Ernst Schweninger

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Ernst Schweninger

Ernst Schweninger (* 15. Juni 1850 in Freystadt ; † 13. Januar 1924 in Munchen ) war ein deutscher Mediziner und Medizinhistoriker .

Ernst Schweninger mit seinem Patienten Otto von Bismarck und Reichshund Tyras in Bad Kissingen
Grab von Ernst Schweninger auf dem Friedhof Solln in Munchen

Ernst Schweninger war der Sohn eines Arztes aus Freystadt (Oberpfalz). Er studierte ab 1866 in Munchen, Straßburg und Wien. 1870 wurde er Assistent bei Ludwig von Buhl . Schweninger schloss sein Studium 1872 mit dem Staatsexamen ab, wurde 1873 in Munchen promoviert [1] und habilitierte sich 1875 an der Universitat fur pathologische Anatomie mit einer Arbeit zur ?Transplantation und Implantation von Haaren“ [2] und begann 1879 eine ausgedehnte praktische arztliche Tatigkeit u. a. an dem damals neu eingerichteten Kreiskrankenhaus im Villenort Groß-Lichterfelde nahe Berlin.

Nachdem ihm die vollige Heilung des Reichskanzlers Furst Otto von Bismarck gelungen war, wurde er 1884 zum außerordentlichen Professor an der Berliner Universitat berufen, zum außerordentlichen Mitglied des Gesundheitsamtes und zum Direktor der Abteilung fur Hautkrankheiten an der Charite ernannt. Dabei verdrangte er den angesehenen Dermatologen Georg Richard Lewin und wurde als klarer Fall politischer Protektion gesehen, was zu heftigen, letztlich vergeblichen Protesten in der Fakultat und zum Beispiel von Rudolf Virchow im Landtag fuhrte. [3] 1886 errichtete er in Heidelberg ein Sanatorium zur Behandlung Fettsuchtiger nach einer Kurmethode, die Max Joseph Oertel entwickelt hatte. Von 1900 bis 1906 leitete Schweninger das neu erbaute Kreiskrankenhaus in Groß-Lichterfelde, das er zu einem Zentrum fur Naturheilkunde ausbaute. [4] In dieser Zeit entwickelte er mit seinem Assistenzarzt Georg Hauffe die Technik der abfallenden und aufsteigenden Unterarmbader (?Ansteigende Unterarmbader nach Hauffe-Schweninger“). Dabei knupfte Schweninger an die Erfahrungen seines Vaters an und weckte die Teilbader ?als uraltes deutsches Kulturgut aus ihrem Dornroschenschlaf auf.“ [5] Fur die Leitung dieses Kreiskrankenhauses gab er unter schweren Geldopfern fast seine gesamte Privattatigkeit auf. [6] Er verfolgte den Anspruch, aller Kranken Behandlung selbst zu fuhren. Mit großter Sorgfalt suchte er nach einem Chirurgen, der geeignet ware, unter ihm Facharzt zu sein. Er wahlte Carl Ludwig Schleich (1859?1922), der noch zu den Geachteten der Wissenschaft gehorte. [6] Im Selbstverstandnis von Schweninger war der Arzt kein ?Schablonenarzt“, der sein Sprechzimmer mit Maschinen und Einrichtungen ausstattet, sondern ?Kunstlerarzt“. [2]

Er behandelte viele Prominente seiner Zeit, z. B. Cosima und Winifred Wagner , Alfred Krupp , Ernst Haeckel , Leo Slezak . [7]

1902 wurde er anstelle von Julius Pagel zum ordentlichen Professor fur Medizingeschichte (und Nachfolger auf dem Lehrstuhl von August Hirsch ) an der Universitat Berlin berufen, [8] was ebenfalls zu heftigen Protesten fuhrte, da er auch hier keine Qualifikation aufzuweisen hatte und den Posten nur politischer Protektion verdankte. [9]

Schweninger heiratete 1898 die zwei Jahre zuvor von dem Maler Franz von Lenbach geschiedene Magdalena Grafin Moltke (1864?1957), [10] die mit ihrem ersten Mann zum Freundeskreis um Otto von Bismarck gehort hatte.

Ernst Schweninger starb am 13. Januar 1924 im Alter von 73 Jahren in Munchen und wurde im dortigen Stadtischen Krematorium verbrannt. [11] Seine Grabstatte befindet sich auf dem dortigen Friedhof Solln . [12]

Der Arzt und Psychoanalytiker Georg Groddeck (1866?1934) widmete sein Werk ?NASAMECU. Der gesunde und kranke Mensch gemeinverstandlich dargestellt“ dem ?Arzte und Menschen Ernst Schweninger“. Ernst Schweninger war der Doktorvater von Georg Groddeck. [13] Georg Groddeck gilt als einer der begabtesten Schuler von Ernst Schweninger. [2]

Schriften (Auswahl)

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  • Gesammelte Arbeiten. Berlin 1886.
  • Uber das Kochsche Heilmittel gegen Tuberkulose . Hamburg und Leipzig 1890?1891.
  • Die Fettsucht. Berlin 1894.
  • Dem Andenken Bismarcks zum 1. April 1899. Leipzig 1899.
  • Aus meiner Tatigkeit im Kreiskrankenhaus Gross-Lichterfelde 1900?1906. Berlin 1906.
  • Der Arzt (= Die Gesellschaft . Band 7). Frankfurt am Main 1906, geschrieben von Emil Klein , Schweningers Schuler. [14]
  • Zur Krebsfrage . Berlin 1914.
  • Georg Otto Schwarz: Ernst Schweninger. Bismarcks Leibarzt. Leipzig 1941.
  • Karl Ed. Rothschuh : Ernst Schweninger (1850?1924). Zu seinem Leben und Wirken. Erganzungen, Korrekturen. In: Medizinhistorisches Journal. 19, 1984, Heft 3, S. 250?258 ( JSTOR : 25803792 bei JSTOR ).
  • Alfred Brauchle : Das erste Naturheil-Krankenhaus. Das Kreiskrankenhaus in Groß-Lichterfelde . Prof. Dr. med. Ernst Schweninger, der Leibarzt Bismarks. In: derselbe: Geschichte der Naturheilkunde in Lebensbildern. 2., erweiterte Auflage. von Große Naturarzte . Reclam, Stuttgart 1951, S. 305?327.
Commons : Ernst Schweninger  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Manfred Sturzbecher : Schwenninger, Ernst. In: Werner E. Gerabek , Bernhard D. Haage, Gundolf Keil , Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopadie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4 , S. 1311.
  2. a b c Wolfgang U. Eckart : Ernst Schweninger. In: Wolfgang U. Eckart und Christoph Gradmann (Hrsg.): Arztelexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 1. Auflage. 1995 C. H. Beck Munchen S. 325+326, Arztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. 2. Auflage. 2001, S. 284+285, 3. Aufl. 2006 Springer Verlag Heidelberg, Berlin, New York S. 296. Arztelexikon 2006 , doi:10.1007/978-3-540-29585-3 .
  3. Albrecht Scholz, Geschichte der Dermatologie in Deutschland, Springer, 1999, S. 29.
  4. Oliver Hilmes: Herrin des Hugels. Das Leben der Cosima Wagner. Siedler, Munchen 2007, ISBN 978-3-88680-836-6 , S. 338 f.
  5. So Georg Hauffe: Die Physikalische Therapie des praktischen Arztes. Berlin 1926, S. 4.
  6. a b Georg Groddeck: Vom Menschenbauch und dessen Seele. Psychosomatische Schriften 1917?1934. herausgegeben von Michael Giefer im Auftrag der Georg Groddeck Gesellschaft, Stroemfeld/Roter Stern, Frankfurt am Main und Basel 2011, S. 254.
  7. Muller-Plathe, Oswald: Bismarcks ?Schwarzer Tyrann“. In: Hamburger Arzteblatt, 10. Mai 2016, S. 35.
  8. Heinz Goerke:  Pagel, Julius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8 , S. 759 ( Digitalisat ).
  9. Christian Laufer, "Ohne Experiment, ohne Mikroskop, ohne Laboratorium". August Hirsch (1817?1894) und die Historisch-Geographische Pathologie an der Schwelle zur bakteriologischen Ara , Dissertation, Universitat Heidelberg, mediz. Fakultat Mannheim 2019, S. 144.
  10. Sonja L. Baranow geborene Mehl:  Lenbach, Franz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8 , S. 198?200 ( Digitalisat ).
  11. Georg Otto Schwarz: Ernst Schweninger. Bismarcks Leibarzt. Leipzig 1941.
  12. knerger.de: Das Grab von Ernst Schweninger
  13. Georg Groddeck: NASAMECU. Der gesunde und kranke Mensch gemeinverstandlich dargestellt, herausgegeben von Michael Giefer im Auftrag der Georg Groddeck-Gesellschaft, Stroemfeld/Roter Stern, Frankfurt am Main und Basel 2014, Widmung S. 10.
  14. Karl E. Rothschuh : Das Buch ?Der Arzt“ (1906) stammt nicht von Ernst Schweninger! In: Medizinhistorisches Journal. Band 18, 1983, S. 137?144.