Ernst Steinmann

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Der langjahrige Wohn- und Arbeitsplatz von Ernst Steinmann, der Palazzo Zuccari in Rom.
Grab auf dem Nichtkatholischen (Protestantischen) Friedhof Rom

Ernst Theodor Karl Steinmann (* 4. September 1866 in Jordenstorf ; † 23. November 1934 in Basel ) war ein deutscher Kunsthistoriker , der auf die italienische Renaissance und vor allem Michelangelo spezialisiert war. Er war Grundungsdirektor der romischen Bibliotheca Hertziana .

Ernst Steinmann wurde als jungerer Sohn und eins von sechs Kindern des Pastors Adolf Steinmann (1819?1899) und dessen Ehefrau Betty, geb. Ritzerow, geboren. Der Volkskundler Ulrich Steinmann war sein Neffe.

Ab 1887 studierte Steinmann Theologie und Kunstgeschichte in Tubingen , Rostock [1] und Leipzig . Die ihn fordernden Professoren waren vor allem Johannes Overbeck und Anton Springer . Noch vor seiner Promotion uber die mittelalterlichen Tituli (1892) wurde er 1891 Wissenschaftlicher Assistent am Archaologischen Institut in Leipzig. Nach seiner Militarzeit forschte er ab 1893, unterstutzt von verschiedenen Stipendien und privaten Forderungen, in Rom , wo er ein monumentales Werk uber die Sixtinische Kapelle vorbereitete, das nicht zuletzt durch die prachtvolle Ausstattung mit speziell fur diese Publikation aufgenommenen Fotografien Aufsehen erregte. Weitere langere Forschungsaufenthalte fuhrten ihn in diesen Jahren nach Florenz .

Am 1. Juni 1901 heiratete Steinmann Olga von Gerstfeld (* 28. Januar 1866 in Łowicz ), die bereits am 29. April 1910 in Rom verstarb. [2]

Von 1903 bis 1911 bekleidete Steinmann das Amt des Direktors des Großherzoglichen Museums in Schwerin . 1913 wurde er erster Direktor der neugegrundeten Bibliotheca Hertziana , die auf eine private Initiative und Stiftung der mit ihm eng befreundeten Henriette Hertz zuruckgeht. Die Umbauten des Institutsgebaudes, des von Federico Zuccari im spaten 16. Jahrhundert errichteten Palazzo Zuccari , wurden von Steinmann koordiniert, der dort auch eine Dienstwohnung bezog. Obwohl in die Zeit seiner Aktivitat als Direktor politisch brisante Phasen wie die Akquirierung des Instituts wahrend des Ersten Weltkriegs , spater die drohende Vereinnahmung unter Benito Mussolini und der beginnende Druck auf die liberale Forschergemeinschaft nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten fallen, setzte Ernst Steinmann seine intensive Forschungstatigkeit fort und publizierte rege zahlreiche heute als Standardwerke geltende Aufsatze und Bucher, vor allem zu Michelangelo . Seine Schriften polarisierten jedoch zugleich oft und stießen bei einem Teil der Zeitgenossen auf Kritik, da sie gelegentlich durch ihren hymnischen und distanzlosen Tonfall in starkem Kontrast zur nuchternen, wissenschaftlichen Sprache der Fachkollegen stehen, und da die teilweise kostbar ausgestatteten und im Großformat mit aufwendigen Illustrationen gedruckten Bande als fruhe ? Coffee Table Books “ abgetan wurden. [3]

1934 trat Steinmann, bereits schwerkrank, in den Ruhestand. Nachfolger an der Hertziana wurde Leo Bruhns . Unmittelbar danach verstarb er nach zwei Schlaganfallen in der Schweiz , wohin er sich zur Genesung und Pflege begeben hatte. [4] Der umfangreiche Nachlass Steinmanns, darunter die uber lange Jahre hinweg gefuhrten Tagebucher, wird heute im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft aufbewahrt. [5] Ein kleinerer Teil seiner umfangreichen Michelangelo-Bibliothek ist an die Vatikanische Apostolische Bibliothek ubergeben worden.

Werke (in Auswahl)

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(Eine vollstandige Bibliografie der Schriften Ernst Steinmanns findet sich in Tesche 2002, S. 275?280.)

  • Die Tituli und die kirchliche Wandmalerei im Abendlande vom V. bis zum XI. Jahrhundert. Seemann, Leipzig 1892.
  • Botticelli . Velhagen & Klasing, Bielefeld u. a. 1897.
  • Pinturicchio . Velhagen & Klasing, Bielefeld u. a. 1898.
  • Die Sixtinische Kapelle . Bruckmann, Munchen 1901?1905.
  • Rom in der Renaissance von Nicolaus V. bis auf Leo X. 2., umgearb. u. verm. Auflage Seemann, Leipzig 1902.
  • Das Geheimnis der Medicigraeber Michel Angelos. Hiersemann, Leipzig 1907.
  • Das Grabmal Pauls III. in St. Peter in Rom. Poeschel & Trepte, Leipzig 1912.
  • Die Portraitdarstellungen des Michelangelo. Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1913.
  • Pilgerfahrten in Italien. 3. Auflage Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1914 (gem. mit Olga von Gerstfeldt).
  • Michelangelo Bibliographie: 1510 ? 1926. Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1927 (gem. mit Rudolf Wittkower ).
  • Michelangelo im Spiegel seiner Zeit. Poeschel & Trepte, Leipzig 1930.
  • Joseph Imorde Steinmann, Ernst. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7 , S. 217 ( Digitalisat ).
  • Sybille Ebert-Schifferer : Ernst Steinmann (1866?1934). Der Grundungsdirektor des Instituts. In: Marieke von Bernstorff (Hrsg.): 100 Jahre Bibliotheca Hertziana. 2 Bde. Hirmer, Munchen 2013, Bd. 1, S. 36?61.
  • Doreen Tesche: Ernst Steinmann und die Grundungsgeschichte der Bibliotheca Hertziana in Rom. Hirmer, Munchen 2002.
  • Otto Lehmann-Brockhaus : Ernst Steinmann: Seine Personlichkeit und die Entstehung der Bibliotheca Hertziana in Rom. In: Festschrift fur Hermann Fillitz zum 70. Geburtstag. Dumont Schauberg, Koln 1994, S. 451?464.
  • Christine Maria Grafinger: Die Auseinandersetzung um die ?Michelangelo-Bibliothek’ Ernst Steinmanns in den Jahren 1935?1938. In: Quellen und Forschung aus italienischen Archiven und Bibliotheken , 72, 1992, S. 438?467.
  • Leo Bruhns , Federico Hermanin und Bartolommeo Nogara: Reden gehalten bei der Trauerfeier fur Ernst Steinmann im Goethersaal des Kaiser Wilhelm-Institutes fur Kunst- und Kulturwissenschaft Bibliotheca Hertziana am 10. Januar 1935. Poeschel & Trepte, Leipzig 1935.

Einzelnachweise

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  1. Eintrag im Rostocker Matrikelportal
  2. Tesche 2002, S. 243f; Ebert-Schifferer 2013, S. 37.
  3. Ebert-Schifferer 2013, S. 39f.
  4. Tesche 2002, S. 233.
  5. AMPG: III. Abteilung, Reposiur 63. In: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Datenbank des Archivs. Ehemals im Original (nicht mehr online verfugbar) ; abgerufen am 4. Marz 2022 . @1 @2 Vorlage:Toter Link/ursamajor.archiv-berlin.mpg.de ( Seite nicht mehr abrufbar . Suche in Webarchiven )