. Oktober wurden den Verbanden folgende Gefechtsstreifen zugewiesen:
- XV. Armee-Korps (30. und 39. Division): Gheluvelt ? Zandvoorde.
- II. bayerische Armeekorps (bayerische 3. und 4. Division): Zandvoorde ? Wambeke,
- 26. Infanterie-Division: Wambeke ? Messines,
- 4. Kavallerie-
und
Garde-Kavallerie-Division
: Ploegsteert-Wald bis westlich Deulemont
Der rechte Flugel der Gruppe Fabeck sollte auf der Straße Ghevulet-Ypern vorstoßen, wahrend der linke Flugel uber Warneton nach Wulverghem angreifen sollte. Truppen der 39. Infanterie-Division (General der Infanterie
Hugo von Kathen
) gelang es, das Dorf Zandvoorde einzunehmen, Teile der 26. Infanterie-Division (Generalleutnant Wilhelm Karl von Urach) drangen in Wambeke ein und die 51. Infanterie-Brigade (Generalmajor
Hermann von Stein
) der Division konnte bis kurz vor Messines vordringen. Das im Bereich des XXVII. Reservekorps liegende Dorf Gheluvelt konnte zunachst nicht eingenommen werden. Brigadegeneral
FitzClarence
, Kommandeur der 1. Garde-Brigade sammelte die letzten Reserven des 2. Worcester-Regiments, um das verlorene Schloss Gheluvelt ostlich des Dorfes zuruckzuerobern. In Kombination mit einem Gegenangriff der 7. Division konnten die Worcesters die britische Linie wieder stabilisieren. Am 31. Oktober erfolgte ein neuer gleichzeitiger Angriff der 54. Reserve-Division und der 30. Infanterie-Division auf Gheluvelt, der gegen 15:00 Uhr erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Die britische 7. Division unter General Capper hatte die Hauptlast der Verteidigung getragen, welche am rechten Flugel durch eine franzosische Brigade unter General de Moussy und die zwischen St. Eloi und Hollebeke eingeschobene 32. Division (General Woillemont) verstarkt wurde.
Am 30. Oktober kampfte das II. (bayerische) Armee-Korps und die 6. (bayerische) Reserve-Division mit dem britischen Kavalleriekorps und dem III. Corps um den Hohenzug Wytschaete?
Messines
am
Wytschaete-Bogen
. Der Kampf setzte sich die ganze Nacht uber fort; nach einem stundenlangen
Hauserkampf
konnte Wytschaete (
Wijtschate
) am 31. Oktober morgens gegen 05:00 Uhr eingenommen, nach einem Gegenangriff des franzosischen XVI. Armee-Korps musste der Ort und der Hohenrucken jedoch wieder aufgegeben werden. Am gleichen Morgen um 10:30 Uhr griff die 26. Infanterie-Division aus den Raum Warneton gegen Messines an und konnte das Dorf bis zum Ende des Tages zur Halfte erobern. Die Front verlief mitten durch den Ort. Am Nachmittag des 1. November gelang es
bayerischen Truppen
erneut, in Wytschaete einzudringen. Wieder wurden sie durch einen Gegenangriff zuruckgedrangt. Der Hauserkampf in Messines dauerte an. Am Morgen des 2. November griff die (bayerische) 6. Reserve-Division erneut Wytschaete an und konnte in den Ort eindringen, mit Hilfe der herbeigefuhrten 3. Infanterie-Division (Generalleutnant Ferdinand von Trossel) konnte das Dorf um 17:00 Uhr als eingenommen gemeldet werden.
Nachdem die 4. Armee ihre Verbande umgruppiert hatte (die uberflutete Flache zwischen Dixmuide und dem Meer brauchte nicht mehr berucksichtigt zu werden und wurde zur Beobachtung und Sicherung der 38. Landwehr-Brigade, der 4. Ersatz-Division und Teilen der 43. Reserve-Division zugewiesen), erfolgten neue Angriffe des XXIII. Reserve-Korps im Bereich Noordschote?Bixschote, des durch die 44. Reserve-Division verstarkten III. Reserve-Korps im Abschnitt beiderseits von Langemark sowie des XXVI. und XXVII. Reserve-Korps im Bereich Poelkapelle?Gheluvelt. Am 3. November nahmen Truppen des XV. Korps Veldhoek ein, und am 4. November ließ General
von Deimling
gegen die ausdruckliche Weisung des Oberbefehlshabers der 6. Armee die beruhmten mittelalterlichen
Tuchhallen von Ypern
unter Artilleriebeschuss nehmen. Bis zum 10. November hatten sich die deutschen Truppen bis vor die Ortsrander von Langemark und Bixschote herangearbeitet, ein weiterer Erfolg war nicht zu verzeichnen.
Um Mitternacht begann der erneute Angriff der 43. Reserve-Division mit den Reserve-Infanterie-Regimenten 201, 202 und dem Reserve-Jager-Bataillon 15 auf Dixmuide. Um nicht uberflugelt und abgeschnitten zu werden, raumten die letzten franzosischen Marine
fusiliere
und Infanteristen nach neunzehnstundigem, erbittertem Hauserkampf bei Einbruch der Dunkelheit den Ort. 1.417 britische und franzosische Soldaten wurden an diesem Tag in und um Dixmuide gefangen genommen. Auf deutscher Seite verloren das Reserve-Infanterie-Regiment 201 und 202 sowie das Reserve-Jager-Bataillon Nr. 15 insgesamt 206 Gefallene, 241 Verwundete und 102 Vermisste. An diesem Tag fand auch der sogenannte Angriff ?junger Regimenter westlich Langemarck“ statt, der, vom Heeresbericht am 11. November aufgegriffen und groß herausgestellt, den Ursprung des
Langemarck-Mythos
bilden sollte: Die 45. und 46. Reserve-Division des XXIII. Reserve-Korps sowie die dem III. Reserve-Korps unterstellte 44. Reserve-Division konnten auf fast vier Kilometern Breite gut einen Kilometer weit vordringen, mit Teilen den Yser-Kanal erreichen und franzosische Gefangene einbringen. Allerdings war dem links anschließenden III. Reservekorps die Einnahme von Langemark nicht gelungen. Besonders die dem III. Reservekorps unterstellte 9. Reserve-Division hatte schwere Verluste erlitten und uber 2000 Mann verloren.
Die bisherige
Gruppe Fabeck
wurde geteilt und im nordlichen Bereich die
Gruppe Linsingen
gebildet. Letzterer unterstanden dabei zwischen Klein-Zillebeke und Gheluvelt das
XV. Armee-Korps
unter General von Deimling mit der
30.
und
39. Division
sowie das neu herangefuhrte
Korps Plettenberg
mit der
4. Division
und der
2. Garde-Division
. Der
Gruppe Fabeck
wurde der Angriffsabschnitt sudwestlich des von Comines auf Ypern zufuhrenden Kanals zugewiesen. Im Bereich der Ortschaft Hollebeke griff das II. Bayerische Korps (
Otto von Stetten
) mit der
bayerischen 3.
und
4. Division
an. Im Zentrum der Gruppe Fabeck bei Wytschaete fuhrte die
Gruppe Gerok
mit der bayerischen
6. Reserve-Division
und der
25. Reserve-Division
den Hauptangriff auf St. Eloi durch. Sudlich von Wytschaete bis Messines griff die
Gruppe Urach
mit der
3. Division
und der
26. Division
an.
Der zur
Gruppe Linsingen
abgestellten
30. Division
gelang es, am 11. November den als Teil einer flachen Hugelkette in einem Halbkreis ostlich von Ypern zwischen Zwarteleen und
Zandvoorde
gelegenen Hohenzug
?Hohe 60“
zu erobern. Da sich von der etwa 230 m langen und etwa 46 m hohen Anhohe aus der Raum zwischen Ypern und Zillebeke leicht uberblicken ließ, kam dem Gebiet sowohl fur Angreifer und Verteidiger im
Stellungskrieg
eine strategisch wichtige Rolle zu. Die
Gruppe Linsingen
versuchte zudem, mit Masse zwischen dem Kanal und Gheluvelt die um Schloss Hooge liegenden ausgedehnten Waldungen anzugreifen. Bis zum 17. November konnte hier gegen den erbitterten Widerstand des britischen I. Korps wieder kein Durchbruch erzwungen werden. Der Angriff der sudlicheren Gruppe Fabeck gegenuber dem franzosischen XVI. Korps in Richtung zum
Kemmelberg
kam auch nur etwa einen Kilometer tief voran. Alle weiteren Bemuhungen fuhrten lediglich zur Frontausbuchtung des sich jetzt bildenden Wytschaete-Bogens.
Am 18. November ging beim Armeeoberkommando 6 der schon langer angekundigte Befehl ein, starkere Truppen fur die Verwendung an der
Ostfront
freizustellen, wo eine Woche zuvor die
Schlacht um Łod?
begonnen hatte. Im Einzelnen waren dies die 26. Division mit dem Generalkommando XIII. Armee-Korps, das Generalkommando
II. Armee-Korps
mit der 3. und 4. Division, die bayerische 6. Reserve-Division, die 25. Reserve-Division und die 48. Reserve-Division mit dem Generalkommando XXIV. Reserve-Korps. In dem Befehl unausgesprochen, aber unausweichlich war der Entschluss, samtliche Offensivoperationen im Raum Ypern und somit auch an der Westfront insgesamt vorerst einzustellen. Eine Ruckkehr der abgegebenen Truppen war fruhestens in einigen Monaten in Aussicht gestellt. Die erschopften und durch zahlreiche Ausfalle geschwachten deutschen Truppen, die zudem wegen mangelnden Munitionsnachschubs nur unzureichende Artillerieunterstutzung erhielten, konnten nun nur noch mit der Aussicht kampfen, das gewonnene Gelande zu halten.
Bereits bei der Aufstellung der neuen deutschen Truppenteile kam es zu eklatanten materiellen Engpassen. Es fehlte vor allem an Schuhzeug, Uniformen, Gewehren, Satteln und Pferdegeschirren fur die Artillerie. Sogar Verpflegung und Futter fur die Pferde waren knapp. Dazu kam die uberhastete Ausbildung von maximal acht Wochen fur die Infanteristen. Eine angemessene artilleristische Ausbildung war noch weniger gewahrleistet. Das Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 46 erhielt eine Ausrustung, deren Richtmittel den Reservisten nicht bekannt war. Dazu wurde erst am 28. September zu einer Ubung ausgeruckt, bei der man die Munitionskolonnen zurucklassen musste, da nicht genugend Pferdegeschirre vorhanden waren. Am 8. Oktober 1914 wurde ein einziges Mal scharf geschossen, bevor das Regiment am 10. Oktober an die Front verladen wurde. Im Ergebnis waren die Artilleristen zum Schuss aus verdeckter Stellung nicht fahig und mussten grob uber das Rohr zielen. Schwachen zeigten sich auch beim Offizierkorps. Der aktive Dienst der eingesetzten Landwehroffiziere lag bereits viele Jahre zuruck; diese Truppenfuhrer waren den modernen Erfordernissen zum großen Teil nicht mehr gewachsen. Es gab sogar Offiziere, die noch im
Krieg von 1870/71
gedient hatten und nur die alte Kolonnentaktik kannten. Viele der uberalterten Landwehroffiziere waren dazu den Strapazen nicht mehr gewachsen. Einer ganzen Reihe wurde auch wegen psychischer Uberanstrengung der Krankenstand, der Abschied oder aber eine anderweitige Verwendung gewahrt ? ein Ausweg, der fur Mannschaften ublicherweise nicht in Frage kam.
Beispielsweise wurden aus diesen Grunden innerhalb eines Regiments abgelost:
- am 22. Oktober der Regimentskommandeur Reserve-Infanterie-Regiment 208,
- am 23. Oktober der Bataillonskommandeur I./Reserve-Infanterie-Regiment 208,
- am 25. Oktober der Bataillonskommandeur III./Reserve-Infanterie-Regiment 208,
- am 26. Oktober der Bataillonskommandeur II./Reserve-Infanterie-Regiment 208.
Diese Umstande fuhrten mit zu dem bekannten Ergebnis am Ende.
Der ?Wettlauf zum Meer“ war beendet und beide Seiten hatten rechtzeitig ausreichend Truppen verlagern konnen; dementsprechend hoch waren die jeweiligen Verluste. Nun war es keiner Seite mehr moglich, die feindlichen Linien zu durchbrechen. Der Krieg verlief bis fast zum Ende in einem außerst zermurbenden
Grabenkrieg
. Dem Weltkriegswerk des Reichsarchivs ist zu entnehmen, dass fur die etwa einen Monat dauernde Erste Flandernschlacht nur unvollstandige Verlustangaben vorliegen. Danach haben die beiden beteiligten deutschen Armeen, die 4. und 6. Armee, in diesem Zeitraum mindestens 100.000 Mann verloren.
[4]
Hauptartikel:
Mythos von Langemarck
Bekannt wurde diese erste große Flandernschlacht vor allem dadurch, dass die vier Reservekorps der deutschen 4. Armee angeblich zu großen Teilen aus kriegsfreiwilligen
Notabiturienten
, Schulern, Lehrlingen etc. bestanden haben sollen. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die vier Armeekorps bestanden keinesfalls, wie haufig angegeben, bis zu 75 Prozent aus Schulern, Lehrern und Studenten, da dies rein zahlenmaßig nicht moglich gewesen ware. Das statistische Jahrbuch fur das Deutsche Reich gibt fur das
Sommersemester
1914 und das Wintersemester 1914/15 insgesamt 40.761 Studenten als im Militardienst befindlich an. Bei einer Ist-Starke der vier Armeekorps von 120.000 Mann hatten sich alle deutschen Studenten hier konzentriert haben mussen, um schließlich auf einen Anteil von 30 Prozent zu kommen. Die Regimenter setzten sich tatsachlich zum großten Teil aus Ersatzreservisten, Landwehrleuten, Freiwilligen, Reservisten und einigen wenigen aktiven Soldaten zusammen.
Als Beispiel gibt das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 211 als Personalbestand an:
- 166 aktive Soldaten
- 299 Reservisten
- 970 Freiwillige (von denen sicher nicht alle Studenten oder Schuler waren)
- 1499 Landwehrleute
- 1 Ersatzreservist
Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 244 gibt an, dass von 2.883 Mann sieben Prozent das
Einjahrig-Freiwilligen
-Zeugnis vorweisen konnten und dass davon ein Drittel Schuler gewesen seien, womit man auf eine Gesamtzahl von 66 Schulern kommt. Als weiteres Beispiel sei das 1000 Mann starke Reserve-Jager-Bataillon Nr. 26 aus
Freiberg
aufgefuhrt, das in der Hauptsache aus den Studenten der
Freiberger Bergakademie
gebildet worden sein soll ? hier gab es aber laut Statistischem Jahrbuch 1914/15 nur insgesamt 160 Kriegsdienst leistende Studenten.
[5]
Spatere Berichte, die jungen Regimenter seien bei Langemark unter dem Gesang des
Deutschlandliedes
gegen den Feind vorgegangen, werden bis in die heutige Zeit stellenweise vehement verteidigt, konnten aber niemals nachgewiesen und mussen als realitatsfremd zuruckgewiesen werden. Die Verfechter der Theorie behaupten, dass einige Gruppen versucht haben konnten, im dichten Nebel durch Gesang ihren Zusammenhalt zu gewahrleisten oder
eigenen Beschuss
zu vermeiden, wobei diese Aktion sowohl in Anbetracht der weiter oben geschilderten außerst widrigen Umstande als auch praxisbezogen nicht nachvollziehbar ist. (Die drei bis vier Kilometer weiter hinten stehende Artillerie kann das nicht horen.)
Ein kolonnenweises Singen ohne Tritt ist schon auf der Straße ein Ding der Unmoglichkeit; in einem lehmigen Acker, unter Beschuss, bei dauerndem Hinwerfen aber vollig ausgeschlossen.
[6]
Die in aller Eile, ohne genugende Ausbildung und mit mangelhafter Ausrustung und Fuhrung
[7]
aufgestellten und an die Front geworfenen
Korps
erlitten bei
Ypern
verheerende Verluste. Tausende Soldaten fielen, die als kurz ausgebildete
Rekruten
erst Ende Oktober an die Front gekommen waren. Um ihr Versagen an diesem Frontabschnitt zu verdecken, erfand die deutsche Fuhrung spater den angeblichen Opfergang der deutschen Jugend, wohl wissend, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Der ?Mythos von Langemarck“ grundete nahezu ausschließlich auf der Mitteilung des deutschen Heeresberichts uber einen Angriff ?junger Regimenter [des XXIII. Reservekorps] westlich Langemarck“ am 10. November 1914. Zu diesem Zeitpunkt war das Scheitern des deutschen Durchbruchversuchs bei Ypern bereits offensichtlich geworden. Deshalb sah man sich wohl veranlasst, den Misserfolg vor der Offentlichkeit mit einem Heldenepos zu bemanteln. Die Erzahlung wurde vor allem wahrend der
Weimarer Republik
und des
Dritten Reiches
politisch instrumentalisiert, hochstilisiert und so oft wiederholt, bis man sie letztendlich allgemein als Tatsache akzeptierte. Der deutschnationale Mythos von Langemarck wie auch die erfundene Geschichte von den ?singenden Regimentern“ findet bis heute seine Anhanger.
- Michael Clodfelter:
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- ↑
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Band 5, S. 401; Band 6, S. 25, Berlin 1929.
- ↑
Reichsarchiv: Der Weltkrieg 1914?1918, Band 5, S. 302.
- ↑
Reichsarchiv Band 10, S. 111.
- ↑
Gefallene, Verwundete und Vermisste resp. in Gefangenschaft geratene
- ↑
Da diese sicherlich nicht alle aus der Freiberger Gegend waren, wird sich ein nicht geringer Teil zu heimatnahen Truppenteilen gemeldet haben ? wodurch die Anzahl der Studenten in diesem Bataillon als erheblich geringer anzusetzen ist.
- ↑
Das Reichsarchiv Band 10 ?Ypern“ von 1923, auf dem dieser Artikel zum großten Teil fußt, erwahnt nirgendwo einen Gesang, weswegen hier dieser These widersprochen wird
- ↑
Ein großer Teil der Offiziere gehorte der Landwehr an, viele hatten sogar noch am Krieg von 1870/71 teilgenommen