Erich Sauer (Theologe)

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Erich Sauer (* 31. Dezember 1898 in Berlin ; † 25. Februar 1959 in Wiedenest ) war ab 1920 theologischer Mitarbeiter, von 1937 bis 1952 Studienleiter und von 1952 bis 1959 Leiter des Missionshauses Bibelschule Wiedenest der Bruderbewegung in Bergneustadt . Durch seine in hohen Auflagen erschienenen und in mehr als zwanzig Sprachen ubersetzten Bucher gilt er als einer der einflussreichsten heilsgeschichtlichen Theologen des 20. Jahrhunderts der evangelikalen Welt.

Leben und Wirken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Erich Sauer kam durch seine Mutter schon als Kind in die Christliche Gemeinschaft Berlin , eine Gemeinde der sogenannten Offenen Bruder . Dort empfing der Junge starke geistliche Impulse, die Ende 1911 schließlich zu einer inneren Hinkehr zum christlichen Glauben fuhrten. Sofort nach seiner Bekehrung begann er in verschiedenen Arbeitszweigen der freikirchlichen Gemeinde ( Sonntagsschule , Junge Gemeinde, Stadtmission) mitzuarbeiten. Angeregt durch einen Besuch des China-Missionars Ernst Kuhlmann , der ihn sehr beeindruckte, wollte er selbst als Lehrer in die Mission gehen. Zu diesem Zweck studierte er in Berlin an der Friedrich-Wilhelms-Universitat zunachst Englisch , Geschichte , Philosophie und Theologie mit dem Ziel der Promotion . Ein schweres Augenleiden, das ihn fast erblinden ließ, zwang ihn aber, seine umfangreichen Studien zu beenden.

Der Leiter der 1905 an der Hohenstaufenstraße in Berlin gegrundeten, 1919 nach Wiedenest ubergesiedelten Allianz-Bibelschule, Johannes Warns , lud Sauer 1920 zur Erholung ins Oberbergische ein, was fur den jungen Mann der Auftakt zu seinem spateren Wirkungsfeld als Bibelschullehrer wurde. Seine Vorlesungen und Predigten wurden beachtet und sehr geschatzt, die Zusammenarbeit mit seinen Kollegen Major Wedekind, Heinrich Koehler und Ferdinand Peterssen gestaltete sich eintrachtig.

1933 heiratete er Lotte Kohler (1898?1984), die jungste Tochter des Bibelschulleiters Christoph Kohler. Dieser Ehe entstammte eine Tochter.

Nach dem Tod von Johannes Warns im Jahr 1937 ubernahm Erich Sauer die Studienleitung der Allianz-Bibelschule. Zusammen mit seinem Schwager Heinz Kohler leitete er dieses Institut bis zu dessen Tod 1952. Danach ubernahm er die Leitung des inzwischen ?Missionshaus Bibelschule Wiedenest e. V.“ genannten Gesamtwerks bis zu seinem Tod im Jahr 1959.

Daneben entwickelte Sauer eine ausgedehnte Lehr- und Verkundigungstatigkeit im In- und Ausland. Seine Vortragsreisen fuhrten ihn unter anderem in viele Lander Europas und nach Nordamerika . Studienreisen unternahm er nach Agypten, Israel, Syrien, in die Turkei und nach Griechenland. In den vielfaltigen Begegnungen mit Christen unterschiedlicher Konfessionen wuchs in ihm eine Ahnung von der Große des Reiches Gottes . Die Einsicht, dass die Gemeinde Jesu immer großer ist als die eigene Denomination , aber auch immer kleiner als die Gesamtzahl derer, die sich zu irgendeiner Kirchengemeinschaft zahlen , wurde fur Sauer zu einem wichtigen Angelpunkt seiner Lehrauffassungen. In der Evangelischen Allianz sah er deshalb ein wichtiges Betatigungsfeld und wurde fur viele Jahre hier ein wichtiger Impulsgeber. [1]

Lehre [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein weiteres, vielleicht noch bedeutsameres Charakteristikum seiner Lehre war die heilsgeschichtliche Deutung der Bibel . In seinem Erstlingswerk von 1931 Zweck und Ziel der Menschenschopfung wurde sein heilsgeschichtlicher Ansatz bereits angedeutet. 1937 erschienen seine beiden Hauptwerke Das Morgenrot der Welterlosung und Der Triumph des Gekreuzigten , mit denen er weltbekannt wurde. In ihnen entfaltete er, dass die Bibel kein dogmatisches Lehrbuch, auch keine willkurliche Sammlung antiker Dokumente, sondern das Zeugnis der Offenbarungsgeschichte Gottes sei. Die Weltgeschichte sei Baugerust von Gottes Heilsgeschichte. Seine heilsgeschichtliche Theologie versuche daher vor allem, die sich in Schopfung , Erlosung und Vollendung erweisende Heilsgeschichte Gottes als wirkliche Geschichte zu erkennen, die nach einem von Gott gefassten und offenbarten Vorsatz gepragt sei. Sein hermeneutisches Bemuhen richtete sich darauf, die biblischen Texte sowohl in ihrem zeitgeschichtlichen als auch in ihrem weiteren heilsgeschichtlichen Kontext ernst zu nehmen und zu verstehen. Bei aller Verschiedenheit der biblischen Bucher im Blick auf Gattung, Stil, Abfassung, Autorschaft und Umwelt sah Sauer doch die Einheit der Bibel des Alten und Neuen Testaments in dem sich offenbarenden Gott gewahrt.

Aus diesem Grund wagte er es auch, verschiedene heilsgeschichtliche ?Linien“ (Langsschnitte), die dem Heilsplan Gottes mit der Welt entsprechen und sich in Kontinuitat und Diskontinuitat entwickeln, im Alten und Neuen Testament nachzuzeichnen. In Anlehnung an angelsachsische Theologen der Erweckungsbewegung scheute er sich auch nicht, sie grafisch darstellen zu lassen. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang sein Wiedenester Heilsplan , der verschiedenen seiner Schriften beilag und weite Verbreitung fand. Seine Schuler und Horer nannten Sauer deshalb auch einen Haushalter der Geheimnisse Gottes .

Sauers Hauptwerke (s. u.) erreichten hohe Auflagen und fanden, auch weil sie in viele Sprachen ubersetzt wurden, weltweite Verbreitung. [2]

Kritik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sauer entwickelte seine Theologie vor 1945, und der Gedanke der ?arischen Herrenrasse“ fand Eingang in seinen Ablauf der Heilsgeschichte . Er berief sich dabei auf Genesis 9,26f., das eine Volkermythologie uber Sem , Ham und Jafet enthalte, ein regelrechtes ?Rassenprogramm“, wonach es von Gott gewollt sei, dass die afrikanischen und asiatischen Volker den europaischen unterlegen seien. Er sah die ?Aufrichtung des arisch-japhetitischen Weltregiments“ durch den Indogermanen und persischen Konig Kyros II. im Jahre 538 v. Chr., das nie mehr gebrochen worden sei. [3] Adolf Hitler und seiner nationalsozialistischen Herrschaft stand er daher weitgehend wohlwollend gegenuber, gerade auch weil dieser gegen den Kommunismus vorging und den Bolschewismus bekampfte. Zur Bekennenden Kirche außerte er sich kritisch. Zur Judenfrage war er ambivalent eingestellt; die Judenpogrome in Deutschland wollte er noch bis 1941 nicht wahrhaben, erst nach dem Zweiten Weltkrieg musste er den Holocaust anerkennen und anderte einzelne seiner Einschatzungen in seinen Buchern. Die Grundung des Staates Israel dagegen begrußte er sehr. Ein offentliches Eingestandnis, den Nationalsozialismus falsch eingeschatzt zu haben und damit Rassismus , Antisemitismus und Menschenrechtsverletzungen geduldet oder gar unterstutzt zu haben, fand nicht statt. Es bleibt umstritten, inwiefern und wie weit seine zeitgeschichtlichen Fehlannahmen und seine Uneinsichtigkeit sein ganzes theologisches Werk und Vermachtnis beeintrachtigt haben. [4] [5] [6]

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Motto [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Erich Sauers Motto war: ?Jeder Christ ? ein Missionar! Jede Ortsgemeinde ? eine Missionsgemeinde!“

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Zweck und Ziel der Menschenschopfung , 1931
  • Das Morgenrot der Welterlosung. Ein Gang durch die alttestamentliche Heilsgeschichte , 1937, 9. Auflage 1998, ISBN 978-3-417-21410-9
  • Der Triumph des Gekreuzigten. Ein Gang durch die neutestamentliche Heilsgeschichte , 1937, 9. Auflage 1974, Neuauflage 1994, ISBN 978-3-417-21411-6
  • Vom Adel des Menschen , 1939
  • Der gottliche Erlosungsplan von Ewigkeit zu Ewigkeit , 1950
  • In der Kampfbahn des Glaubens. Ein Weckruf zu neuem Leben nach Hebraer 12 , 1952
  • Gott, Menschheit und Ewigkeit , 1952, ISBN 3-417-21407-6 ; Neuauflage 1992, ISBN 978-3-417-21407-9
  • Es geht um den ewigen Siegeskranz , 1952
  • 1905?1955. Missionshaus Bibelschule Wiedenest. Ein Zeugnis von der Gnade Gottes , 1955
  • Der Konig der Erde. Ein Zeugnis vom Adel des Menschen nach Bibel und Naturwissenschaft , 1959

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Horst Afflerbach : Die heilsgeschichtliche Theologie Erich Sauers (= Systematisch-theologische Monographien. Band 16), R. Brockhaus Verlag, Witten 2006, ISBN 978-3-417-29498-9 (Dissertation)
  • Gerhard Gronauer: Der Staat Israel in der pietistisch-evangelikalen Endzeitfrommigkeit nach 1945 . In: Gudrun Litz / Heidrun Munzert / Roland Liebenberg (Hrsg.): Frommigkeit ? Theologie ? Frommigkeitstheologie. Contributions to European Church History. Festschrift fur Berndt Hamm zum 60. Geburtstag , Studies in the History of Christian Tradition 124, Leiden/Boston 2005, S. 797?810.
  • Daniel Heinz (Hg.): Freikirchen und Juden im ?Dritten Reich“: Instrumentalisierte Heilsgeschichte, antisemitische Vorurteile und verdrangte Schuld (= Kirche ? Konfession ? Religion. Band 54), Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, Gottingen 2011, ISBN 978-3-899-71690-0
  • Stephan Holthaus : Erich Sauer ? Leben und Werk . In: Bibel und Gemeinde 99 (1999), S. 122?134.
  • Ernst Schrupp (Hrsg.): Im Dienst von Gemeinde und Mission 1905?1980. 75 Jahre Bibelschule Wiedenest . Wiedenest 1980.
  • Karl Muhlek:  SAUER, Erich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-053-0 , Sp. 1417?1419 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Stephan Holthaus: Erich Sauer ? Leben und Werk. Ein Beitrag zum 100. Geburtstag des Theologen und Bibellehrers Erich Sauer , in: Bibel und Gemeinde 99 (1999), Heft 2, S. 122?134.
  2. Stephan Holthaus: Erich Sauer ? Leben und Werk. Ein Beitrag zum 100. Geburtstag des Theologen und Bibellehrers Erich Sauer , in: Bibel und Gemeinde 99 (1999), Heft 2, S. 122?134.
  3. Vgl. Sauer: Das Morgenrot der Welterlosung , 1937, S. 86 f.
  4. Stephan Holthaus: Erich Sauer ? Leben und Werk. Ein Beitrag zum 100. Geburtstag des Theologen und Bibellehrers Erich Sauer , in: Bibel und Gemeinde 99 (1999), Heft 2, S. 122?134.
  5. Horst Afflerbach: Gott ist Ursprung und Ziel aller Geschichte. Zum 50. Todestag von Erich Sauer am 25. 2. 2009 , in: Offene Turen 103 (2009), Heft 2, S. 20?23.
  6. Horst Afflerbach: Die heilsgeschichtliche Theologie Erich Sauers (= Systematisch-theologische Monographien. Band 16), R. Brockhaus Verlag, Witten 2006, ISBN 978-3-417-29498-9 , besonders S. 377?386.